

Michael Cimino, Jahrgang 1939, machte bereits in den 60ern Furore als Regisseur sehr innovativer und erfolgreicher Werbefilme. Zu Beginn der 70er siedelte er nach Hollywood über, zunächst als Drehbuchautor (u.a. Silent Runnings und zusammen mit John Milius Magnum Force), ab 1974 als Regisseur. Sein Debutfilm war das Eastwood-Caper/Roadmovie Thunderbolt & Lightfoot/Den letzten beissen die Hunde, welches sich sowohl bei Kritik als auch beim Publikum zu einem Achtungserfolg entwickelte. Bereits mit seinem zweiten Film The Deer Hunter erklomm Cimino den Hollywood-Olymp und gewann sowohl den Oscar für die beste Regie als auch für den besten Film. Bei seinem Folgeprojekt Heaven´s Gate wurde ihm dann sein Perfektionismus zum Verhängnis, das maßlos über Zeitplan und Budget gedrehte Epos ging an der Kinokasse wie ein Stein unter und wurde von der US-Kritikerelite bereits vor Kinostart mit Schimpf und Schande bedacht. Obwohl ihm 1985 mit dem beachtlichen Neo-Noir-Thriller Im Jahr des Drachen ein Comeback gelang verlief seine Karriere im Anschluss fast unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Der Sizilianer, Desperate Hours und Sunchaser liefen schwach an der Kinokasse und konnten auch künstlerisch nicht an Ciminos frühere Filme heranreichen. Im Anschluss gelang es ihm nicht mehr, weitere Projekte zu realisieren, auch wegen seines katastrophalen Rufs in Hollywood.
Obwohl Cimino lediglich sieben Filme gedreht hat, von denen kaum einer von der Kritik genädig behandelt wurde, kann man ihn dennoch zu den bedeutendsten Regisseuren der 70er Jahre zählen. Die Qualität und die Nachhaltigkeit von The Deer Hunter sind so überragend, dass alleine dieser Film schon für einen Ritterschlag ausreichen würde. Bei dem (über-)ambitionierten Heaven´s Gate lassen sich viele der gleichen Qualitäten finden, wenn gleich der Film in Gänze dann doch nicht ganz an seinen grandiosen Vorgänger rankommt. Dennoch ein außergewöhnlicher, herausragender Film, der in den letzten Jahren auch endlich von Kritikerseite die Anerkennung bekam, die ihm bei seiner Veröffentlichung weitgehend versagt blieb. Thunderbolt & Lightfoot und vor allem der kompromisslose Year of the Dragon (mit einem wie um sein Leben spielenden Mickey Rourke) sind ebenfalls bemerkenswert starke Filme mit unverkennbar eigener Handschrift. Und auch wenn Ciminos letzte drei Filme The Sicilian, Desperate Hours und Sunchaser qualitativ unter seinen früheren Werken einzuordnen sind, so bieten auch diese noch diverse interessante Eigenschaften, einen eigenständigen Stil und (weitgehend) überdurchschnittliche Filmkost.
Persönlich mag ich Cimino vor allem aufgrund seiner bildgewaltigen und epischen Handschrift irgendwo in der Schnittmenge zwischen Ford, Lean und Leone. Heaven´s Gate ist für mich fraglos einer der am schönsten fotografierten Filme aller Zeiten. Die gewaltige visuelle und erzählerische Kraft von The Deer Hunter und auch (in etwas geringerem Maße) von Year of the Dragon faszinieren mich jedes mal wieder aufs neue, ebenso die elegante, leichtfüssige (Nomen est omen) Inszenierung von Thunderbolt & Lightfoot. Es ist bedauerlich, dass Ciminos Karriere ähnlich wie die seines Kollegen Coppola irgendwann im Sande bzw. in der Bedeutungslosigkeit verlief und nicht wie beim anderen großen Kollegen der 70er, Scorsese, zu einem Comeback im neuen Jahrtausend führte. Ähnlich wie Coppola stand sich Cimino (vermutlich sogar in noch weit größerem Maße) dabei aber auch oft selbst im Wege und vermutlich ist dies auch Scorseses großer Vorteil, dass er die Regeln der Filmindustrie eher bereit ist mitzuspielen. Dennoch bekam Cimino oftmals Kritik in einem Ausmaße ab, welches nicht wirklich gerechtfertigt war. Gerade der für seine Karriere letztlich wegweisende Heaven´s Gate diente der US-Kritkerelite auch als Gelegenheit zur Abrechnung mit den immer maßloser und egozentrischer agierenden Regisseuren des New Hollywood. Nachdem Coppola mit dem ähnlich maßlosen Apocalypse Now gerade noch so durchgekommen war wurde Cimino quasi zum Sündenbock für eine gesamte Generation von Regisseuren. Die späte Rehabilitierung von Heaven´s Gate zeigt sehr deutlich, wie wenig die ursprüngliche Kritkerschelte am eigentlichen künstlerischen Wert des Filmes interessiert war. Wie auch immer, Ciminos Werk ist in jedem Fall eine nähere Betrachtung wert, gerade für Freunde des anspruchsvollen 70er Jahre Kinos (zu welchem ich auch Heaven´s Gate noch unbedingt zählen würde).
Filmographie Michael Cimino
1974 Thunderbolt & Lightfoot (Den Letzten beissen die Hunde)
1978 The Deer Hunter (Die durch die Hölle gehen)
1980 Heaven´s Gate
1985 Year of the Dragon (Im Jahr des Drachen)
1987 The Sicilian (Der Sizilianer)
1990 The Desperate Hours (24 Stunden in seiner Gewalt)
1996 Sunchaser