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von Casino Hille
'Q Branch' - MODERATOR
Marvels The Avengers
Das ist es nun also. Nach jahrelanger Vorbereitung in Form der fünf Blockbuster "Iron Man", "Der unglaubliche Hulk", "Iron Man 2", "Thor" und "Captain America: The First Avenger" erscheint mit "Marvels The Avengers", wie immer unter dem wachsamen Auge des Produzenten Kevin Feige, das erste große Crossover dieses filmischen Comicuniversums mit Marvel-Helden im Fokus. Mit einem mehr als üppigen Budget ausgestattet, ließ man Joss Whedon auf dem Regiestuhl Platz nehmen und das Script schreiben, der bis dato eher im TV-Bereich bekannt war. Mit diesem Film macht er jedoch eindrucksvoll klar, dass er seine Stärken aus dem Fernsehen auch aufs Kino übertragen kann.
Besonders interessiert zeigt sich Whedon meist in gruppendynamischen Prozessen, ganz wichtig sind ihm aber auch schnelle, abwechslungsreiche und humorvolle Dialoge, die bei ihm eine ganz eigene Handschrift haben und die, weshalb er für diesen Film eine perfekte Besetzung ist, sich wunderbar mit dem Comicbackground der Avengers und den Figuren vertragen. Sein Ziel war hier, aus den Protagonisten der Solo-Filme eine Einheit zu formen, wofür er seinen Film bewusst dreiteilig gliedert. Im ersten Drittel führt er alle Charaktere noch einmal schnell ein und bereitet gleichzeitig die Bedrohung vor, im Mittelteil lässt er die Helden sich aneinander annähern und im Ende müssen sie zusammenarbeiten. Das funktioniert gut, vor allem deshalb, weil Whedon nichts überstürzt, aber auch immer Ergebnis-orientiert arbeitet. Man hat stets den Eindruck, in der Handlung voran zu kommen und einer Entwicklung zu folgen. Sehr schnell fällt Whedons Talent auf, in Dialogen kleinere Bemerkungen fallenzulassen, die erst nebensächlich wirken, aber später mehr Bedeutung kriegen, ohne dies zu offensichtlich zu gestalten. Überhaupt steckt in jedem Schlagabtausch sehr viel Inhalt, der meist nicht unbedingt nur mit der Handlung selbst, sondern auch mit den Charakteren oder Hintergründen zu tun haben kann und einem bei der ersten Sichtung entgeht. Es empfiehlt sich daher sehr, "The Avengers" ruhig ein zweites oder drittes Mal zu sehen, um auch die feinen und wohl überlegten kleineren Details vollends mitzubekommen.
In "The Avengers" kann Whedon dank der Vorgänger auf eine gigantische Besetzung zurückgreifen und weiß diese sehr gekonnt einzusetzen. Selbst kleinere Rollen sind mit Samuel L. Jackson, Stellan Skarsgård oder Gwyneth Paltrow hochkarätig besetzt. Für die Protagonisten im Fokus gilt, dass Whedon sie versucht, in der Tradition ihrer Solo-Einsätze zu zeigen. Sein Vorteil ist hierbei natürlich, dass er niemanden mehr einführen muss und die Charaktere alle bereits über einen detaillierten Hintergrund verfügen. So geht es schnell zur Sache und es ist ein großes Vergnügen, echten Könnern bei der Arbeit zuzusehen. Scarlett Johansson überzeugt so zum zweiten Mal als eiskalte Martial-Arts-Geheimagentin und Chris Hemsworth mimt erneut ohne Übertreibungen den überirdischen Donnergott Thor. Wirklich grandios sind die drei, die wohl auch (zu Recht) die meiste Screentime bekommen: der aus "Thor"-bekannte Loki wird von Tom Hiddleston erneut herrlich machiavellistisch als Bösewicht inszeniert und erfüllt angesichts der vielen Helden die Mammutaufgabe, als Bösewicht dennoch als Bedrohung zu erscheinen mit Bravour. Auf Heldenseite begeistert erneut Robert Downey Jr., der als Tony Stark wieder einmal alle Augen auf sich richtet und den Film oft beinahe zu einem dritten "Iron Man" Film werden lässt, so sehr richten sich die Blicke auf ihn. Edward Norton wiederholt seinen Auftritt als Bruce Banner nicht, stattdessen übernimmt Mark Ruffalo als genialer Wissenschaftler mit Monsterkomplex. Vermissen tut man Norton jedenfalls keine Sekunde, was alles über den grandiosen und nuancierten Auftritt Ruffalos aussagen sollte. Einzig Chris Evans als Captain America und Jeremy Renner als Bogenschütze Hawkeye bleiben blass, haben aber eigentlich auch nie sonderlich viel zu tun.
Wie bereits erwähnt: der Humor sitzt und die Wortgefechte zwischen der Gruppe sind exzellent geschrieben und gespielt. Besonders in den Passagen macht "The Avengers" richtig Spaß, wenn die Handlung sich um den MacGuffin aus "Captain America" dreht und die Charaktere, meist durch Clark Greggs Rolle, miteinander bekannt gemacht werden, sich verbal und physisch fetzen und sich dabei unterschiedliche Gruppen formen. Folglich ist die erste richtig große Actionszene nach 80 Minuten dann auch ein herrliches Chaos und setzt auf viele kurze, toll inszenierte Spannungsepisoden, in denen sich handgemachte Action mit CGI-Einlagen abwechseln. Schade, dass Whedon im dritten Akt der Film allerdings völlig entgleitet, bei dem Versuch, ein Actionhighlight zu markieren, das die fünf Vorgänger in den Schatten stellt. Die ewig lange Schlacht in New York gefällt zwar in ihrem Streben, jedem Helden seinen Höhepunkt zu widmen, ist aber insgesamt nur ein unendlich langes Zelebrieren einer Tötungsorgie von gesichtslosen Feinden. Der Humor wirkt hier zum ersten Mal aufgesetzt, viele Heldentaten ähneln sich unter einander zu sehr und mit dem Schielen auf ein jugendliches Publikum fehlt es leider bei aller Zerstörung an wirklichen zivilen Opfern und somit an echtem Drama. Für eine riesige Schlacht ist das Geschehen zu geleckt, zu geordnet, zu sauber und insgesamt viel zu brav. Schade, dass auch Hiddlestons Loki am Ende keinen ordentlichen Abgang bekommt, sondern nebenbei abgehandelt wird. Tony Starks finaler Moment ist dann wieder spannend und packend, kommt aber zu spät nach einem viel zu ermüdenden Ablauf immer gleicher Explosionen.
Fazit: Joss Whedon macht aus dem großen Marvel-Crossover den idealen Partyfilm und wahrscheinlich den Blockbuster des Jahres 2012. Der perfekte Film, um sich von coolen Typen 140 Minuten lang gepflegt unterhalten zu lassen. Die Sprüche sitzen, die Handlung ist auf simple Art effektiv, die Stimmung passt, die Darsteller sind grandios, die Ereignisse der Vorgänger werden gekonnt zusammengeführt und die Action kracht, wenn am Ende leider deutlich zu lange und zu sehr. Die erste Phase des Marvel Cinematic Universes ist damit abgeschlossen. Man darf daher gespannt sein, was in weiteren Teilen unterschiedlicher Reihen folgen wird.
8/10
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Let the sheep out, kid.