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von Thunderball1965
Agent
From Russia with Love
Teil 2 des Marathons. Vorab: Diese Rezension soll weniger vorwurfsvoll als sonst klingen. Die Arbeit mit jemandem, der an einer schmerzhaften Krankheit leidet und kurz nach dem Dreh Selbstmord begeht, wird kaum eine Leichtigkeit gewesen sein. Ein ausdrückliches Lob für die Professionalität aller Beteiligten, aber insbesondere der betroffenen Person selbst, wird hier daher vorweggestellt. Die Geschichte um Pedro Armendáriz wirft einen Schatten auf einen Film…
… der, wie auch der Vorgänger, das aktuelle Zeitgeschehen als Hintergrund einbindet. Spielte der Kalte Krieg bereits im Vorgänger, DR. NO, eine Rolle, bestimmt er hier über weite Strecken das Milieu.
Die Handlungsorte in einem Agenten-/Spionagefilm à la James Bond sind häufig Orte innerhalb der Welt, die von den Eingeweihten mit anderen Augen gesehen werden. Es gibt Orte (meistens in Städten), die normalen Bürgern unbekannt oder/und unzugänglich sind, den Eingeweihten hingegen nicht. Die Parallelgesellschaft der Spione hält sich in einer Heterotopie auf.
Natürlich können auch an abgelegenen Orten groß angelegte Stationen von Bösewichten sein wie im Vorgänger, zu diesen finden allerdings auch nur eingeweihte (außer in Parodien, wo Nicht-Eingeweihte an solche Orte gelangen können). Ist 007 in diesem Film an einem solchen Ort? Nö…
Es kommen außerdem Elemente des cultural clash vor – in den Szenen, in denen es um die Arbeit des Geheimdienstes in der Türkei geht. Ali Kerim Bey teilt Bond etwa mit, dass er keine Probleme damit hat, einen Verfolger seine Arbeit machen zu lassen. Er präsentiert dem britischen Kollegen seine Anlage unter der Stadt, die ihm erlaubt, einen Konferenzsaal zu beobachten. Dann zeigt er ihm ein Lager von „Zigeunern“, die für ihn arbeiten. Oder stellt ihm seine Söhne vor, die diverse Positionen in seinem Umfeld besetzen. Es gibt Handlungen Eingeweihter, die das Schicksal der normalen Gesellschaft beeinflussen… In FRWL kommen viele solcher Elemente vor: Die Spione sind mitten in der Gesellschaft, vermischen sich aber nicht, bleiben parallel.
DR. NO begann mit dem Mord an einem Agenten; am Ende geht es um die Weltherrschaft. In FRWL hingegen wird der Plan der Bösewichte, der Organisation Phantom, bereits anfangs erklärt: Es geht nur um eine Dechiffriermaschine. Bond soll sie aus der russischen Botschaft in Istanbul stehlen, damit Phantom sie ihm entreißen kann und sich nebenbei für Dr. Nos Tod rächen kann.
An dieser Stelle verweist der Film an den Vorgänger, weist aber insgesamt eine große Eigenständigkeit auf. Es ist eine Stärke der Bond-Filmreihe, dass jeder Film unabhängig des anderen funktioniert. In Fernsehserien sind Entwicklungen über längere Zeiträume mittlerweile häufig, ein Film aber sollte immer eigenständig bleiben und seine dramatische Kraft allein durch sich selbst gewinnen.
Dramaturgisch gesehen bekommt der Film nach dem Aufeinandertreffen zwischen 007 und seinem Gegenstück Red Grant, der sich in dieser Szene leicht überlisten lässt, Probleme: Zunächst werden Actionszenen aneinandergereiht, in denen Phantom-Agenten Jagd auf Bond und die gestohlene Lektor machen. Am Ende tritt schließlich die als letzte von Phantom in diesem Projekt arbeitende Agentin, Tanjas Chefin Rosa Klebb, in Erscheinung, um den Auftrag abzuschließen. Tanja denkt fälschlicherweise, sie sei im Auftrag des KGB unterwegs, und anfangs wurde sie als „überzeugte Kommunistin“ bezeichnet. Sie muss entscheiden, ob sie 007 oder Klebb rettet, obwohl ihre Entscheidung zu diesem Zeitpunkt offensichtlich zugunsten Bonds ausfallen wird.
Am Anfang des Films wird außerdem eine fragwürdige Entscheidung getroffen, als M und 007 sich entschließen, die viel zu offensichtliche russische Falle zu attackieren.
Interessant ist diesmal das Verhältnis zwischen 007 und seiner Love-Interest, der KGB-Agentin Tatjana Romanova. Sie wird von ihrer Vorgesetzten im Auftrag Phantoms verpflichtet, Bond vorzuspielen, sie liebe ihn. Durch Fotos wird eine Verbindung zwischen beiden hergestellt. Sie lernen sich kennen, 007 wird ihr sympathisch, bleibt selbst aber misstrauisch. Als der Konflikt gelöst ist, wissen beide, dass ihre Beziehung keine Zukunft haben wird, und genießen ihre restliche Zweisamkeit in einer Gondel.
Insgesamt legt FRWL mehr Wert auf Atmosphäre und Handlungsorte als auf Dramaturgie und Handlungslogik. Präsentiert wird die Stadt Istanbul zwischen Orient und Okzident, die Verbindung per Orientexpress durch den Ostblock, das Aufeinandertreffen unterschiedlicher Wissensstände, was das Spannungs- und Interessenniveau insgesamt weit genug oben hält.
It's the BIGGEST... It's the BEST
It's BOND
AND BEYOND