AnatolGogol hat geschrieben:diente Mankiewicz‘ Rochefoucauld-Zitat in DAF lediglich als intellektueller Insidergag, so wird mit dem Tennyson-Gedicht eine Aussage mit dem Dampfhammer auf das Publikum eingedroschen
Ich dachte vor allem auch an das in MR (den ich neulich erst wieder geschaut habe: welch eine Perle!) präsentierte abgewandelte Oscar-Wilde-Zitat, welches von Lonsdale so genüsslich und süffisant zum Besten gegeben wird: "To lose one aircraft would be an accident. To lose two, would seem like carelessness."

Einfach herrlich sowas. Da sind die Drehbücher von einem John Logan nicht mal annähernd so gut! Aber ja, dein DAF-Beispiel ist auch sehr schön. Und übrigens gibt es ja eine Szene in der alten Bond-Historie, die der Tennyson-Sequenz von SF durchaus ähnelt, nämlich wenn Diana Rigg in OHMSS auf dem Piz Gloria für Ernst Blofeld ein Flecker-Gedicht (zumindest eine Abwandlung davon) in gespielter Naivität murmelt. Auch hier ist OHMSS seinem späten Nachfolger haushoch überlegen, auch wenn die hier aufkommende Epik und Poesie für einen Bond eher ungewöhnlich sind, passen sie doch wunderbar zur romantischeren Stimmung von Hunts Film und sind zudem einfach eine Steigerung der üblichen Bond-Gigantomanie, während die Tennyson-Szene unbedingt eine Aussage haben möchte und dramaturgisch viel schwerer und weniger leichtfüßig wiegt. Nein, ich bleibe dabei: Es sind auch vor allem die schwachen Drehbücher, die mir in der Craig-Ära nicht mehr zusagen.
AnatolGogol hat geschrieben:Der Craig-Ära kann ich dies nicht attestieren, da die Grundzüge ihrer Identität sich auch in diversen anderen zeitgnössischen Actionthrillern finden lassen, allen voran Nolans gerebooteten Batmännern.
Ja, absolut, obwohl ich das doch stark auf die Mendes Filme beschränken würde, wenn wir den Nolan-Vergleich wagen. CR hat nicht viel von den Dark Knight Filmen und QOS ist ja ohnehin in seinen Vorbildern ganz eindeutig an die Jason Bourne Thriller angelegt (vielleicht sogar noch deutlicher als jeder andere Bondfilm je an ein Vorbild angelehnt war). Erst SF orientiert sich so eindeutig an TDK und TDKR, dass er nicht selten als "The Dark Agent" oder "James Bond Rises" betitelt wurde. Das geht über inhaltliche Parallelen bis hin zu wirklich eindeutigen Plagiaten (etwa die völlig unpassende Szene in Hongkong, als Bond nach Patrices Ableben Severine durch das Fenster erblickt, sich das Licht verdunkelt und Bond in der Dunkelheit verschwindet ---> was imo besonders deshalb als Kopie problematisch ist, weil es in den Dark Knight Filmen fast schon ein Running Gag ist; auch wenn ich schon gelesen habe, dass Fans es als (dann allerdings immer noch unpassende) Hommage an TSWLM verstanden wissen sollten). Nun weiß ich ja, dass du mit den Nolan Batman Filmen nicht so viel anfangen kannst, dennoch denke ich, dass man schon sagen kann, dass Nolans grundsätzlicher Stil für seine Trilogie durchaus schlüssig war (ob er einem nun zusagt oder nicht), so ist die Wahl seiner Mittel nachvollziehbar. Dahingehend sehe ich bei SF wirklich ein sehr bewusstes Aufgreifen des Trends (und das Schlussdrittel mit dem Butler und der Höhle unter dem alten Familienschloss ist nun wirklich nicht grade subtil), was aber nicht so recht aus der Bond-Mythologie heraus begründet ist (sicher findet man viele SF-Elemente bei Fleming, dort sind sie aber tonal doch sehr anders). Wie sehen die anderen Mitlesenden das?
AnatolGogol hat geschrieben: Von daher endet für mich die Ära der „richtigen“ Bondfilme mit LTK und auch die Brosnanfilme sind nicht mehr „the real deal“.
Dann habe ich ja richtig Glück gehabt, dass ich den Cut 10 Jahre später (aus 89 mach 99) setzen kann als du.

Versteh das jetzt bitte nicht falsch: Ich finde deine Ansicht absolut nachvollziehbar und total verständlich, nur empfinde ich die ersten drei Brosnans noch in perfekter moderinisierter Tradition ihrer Vorepoche (alias Glen-Zeit), wenn man das denn so sagen kann. Für mich ist daher TWINE in etwa derselbe krönende Abschluss, wie es LTK für dich sein dürfte. Ich denke auch, dass das bei mir vor allem daran begründet liegt, dass ich nicht nur Brosnan in der Rolle genial finde, sondern auch weit weniger Probleme mit den Personalwechseln habe als du (auch wenn sie klar erkennbar sind): David Arnold ist für mich in seinen 90er-Scores ein perfekter Barry-Nachfolger (und sein QOS war ebenfalls wunderbar komponiert), Feirstein hat tolle Dialoge geschrieben und TWINE attestiere ich gerne einen der besten Casts der Bond-Geschichte: Sophie Marceau, Denise Richards (ja ja, ich weiß...), Robert Carlyle, Robbie Coltrane, der herrliche John Cleese im Zusammenspiel mit Llewelyn etc. Und auch Judi Dench funktioniert für mich bei Brosnan weitaus besser, als sie es bei Craig tut, obgleich ihre Rolleninterpretation ziemlich ähnlich ist. Was das angeht, bin ich wohl einfach vom Glück ein wenig mehr gesegnet, was für dich sicher schade ist, womit ich aber durchaus zufrieden bin.

Und ich habe dann ja auch noch QOS, den ich ziemlich ordentlich und durchaus im Geiste seiner vielen Vorgänger empfinde, auch wenn ich ihn mir manchmal noch etwas klüger durchdacht gewünscht hätte (aber man nimmt als Fan (oder ehemaliger Fan) ja alles, was man kriegen kann, gell?).