Re: 94th Academy Awards (27. März 2022)

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Ja, klar, das Argument ist sicherlich richtig und wie bei "Departed" schmeckt ein Oscarsieg eines Remakes etwas merkwürdig (zumal es sicherlich ein guter Film ist (besser als sein Original), aber dennoch ein seichter, ein harmloser Gewinner, kein Film, der noch lange im Gedächtnis bleiben wird). Für mich war es aber tatsächlich sehr deutlich der beste Filme aus der Auswahl:

Don't Look Up – 3/10
King Richard – 3/10
West Side Story – 4/10
Nightmare Alley – 4/10
Licorice Pizza – 4/10
Belfast – 4/10
Drive My Car – 5/10
The Power of the Dog – 6/10
Dune – 6/10
Coda – 8/10

Von daher kann ich die Entscheidung ganz subjektiv vollkommen teilen. Die richtig großen und tollen Filme 2021 waren allerdings einfach nicht nominiert ("The Green Knight", "The Last Duel", "Pig", "A Hero") – bzw. nur in anderen Kategorien zu finden ("Flee", "Der schlimmste Mensch der Welt", "Frau im Dunkeln").
https://filmduelle.de/
https://letterboxd.com/casinohille/

Let the sheep out, kid.

Re: 94th Academy Awards (27. März 2022)

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In meinem Jahresrückblick 2021 schrieb ich:

Don’t Look Up (Adam McKay) – 3/10

– Gedreht hat Adam McKay seine neueste Satire wohl als Attacke auf den Umgang der Politik mit der Klimakrise, doch im Jahr 2021 wirkt sein Film als Kommentar auf Trump und insbesondere die Covid-Pandemie. So oder so: Witzig ist hier leider fast gar nix. Viel war darüber zu lesen, wie erschreckend real das Szenario des Films doch sei: Ein Komet droht, die Erde zu vernichten, doch niemand will zwei überzeugten Wissenschaftlern glauben, schon gar nicht die US-Präsidentin. Immerhin ist doch bald Wahlkampf. Was witzig und zeitgeistig klingt, verkommt zu einer öden Nummernrevue, die nie so richtig weiß, was sie aussagen will und bei der alle Stars auf peinlichstes Overacting zurückgreifen. Nasen wie Timothée Chalamet und Jennifer Lawrence sind mit dem Tonfall gänzlich überfordert, Leonardo DiCaprio bietet mit Abstand seinen Karrieretiefpunkt und Meryl Streep ist so katastrophal unlustig als Präsidentin, dass wir ihr als Gesellschaft mindestens sieben Oscar-Nominierungen aberkennen sollten. Eine hohle, selbstverliebte Luftnummer.

Zu finden ist das hier: https://jamesbond.de/forum/viewtopic.ph ... 8&p=357088

Alleine bin ich damit ja auch nicht wirklich. Die Reviews zum Film waren teils so schlecht, dass sich darüber bei der Oscarverleihung in der Anmoderation lustig gemacht wurde.
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Re: 94th Academy Awards (27. März 2022)

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Casino Hille hat geschrieben: 28. März 2022 14:11 Alleine bin ich damit ja auch nicht wirklich. Die Reviews zum Film waren teils so schlecht, dass sich darüber bei der Oscarverleihung in der Anmoderation lustig gemacht wurde.
Der ist auch bestimmt kein Oscarmaterial - oder sagen wir besser kein Material, dass man würdigen sollte. Andererseits: ich fand den qualitativ auch nicht groß anders als McKays zuvor so hochgefeierten The Big Short und Vice. Für mich ist das alles so gewollt und furchtbar plakativ. Ich habe ja nichts gegen Filme, die eine klare Haltung beziehen, aber so grob und plump wie McKay da immer vorgeht, da kann ich wenig mit anfangen. Ich hatte bei McKay bislang immer den Eindruck, dass seine Filme von der Kritik auch deshalb so gut aufgenommen wurden aufgrund der behandelten Themen. Qualitativ war das für mich aber immer höchstens Mittelmaß, egal wie ehrenwert sein Grundanliegen auch sein mochte. Vielleicht war Dont look up dann diesmal doch ein bisschen zu viel des guten (obwohl wie gesagt für mich genau so grob und plakativ bzw. eben nicht weniger).

Hab von den Oscars nur Willis Klatsche gesehen. Hat sich der Mann-Dreh wenigstens ausgezahlt. :lol:
"Ihr bescheisst ja!?" - "Wir? Äh-Äh!" - "Na Na!"

Re: 94th Academy Awards (27. März 2022)

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While presenting best documentary feature at the Oscars, Rock made a joke about Pinkett Smith’s shaved head by comparing it to the look of Demi Moore in the 1997 movie “G.I. Jane.” Rock said he couldn’t wait to see Pinkett Smith, who has alopecia, star in “G.I. Jane 2,” which led Smith to go up on stage and slap Rock. Smith returned to his seat and shouted, “Keep my wife’s name out of your fucking mouth!”
http://www.vodkasreviews.de


https://www.ofdb.de/autor/reviews/45039/

Re: 94th Academy Awards (27. März 2022)

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Mal ein Auszug aus PiJays (von insidekino) Kommentar zu den Oscars, ist aus meiner Sicht was dran, aber muss jeder für sich bewerten. Ich habe die Veranstaltung früher sehr gern gesehen, aber inzwischen langweilt sie mich total und weiß nicht einmal mehr genau, wann sie überhaupt stattfindet. Dafür stehe ich jedenfalls nicht mehr auf. Früher hab ich noch mitgefiebert wer gewinnt und das in vielen Kategorien. Diesmal hätte mir es nicht egaler sein können, selbst bei den Hauptkategorien.

Hier mal ein Auszug:
Wenn der Konsument ein Problem mit dem Produkt hat, können selbst eine raffinierte Verpackung oder ein Qualitätssiegel nicht viel daran ändern. Aber das bedeutet deshalb nicht gleich, dass der Zuschauer das Interesse am Kino oder gar am Film selbst verloren hätte. Es gibt auch Stimmen, die die Schuld bei der Wokeness der Hollywood-Eliten suchen, deren Einfluss dafür sorgt, dass lauter politisch korrekte Filme produziert und nominiert würden, die kein Mensch mehr sehen wolle. Vor allem nicht die Einwohner der konservativen Bundesstaaten. Kommt statt #oscarsowhite nun #oscarsowoke?

Dies ist ein Thema, das so komplex ist, dass es einen eigenen Artikel verdient hätte. Grundsätzlich muss man festhalten, dass die Klagen über mangelnde Diversität bei der Besetzung von Filmrollen und damit auch bei den Nominierungen für diverse Auszeichnungen, absolut gerechtfertigt waren. Hollywood musste sich ändern, um der Welt, in der wir leben, Rechnung zu tragen, genauso wie die #MeToo-Bewegung notwendig war, um bestimmte Übeltäter zur Verantwortung zu ziehen und insgesamt ein besseres Klima zu schaffen.

Die Frage ist nur, mit welchen Mitteln diese Veränderungen herbeigeführt werden. Dass die Academy mehr Frauen und people of color in ihre Reihen aufgenommen hat, war der richtige Schritt, ob es die geplanten Vielfältigkeitskriterien sind, die in zwei Jahren in Kraft treten sollen, darf man hingegen bezweifeln. Proporzdenken kann in manchen Bereichen funktionieren, in der Kunst eher nicht.

Wenn der Zuschauer also das Interesse an den nominierten Filmen verloren hat und deshalb die Oscarverleihung ignoriert, liegt das in erster Linie an den Filmen selbst. Sehen wir uns nur einmal an, welche Produktionen in den Achtzigern und Neunzigern den Oscar für den besten Film gewonnen haben: Amadeus (1985), Jenseits von Afrika (1986), Rain Man (1989), Der mit dem Wolf tanzt (1991), Das Schweigen der Lämmer (1992), Schindlers Liste (1994), Forrest Gump (1995) oder Titanic (1998) sind allesamt moderne Klassiker und waren gleichzeitig riesige Publikumserfolge, und auch die meisten anderen nominierten Filme haben viel Geld eingespielt. Acht der zehn an den Kassen erfolglosesten Oscargewinner stammen hingegen aus den letzten zehn Jahren, und ihre durchschnittliche Besucherzahl lag bei mageren 8 Millionen (in den Neunzigern waren es 41 Millionen und selbst in der ersten Dekade dieses Jahrhunderts noch 23 Millionen). In diesem Jahr war Dune der erfolgreichste Film unter den nominierten, und der Abstand zu den anderen könnte kaum größer sein, denn er hat mehr als doppelt so viel Geld eingespielt wie alle neun anderen Produktionen zusammengenommen.

Abgesehen von Dune waren in diesem Jahr allenfalls West Side Story und Nightmare Alley mit den „altmodischen“ Oscar-Filmen vergleichbar: aufwändig und prachtvoll inszeniert und mit Starbesetzung. Und alle drei Filme sind Remakes oder Neuverfilmungen. Es scheint, als fiele Hollywood nichts mehr ein oder als trauten sich die Studiobosse nicht, viel Geld in eine Produktion zu stecken, die kein Franchise-Potential besitzt (weshalb man Dune schon wieder von der Liste streichen könnte). Dabei muss man nicht einmal ein großes Budget in die Hand nehmen, um einen populären und preiswürdigen Film zu schaffen (neben einigen oben bereits genannten Filmen fielen mir da noch Der Club der toten Dichter, Feld der Träume oder Mondsüchtig ein). Doch solche Filme werden nicht mehr oder kaum noch gemacht ...

Wen´s interessiert: http://www.blog.insidekino.de/?p=9484#more-9484
http://www.vodkasreviews.de


https://www.ofdb.de/autor/reviews/45039/