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von GoldenProjectile
'Q Branch' - MODERATOR
He, dabei wollte ich doch eigentlich der erste sein. Aber wie immer kann es hier auch nur einen geben… Egal, erst schreiben, dann lesen.
Highlander (1986, Russell Mulcahy)
Wer hat nicht schon mal mit dem Gedanken gespielt, unsterblich zu sein? Darüber philosophiert wie es wäre, über die Jahrhunderte hinweg weiter zu leben? Sich durch den Kopf gehen lassen, wie es Fluch und Segen zugleich wäre, um die Welt zu reisen und sich immerzu neue Identitäten anzueignen, um nicht aufzufallen?
Der Film Highlander nimmt diesen Grundgedanken auf und entwirft eine Welt, in der Unsterbliche unter uns leben. Sie altern ab ihrem ersten vermeintlichen Tod nicht mehr und leben einfach immer weiter, lediglich ein wohl platzierter Enthauptungsschlag vermag ihnen das Leben zu nehmen. Unter den Unsterblichen herrscht eine Art Wettkampf, jeder möchte die anderen aus dem Weg räumen um sich am Ende die ultimative Macht zu sichern. Denn wie der Slogan des Films es immer wieder gerne wiederholt kann es am Ende nur einen geben.
Highlander konzentriert sich innerhalb von zwei Zeitebenen auf den Unsterblichen Connor MacLeod, einerseits auf seine Herkunftsgeschichte im mittelalterlichen Schottland, andererseits auf die Zeitspanne seines letzten Kampfes im New York der 1980er-Jahre. Der Kontrast zwischen diesen beiden Handlungsebenen ist eine der primären Stärken des Films. Er sorgt einerseits für eine gelungene Abwechslung in der Szenerie, und hat darüber hinaus auch einen dramaturgisch sehr wirkungsvollen Effekt, da diese Struktur bekanntermassen ein Spiel mit der Chronologie erlaubt, bei dem Zusammenhänge nicht in ihrer tatsächlichen Reihenfolge sondern an narrativ dienlichen Stellen enthüllt werden. Veredelt wird das Hin und Her der beiden Erzählstränge durch die häufige Verwendung von Match Cuts oder verwandten ausgefeilten Stilmitteln im Übergang.
Auch abgesehen davon beweist Regisseur Russell Mulcahy regelmässig viel Gespür für die unterhaltsame Inszenierung seines Stoffes. Vor allem verleiht er dem Film durchgehend eine betont epische Ausstrahlung, die dem Inhalt des Fantasy-Abenteuers voll und ganz angemessen ist. Höhepunkt in dieser Hinsicht sind mit Sicherheit die Szenen in den schottischen Highlands, die durch den aufwändigen Einsatz von Kulissen, Kostümen und Komparsen wie auch durch ausladende Landschaftsaufnahmen sehr aufwändig und edel in Szene gesetzt sind. An einer frühen Stelle, an der sich zwei rivalisierende Schottenclans zum Krieg aufstellen, erinnert seine pompöse visuelle Verarbeitung von Wetter und Natur in Zusammenhang mit dem mittelalterlichen Setting gar an die Jidai-geki-Klassiker von Akira Kurosawa, einen eigenen Stil in Bezug auf epische Bilder kann man Mulcahy aber nicht abstreiten. Die Szenen in den 1980er-Jahren wirken logischerweise im Vergleich deutlich nüchterner, sind dafür aber interessant stilisiert. Mulcahys New York verkörpert einen lebendigen Grossstadtpuls, die Unsterblichen bekämpfen sich in schmutzigen Hinterhöfen, in denen sich das buchstäbliche Rot- und Blaulicht in wabernden Dampfwolken spiegelt.
Die Schwertkämpfe zwischen den Ewiglebenden sind der inhaltliche Dreh- und Angelpunkt des Abenteuers, egal vor welchem zeitlichen Hintergrund sie gerade spielen, und werden entsprechend pompös in Szene gesetzt. Auf kunstvolle Akrobatikeinlagen wird weitgehend verzichtet, die Schlachtereien sind passend zu den eingesetzten Waffen eher langsam und mächtig choreographiert, wodurch die einzelnen Manöver im Kampfverlauf auch mehr dramaturgisches Gewicht erhalten. Grösstes Manko der Actionszenen sind einige übertriebene und deplatzierte Showeffekte, die zu sehr an den Haaren herbeigezogen sind. Gemeint ist damit in erster Linie der Zweikampf zwischen Kurgan und Ramirez, bei dem durch ungefähr drei verfehlte Schwerthiebe ein riesiger Steinturm in sich zusammenstürzt, ein merkwürdiger Bruch mit der Glaubwürdigkeit der Kampfinszenierung, um eine gewünschte Kulisse herbeizuführen. Dafür profitieren alle Schwertszenen umso mehr von den ausgeklügelten Lichteffekten, die den bereits erwähnten epischen Touch der Szenerie gekonnt unterstreichen. Kamera und Schnitt leisten dafür auch ausserhalb der Kämpfe ihren Beitrag. Durch die häufige Verwendung von schnellen, gleitenden Kamerafahrten, regelmässigem Wechsel der Perspektive innerhalb einer Szene und den bereits angetönten Match Cuts, mit denen Jahrhunderte überbrückt werden, ist die Dynamik garantiert. Zwar nimmt Mulcahy in vielen Szenen auch das Tempo raus, um in der Atmosphäre des Films zu schwelgen und ruhigere Momente in der Handlung zu betonen, dennoch befinden sich die Bilder irgendwie immer in Bewegung. Mulcahy erlaubt sich auch immer wieder interessante inszenatorische Kniffe, wie zum Beispiel in der Trainingssequenz von Kurgan im Hotelzimmer, bei dem die Struktur des ganzen Films auf wenige Sekunden zusammengefasst wird und der Zusammenbau des Schwertes und die folgende Übung zeitlich ineinander verflochten sind.
Den Franzosen Lambert als schottischen Superhelden zu besetzen und dafür das schottische Urgestein Connery als spanischen Edelmann mutet auf dem Papier wie ein Streich der Casting-Agentur an, funktioniert aber prächtig. Lambert macht sowohl als Charmeur als auch als tatkräftiger Actionheld eine gute Figur, zeitgleich schimmert bei seinem Connor MacLeod immer eine gewisse Müdigkeit nach jahrhundertelangem Flüchten und Reisen durch, was der Figur ohne grossen Aufwand zusätzliche Ecken und Kanten verleiht. Das ist aber gleichzeitig auch ein kleines Problem, weil der etwas abgewrackte und vom ewigen Leben gezeichnete Connor der 1980er-Jahre einfach interessanter und runder ist, sein mittelalterliches Schottenpendant bleibt im sich durch die narrative Struktur aufdrängenden Direktvergleich etwas blass. Clancy Brown hat als generisch böser Unsterblicher Kurgan eine vermeintlich etwas undankbare Rolle, überzeugt aber als irres und grausames Ekelpaket und bleibt als Bösewicht zweifelsohne im Gedächtnis. Connery ist wahrlich ein Geschenk für den Film, dem er trotz seines ziemlich kurzen Auftritts einen unverkennbaren Stempel aufdrückt. Sein charmanter und weiser Gockel ist eine prägnante Variation der klassischen Mentor-Rolle und versprüht in jeder Sekunde seiner Screentime die packende Spielfreude und Ausstrahlung, die Connerys Auftritte häufig so gut machen. Gerne hätte man sich mehr Auftritte des ehemaligen Bonds gewünscht, sein vorwitziger und charismatischer Ramirez als zweite Hauptrolle wäre wohl ein Traum gewesen. Aber in Sachen Protagonist verhält es sich eben ähnlich wie bei vielen anderen Angelegenheiten: Es kann nur einen geben.
Für die musikalische Untermalung zeigt sich Michael Kamen verantwortlich, der mit Highlander eine seiner frühsten Arbeiten abliefert. Entsprechend konnte er sich im späteren Verlauf seiner leider viel zu kurzen Karriere auch noch steigern und bietet in Mulcahys Fantasy-Abenteuer nicht seinen allerbesten Soundtrack, dafür aber einen sehr guten. Majestätische und edle Klänge stellen sich stimmig in den Dienst des epischen Abenteuerflairs, in ruhigeren Momenten dominieren dafür passende nuancierte Töne. Verstärkung bekommt Kamen in Gestalt von Queen, die mit einigen Filmsongs für Highlander aufwarten. Queen ist nun mal eben Queen, und ihre erhabenen Rockballaden mit dem filmischen Fantasy-Flair zu paaren ist eine tolle Idee. Die Truppe um Freddie Mercury und Brian May betont vor allem das 80er-Grossstadt-Setting passend mit ihrem typischen Stil, mindestens genauso treffend gesetzt ist aber das ruhigere und textlich sehr adäquate „Who wants to live forever“ in einer der Vergangenheitssequenzen.
Highlander ist ein kurzweiliges und mitreissendes Kinoabenteuer geworden, das sich aus vielen sehr simplen aber guten Ideen zusammensetzt. Unsterbliche die sich gegenseitig bekriegen, mittelalterliche Highlands im Kontrast mit moderner Grossstadt, Filmsongs aus der Feder von Queen, Connery als galanter Mentor, all das sind einfache Grundgedanken, die konsequent verfolgt werden und im Gesamtbild eine sehr unterhaltsame Geschichte ergeben. Wirkliche Schwächen gibt es höchstens im Detail, umso mehr triumphiert die stimmige Symbiose aus exzessivem Abenteuerflair, Dynamik, Action und Musik. Auch in Sachen Wertung kann es für mich nur eine geben.
Wertung: 8,5 / 10
We'll always have Marburg
Let the sheep out, kid.