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von simon
Agent
BOND-MARATHON / DETAILLIERTE FILMANALYSE.5
YOU ONLY LIVE TWICE
Die Story:
Zunächst sei gesagt dass es sich im Falle
von You only live twice quasi um die Wiederholung eines bereits mit Thunderball erprobten Konzepts handelt. Und eben dieses stellte sich zu jener Zeit erwiesener maßen in mehrerlei Hinsicht als überaus lukrativ heraus. Fans dankten dem mit TB unternommenen Schritt in Richtung Mainstream Kino ebenso wie die breite Masse dies in Form eines Hypes um James Bond tat, womit ein Brückenschlag beider Welten betreffend geglückt ist, jener sich natürlich auch finanziell nicht unwesentlich das Anrecht auf einen weiteren Film dieser Machart verdient hatte. Und hiermit wären wir auch schon bei der Essenz zu YOLT.
Tatsache ist dass man ein bereits vorhanden und ebenso bereits umgesetztes Konzept beinahe statisch zu rekonstruieren Versuchte. Dies muss nicht zwangsläufig negativ sein zumal genau an diesem Umstand auch die großen Stärken des Films zu messen sind. Man wiederholt zwar akribisch was sich zuvor bezahlt gemacht hatte wie auch ein Songwriter dies oftmals tut nachdem ihm ein Welthit geglückt ist, doch tut man eben das mit viel Bedacht darauf keinen reinen Abklatsch vorzulegen indem man dem Film Ecken und Kanten verleiht jene sich gänzlich vom Vorgänger unterscheiden…Zusammenfassend : Man kopiert mit Bedacht!
Ist auch der Aufbau des Films generell jenem des Vorgängers ebenso ähnlich wie der auf Action und Gadgets ausgelegte Fokus so unterscheidet er sich dennoch in erster Linie durch diverse Feinheiten im Ablauf von TB. Da wäre zunächst der Umstand zu erwähnen dass wir diesmal nicht aus der Sicht der Schurken an die Story herangeführt werden sondern eben aus der Sicht von Bond. Wir verfolgen den Ablauf der Handlung von seiner warte aus mit wodurch einige Schwächen des Vorgängers in diesem Film quasi korrigiert werden. Die Entwicklung der Handlung ist definitiv als größte Stärke des Films zu werten.
Vor allem ist es erneut die erste Hälfte des Films welche durch einen clever konstruierten Aufbau zu fesseln weiß. Da wird gleich zu Beginn klar dass eine unmittelbare und offensichtlich äußerst mächtige Bedrohung zu verzeichnen ist wobei wir Zeitgleich mit verfolgen wie Bond -seitens des Mi 6 bereits innvolviert- seinen Tot vortäuscht. Interessant daran ist zum einen dass wir als Zuseher zunächst noch keinen blassen Schimmer davon haben dass jene Ereignisse in irgendeiner Weise in Zusammenhang stehen was auch die darauf folgende Aufklärung des ganzen um so interessanter macht, zum anderen dass es sich im Falle dieser Szenen endlich wieder um eine Pre Titel sequenz handelt welche entgegen jener von GF und TB direkten Bezug zur Handlung des Films aufweist.
Wussten wir bei TB was Bond nicht wusste, so tappen wir diesmal immer wieder gemeinsam mit ihm im Dunkeln. Laufend ereignet sich etwas von dem wir nicht genau wissen was dahinter steckt. Das macht den Film generell interessant und vor allen Dingen einen Tick spannender als seinen Vorgänger. In Japan angekommen geht Bond sogleich der zunächst zwielichtigen Aki ins Netz , wodurch der Kontakt zum Chef des japanischen Geheimdienstes Tanaka hergestellt wird. Diese Szene lässt sich als schönes Beispiel für zuvor erwähnten Aufbau an Spannung heranziehen. Sowohl wir als auch Bond wissen nicht was es mit dieser frau auf sich hat und vor allem nicht was als nächstes passieren wird und warum. Auf einer Vielzahl an immer wieder zu Stande kommender, kleiner Spannungsbögen baut der Film schließlich auch weiter auf. Rätsel – Ermittlung – Lösung. Und dies am laufenden Band. Da bleibt dem Zuseher für lange Weile keine Zeit.
Ein weiteres Beispiel für dieses überaus clevere, laufend auftretende Konstrukt im Konstrukt wäre auch die Szene in welcher Bond über die Ermordung seines Kontaktmannes an den Osato Konzern gelangt und darüber an Mr.Osato welcher sogleich die erste Verbindung zu Spectre darstellt. Alles um diese Situation ist im Fluss spannend konstruiert, mit großartigen Dialogen und Actionszenen versehen welche bezüglich der Handlung auch Sinn machen ohne sich bloß aus reiner „ Effekt Prahlerei“ in die Geschichte zu gliedern.
Der doppeldeutige Dialog mit Osato und die zynischen Neckereien unter einander und mit Miss Brandt (wo Bond doch längst durschaut ist) gehört zu den unterhaltsamsten und sogleich spannendsten Augenblicken des Films, ebenso wie Bonds nächtliche Flucht aus dem Bürogebäude.
Doch reißt die Spannung von dem Augenblick an als Bond sich im Trainingslager der Ninja befindet nach und nach ab. Gebärdet sich die erste Hälfte des Films als anspruchsvoll-temporeicher Agententhriller mit viel Charme, klugem Wortwitz, großartig konstruierter Storyline und dem Potential tatsächlich Spannung aufzubauen, so präsentiert sich uns die zweite Hälfte als kindlich, dümmlicher Klamauk.
Was meiner Ansicht nach bereits bei TB als Schwäche galt (nämlich die zweite Hälfte des Films) wird uns hier in einer noch um einiges schwächeren Form dargelegt. Die letzte recht unterhaltsam, erträgliche, wenn auch etwas zweifelhafte Action Szene wäre jene in welcher Bond mit little Nelly das Feuergefecht in der Luft antritt, und auch das bloß auf Grund eines Kult Faktors dieser sich kaum bestreiten lässt. Was im Anschluss daran folgt hat wie auch in TB ganz klar seine Berechtigung, besticht mit überdimensionalen Sets, großartigen Modelbauten, einer vielfallt an tollen Stunts und aufwendig choreographierten Kampfszenen und versprüht Scince fiction Charme mit leicht verdaulichem Unterhaltungswert. Doch macht man es sich dabei wie auch im Falle von TB deutlich zu einfach in diesem Konzept ,sodass man als Zuseher meinen könne man wolle uns mit einem Feuerwerk an Effekten abspeisen wo wir doch ohnehin nichts anderes erwarten. Zu statisch arrangiert und obligatorisch kommt vor allem das letzte Drittel daher.
Zu vorhersehbar ist dies alleine deshalb weil wir das gleiche bereits einen Film zuvor gesehen hatten. Beinahe lieblos zieht sich der im Kern des im Finales stehende Krieg endlos lange hin bloß um es so oft als möglich irgendwo krachen zu lassen. War das im Falle des Vorgängers auf Grund der neuartigen Unterwasseraufnahmen noch interessant so wirkt es im Falle von Yolt bereits abgedroschen und altbacken. Bedauerlicherweise helfen unter diesen Umständen auch beeindruckende Set Konstruktionen nicht darüber hinweg dass man eine tolle Story an berechnende Effektorgien, Feuergefechte und Massenkampfszenen verschenkt hat.
Hinzu kommen – ein der Rolle entwachsener Hauptdarsteller, ein ungewöhnlich blasses Bond Girl und jede Menge an kindlichem Science Fiction Flair welcher über weite Teile besser in einen Comic oder eine Zeichentrickserie der 60er gepasst hätte als in einen James Bond Film… Schade vor allem deshalb weil Yolt eben auch als ein solcher beginnt.
Die Figuren, Darsteller
Dass Connery der Rolle des James Bond müde geworden war sehe ich als den geringsten einiger zu verzeichnender Makel bezüglich der Besetzung des Films, zumal er diesen Umstand durch ein hohes Maß an charmantem Zynismus aus zu gleichen weiß, welcher über weite Strecken enormen Spaß macht und einfach köstlich unterhält. Auch die zahlreich witzigen Sprüche welche man ihm dies bezüglich ins Drehbuch geschrieben hatte sorgen oft für den einen oder anderen Brüller: „ was hatten sie dort am Hafen zu suchen? „ „Ich interessiere mich für Boote, wollte als Kind immer Capitän werden“ „jetzt habe ich sie endlich…““Na dann bedienen sie sich“ oder als Highlight des ganzen seine zynische Art in Osatos Büro:“Mr.Osato sorgt sich um ihre Gesundheit Mr.Fischer““wie rührend…“ All jene Elemente kaschieren zumindest über weite Strecken eine spürbare Lustlosigkeit Connerys.
Der meiner Ansicht nach einzig interessant besetzte Part des Films erschließt sich der Darstellung von Karin Dor. Zwar kommt ihr Charakter der Miss Brandt in Sachen cleveren Anspruchs nicht an nährend an den der Viona Volpy aus TB heran doch geht von ihrem markant, charismatischem Aussehen und der passend kessen Stimme mal abgesehen eine anzügliche Gefahr von ihr aus die Spaß macht. Die Szenen in welchen Bond und sie mit einander zu tun haben bestechen durch neckischen Charme und hohen unterhaltungswert wobei dennoch zu erwähnen wäre dass wir Zuseher auch das bereits aus TB kennen.
Zu Donald Pleasence in der Rolle des Blofeld kann man geteilter Ansicht sein. Ich persönlich empfinde ihn als fehlbesetzt. In erster Linie stößt mir die entgegen der des largo, GF oder Dr.No noch um vieles klischeehaftere Darstellung der Figur Blofeld in diesem Film bitter auf zumal ein Schurke in dieser Form tatsächlich wohl eher in eine Serie für Kinder oder ein Comic gepasst hätte. Nichts an dieser Figur wirkt in weiterem sinne realistisch genug um als Bedrohung ernst genommen zu werden. Das Verhalten, die Art zu sprechen in Verbindung mit der Katze und der dümmlich plakativen Narbe wirken zusammen genommen als reine, völlig überzogene Pose. Als reiner Klamauk wenn man so will. War die Beziehung Bond – Dr.No oder Bond – Goldfinger noch anspruchsvoll, spannend, hatte Stil und Tiefgang, so weichen all diese für einen Bond wichtigen Elemente hier einer Klischee beladenen Comicbuch Attitüde.
Auch die Bondgirls lassen hier vor allem auf Grund der kaum spürbaren Präsenz äußerst zu wünschen übrig. Kann man den Charakter der Aki zumindest noch ernst nehmen so geht Kissy Suzuki später völlig unter. Im Grunde trägt sie kaum bis gar nicht zur Handlung bei (anders als Domino in TB) und erfüllt einzig und alleine den Zweck vom Vulkan ins Lager zurück zu schwimmen um Tanaka von dem Vulkan zu berichten. Außerdem lassen sich die von ihr ausgesprochenen ganzen Sätze im Film an 2 Händen abzählen. Völlig sinnlos. Und was für einen Zweck diese Scheinheirat erfüllen sollte wird mir wohl ewig ein Rätsel bleiben. Nein. Das geht trotz der zuckersüßen Gesichtszüge GAR NICHT und ist für ein Bond Girl entschieden zu wenig.
Die anderen Charaktere des Films spielen kaum eine Rolle. Selbst der Henchman Hans geht völlig unter sodass ich mich zunächst kaum noch an ihn erinnern konnte.
Die Produktionswerte:
Hier liegen natürlich neben der Tatsache dass die erste Hälfte in Sachen Storyline und Spannungsaufbau fabelhaft konstruiert ist ganz eindeutig die Stärken des Films vor. Mit der facettenreichen zur Schaustellung japanischer Stilelemente welche sich mit spektakulären Set bauten und weitläufigen Außenaufnahmen mischen wurde hier eines wenn nicht sogar DAS exotischste aller Bondabenteuer in Szene gesetzt. Wirken Sets wie das der sich im inneren des Vulkans befindlichen Raketen Abschuss Basis auch etwas gar weit her geholt so brillieren sie unbestritten durch die aufwendige Arbeit am Detail, so winzig dieses auch sein möge. Im Ausgleich dazu kann sich das Auge des Zusehers an zahlreichen wunderbar ästhetisch anmutenden Sets wie dem Büro Osatos, der Wohnung des Dikko Henderson, dem geheimen Aufenthaltsort des Tanaka, der Wohnung des Blofeld und vielen weiteren fantastisch in Szene gesetzten Orten erfreuen. Von Japan liefert man ein enorm vielschichtiges Bild zumal wir sowohl Teile der zivilisierten Welt als auch traditionell verwurzelte Orte außerhalb der Stadtgebiete zu sehen bekommen. Obendrein wird das noch mit großartigen naturaufnahmen kombiniert. Optisch somit einer der aufwendigsten und gelungensten Filme der Reihe.
Die Action ist im Grunde natürlich wie auch in den Filmen zuvor nicht zu bemängeln. Doch hat diese in Yolt wie bereits kritisiert natürlich zu viel an Platz auf Kosten der Story und des Anspruchs genommen. In diesem Film gipfelt die Action schließlich endgültig in dümmlich, meist langweiliges Popcorn Kino Entertainment. Doch diesen Punkt habe ich bereits zur Genüge durchleuchtet. Die Musik ist wiederum eine der stärkeren Elemente von YOLT. Sie unterstreicht würdig den ästhetisch, exotischen Flair des Films und ist zweifellos gelungener, anmutiger als das bei TB der Fall war.
Die Rolle welche YOU ONLY LIVE TWICE im Kontext der Serie spielt:
Zusammenfassend bleibt nur zu sagen dass YOLT den berechnenden Schritt weiter in Richtung Popcorn Kino gewagt hat und sich im Zuge dieses Unterfangens mehr geschadet als der Serie einen eindeutigen Gefallen getan hat. Das hatte seine Berechtigung und definitiv auch zu großen Teilen seine Richtigkeit. Doch hätte man nicht derart dick auftragen müssen.
Ein toller, spannender Agentenfilm wandelt sich im Verlauf zu einem Comicstripartigen Schmierentheater das bestenfalls durch gelungene Effekte besticht obgleich weder Anspruch noch ein ausreichendes Maß an Spannung dadurch gehalten werden kann. Was bei TB noch geklappt hat geht hier streckenweise in berechnender Belanglosigkeit unter.
Und eben dieser Aspekt in Verbindung mit dem erstmaligen Fehlen interessanter Charaktere, anspruchsvoller Gut-Böse Auseinandersetzung und dem lieblos kopierten Verlauf des Konzepts von TB sind Gründe dafür dass der Film von mir keine 4 für Überdurchschnitt mehr bekommt. Denn trotz aller optischen Stärken und der Tatsache dass die erste Hälfte des Films gelungener ist – sehe ich in YOLT nicht mehr als einen durchschnittlichen Bondfilm.
Allerdings auch nicht weniger!
3 VON 6 PUNKTEN
Mein Wertesystem für folgende Kritiken bezüglich meines Marathons:
1 PUNKT – SCHLECHT
2 PUNKTE - unter dem durchschnitt
3 PUNKTE – Mittelmaß, Durchschnitt
4 PUNKTE – überdurchschnittlich
5 PUNKTE – SEHR GUT
6 PUNKTE - Perfektion