Patrice hat geschrieben: 2. November 2021 16:49
Vom Bond-Fieber gepackt habe vor wenigen Tagen nochmal TSWLM geschaut. Diesmal bin ich an diesen Film herangegangen, wie manche aus diesem Forum an NTTD: Alles schlechte Suchen und das Gute nicht sehen wollen.
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Die von manchen hier praktizierte Art und Weise Bond-Filme zu sehen (oder eher schlecht zu sehen) ist durchaus interessant. Wenn man sich darauf konzentriert schlechtes zu sehen, sieht man das Gute nicht mehr. Bei der nächsten Sichtung gucke ich den Film deshalb lieber wieder aus der Konsum- und nicht aus der Seziersicht. Genau das sollten einige von euch auch mit anderen Beiträgen unserer viel geliebten Filmreihe machen. Man sollte an Filmen wie Bond immer möglichst viel Spaß haben. Klar hat jeder seine eigenen Favoriten und das ist auch richtig so - anders wäre es ja langweilig. Aber einen Film schlecht zu reden macht erstens keinen Spaß und zweitens ist es absolut unnötig. Daher auch diesen Post bitte mit einem kleinen Augenzwinkern lesen
Ich stehe ja auf Provokationen, aber diese hier empfinde ich als ein wenig sinnlos. Alles was ich da herauslese, ist, dass du der Überzeugung bist, man dürfe manche Filme (wie NTTD) nicht "nicht mögen" oder sie gar "schlecht finden", wenn du der Überzeugung bist, dass sie es nicht sind. Und da muss ich dich enttäuschen: Dem ist nicht so. Niemand guckt Filme mutwillig, um sie schlecht zu finden (außer Berufsmeckerer, die mag niemand, und die erkennt man sehr schnell) und niemand sucht das Schlechte. Die Wahrheit ist: Es gibt Filme, die wirst du mögen und andere werden sie hassen. Es wird Sachen geben, die du gelungen und sinnvoll findest und die andere als misslungen und sinnlos empfinden. NTTD (oder jeder andere Bond) ist kein objektiv guter Film, er ist auch kein objektiv schlechter Film, aber für die einen kann er ein Meister- und für die anderen ein Machwerk sein. Da brauchst du dir gar keine Erklärung herbei fantasieren, einige hätten sich gegen den Film verschworen. Auch hier muss ich dich wieder enttäuschen: Dem ist nicht so.
Interessanter als jetzt irgendeinen anderen beliebigen Film schlecht zu reden wäre es gewesen, hättest du die Energie in eine Diskussion zu NTTD gesteckt und wärst auf die Punkte der Leute eingegangen, die anderer Meinung sind als du. … Hey: Gute Idee. Lass mich das mal exemplarisch hier bei TSWLM tun!
Patrice hat geschrieben: 2. November 2021 16:49
Warum bringt Stromberg die beiden Professoren nicht direkt in seiner Atlantis um? Der Heli-Flug macht absolut keinen Sinn und ist nur für den Effekt.
Anders als bei seiner Sekretärin, die er an die Haie verfüttert, sind die Professoren bekannte Persönlichkeiten, die nicht einfach verschwinden können, weil man nach ihnen suchen und somit Nachforschungen anstellen würde. Sie durch einen vorgetäuschten Unfall zu töten ergibt durchaus Sinn. Zudem verdeutlicht es Strombergs sadistische Ader: Er lässt die beiden Herren in Sicherheit wiegen und "entkommen" (wir sehen sie freudig im Helikopter die Hände schütteln), ehe er sie schließlich per Knopfdruck auslöscht. Stromberg sieht sich selbst als Gott und andere Menschen nur als irrelevante "Insekten", auf denen er rumstampfen kann, wie er will. Die Szene ist also ein charakterdefinierender Moment für Stromberg. Filmszenen haben ja im Idealfall oft mehr als nur eine Bedeutung, sie dienen nicht nur unbedingt dem Plot, sondern erfüllen dramaturgische Zwecke (so wie hier durch die notwendige Charakterisierung des Antagonisten).
Patrice hat geschrieben: 2. November 2021 16:49
Warum muss Bond zuerst mit Fekkesh in Kontakt treten? Ach ja! Wir brauchen ja noch die total epische Einführung von Beißer, begleitet von einem absolut grausigem Soundtrack. Bonds ehemaliger Schultyp hätte im direkt sagen können, wo er Max Kalba findet. Das Endergebnis wäre das Gleiche gewesen.
Wäre Bond direkt zu Kalba gegangen, hätte er den Mikrofilm bekommen, bevor Beißer bei Kalba auftaucht. Beißer hätte zwar Kalba trotzdem getötet, uns wäre aber die eher unlustige Actionszene im Tempel mit Beißer, Anya und Bond erspart geblieben. Q hätte den Mikrofilm untersucht und der Rest das Filmes wäre fast genauso passiert, wie wir ihn kennen.
Warum sollte das unlogisch sein? Kalba verkauft einen Gegenstand, von dem er wissen muss, dass einige gefährliche Menschen an ihm Interesse haben. Also ergibt es völlig Sinn, dass er sich nicht selbst mit möglichen Interessenten trifft, da die ihm schnell den Gar aus machen könnten. Stattdessen werden sämtliche Personen erst an Fekkesh vermittelt, der bei individuellen Treffen einschätzt, ob der / die potenzielle Käufer / Käuferin vertrauenswürdig ist – und nur dann einen Kontakt zu Kalba herstellt. Wie genau sollten illegale Geschäftsmänner denn sonst operieren? Du fändest es also glaubwürdiger, wenn Kalba den Mikrofilm offen und ohne Sicherheitsvorkehrung bzw. ohne Mittelsmann anbieten würde? Naja. Geht mir anders.
Bond hätte vorher nicht zu Kalba gehen können, weil Kalba sich offensichtlich verdeckt hält und man nicht an ihn herankommt, ohne von Fekkesh vermittelt zu werden. Bond kann Kalba dann ja auch nur treffen, weil er in Fekkesh' Notizbuch dessen Termin mit Kalba einsieht und daher weiß, wann er wo auf Kalba treffen wird. Also ja: Die Szene soll primär den Beißer als tödlichen Killer einführen, aber der Film gibt sich Mühe, die Szene zu legitimieren, statt sie einfach nur zu machen, weil der Schurke eine Einführungsszene braucht.
Patrice hat geschrieben: 2. November 2021 16:49
Warum lädt Stromberg Bond noch zur Atlantis ein, obwohl er schon längst weiß, dass Bond Bond ist? Lösung für das schlechte Screenwriting: Q übergibt den Lotus an Bond. Er fährt mit Anya bisschen über die Landstraße um der Einladung Strombergs zu folgen. Auf einmal taucht das Motorrad im Rückspiegel auf und die Verfolgungsjagd geht ihren gewohnt Gang.
Weiß er das vorher? Ich erinnere mich, dass er erst nach dem Besuch der beiden sagt: "Der Mann ist James Bond und die Frau ist Anya Amasova" – oder bringe ich da etwas durcheinander? Stromberg scheint häufiger interessierten Leuten Audienzen zu gewähren, die seine Leidenschaft für die Meere teilen und in diesem Fall lässt er die Ankunft der beiden Gäste heimlich vom Beißer beobachten, der ihm hinterher versichert, dass die beiden die sind, mit denen der Beißer in Ägypten gekämpft hat. Erst daraufhin hat er die Gewissheit, wen er vor sich hat und gibt sofort den Befehl, sie zu liquidieren. Deine Lösung für das "schlechte Screenwriting" würde den Film unsinniger machen als er ist.
Patrice hat geschrieben: 2. November 2021 16:49
Warum lächelt Bond Anya an, während sie vom Heli aufs U-Boot abgeseilt werden?!? Anya hat ihm gerade verkündet, dass Sie ihn töten möchte. Jeder rational denkende Mensch würde in diesem Moment vermutlich eher nicht seinen zukünftigen Mörder über beide Ohren angrinsen.
So ist Bond's Charakter unter Moore nun mal gezeichnet. Er provoziert und neckt, wann immer er die Gelegenheit dazu bekommt. Sein charakteristisches Angrinsen findest du in so gut wie jedem seiner Filme, sehr präsent natürlich in der Enten-Verfolgung in FYEO. Muss man nicht mögen, aber was daran abwegig sein soll, weiß ich leider nicht. Davon ab: Anya hat angekündigt, ihn NACH der Mission zu töten und weder der Zuschauer noch Bond glaubt je wirklich, dass sie das tun wird. Die Moore-Filme haben einen selbstironischen Stil. Da ist dieses Verhalten absolut in der Bond-Figur angelegt. Mögen muss man es logischerweise nicht.
Zu den Themen Humor und Soundtrack: Faire Punkte, absolute Geschmackssache, kann man so sehen oder eben nicht. Der Humor ist sehr zotig, wird deshalb nicht jedem gefallen, der Score hat einige Disco-Elemente und klingt teils wenig nach John Barry, auch da ist völlig verständlich, wenn jemand damit fremdelt.
Wie oben geschrieben: So einen direkten Austausch über abnehmende Wahrnehmungen finde ich sehr viel interessanter und gewinnbringender für die Diskussionskultur dieses Forums, als anderen durch die Blume zu unterstellen, sie würden absichtlich irgendwelche Filme schlechtreden, um … tja, warum eigentlich? Um anderen den Spaß zu verderben? Es behauptet ja auch niemand über dich, du würdest hier absichtlich irgendwelche Filme hochjubeln oder runtermachen. Ich fänd es allgemein schön, wenn in den Filmbesprechungsthreads wirklich die Filme besprochen werden würden und nicht die Diskussionsteilnehmer.