Welcher Film von Christopher Nolan ist der Beste?

Following (1998) (Keine Stimmen)
Memento (2000)
Insgesamt abgegebene Stimmen: 6 (19%)
Insomnia (2002)
Insgesamt abgegebene Stimmen: 1 (3%)
Batman Begins (2005)
Insgesamt abgegebene Stimmen: 1 (3%)
Prestige (2006)
Insgesamt abgegebene Stimmen: 3 (10%)
The Dark Knight (2008)
Insgesamt abgegebene Stimmen: 6 (19%)
Inception (2010)
Insgesamt abgegebene Stimmen: 2 (6%)
The Dark Knight Rises (2012)
Insgesamt abgegebene Stimmen: 1 (3%)
Interstellar (2014)
Insgesamt abgegebene Stimmen: 3 (10%)
Dunkirk (2017)
Insgesamt abgegebene Stimmen: 1 (3%)
Tenet (2020)
Insgesamt abgegebene Stimmen: 3 (10%)
Oppenheimer (2023)
Insgesamt abgegebene Stimmen: 4 (13%)
Insgesamt abgegebene Stimmen: 31

Re: Die Filme des Christopher Nolan

541
dernamenlose hat geschrieben:Aber alles kein Vergleich mit Inception, der jeden der drie Filme um Längen schlägt.
Gott sei Dank nicht. Inception ist wohl Nolans bislang schwächster Film seit Batman Begins, durchaus gelungen und immer noch handwerklich hervorragend, aber inhaltlich nicht immer optimal durchdacht und besonders im letzten Teil doch arg schwächelnd, mit jeder Sichtung immer gravierender. Das hätte man komplett anders umsetzen müssen, mit seiner sehr konventionellen Denkweise verbaut er sich da einiges (obwohl mir gerade bei Nolan Konventionen sonst großen Spaß machen).
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Re: Die Filme des Christopher Nolan

543
dernamenlose hat geschrieben:Kannst du ein paar konkrete Stellen nennen, an denen sich das für dich zeigt?
Was genau? Konventionen, die mich bei Nolan oft erfreuen oder Konventionen, die bei Inception mich dafür gar nicht freuen?
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Re: Die Filme des Christopher Nolan

545
Inhaltliche Schwächen: Die ganze Geschichte braucht in der ersten Stunde leider viel zu lange für die Exposition und ist selbst danach noch immer nicht damit fertig, alles erklärt zu haben, sondern wird im Folgenden noch immer weiter durch Dialoge tot gequatscht. Wenn man so eine ultrakomplizierte Geschichte (und die Bezeichnung ist nicht wirklich ernst gemeint) schon umsetzen will, dann muss das ganze Erklären im Vorfeld immerhin spannender verpackt werden oder cleverer mit der eigentlichen Erzählung verbunden. Aber es kann ja nicht der Sinn sein, Nolan 60 Minuten dabei zuzusehen, wie er darauf hinarbeitet, was er eigentlich erzählen will und dann im Folgenden noch mal mehrere Dialoge dafür zu verschwenden, was ich doch ohnehin schon entweder wusste oder für den Fortlauf kaum erheblich gewesen wäre. Das ist schade, weil hier Handlungsentwicklung, Informationsschub und Spannungsaufbau nicht immer Hand in Hand gehen, auch wenn Nolan da insgesamt sicher noch besser durch navigiert als es so manch anderem Regisseur "geglückt" wäre.

Ebenfalls schade finde ich, dass der Showdown im Limbus so furchtbar simpel und konventionell gerät. Sorry, so gerne ich Ellen Page auf der Leinwand zusehe (bei was auch immer): Sie stört, weil so offensichtlich ist, dass sie einzig und allein deshalb dabei ist, damit Nolan uns wieder einmal alles erklären kann, was wir gerade sowieso sehen. In Konfrontation mit Cobbs Frau gerät das arg absurd, wenn sie dann als Engelchen den Ausgleich zum "Teufel" schaffen soll und dabei auch noch den Zwiespalt von Cobb ständig in Worte fasst (à la "Sie glauben, dass x und y, aber in Wahrheit ist es z und ß"), wenn man das versteht. Das war echt unglücklich und ich hätte hier lieber gesehen, dass Nolan das letzte Drittel atmosphärischer und Stummfilm-artig aufgezogen hätte, vielleicht auch mit anderem Ausgang.
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Re: Die Filme des Christopher Nolan

546
Das meintest du also mit inhaltlichen Schwächen. Hm. Sind für mich eher dramaturgische, die mir aber beide Mal nicht wirklich aufgefallen sind. Ariadne wirkt im Showdown wirklich etwas deplatziert, wobei sie ja auch nicht bis zum Schluss bleibt.

Ich habe da eher logische Probleme mit dem Limbus. Mir ist nicht so ganz klar, was der Limbus eigentlich ist. Es hieß ja, der Limbus sei quasi das leere Unterbewusstsein (Vereinfacht gesagt). Aber von wem? Sonst folgt man ja immer einem Träumer in dessen Traum. Doch warum fällt Sato in den Limbus von Cobb? Er ist doch nicht der Träumer? Aber er landet offensichtlich in dessen Welt. Warum?
Und warum kann Ariadne den Limbus einfach wieder verlassen, indem sie sich selbst umbringt? In der ersten Traumebene wurde der Limbus als etwas dargestellt, aus dem es erst nach vielen Jahren (nach Limbuszeit) wieder einen Ausweg gibt.

Was mich insgesammt an dem Konstrukt stört (Das einzige Problem, das ich wirklich mit dem Film habe): Es macht einfach mal absolut keinen Sinn, dass sich die Traumgeschwindigkeit potenziert, wenn man in eine weitere Traumebene eindringt. Es denken schließlich immer noch die gleichen Gehirnzellen, und deren Denkgeschwindigkeit kann nicht einfach erhöht werden. Ein Traum wirkt auf den Träumenden schneller als die Realität, bzw. das ganze macht auf der ersten Traumebene Sinn und ist wissenschaftlich korrekt. Auf der zweiten verliert es dann aber seine Logik. Das ist ein bisschen schade.
"You only need to hang mean bastards, but mean bastards you need to hang."

Re: Die Filme des Christopher Nolan

547
dernamenlose hat geschrieben: In der ersten Traumebene wurde der Limbus als etwas dargestellt, aus dem es erst nach vielen Jahren (nach Limbuszeit) wieder einen Ausweg gibt.
Hm? Cobb und seine Frau sind dem Limbus doch auch durch Selbstmord entkommen.
dernamenlose hat geschrieben:Das meintest du also mit inhaltlichen Schwächen. Hm. Sind für mich eher dramaturgische
Ne, das sind auch inhaltliche, aber natürlich beeinflussen sie auch die Dramaturgie. In dem Fall ist es aber der inhaltliche Schwerpunkt, der mir sauer aufstößt.
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Re: Die Filme des Christopher Nolan

548
Casino Hille hat geschrieben:Hm? Cobb und seine Frau sind dem Limbus doch auch durch Selbstmord entkommen.
Da bin ich mir nicht so sicher. Du meinst damit vermutlich die Szene, bei der sie sich vom Zug überfahren lassen. Ich weiß aber nicht, ob die wirklich im Limbus spielt. Denn in dieser Szene sind Cobb und seine Frau jung. Dabei haben sie 50 Jahre im Limbus verbracht und sind dabei (wie man im Finale kurz sehen kann) auch körperlich gealtert.
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Re: Die Filme des Christopher Nolan

550
Warum muss sie da spielen? Sie könnte theoretisch auch aus einem anderen Ausflug in die Traumwelt stammen, vielleicht ihrem ersten gemeinsamen. Dann wäre die Beduetung die der Satz mit dem Zug hat, dennoch gegeben. Da würde ich gern von Nolan selbst die genaue teitliche Abfolge wissen. Denn irgendwo ist da ein logischer Bruch.

Denn eigentlich können sich die beiden nicht durch Selbstmord aus dem Limbus befreit haben. Erstens würde dann keinerlei Gefahr von ihm ausgehen, und außerdem sind die beiden ja nur deshalb so lange im Limbus geblieben, weil man den Limbus eben nicht nach Lust und Laune verlassen kann.
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Re: Die Filme des Christopher Nolan

551
Uff, das ist jetzt so ne Geschichte, die mich persönlich kaum tangiert. Inception gibt das meiner Ansicht nach auch nicht her, den da so genau auf Details zu untersuchen (auch wenn es (falls da ein Fehler sein sollte) deinerseits selbstredend eine Bewandnis hat). Aber die ganze Limbus Sache hat mich eh nicht so überzeugt (auch optisch war das irgendwie schwach, HIER hätte der Film mal übertreiben dürfen!), ich mochte das Hotel und Schnee Kapitel deutlich lieber. Wenn ich mich aber so zurück erinner, fallen mir doch ein paar arg negative Stellen ein... muss den wohl bei Gelegenheit mal wieder mitnehmen.
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Re: Die Filme des Christopher Nolan

552
Hotell und Schneeaction haben mir auch besser gefallen, vor allem weil sie einfach mehr Schauwerte mitgebracht haben. Aber der Limbus gehört nun mal zum Film dazu, da interessiert mich dann auch die zeitliche Abfolge. Und wenn nicht Inception ein Film ist, bei dem es sich lohnt auf solche Sachen zu achten, dann weiß ich nicht, welcher Film es dann sein sollte.
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Re: Die Filme des Christopher Nolan

553
Inception ist einfach nicht so ein Film, der mich sonderlich für Details interessiert. Bei Matrix oder so untersuche ich das gerne, Inception wird mir zu verquast, je länger ich darüber nachdenke, also denke ich da nicht so viel darüber nach. Aber ich kann nachvollziehen, wenn man es tut und einem sowas da dann auch verärgert.
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Re: Die Filme des Christopher Nolan

555
Batman Begins

Um mit einem Witz anzufangen: Wie nennt man Reanimation auf filmisch? Reboot. Bei einem Reboot wird eine Filmreihe (also ein filmisches Universum mit einer Grundkontinuität) komplett auf 0 gesetzt und alles bisher bekannte verliert an Gültigkeit/wird neu geschrieben. Ein radikaler Einschnitt, der 2005 einen Filmhelden traf, dessen Reihe sich vor allem kreativ in eine aussichtslose Situation manövriert hatte: Batman alias Bruce Wayne. Ohne auf Tim Burtons oder Joel Schumachers Filme Rücksicht nehmen zu müssen, nahm der Brite Christopher Nolan Platz auf dem Regiestuhl und machte sich auf, die Entstehungsgeschichte und das Innenleben des Fledermaushelden tiefer zu erkunden als bis dato geschiehen. Entstaubt von dem Ballast des fantastischen Elements des Comicbackgrounds Batmans befördert er die bekannten Einzelstücke in eine düstere Realität des 21. Jahrhunderts. Das Ergebnis ist eine belebende und hervorragend erzählte Geschichte über Liebe, Vertrauen, Selbstjustiz, Gerechtigkeit ... und Angst.

Keine Emotion war global in der Zeit nach dem Millennium und 9/11 präsenter als die Angst. Gotham City hat sich unter Nolan vom operettenhaften Glanz entfernt und ist eine kalte Metropole geworden, zerfressen von der Finanzkrise, unterwandert vom Mafiagangster Falcone. Batman tritt in seiner filmischen Auferstehung nicht etwa gegen größenwahnsinnige Psychopathen an, sondern gegen Drogenhandel und Korruption. Dabei ist die Mafia selbst nur der eine Kopf der Hydra, den es zu zerschlagen gilt: Auch die Polizei, die den selbsternannten Rächer (juristisch zurecht) ablehnt und bekämpft, die einflussreichen Politiker und der undurchsichtige Dr. Jonathan Crane (schleimig wie es nur geht: Cillian Murphy) stehen auf seiner Liste. Es ist eine atmosphärische Dichte, die Nolans Film mehr wie ein Figurendrama als wie einen Action-Blockbuster wirken lässt. Die Gefahren entsprechen denen der Realität und der Schurke Scarecrow mag dank eines übernatürlichen Elements zum gefährlichen Terroristen werden, dieses steht jedoch nur sinnbildlich für die Angst selbst, mit welcher Terroristen besonders in den USA die Menschen beeinflussen und schwächen. Der Zuschauer schaut den Figuren nicht bei ihrem Treiben zu, er selbst ist ein Teil der Welt, die Nolan überspitzt, aber stets treffend und wohlüberlegt abbildet, dabei symbolisch (die geteilte Stadt mit dem Elendsviertel auf Arkham Island und dem Untergrund, welcher hier tatsächlich unter der Stadt liegt) Inhalte oft durch Bilder vermittelt - wenngleich es auch viele Dialoge gibt, von exzellenter Qualität, welche gehört werden möchten.

Das alles wird von großartigen Schauspielern verkörpert, die von einem sehr diabolisch aufspielendem Liam Neeson über die weibliche Unschuld in Person von Katie Holmes bis zum moralisch unanfechtbarem Gary Oldman als Polizeioffizier Gordon reichen. Morgan Freeman darf als Lucius Fox zum ersten Mal eine (dem Q aus den James Bond Filmen nach empfundene) Rolle verkörpern, welche Batmans Gadgets erdet und Michael Caine ist als Butler Alfred Herz und Seele der Erzählung und bringt ein wenig humoristische Auflockerung in das Geschehen, spiegelt aber auch den Glauben an Hoffnung und Rettung wieder. Doch der Triumph der Besetzung ist Hauptdarsteller Christian Bale, dessen vielseitige Mimik und sein grandioser Körpereinsatz alle drei Phasen des Superhelden perfekt verkörpern: Den düsteren Dark Knight auf der Jagd nach Vergeltung (und moralischer Legitimierung seiner Verbrechen), den verletzten Jungen, dessen Eltern einem Wahnsinnigen zum Opfer fallen und den Playboy, der die schönsten Frauen der Welt vernascht und die teuersten Autos fährt. Bale ist so gut, dass er in einer dieser Rollen gefangen immer auch die anderen durchblicken lässt und offenbart, dass nicht nur Batman eine Maske trägt. Es ist auch Bruce Wayne, der sich verkleidet, tarnt und verstellt, um sich selbst und die Menschen, die ihm nahestehen, zu schützen. Untermalen tut das der elegante Soundtrack von Hans Zimmer und James Newton Howard, der mühelos die Charakterzüge Batmans musikalisch unterstützt und mit einem Hauptthema aufwartet, dass einfach mitreißend ist. Nicht zuletzt ihretwegen ikonographisch und das Highlight des Filmes: Batmans Flucht vor einer bewaffneten SWAT-Einheit durch einen Schwarm von Fledermäusen.

Der Grundplot (bzw. das Bedrohungsszenario) per se wird keine Innovationspreise gewinnen (und ähnelt frappierend Frank Millers berühmter Graphic Novel "Batman: Year One"), doch "Batman Begins" ist im Kern eher ein Kammerstück, eine intime Darlegung der Persönlichkeit Bruce Wayne und der doch sehr intimen Beziehung der Menschen zu Gotham, dass wie in den Comics ein Spiegelbild der US-amerikanischen Gesellschaft ist. Inszenatorisch fährt Nolan große Geschütze auf - mit Erfolg. Mit der wunderschönen Kameraführung Wally Pfisters und einer klassischen, aber selten so effizent angewandten Erzählstruktur entmystifiziert Nolan den dunklen Ritter eine volle Stunde lang, in dem er auf unterhaltsamste und tragischste Art und Weise dessen Hintergrundgeschichte aufdröselt, um in der zweiten Hälfte die Legendenbildung zu betreiben. Dazu tragen neben den exzellenten Kulissen und Effekten besonders die Actionszenen bei. Schneller geschnitten, als das Auge wahrnehmen kann, geht es dem Publikum schnell wie Batmans Feinden: Man sieht nicht, wer wie geschlagen wird, doch am Ende liegen alle am Boden. Sehr filmisch wird Batmans Agilität auf den Film übertragen sowie eine kolossale Autoverfolgungsjagd mit dem neuen Batmobil (das man nur als Panzer bezeichnen kann) dessen Kraft und Grobschlächtigkeit genüsslich zelebriert oder die Auswirkungen des Angstgases Scarecrows an Horrorfilm-Inszenierungen erinnern. Der Showdown ist dann eine erschreckend konsequente Stuntschau, die handwerklich professioneller nicht sein könnte und durch einen vorherigen Twist eine angenehm dramatische Note erhält. "Batman Begins" ist ein erwachsener Thriller mit echten Charakteren vor authentischer Kulisse und damit die filmgewordene Emanzipation einer einst pubertären Jugendfantasie.

Fazit: Christopher Nolan beweist, dass er die komplexe Materie Batman vollkommen verstanden hat. "Batman Begins" ist ein düsterer, nicht selten erschreckend realistischer Actionfilm mit mythologisch angehauchter Analyse eines der größten Helden der modernen Popkultur. Durch ideale Schauspielleistungen und eine makellose Inszenierung abgerundet wird aus der nur im Kern oberflächlichen Heldenmär eine überaus sehenswerte Erzählung über Dualität und den Kampf eines Mannes gegen Ungerechtigkeiten bis zur Selbstaufgabe - düster, dreckig, dreidimensional. Patient lebt!

9/10
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