Re: Das Western-Genre: Tipps, Kritiken & Diskussionen

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Maibaum hat geschrieben: 6. Oktober 2020 12:53 Hmm, dieser Begriff episch hat sich ja stark gewandelt. Heute scheint er im Filmbereich nur noch ein Synonym für "Groß" zu sein in Verbindung mit Überlänge.
Ich bin verwirrt. Wie verwendest du den Begriff denn oder wie würdest du sagen, war er früher definiert? Ein Epos assoziiere ich wenn mit den alten Griechen, aber so verwendet man das schon ewig und drei Tage lang nicht mehr, meist ist heute eine überproportionale große Geschichte mit weitem Atem gemeint, die sich oft über mehrere längere Zeiträume erstreckt.
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Re: Das Western-Genre: Tipps, Kritiken & Diskussionen

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Abgesehen von Herkunftsland (z. B. "Italo-Western") oder Budget (z. B. "B-Western") würde ich den Western in folgende Subgenres einteilen:

Indianerwestern
z. B. "Ein Mann, den sie Pferd nannten"

Siedlerwestern
z. B. "Der Weg nach Westen"

Eisenbahnwestern
z. B. "Union Pacific"

Ranch-Western
z. B. "Rancho River"

Kavallerie-Western
z. B. "Der Teufelshauptmann"

Mainstreet- bzw. Boomtown-Western
z. B. "Zwölf Uhr mittags"

Mountain Man Western
z. B. "Jeremiah Johnson"

Marshal- bzw. Kopfgeldjäger-Western
z. B. "Nackte Gewalt"

Rache-Western
z. B. "Spiel mir das Lied vom Tod "

Außerdem gibt es noch bestimmte Einteilungen abseits des eigentlichen Inhalts wie etwa "Comedy-Western" oder "Singing Cowboy Western", die aber auch meistens einer der oben erwähnten Storylines folgen.
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"Wo man lacht, da lass dich ruhig nieder. Böse Menschen lachen immer wieder."

Re: Das Western-Genre: Tipps, Kritiken & Diskussionen

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Der Italowestern umfasst aber sehr viel mehr als nur das Herstellungsland, zumal er auch noch spanische Western umfasst, und zumindest einen aus Frankreich. Er bezeichnet einen Stil, auch eine Haltung zum Genre, der letztendlich auch nicht in allen italienischen Western zu finden ist.

Außerdem ist noch der sogenannte Spätwestern sehr wichtig. Das waren ausgehend von Peckinpahs Ride the High Country oft melancholische Western die den Mythos kritisch hinterfragten, und sehr häufig nach der Jahrhundertwende angesiedelt waren, also in einer späteren Zeit, nach der Phase der Besiedlung, von der der Western ja an sich erzählt. Das war noch mal eine sehr fruchtbare Phase des US-Westerns.
Der Begriff Spätwestern wird jedoch mittlerweile oft fälschlicherweise für alle Western der 60er und 70er verwendet, und darüber hinaus auch für alle weiteren die seitdem gedreht wurden.

All die weiteren möglichen Unterscheidungen für den klassischen Western benutze ich nur am Rande, obwohl zumindest der Indianerwestern, als eigene Gruppe betrachtet, sehr interessant ist im Wandel über die Jahrzehnte hinweg.

Unterscheiden tue ich noch den Pre-Western (die zeitlich früher spielen wie z.B. die Lederstrumpf Verfilmungen) und den Post-Western, der von den Nachfolgern der Cowboys in der modernen Zeit handelt. Weil diese beiden Varianten sich doch oft stärker, was Inhalte und Kostüme betrifft, von den Western unterscheiden die in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts angesiedelt sind.

Aber die Übergänge sind oft fließend.

Eine Extra Gruppe sind dann noch mal die Western Komödien und Parodien. Vor allem wenn diese in erster Linie Komödien sind, und erst dann auch Western.
So sehe ich etwa Cat Ballou oder Support Your Local Sheriff eher als Western, während Blazing Saddles, 4 Fäuste für 1 Hallelujah oder The Paleface eher Komödien sind.

Re: Das Western-Genre: Tipps, Kritiken & Diskussionen

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Maibaum hat geschrieben: 21. Oktober 2020 14:14 Der Italowestern umfasst aber sehr viel mehr als nur das Herstellungsland, zumal er auch noch spanische Western umfasst, und zumindest einen aus Frankreich. Er bezeichnet einen Stil, auch eine Haltung zum Genre, der letztendlich auch nicht in allen italienischen Western zu finden ist.
Weshalb ich mit diesem Begriff für ein Subgenre auch nicht wirklich glücklich bin.

Ich hab den Eindruck, dass unter dem Begriff "Italo-Western" vor allem Epigonen dreier Western bzw. Western-Reihen zusammengefasst werden.

1. "Für eine Handvoll Dollar"

2. "Django"

3. "Die rechte und die linke Hand des Teufels"

Die sind aber mitunter so verschieden, dass es mir schwer fällt, das alles unter einen Hut zu packen. Auch wenn man es natürlich schon als Kind eingetrichtert bekommt, dass es den Italo-Western als Genre bzw. Subgenre als solches gibt.
Maibaum hat geschrieben: 21. Oktober 2020 14:14 Außerdem ist noch der sogenannte Spätwestern sehr wichtig. Das waren ausgehend von Peckinpahs Ride the High Country oft melancholische Western die den Mythos kritisch hinterfragten, und sehr häufig nach der Jahrhundertwende angesiedelt waren, also in einer späteren Zeit, nach der Phase der Besiedlung, von der der Western ja an sich erzählt. Das war noch mal eine sehr fruchtbare Phase des US-Westerns.
Der Begriff Spätwestern wird jedoch mittlerweile oft fälschlicherweise für alle Western der 60er und 70er verwendet, und darüber hinaus auch für alle weiteren die seitdem gedreht wurden.
Dieses Problem sehe ich auch. Da gibt es beim "Spätwestern" die gleiche Problematik wie beim "Italo-Western" oder beim "Epischen Western". Viele Bedeutungen, bzw. Interpretationen und wenig Klarheit.

Siehst du beim "Spätwestern" eigentlich ein zeitliches Ende der Filmhandlung? Gibt ja auch Western die in der Gegenwart spielen. Sind das dann auch noch "Spätwestern"?
Maibaum hat geschrieben: 21. Oktober 2020 14:14 Unterscheiden tue ich noch den Pre-Western (die zeitlich früher spielen wie z.B. die Lederstrumpf Verfilmungen) und den Post-Western, der von den Nachfolgern der Cowboys in der modernen Zeit handelt.
Wo genau ist dann für dich der Unterschied zwischen Spät-Western und Post-Western?
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Re: Das Western-Genre: Tipps, Kritiken & Diskussionen

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Werd mir in nächster Zeit folgende Western in chronologischer Reihenfolge (in Bezug auf den Zeitpunkt der Handlung) ansehen:

Land der Gottlosen (Handlungszeitpunkt: 1854)

Die rote Tapferkeitsmedaille (Handlungszeitpunkt: 1863)

Vorposten in Wildwest (Handlungszeitpunkt: 1864)

Love me tender - Pulverdampf und heiße Lieder (Handlungszeitpunkt: 1865)

Vera Cruz (Handlungszeitpunkt: 1866)

Fluß ohne Wiederkehr (Handlungszeitpunkt: 1875)

Terror am Rio Grande (Handlungszeitpunkt: 1877)

Cheyenne (Handlungszeitpunkt: 1878)

Die blaue Eskadron (Handlungszeitpunkt: 1883)

Nevada Smith (Handlungszeitpunkt: 1890)

Heaven´s Gate (Handlungszeitpunkt: 1890)

Mein Name ist Nobody (Handlungszeitpunkt: 1899)

McCabe & Mrs. Miller (Handlungszeitpunkt: 1902)

Viva Maria (Handlungszeitpunkt: 1907)

Sie kamen nach Cordura (Handlungszeitpunkt: 1916)
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Re: Das Western-Genre: Tipps, Kritiken & Diskussionen

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Samedi hat geschrieben: 21. Oktober 2020 14:45
Maibaum hat geschrieben: 21. Oktober 2020 14:14 Der Italowestern umfasst aber sehr viel mehr als nur das Herstellungsland, zumal er auch noch spanische Western umfasst, und zumindest einen aus Frankreich. Er bezeichnet einen Stil, auch eine Haltung zum Genre, der letztendlich auch nicht in allen italienischen Western zu finden ist.
Weshalb ich mit diesem Begriff für ein Subgenre auch nicht wirklich glücklich bin.

Ich hab den Eindruck, dass unter dem Begriff "Italo-Western" vor allem Epigonen dreier Western bzw. Western-Reihen zusammengefasst werden.

1. "Für eine Handvoll Dollar"

2. "Django"

3. "Die rechte und die linke Hand des Teufels"

Die sind aber mitunter so verschieden, dass es mir schwer fällt, das alles unter einen Hut zu packen. Auch wenn man es natürlich schon als Kind eingetrichtert bekommt, dass es den Italo-Western als Genre bzw. Subgenre als solches gibt.
Nun, auch Django ist eine Variation von Für eine Handvoll Dollar, zwar eine die da auch Neues hinzufügt, und deswegen auch sehr prägend war, aber trotzdem klar ein Nachfolger. Und die Barboni Komödien sind dann die Slapstick Variationen der zu dem Zeitpunkt fast totgefilmten IW Klischees.

Letztendlich aber leiten sich genau genommen alle IW schon von den in Für eine Handvoll Dollar geschaffenen Ideen ab, der zwar nicht der erste italienische Western, aber der erste IW war. Und warum sollte man alle nachfolgenden in Italien und Spanien gedrehten Western nicht als IW zusammenfassen? Die weisen doch fast alle sehr starke Gemeinsamkeiten auf was Inhalte und Stil betrifft, und grenzen sich auch sehr deutlich vom damaligen US Western ab.

Die rechte und die linke Hand des Teufels, und mehr noch sein enorm erfolgreicher Nachfolger, markierten zwar den Umschwung vom dramatischen zum komischen IW, aber es waren nicht die ersten in diesem Stil gedrehten Filme, es gab in Italine bereits erfogrecihe Vorläufer, und eigentlich hätte Giuliano Gemma, und nicht Terence Hill, der große Star der italienischen Prügelkomödien werden müssen, denn der hatte das Feld schon vorher mit Erfolg beackert, während Hill zunächst als düsterer Franco Nero Klon Karriere gemacht hatte.
Zuletzt geändert von Maibaum am 26. Oktober 2020 20:33, insgesamt 1-mal geändert.

Re: Das Western-Genre: Tipps, Kritiken & Diskussionen

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Maibaum hat geschrieben: 26. Oktober 2020 20:02 warum sollte man alle nachfolgenden in Italien und Spanien gedrehten Western nicht als IW zusammenfassen?
Die Gedanken sind frei. Das kann jeder so bezeichnen wie er möchte.

Je mehr ich mich aber mit diesen Filmen (und dem Western als ganzes) befasse, umso mehr Punkte sehe ich, die gegen eine solche Schublade sprechen.

Dazu kommt eben noch, dass die Filme durch den Begriff (egal ob Italo- oder Spaghetti-Western) auf Italien reduziert werden, obwohl es doch viel mehr ist.
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Re: Das Western-Genre: Tipps, Kritiken & Diskussionen

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Samedi hat geschrieben: 26. Oktober 2020 20:13
Maibaum hat geschrieben: 26. Oktober 2020 20:02 warum sollte man alle nachfolgenden in Italien und Spanien gedrehten Western nicht als IW zusammenfassen?
Die Gedanken sind frei. Das kann jeder so bezeichnen wie er möchte.

Je mehr ich mich aber mit diesen Filmen (und dem Western als ganzes) befasse, umso mehr Punkte sehe ich, die gegen eine solche Schublade sprechen.

Dazu kommt eben noch, dass die Filme durch den Begriff (egal ob Italo- oder Spaghetti-Western) auf Italien reduziert werden, obwohl es doch viel mehr ist.
Da bist du dann mal wieder so ziemlich der Einzige.

Der IW reduziert sich nun mal fast komplett auf Italien, auch wenn zumindest die Spanier aus nahe liegenden Gründen auch dazu beigetragen haben. Aber auch bei den spanischen Western waren oftmals auch noch Italiener involviert, es gab da viele Co-Produktionen, und das Personal war auch oft dasselbe.

Wenn das eine Schublade ist, dann passt die jedenfalls sehr gut, und eine solche Einordnung macht aus vielen Gründen sehr viel Sinn, und für die weltweiten Fans des IW ist es ohnehin ein Qualitätsmerkmal.

Re: Das Western-Genre: Tipps, Kritiken & Diskussionen

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Maibaum hat geschrieben: 27. Oktober 2020 01:17 Ja und?
Was hat das mit deren Einordnung als IW zu tun? Ist fehlende Hochwertigkeit ein Zeichen für den IW? Oder vielleicht umgekehrt?
Ich hab damit nur auf deinen Satz geantwortet:
Maibaum hat geschrieben: 26. Oktober 2020 20:40 für die weltweiten Fans des IW ist es ohnehin ein Qualitätsmerkmal.
Kein Film ist schlecht, weil er ein "Italo-Western" ist. Aber andersrum wird eben auch kein Schuh draus. Dafür sind die vielen "Italo-Western" einfach qualitativ viel zu unterschiedlich.

Und ich persönlich würde mich eben nicht als Fan des Italo-Western bezeichnen, sondern als Leone-Fan oder als Morricone-Fan.
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Re: Das Western-Genre: Tipps, Kritiken & Diskussionen

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Oh je, das sind jetzt wieder Antworten die stark in Richtung Samedisierung gehen.

Wer hätte je behauptet daß IW qualitativ nicht extrem unterschiedlich wären?
Das ergibt sich auch nicht daraus daß IW-Fans in dem Begriff ein Qualitätsmerkmal sehen, denn daß so mancher IW eher billiger Schund ist, verhindert nicht daß Fans alle Aspekte des Sub-Genres schätzen. Auch da wo es lachhaft wird.