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von 00T
Agent
So, hier jetzt mal ausführlich meine Meinung zu Teil 1 der Ritchie-Filme:
Sherlock Holmes(2009)
Sherlock Holmes, 1887 von Arthur Conan Doyle in dem Roman „Eine Studie in Scharlachrot“ zum Leben erweckt, gehört zu den am meisten bekannten und geliebten literarischen Figuren der Welt. Der seine Fälle durch nüchterne Schlussfolgerungen und genaue Beobachtungen lösende Detektiv hat infolgedessen auch eine Menge Verfilmungen nach sich gezogen. Schon etliche Schauspieler haben Holmes verkörpert: Basil Rathbone, Peter Cusing, Jeremy Brett, um nur die bekanntesten zu nennen. Im Jahr 2009 machte sich dann der Regisseur Guy Ritchie an eine Modernisierung von Sherlock Holmes und brachte damit einen Film ins Kino, der sich von anderen Sherlock Holmes-Verfilmungen deutlich unterscheidet.
Die Rolle des Sherlock Holmes hat hier Robert Downey junior übernommen, welcher ihn sehr schön darstellt. Holmes ist hier ein faszinierender, vielschichtiger Charakter, dessen Eigenarten sehr schön zur Geltung kommen. Dazu bekommt er Unterstützung von Jude Law als Dr. John Watson, der hier ein wirklicher Gefährte ist, ohne den Holmes manchmal wirklich aufgeschmissen wäre, anstatt einfach nur körperliches Beiwerk. Und im Zusammenspiel können die beiden nochmal komplett überzeugen. Die Dialoge zwischen den beiden sind schön anzusehen und anzuhören.
Rachel McAdams spielt Irene Adler, deren Darstellung im Film zwar um einiges von Doyles Auslegung der Figur abweicht, aber immerhin hat man McAdams in der Rolle, das geht dann schon.
Dann sollte man natürlich den Bösewicht erwähnen, denn Mark Strong stellt seinen Lord Blackwood schön finster und diabolisch dar, immer von einer geheimnisvollen Aura umgeben.
Aber auch Eddie Marsan oder Kelly Reilly sollten nicht unerwähnt bleiben, denn als trotteliger Inspektor Lestrade und eigenwillige Zukünftige von Watson leisten auch die beiden gute und unterhaltsame Arbeit.
Auch Guy Ritchie bringt hier eine großartige Leistung. Seine Inszenierung ist sehr schön anzusehen, mit seinen Zooms, Zeitlupen, Rückblenden etc. Vor allem die Einzelkämpfe von Holmes sind sehr schön inszeniert. Auch der Charme des alten Londons, das gezeigt wird, trägt dazu bei, dass man ein richtiges „Holmes-Gefühl“ hat. Und nicht zuletzt sorgt auch Hans Zimmers großartiger Soundtrack dafür, der immer mit den richtigen Stücken zur Hand ist und so eine klasse Stimmung erzeugt.
Der Film steigt direkt mit einer Actionszene ein, als Sherlock Holmes Lord Blackwood bei einem schändlichen Ritual stellt. Dabei werden sowohl die Protagonisten als auch der Antagonist sehr schön eingeführt.
Danach geht es etwas ruhiger zu und man wird etwas in Holmes´ Leben eingeführt. Grandios, wie Watson Holmes in seiner Dunkelkammer überrumpelt und ihn auffordert, rauszugehen, die Rebellion gegen das Nichtstun, die dem Holmes-Charakter schon immer eigen war, konnte man hier wirklich gut darstellen.
Das Diner mit Watsons Verlobter, bei dem Holmes seine Fähigkeiten auf dem Gebiet der Deduktion unter Beweis stellt, zeigt recht deutlich die Problematik, die Ritchie den ganzen Film über gut einbringt: Die Tatsache, dass Watson heiratet und Holmes ohne diesen die Fälle lösen muss, was, wie Holmes befürchtet, das Ende ihrer Freundschaft bedeutet.
Nun folgt der tolle Boxkampf, bei dem Ritchie seinen genialen Stil der Zeitlupenschlägerei erneut verwendet. Es ist einfach grandios, wie hier Holmes´ schnelles Denkvermögen und gleichzeitig seine Kampferfahrung unter Beweis gestellt werden, das ist einfach Holmes pur.
Die Unterhaltung zwischen Holmes und Blackwood im Gefängnis danach wirft einen unheimlichen Schatten nach vorne, ebenso wie die Hinrichtung, deren Inszenierung nicht zuletzt durch Zimmers grandiose Musik überzeugt.
Ebenfalls schön wird die Tatsache, dass Holmes ein Meister im Verkleiden ist, gezeigt, wenn Irene Adler ihn besucht und er danach hinter ihr herläuft, während er die verschiedenen Verkleidungen ausprobiert. Und auch etwas mysteriöses hat der seltsame Mann, mit dem Adler sich trifft und dessen Gesicht im Schatten liegt, wobei jeder Holmes-Kenner schon ahnen mag, um wen es sich dabei handelt.
Auch die Untersuchung des Leichnams in Blackwoods Sarg unterhält, wenn Holmes Lestrade und Co. Mal wieder gemeinsam mit Watson zum Narren hält.
Noch mehr unterhält dann die Untersuchung des Labors des Liliputaners, ebenso wie die daraus resultierende Kampfszene im Schuppen und dann beim Schiff, wobei alle Actionszenen hier sehr gut inszeniert sind.
Nach einem Abstecher ins Gefängnis und zum Oberhaupt des Tempels der vier Orden, wo Holmes die Hintergründe von Lord Blackwoods Geburt erfährt und beauftragt wird, diesen zur Strecke zu bringen, geht er zu Adler und teilt ihr mit, wo ihr Liliputaner ist, woraufhin er von ihr betäubt wird und nackt ans Bett gefesselt wird, woraufhin eine amüsante Szene entsteht. Der Humor kommt hier übrigens überhaupt nicht zu knapp.
Nach zwei rätselhaften Todesfällen der Oberhäupter des Tempels vier Orden, untersuchen Holmes und Watson eine alte Fabrik, bei der sie Irene Adler in einer guten Actionszene davor bewahren müssen, wie ein Schwein zerteilt zu werden.
Danach wollen sie Blackwood verfolgen, der aber die Fabrik in die Luft sprengt. Nun finden sich Holmes, Watson und Adler von Explosionen umgeben und werden in Zeitlupen und Beschleunigungen immer wieder von den Druckwellen zurückgeschleudert, das ist einfach grandios inszeniert. Und wenn dann noch Zimmers toller Soundtrack hinzukommt – großartig!
Auch die Untersuchung von Holmes mit den vielen Rückblenden weiß zu begeistern.
Nun wird Holmes gefangengenommen, kann Lord Coward allerdings entkommen, aber nicht ohne vorher den Plan von Blackwood erfahren zu haben.
Es geht auf den Showdown zu und in einer guten Actionszene entschärfen Holmes, Watson und Adler gerade noch rechtzeitig die Maschine, mit der Blackwood die Parlamentsmitglieder töten will.
Dann geht es zur halb fertig gebauten Tower Bridge, wo Holmes und Blackwood sich einen tollen, wenn auch kurzen Kampf liefern und Holmes die raffinierte Auflösung der Morde zum Besten gibt. Dann kommt das Ende von Blackwood, sehr eínfallsreich und ungewöhnlich.
Zu guter Letzt demonstriert Holmes noch, wie Blackwood die Hinrichtung überlebte, dann gibt es noch einen offenen Faden, der zu dem geheimnisvollen Auftraggeber von Adler führt und Holmes den Film mit den versprechenden Worten beendet: „Clarky, case reopened!“
Die Modernisierung von Sherlock Holmes ist Guy Ritchie voll und ganz gelungen. Neben der guten Story und den genialen Darstellern ist schon allein Ritchies Stil bei dem Film einfach Holmes. Die Rückblenden, Zeitlupen und alles andere verleihen dem Film den richtigen Schwung. Natürlich kommt auch der Humor nicht zu knapp und die Actionszenen sind ohnehin fantastisch inszeniert. So ist Guy Ritchies „Sherlock Holmes“ richtig unterhaltsames Kino, bei dem vor allem Holmes-Fans voll auf ihre Kosten kommen. Auf jeden Fall kann man sagen: Fall abgeschlossen – für dieses Mal!
Punkte: (9/10)
"East, West, just points of the compass, each as stupid as the other."
(Joseph Wiseman in Dr. No)