Re: Der Hitchcock Thread
Verfasst: 23. Mai 2019 13:23
Ich finde es nur ewig schade, dass Grant in NBN als Roger Thornhill nicht von Curt Ackermann oder Paul Klinger gesprochen wurde, sondern von Erik Ode, der so gar nicht passen will.
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Klar, das war auch mehr als Floskel gemeint und bewusst so formuliert dass ich zumindest nicht das Gegenteil behaupten würde. Alleine bei Hitchcock finde ich Psycho und Window mindestens genauso toll, die bilden seit Jahren mein heiliges Hitch-Trio. Unter den besten Filmen bzw. Lieblingsfilmen eine Rangliste zu erstellen ist schon verdammt schwierig, auch wenn es reizvoll ist. Ich werde im Alltag regelmässig nach meinem Lieblingsfilm gefragt und kontere immer mit "viele", ich glaube da habe ich noch nie angefangen, Filme aufzuzählen.vodkamartini hat geschrieben: 30. Mai 2019 07:13 Ich habe aufgehört in diesen Kategorien zu denken.So etwas wie den besten Film gibt es nicht. Ich hab inzwischen so viele Filme gesehen, dass ich nicht mal mehr eine vernünftige Top Ten aufstellen kann, so viele Filme würden mir dazu einfallen. Hängt zudem inzwischen sehr stark von der jeweiligen Stimmung ab, welchen ich nun gerade besonders gut finde.
Sowieso.vodkamartini hat geschrieben: 30. Mai 2019 07:13 Letztendlich ist das eine sehr sehr subjektive Angelegenheit und nicht irgendwie messbar oder ähnliches.
Was sind denn sonst so deine liebsten Hitchcöcker? Das arme Fenster ja leider schon mal nicht. Psycho? Notorious? Birds? Dial M?vodkamartini hat geschrieben: 30. Mai 2019 07:13 Vertigo ist aber sicherlich einer von Hitchs interessantesten Filmen, obgleich mir der unsichtbare Dritte immer deutlich mehr Spaß macht, und das ist es, was am Ende zählt.
Spannende Beobachtung. Dass Stewart letztendlich nur Spielball finsterer Mächte ist, wird in Vertigo wunderbar tragisch und erschütternd herausgearbeitet.Casino Hille hat geschrieben: 30. Mai 2019 08:02 Für Vertigo gilt, dass Jimmy Stewart in seiner beachtlichen Karriere vermutlich nie besser war als hier, immerhin ist Vertigo quasi seine Paraderolle ins Extrem gesteigert: Der schwache Held, der trotz allen aktiven Handels nie Einfluss auf sein Schicksal nehmen kann und seiner Tragik logischerweise nicht entrinnt, bzw. sich durch sein Eingreifen erst selbst ins Verderben stürzt.
Hitchcock musste ja sogar ein alternatives Ende drehen für die Zensurvorgaben, dass ein primärer Antagonist nicht ungeschoren davonkommen darf. Da hört man angeblich im Radio, dass Elster polizeilich gesucht wird. Hitchcock konnte das dann erfolgreich abwimmeln. Aus heutiger, eine Spur aufgeklärterer Sicht ist Vertigo sowieso nie an einem klassischen Kriminalfall, bzw. an Elster als Mörder seiner Frau interessiert. Das ist ein kleines Handlungsventil für ein viel grösseres, komplexeres Filmpuzzle (ich sage jetzt bewusst nicht MacGuffin, wir wollen Maibaum ja nicht ärgern).Casino Hille hat geschrieben: 30. Mai 2019 08:02 Ein bekannter, immer wieder amüsanter Fakt ist, dass den meisten Zuschauern bei der ersten Sichtung vollkommen entgeht, dass der Schurke (bzw. Mörder) am Ende gar davonkommt.
Mein liebster ist sicher North by Northwest. Dann kommen aber eine Reihe ebenfalls hoch geschätzter Filme: natürlich Psycho, Dial M und Rope. Ich mag auch den sehr leichten To catch a Thief sehr gerne, ebenso wie den nicht sehr leichten Shadow of a Doubt. Nicht so sehr angetan bin ich von dem Klassiker-Trio Window, Birds, Man who knew too much, dennoch alles gute FIlme. Marnie sehe ich dagegen immer wieder gerne, der ja ansonsten immer etwas durchfällt. Notorious hab ich zu lange nicht mehr gesehen, wäre mal wieder ne Sichtung wert.GoldenProjectile hat geschrieben: 30. Mai 2019 11:10 Was sind denn sonst so deine liebsten Hitchcöcker? Das arme Fenster ja leider schon mal nicht. Psycho? Notorious? Birds? Dial M?
Kann man im Bonusmaterial von DVD und BD schauen und die Szene ist furchtbar und komplett antiklimaktisch. Hätte man die dröge Szene (das ist Erklärbär Fakultät 11!) wirklich an das drastische Ende drangeklatscht, wäre der Film stark beschädigt worden (eine ganz andere Gewichtsklasse als zB der andere Erklärbär in Psycho). Aber sieh selbst:GoldenProjectile hat geschrieben: 30. Mai 2019 11:10 Hitchcock musste ja sogar ein alternatives Ende drehen für die Zensurvorgaben, dass ein primärer Antagonist nicht ungeschoren davonkommen darf. Da hört man angeblich im Radio, dass Elster polizeilich gesucht wird. Hitchcock konnte das dann erfolgreich abwimmeln.
Absolut, und das radikale Ende macht das dann auch ein für alle mal deutlich (nicht, dass es in den vorangegangenen 2 Stunden nicht schon deutlich genug gewesen wäre). Das clevere an Vertigo ist aber, dass er auch als Thriller prima funktioniert.GoldenProjectile hat geschrieben: 30. Mai 2019 11:10 Aus heutiger, eine Spur aufgeklärterer Sicht ist Vertigo sowieso nie an einem klassischen Kriminalfall, bzw. an Elster als Mörder seiner Frau interessiert. Das ist ein kleines Handlungsventil für ein viel grösseres, komplexeres Filmpuzzle (ich sage jetzt bewusst nicht MacGuffin, wir wollen Maibaum ja nicht ärgern).
Hmm, gute Frage, das könnte durchaus ein weiterer MacGuffin sein, auch wenn der Typ selber ja (glaube ich) im Film kurz auftaucht. Das wäre dann aber ziemlich nah dran am MacGuffin, oder zumindest ein Halber.GoldenProjectile hat geschrieben: 30. Mai 2019 11:10
Das ist ein kleines Handlungsventil für ein viel grösseres, komplexeres Filmpuzzle (ich sage jetzt bewusst nicht MacGuffin, wir wollen Maibaum ja nicht ärgern).
Spannende Analyse. Ich habe viele der Filme zu lange nicht mehr oder noch gar nicht gesehen und im Prinzip ist ja auch relativ egal, was ein McG ist und was nicht. Aber zum Hotel in Vertigo: Carlotta, deren Geist vermeintlich die vermeintliche Frau des vermeintlichen Mörders heimsucht, hat da gelebt, und die falsche Madeleine quartiert sich in ihrem Wahn um die Vergangenheit zeitweise da ein. Das heisst das Hotel hat für den Film die genau gleiche Bedeutung wie z.B. der Blumenstrauss, das Gemälde im Museum oder der Grabstein. Alles Orte oder Elemente, die die Frau in ihrer Besessenheit aufsucht. Da hätte man auch gleich die Figur Carlotta als McG nennen können, was vielleicht gar nicht so verkehrt gewesen wäre, aber auch da ist Vertigo eigentlich zu kompliziert und raffiniert als dass ich in Schubladen à la McG würde denken wollen.
Ist eigentlich bekannt, wie Lynch zu Vertigo steht? Rein gefühlstechnisch dürfte das ein prägender Film für ihn und seine Filmografie gewesen sein und die Mystery-Aspekte von Vertigo nehmen vieles vorweg, was Lynch dann vollkommen losgelöst von einer nachvollziehbaren Handlung ausgebaut hat. Der herrliche Albtraum von Stewart etwa (tricktechnisch eine Meisterleistung im Jahre 1958) wäre hier als Schlüsselszene zu nennen. Oder die tolle und später von Terry Gilliam in 12 Monkeys zitierte Szene bei den Mammutbäumen, die einen verschrobenen, unwirklichen Ton annimmt.GoldenProjectile hat geschrieben: 2. Juni 2019 18:32 Denn egal ob diese gesamte Besessenheit durch eine Tote nur der Spuk einer Schauspielerin war, es ist auf faszinierende Art schaurig und fesselnd und verstörend und schön zugleich, in der Art, wie es sonst fast nur David Lynch hinbekommt.
Aber genau das ist es: es kommt in (fast) jedem Film bzw. erzählenden Werk vor. Hitchcock hat ihm nur einen Namen gegeben.Maibaum hat geschrieben: 2. Juni 2019 20:05 Ja das stimmt, diese MacGuffin Geschichte ist vollkommen ausgeufert (genau wie der Begriff Anti-Held), und wird mittlerweile für fast alles verwendet was eine Art "Handlungsvorwand" darstellt, und verwässert da durch das Besondere zum Beliebigen.
Rein gefühlstechnisch sehe ich das auch so, aber mir ist kein konkretes Statement zum Film bekannt und ich habe auf die schnelle auch nichts gefunden, ausser diese Analyse hier, aber auch da gibt es kein Zitat.Casino Hille hat geschrieben: 3. Juni 2019 21:52 Ist eigentlich bekannt, wie Lynch zu Vertigo steht? Rein gefühlstechnisch dürfte das ein prägender Film für ihn und seine Filmografie gewesen sein und die Mystery-Aspekte von Vertigo nehmen vieles vorweg, was Lynch dann vollkommen losgelöst von einer nachvollziehbaren Handlung ausgebaut hat. Der herrliche Albtraum von Stewart etwa (tricktechnisch eine Meisterleistung im Jahre 1958) wäre hier als Schlüsselszene zu nennen. Oder die tolle und später von Terry Gilliam in 12 Monkeys zitierte Szene bei den Mammutbäumen, die einen verschrobenen, unwirklichen Ton annimmt.