Re: Zuletzt gesehener Film

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vodkamartini hat geschrieben: 9. Oktober 2018 14:37Und der hier gezeigte "Hauptmann" ist mitnichten repräsentativ für das Verhalten der Wehrmachtsoldaten in den letzten Kriegswochen, die hatten da ganz andere Sorgen, als zum monströsen Killer zu werden.
Hab ich was anderes behauptet?
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Re: Zuletzt gesehener Film

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Nein, nicht direkt. Aber du hast den Film überschwänglich gefeiert und eine imo nicht zutreffende Bemerkung über eine vermeintlich unbekannte Episode bzw. Phase des Krieges ("welche heute wissenschaftlich angenehm entlastend oft als „Endphaseverbrechen“ tituliert werden") untergejubelt.

Zudem finde ich es inzwischen reichlich ermüdend, dass einem für den hier angesprochenen Sachverhalt (der absolut interessant und auch wahr ist) schon wieder nichts besseres einfällt, als die Nazizeit heran zu ziehen. Ist natürlich die bequemste Lösung, weil man damit garantiert nicht mal Kontroverschen auslöst.
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Re: Zuletzt gesehener Film

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vodkamartini hat geschrieben: 10. Oktober 2018 14:41Aber du hast den Film überschwänglich gefeiert und eine imo nicht zutreffende Bemerkung über eine vermeintlich unbekannte Episode bzw. Phase des Krieges ("welche heute wissenschaftlich angenehm entlastend oft als „Endphaseverbrechen“ tituliert werden") untergejubelt.
Wie viele Filme fallen dir denn ein, die diesen Sachverhalt zeigen? Und in dieser "vermeintlich unbekannten Epoche" spielen? Mit meiner Beobachtung bin ich nämlich ganz und gar nicht alleine. "Der Hauptmann" zeigt eine Epoche des Zweiten Weltkriegs, die im deutschen Kino sonst nicht bzw. so gut wie nie angepackt wird. Das mag dich langweilen, und als Geschichtsexperte mag diese Phase 45 für dich gut bekannt sein, aber das nimmt dem vielfach gefeierten Hauptmann nicht seine Außenseiterposition.

Wenn man vom Nazi-Thema gelangweilt ist - okay. Aber der Film ist deutlich komplexer, als du ihm ungesehen zugestehen willst.
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Re: Zuletzt gesehener Film

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Na ja, die Endphase des zweiten Weltkriegs wurde im deutschen Kino schon öfter angepackt. (Die Brücke, 08/15-Teil 3, Das Boot, Der Untergang ...). Mein "Expertentum" zu dieser Phase teilen übrigens jedes Jahr nicht ganz freiwillig eine ganze Menge junger Mitbürger.

Dass es gegen Ende des Krieges abscheuliche Szenen der Verrohung gegeben hat, ist bekannt. Man könnte da auch jede Menge Filme über den zensiert der roten Armee drehen (was in Russland natürlich tunlichts unterlassen wird). Das wären ebenfalls die reinsten Horrorstreifen.

Interessant bzw. erschreckend ist imo was der Krieg im Verbund mit einer fatalistischen Einstellung/Situation noch dazu gepaart mit einer spezifischen Ideologie beim Menschen anzurichten vermag. Um das zu sezieren bräuchte es aber keineswegs ausschließlich die Nazizeit. Natürlich passt diese da auch bestens, aber sie dient aber eben auch alles und jedem als Blaupause. Ich persönlich finde das inzwischen recht langweilig und es führt auch dazu, dass man das Thema zu sehr einengt.
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Re: Zuletzt gesehener Film

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Ich stimme dir prinzipiell vollkommen zu. Würde einem deutschen Regisseur, der einen Film über ein spezifisches Momentum der deutschen Geschichte macht aber nicht vorwerfen wollen, dass er denselben Film auch über die Rote Armee hätte drehen können. Ich weiß, dass du das nicht getan hast, aber "Der Hauptmann" analysiert / seziert dieses Thema ganz exzellent und nutzt die Biografie des Henkers vom Emsland ideal dafür. Ich kann aber sehr gut verstehen, wenn dich die Nazizeit als "Vorlage" für diese Art von Geschichten mittlerweile anödet, aber "Der Hauptmann" ist universell genug, um sich nicht nur spezifisch auf den deutschen Nationalsozialismus beziehen zu lassen.
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Re: Zuletzt gesehener Film

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iHaveCNit: Bad Times At The El Royale (2018)

Heute vor einem Jahr war es mir nicht mal bewusst, dass dieser Film hier kommt, bis ich ganz unwissend durch die reine Besetzung den Film mal auf meine To-Do-Liste gesetzt habe und auch nach den ersten bewegten Bildern war mir nicht ganz klar, worauf ich mich bei „Bad Times At The El Royale“ einlasse, also habe ich meine Koffer gepackt, ein Ticket gelöst und im El Royale eingecheckt.

Das „El Royale“ war einst eine gefeierte Absteige die direkt auf der Grenzlinie zwischen Kalifornien und Nevada liegt. An einem Tag Ende der 60er checken in diesem Hotel ein Priester, eine Sängerin, ein Vertreter und eine Unbekannte in dem Hotel ein. Wie auch das Hotel selbst sind die Hotelgäste von abgründigen Geheimnissen umgeben, die für entsprechende Konflikte sorgen und als dann noch ein Sektenführer den Weg ins „El Royale“ findet ist klar, dass nicht jeder diese Nacht überleben wird.

Interessant wäre es zu wissen, inwieweit der gute Drew Goddard sich bei diesem Werk hat von Quentin Tarantinos Werken inspirieren lassen und inwieweit er sogar ein Verehrer der Arbeit eines Tarantinos ist. Denn „Bad Times At The El Royale“ ist offensichtlich genauso eine große Hommage an die Filme eines Tarantino wie es bereits sein Film „Cabin In The Woods“ für das Horrorgenre war. Es war Anfang 2016, als Tarantinos letztes Werk „The Hateful Eight“ in die Kinos kam. „The Hateful Eight“ hat sich bei mir direkt als einer der besten Filme des Jahres 2016 platziert. Die Idee des Kammerspiels, dass sich einige geheimnisumwitterte Charaktere an einem Ort treffen und die Handlung auf mehrere Episoden erstreckt ist sowohl die Struktur von „The Hateful Eight“ als auch nun „Bad Times At The El Royale“ - und hier hat Tarantino klar die Nase vorn. Aber Goddards Werk kann man wenig vorwerfen. Der Stil vom Ende der 60er schlägt sich überall nieder – in den Kostümen, des Setdesigns und der Musik. Die Kamerafahrten und -Einstellungen sind oftmals richtig gut gewählt. Die Story ist mit ihren Wendungen auch interessant genug und clever genug konstruiert, um bis zum Ende zu fesseln. Für „Bad Times At The El Royale“ fährt er darstellerisch mit Jeff Bridges, Jon Hamm und Chris Hemsworth richtig schwere Geschütze auf und Cynthia Erivo, Dakota Johnson, Lewis Pullmann und Cailee Spaeny runden das Ensemble ab. Jeder im Ensemble liefert den Umständen entsprechend gut ab, die Dialoge sind gut geschrieben und es findet sich bei aller bedrohlichen Ernsthaftigkeit noch hier und da Platz für den ein oder anderen Gag. Das wenige, was man diesem Film vorwerfen kann, hängt mit 2 Sachen zusammen – Länge und Fokus. Mit fast 2,5 Stunden ist der Film unglaublich lang und für meinen Geschmack zu lang. Die Handlung hätte man durchaus auch auf 1,75 bis 2 Stunden komprimieren können. Der stellenweise sehr langatmige Leerlauf und die starre Episodenstruktur nimmt dem Film einiges an Tempo. Auch sind die ganzen charakterlichen Hintergründe und Motivationen jetzt auch nicht durch die Bank weg wirklich gut ausgearbeitet und bei manchen Sachen habe ich mich gefragt, ob dies jetzt wirklich so wichtig war, sich darauf so zu fokussieren anstatt sich eher etwas anderes zu widmen, das vielleicht wichtiger wäre. Aber der Stil, die Darsteller und die gut gemeinte Hommage an Tarantino reißen das ein wenig heraus und so war mein Aufenthalt im „El Royale“ sicherlich keine „Bad Time“

„Bad Times At The El Royale“ - My First Look – 8/10 Punkte.
"Weiter rechts, weiter rechts ! ..... "

Re: Zuletzt gesehener Film

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HCN007 hat geschrieben: 11. Oktober 2018 23:52 iHaveCNit: Bad Times At The El Royale (2018)
iHaveCNit too.
HCN007 hat geschrieben: 11. Oktober 2018 23:52 Interessant wäre es zu wissen, inwieweit der gute Drew Goddard sich bei diesem Werk hat von Quentin Tarantinos Werken inspirieren lassen und inwieweit er sogar ein Verehrer der Arbeit eines Tarantinos ist.
Das ist ziemlich offensichtlich, da El Royale sich in mancherlei Hinsicht wirklich so anfühlt, als habe Goddard einfach die Idee von The Hateful Eight mit der Struktur von Pulp Fiction gekreuzt. Erstaunlich ist auch die Parallele, dass Goddard bereits eine Manson-artige Figur einführt während Tarantino an seinem eigenen "Manson-Film" arbeitet (in Kenntnis der Werke des guten Quentin gehe ich davon aus, dass dieser den historischen Backdrop ähnlich wie in Inglourious Basterds als Rahmen für seine eigene verrückte Geschichte verwenden wird). Mich hat das alles aber überhaupt nicht gestört, da ich erstens Tarantino nicht als unantastbar und als allgemeingültige Referenz wahrnehme und zweitens El Royale mit seiner Geschichten und seinen Figuren ausreichend eigenständigen Spass verbreitet hat.
HCN007 hat geschrieben: 11. Oktober 2018 23:52 Für „Bad Times At The El Royale“ fährt er darstellerisch mit Jeff Bridges, Jon Hamm und Chris Hemsworth richtig schwere Geschütze auf und Cynthia Erivo, Dakota Johnson, Lewis Pullmann und Cailee Spaeny runden das Ensemble ab.
Zustimmung, Hamm ist mal wieder grandios, der Dude ist auch im Alter nicht zwingend schwächer geworden (siehe auch Hell or High Water), Hemsworth hat als Manson-Verschnitt sichtlich Spass und die weniger bekannten Pullmann und Erivo haben auch ihre grossen Momente. Ich hatte eigentlich an allen Figuren meine Freude, aber genauso sehr am schnieken 60er-Feeling, der exzellenten Musikgestaltung, dem schwarzen Humor und der verwinkelten Erzählstruktur die manche Szenen und Ideen in komplexen Zeitschleifen aus verschiedenen Perspektiven darstellt. Ein sehr vergnüglicher Kinobesuch - 8,5 / 10.
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Re: Zuletzt gesehener Film

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Goddard ist glaube ich längst versiert genug, um nicht mehr als Tarantino - Klon durchgehen zu müssen. Seine Arbeit bei "Cabin in the Woods" und der Sitcom "The Good Place" ist äußerst kreativ und eigenständig.
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