vodkamartini hat geschrieben: 22. Juli 2021 15:03
Denn als Filmkritiker ist man in der schreibenden Zunft tätig und da gibt es nur eine Todsünde: seine Leser zu langweilen. Mich interessiert oft nicht so sehr irgendeine Meinung von irgendeinem Schreiberling, sondern weit mehr wie er seine Meinung präsentiert. Leider ist diese Kunst offenbar immer weniger gefragt und ich überfliege die allermeisten Filmkritiken in den Tageszeitungen nur noch, das sie gefühlt immer dieselben Adjektive und Satzkonstruktionen verwenden und kaum eine eigene Handschrift erkennen lassen. Ich habe immer öfter das Gefühl, dass es vielen Redaktionen völlig genügt, wenn ihr Stammschreiberling irgendetwas zu einem Film abliefert, damit der Film besprochen wurde.
Da stimmen wir zu 100 Prozent überein. Von Berufswegen bin ich ja zumindest ein wenig in diesen Kreisen unterwegs, und es stimmt schon, dass der Trend (zumindest dort, wo ich es mitbekomme) in den Redaktionen vorherrscht, bloßes Service-Geschreibsel zu erledigen und dabei bloß nicht allzu kontrovers oder provokant zu sein. Es fehlt da aber nicht nur in den Verlagshäusern der Wille zu gutgeschriebener Filmkritik, sondern auch bei den Lesern die Wertschätzung für diese Art von Texten – das ist die traurige andere Seite der Medaille. Dieses Forum ist da gewissermaßen eine kleine Oase, in der einige wenige ein bisschen anders gepolt sind und den Aufwand hinter dieser Art von Arbeit und Auseinandersetzung zu schätzen wissen.
Revoked hat geschrieben: 23. Juli 2021 07:49
Genialer Text. Hab direkt Lust den Film mal wieder zu schauen.
Danke dir, so soll es sein!

Ich kannte bislang nur das Remake von John McTiernan, welches ich (wie geschrieben) als sehr viel ironischer empfinde, auch als leichtfüßiger. Natürlich ist das Original auch leichte Kost, aber der Jazz-Appeal, den ich darin sehe, diese atmosphärische Mixtur aus Lässigkeit und Melancholie, und natürlich die High-Concept-Attitüde mancher Szenengestaltungen, lassen es schon wie einen "ernsteren" und seriöseren Film wirken. Mir gefallen beide Ansätze, aber ich denke, mich hat das Original mehr berührt und bewegt. Ich bin aber auch leicht mit solchen Momenten wie dem Segelflug untermalt mit "Windmills of your Mind" zu bekommen, und wenn am Ende die bezaubernde Dunaway mit wässrigen Rehaugen die letzte Nachricht von Thomas Crown zerreißt, da springt bei mir leicht der Funke über.

Und du hast recht, Steve McQueen ist die Coolness in Person, ganz oben auf dem Podest (mit Humphrey, of course!). Ich mag es aber, dass er hier nicht nur der rotzcoole Obermacker ist, sondern auch eine Sensibilität in seiner Darstellung zu erkennen ist. Sein letzter Blick in der Schlussszene ist phänomenal gespielt.
vodkamartini hat geschrieben: 22. Juli 2021 22:22
Sehr schöner Text, die Jazz Allegorie sehr treffend.
Die Musik stößt mich ein wenig in diese Richtung. Ich lege viel Wert auf gute Filmmusik und Michel Legrand, der als Jazz-Pianist mit einigen Großen dieser Musik-Gattung gearbeitet hat, setzt den Ton hier wie ich finde so unverkennbar, dass es die Geisteshaltung des Films mitbestimmt. Das ist dann ja auch irgendwo schön, wenn ein dominantes Element so unverwechselbar und so hervorragend ist, dass es dem Gesamteindruck einen gewaltigen Stempel aufdrückt. Davon ab steh ich auf Filme, die ihre "Gemütlichkeit" (in Ermangelung eines besseren Begriffs) so demonstrativ nach außen tragen, deshalb mausert sich ja auch "Ocean's Eleven" von Soderbergh mehr und mehr zu einem meiner Favoriten. Ich verstehe aber auch, wenn jemand das Remake mehr mag, und gerade bei der Chemie zwischen den Darstellern ist eh alles ganz hochgradig subjektiv.

Für mich passt die gute Faye an die Seite vom 'King of Cool', bzw. denke ich, wenn eine eine Chance hätte, ihn weich zu kriegen, dann die.

Das funktioniert für mich hier auch etwas besser als in "Cincinnati Kid", auch von Jewison, auch mit McQueen, in dem es zwischen Steve und Ann-Margret nicht so wirklich überzeugend knistert, für mein Verständnis.