Re: Indiana Jones

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Crusade ist mir über weite Strecken zu „brav“. Nach der durchaus berechtigten Kritik am Härtegrad Temples haben Spielberg und Lucas hier sichtlich etwas nachjustiert - fair enough. Crusade ist auch ein ordentlicher Film, keine Frage. Das mit den Höhepunktfolgen kann ich allerdings nicht so ganz nachempfinden, das sehe ich für meinen Teil dann doch eher in Temple, dessen Plot sichtlich um die Setpieces und Actionszenen herumkonstruiert ist - was mir persönlich aber total egal ist, weil es tadellos funktioniert.
Willie ist über weite Strecken lästig, das stimmt, aber ich feiere Lucas&Spielbergs Humor dahinter - so nach dem Motto, der mit allen Wassern gewaschenen Archäologe muss sich neben allen Hürden jetzt auch noch mit eiem buchstäblichen Damsel in Distress herumschlagen, als hätte er nicht so schon genug am Hals :D.
Aber ein paar Pointen saufen jämmerlich ab, das kann ich nicht leugnen, und das Dschungelcamp gehört auch bei mir zu den Szenen, die ich gerne vorspule.
Crusade ist mir oft zu albern und seicht - gut, das ist Temple auch, dafür schafft die etwas aus dem Ruder gelaufene Gewalt einen interessanten Gegenpol. Für jüngere Kinder ist das auf jeden Fall nichts. In Crusade geht mir Marcus gehörig auf die ..., der ist plötzlich einfach so aus dem nichts der Jar Jar Binks des Filmes. Übel wird's dann im Panzer mit Connery, das soll alles ganz doll lustig sein, aber mich nervt's dann eher.
Petra ist natürlich eine wunerbare Location, aber das Innenset, der Ort, an dem der Gral versteckt ist, enttäuscht etwas. Man kann Temple zwar vorwerfen, er sei ein Indoor-Indyabenteuer, dafür überzeugen die phänomenalen Sets durch die Bank, ganz wie Solcombes Ausleuchtung. Ich finde, das sucht in seiner atmosphärischen Haptik auch heute noch seinesgleichen. In Crusade ist das „österreichische“ Schloss mein persönliches Highlight
Dann sind mir die Nazis in Crusade nicht nazig genug - das war in Raiders meiner Empfindung nach besser gelöst, zumal dieser schmierige Toht ja auch eine richtige Fresse zum hassen hat und auch sehr befriedigend schmilzt.
Elsa ist natürlich einsame Spitze - Alison Doody war auch schon in AVTAK ein Hingucker und chronisch unterbeschäftigt!

Re: Indiana Jones

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Ja, Crusade hat einen fulminanten Auftakt (aber Temple auch), er hat ein paar Albernheiten (Brody, Panzer), aber Temple auch. Insgesamt schlägt das Jahrhundert Buddy Duo Ford-Connery alles im Umkreis von 2 Jahrzehnten Filmgeschichte.
Aber es gibt so einiges, das ich an Temple liebe, gerade weil es so pulpig, so auf die Zwölf und teilweise auch so drüber ist. Das ist ein enormer Spaß. Und Willie, das finde ich inzwischen auch, kann als Charakter nicht ernst gemeint sein.
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Re: Indiana Jones

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Casino Hille hat geschrieben: aber das Highlight des Films ist für mich die letzte Dreiviertelstunde. Ab dem Moment, an dem Indy aus dem Rauch tritt, um die Kinderarbeiter zu befreien (Gänsehaut!), geht ein Actionspektakel sondergleichen los.
Das gefällt mir alles auch sehr gut, und diese Action ist es auch, die dafür sorgt, dass ich den Film immer noch gerne (und auch lieber als Indy 4) sehe. Nur muss ich dafür vorher durch die ganzen Dschungel/Palast/Tempel-Sequenzen sitzen, die auch ihre guten Momente haben, aber in ihrer Mischung von Albernheiten und Ernsthaftigkeiten einfach kaum bei mir zünden. Und dass Spielberg am Ende gänzlich auf die (sicherlich toll inszenierte) Actionschiene setzt, macht sicher Spaß, reißt mich aber dann doch nicht so viel mit wie die von Anatol angesprochenen Prüfungen in Teil 3, weil da in Indy 2 einfach nicht viel hinter der Action steht.
Casino Hille hat geschrieben:das Finale ist ganz schön lahm – leider!
Vor allem ist Indy 4 viel weniger mysteriös als seine drei Vorgänger, die es immer schafften, die mystische Komponente ihrer jeweiligen Artefakte (also Bundeslade, die heiligen Steine aus dem Tempel oder den Gral) bis zum Schluss beizubehalten. Wenn Teil 4 dann jedoch die Besucher aus dem All und ihr Raumschiff offen zeigt, geht einfach ein großer Teil des Mystery-Faktors, der die Reihe eigentlich bisher ausgemacht hat, verloren.
craigistheman hat geschrieben: Dann sind mir die Nazis in Crusade nicht nazig genug
Und das in dem Teil der Reihe, in dem der Obermacker auch noch höchstpersönlich auftritt und unserem Helden auch noch sein Büchlein signiert :D .

Ich habe an Nazis als Filmbösewichte keine großen Ansprüche. Dass sie Nazis genannt werden und die Uniformen tragen, reicht schon aus, dass ich mitfiebere, wenn Indy ihnen eins auf die Mütze gibt. Ich stimme aber zu, dass keiner der Nazis aus Crusade an die Widerlichkeit und Hassbarkeit des Majors aus Raiders herankommt.
Zuletzt geändert von 00T am 7. Dezember 2022 17:01, insgesamt 1-mal geändert.
"East, West, just points of the compass, each as stupid as the other."
(Joseph Wiseman in Dr. No)

Re: Indiana Jones

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Im Panzer mag es teils albern zugehen, die Actionszene selbst ist aber überhaupt nicht albern – eher im Gegenteil. Indy in Gefahr (hängend am Kanonenrohr) ist eine exzellente Spannungsszene, genauso die Auflösung der Szene mit einem schockierten Connery, der kurz denkt, er habe seinen Sohn für immer verloren. Brody ist sicherlich eine Witzfigur in Teil 3, aber sorgt auch für den mit Abstand besten Gag des Films ("Brody spricht dutzende Sprachen und kennt die Gegend wie seine Westentasche, ihr werdet ihn nie finden." – Schnitt auf Brody am Bahnhof. "Spricht hier irgendjemand Englisch?" :mrgreen:), allein dafür war es das tausendmal wert. Und so dämlich wie Willie stellt er sich bei Weitem nicht an. :wink:

Eine gewisse Portion Albernheit gehört auch bei Indy dazu und ich sehe nicht, inwiefern "Der letzte Kreuzzug" braver wäre als "Jäger des verlorenen Schatzes". Vielleicht fließt in 1-2 Szenen etwas weniger Blut, that's it. In "Jäger des verlorenen Schatzes" taucht ein kleines Äffchen auf, das mit den Bösewichten kooperiert und sogar den Hitlergruß vollzieht. So eine absurde Peinlichkeit hat "Der letzte Kreuzzug" nicht in petto.
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Re: Indiana Jones

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Ich finde auch, dass Crusade ein wenig familientauglicher ist als der insgesamt härter anmutende Raiders. Die FSK hat da ja auch einen Unterschied gemacht (1 und 2 sind ab 16, 3 "nur" noch ab 12), was natürlich nicht zwingend immer etwas heißen muss.

Die besagte Panzerszene ist die einzige in Crusade, die mich etwas nervt, die mochte ich nie richtig. Zu laut, zu lärmig, zu lang. Aber innerhalb gibt es ein paar tolle Momente, meist mit Connery - und dann natürlich die erwähnte Auflösung.

Wie gesagt, man findet bei allen drei Teilen etwas, aber Raiders und Crusade kommen der Perfektion (innerhalb ihres Genres und auch als Film an sich) schon sehr nahe. Temple schlägt da etwas aus der Reihe, ist aber auf seine raue, derbe, Over the top-Art ein außerordentliches Vergnügen. Und in einigen Sequenzen (Bergwerk, Brücke, Screwball und Funride-Auftakt) schlägt er teilweise sogar die beiden anderen Teile.
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Re: Indiana Jones

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"Brody spricht dutzende Sprachen und kennt die Gegend wie seine Westentasche, ihr werdet ihn nie finden." – Schnitt auf Brody am Bahnhof. "Spricht hier irgendjemand Englisch?"
OK OK, jetzt bin ich total verwirrt. Wenn er das wirklich im OT sagen sollte, wäre das ja nur halb so witzig wie die deutsche Synchro, denn dort sagt er wirklich "Spricht hier jemand Altgriechisch?"
"It's been a long time - and finally, here we are"

Re: Indiana Jones

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Ich habe mich ja bisher gar nicht in die Diskussion eingemischt, freue mich aber sehr, dass ich sie etwas entfacht habe :-)

Also, ich habe das just vor 3 Tagen noch zu meinen Freunden gesagt, als wir mal wieder auf Privatleinwand Last Crusade geschaut haben (nachdem wir alle happy über den neuen Trailer waren):
"Indy 3 ist so ziemlich DER perfekte Unterhaltungsfilm"

Freue mich sehe, dass das hier ähnlich gesehen wird.

Ich könnte jetzt unendlich viele Szenen nennen doch vieles wurde ja schon genannt, daher noch ein ganz anderer Aspekt. Ich finde wirklich, es ist der eine Film in dem Sean Connery total glaubhaft einen völlig anderen Charakter spielt! Schon allein sein Aussehen is so anders, dann die Art wie er teils unbeholfen oder gar etwas tatterig wirkt. Einfach ganz große Klasse!!!


Ein Wort auch gerne zum viel gescholtenen Teil 4. Dass ich den Film mehr mag als die meisten dürfte ja bekannt sein. Doch egal was man über den Film denkt, ich finde, dass er mit Cate Blanchette eigentlich die beste Bösewichtfigur hat.
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Re: Indiana Jones

833
Ich finde sogar, dass Teil 4 sich einfach wie ein richtiger Indiana Jones anfühlt. Er hat die Charaktere, die Story, einen tollen Indy und alles was dazu gehört. Lediglich der übermäßige Einsatz von CGI schmälert alles etwas. In der Summe hat er aber auch das, was die anderen Filme haben. Er ist vielleicht der schwächste, aber ich glaube die Leute haten oft, weil er nicht ihre Holy Trilogy ist. (Star Wars ist da ja genau das gleiche)

Indy 5 sieht toll aus und ich freue mich drauf. :)

Re: Indiana Jones

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Nein, das ist mir zu simpel. Ich wollte den vierten wirklich mögen. Und dann kann ich aus de Kino und es fühlte sich schal an. Das Gefühl welches die alte Trilogie erzeugte - auch beim wiederholten Ansehen auf Bluray, denn im Kino hatte ich zur Veröffentlichung nur Crusade gesehen -, stellte sich einfach nicht ein. Alles wirkte irgendwie müde und von gestern. Gerade der erwähnte Schwung fehlte.

Es liegt - leider - auch an Ford, der mir im Alter deutlich weniger gut gefällt als sagen wie mal bis Air Force One. Gleiches gilt bei mir für Spielberg, dessen Filme mich nach Jurassic Park und Schindler in der Masse deutlich weniger berührt, begeistert und unterhalten haben. In Kombination kommt dann eben solch ein (zu) später, müder Nachklapp, der trotz Original-Besetzung vor und hinter der Kamera wie eine schlechte(re) Kopie anmutet.
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Re: Indiana Jones

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Agent 009 hat geschrieben: 8. Dezember 2022 00:45 Er ist vielleicht der schwächste, aber ich glaube die Leute haten oft, weil er nicht ihre Holy Trilogy ist.
Glaube ich nicht, denn es gibt ja auch junge "Indy"-Fans, die schon immer mit vier "Indiana Jones"-Filmen aufgewachsen sind, und die Teil 4 trotzdem für den schwächsten halten. :) :wink: Und wieso mögen dann viele "Rocky"-Fans explizit "Rocky Balboa", also ebenfalls ein spätes Sequel sehr gern – oder meinetwegen auch den ersten "Jurassic World" oder jetzt "Top Gun: Maverick", aber bei "Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels" klappt es nicht? Ich denke, es spielen zu viele verschiedene Faktoren mit rein, warum Indy 4 deutlich weniger funktioniert hat für einen großen Teil der Fans, als es nur auf "Hater" oder etwaige 80s-Kindheitserinnerungen zurückzuführen. Klar, die obligatorischen Schreihälse waren oft zu hören und die braucht man nicht wirklich ernstnehmen, das ist bei "Star Wars" so, das ist bei "Indiana Jones" so, das ist bei "James Bond" so. Aber viel der Kritik am vierten Indy ist letztlich einfach berechtigt – was nicht heißt, dass man ihn nicht mögen kann.
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Re: Indiana Jones

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vodkamartini hat geschrieben: 8. Dezember 2022 06:48 Nein, das ist mir zu simpel. Ich wollte den vierten wirklich mögen. Und dann kann ich aus de Kino und es fühlte sich schal an. Das Gefühl welches die alte Trilogie erzeugte - auch beim wiederholten Ansehen auf Bluray, denn im Kino hatte ich zur Veröffentlichung nur Crusade gesehen -, stellte sich einfach nicht ein. Alles wirkte irgendwie müde und von gestern. Gerade der erwähnte Schwung fehlte.
Ich glaube dir das alles so. Sicherlich hast du das so empfunden und teilweise ist es vielleicht sogar "objektiv"so.
Dennoch behaupte ich, dass man sowas nie objektiv beurteilen kann. Du bist halt sicher mit der Original Trilogie aufgewachsen, und diesen "Impact" wird kein neuer Film der Reihe auf dich haben können, wenn du 30-40 Jahre älter bist. Ich beobachte das immer wieder.

Bei mir ist es etwas anders:

- Indiana Jones habe ich nie gesehen bis ich (keine Ahnung vielleicht...) 30 Jahre alt war. Raiders fand ich nett aber nicht weltbewegend. Last Crusade fand ich genial. Als dann Teil 4 kam, konnte ich gar nicht verstehen, warum die hardcore Fans den so schlecht beurteilt haben. Für mich war das einfach ein Indiana Jones Film, teilweise etwas weniger kreativ, etwas schleppender erzählt,... aber eben ein Indiana Jones Film.

- Star Wars: hier ist es noch krasser bei mir. Ich habe die Lucas Trilogie erst sehr spät gesehen und zwar in dieser aufgepeppten Version die ins Kino kam bevor die Sequels kamen. Für mich waren die original Filme wahnsinng lahm (außer Ford; im Gegensatz zu Indiana Jones sehe ich das auch heute noch so bei SW wobei ich den technischen Aspekt schon zu schätzen weiß und TESB schon ein unterhaltsamer Film ist). Als dann Episode 1 kam dachte ich: Ach guck, wirkt total anders aber ist im Grunde die gleiche Art von Welttraum Märchen welches bei Kindern und jungen Teenies super funktioniert (was ja auch so war).

Was ich sagen will: Filme nach 20, 30, 40 Jahren zu veröffentlichen, die bei Fans der Originale die gleiche WIrkung entfachen sollen, ist zum Scheitern verurteilt. Die Filme dürfen/sollten nicht für die Fans gemacht werden, sondern für mögliche neue Fans die heute so jung sind, wie die Fans damals. Leider wird das oft falsch verstanden, weil die Produzenten natürlich immer die alten Fans im Kopf haben und daher mehr Retro und Fanservice einbauen.

Ob ein spätes Sequel funktioniert, sollten nicht die alten Fans beurteilen. Lediglich der Erfolg an den Kinokassen zählt und ob das junge Publikum damit etwas anfangen kann.
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Re: Indiana Jones

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Casino Hille hat geschrieben: 9. Dezember 2022 11:16
Agent 009 hat geschrieben: 8. Dezember 2022 00:45 Er ist vielleicht der schwächste, aber ich glaube die Leute haten oft, weil er nicht ihre Holy Trilogy ist.
Glaube ich nicht, denn es gibt ja auch junge "Indy"-Fans, die schon immer mit vier "Indiana Jones"-Filmen aufgewachsen sind, und die Teil 4 trotzdem für den schwächsten halten. :) :wink: Und wieso mögen dann viele "Rocky"-Fans explizit "Rocky Balboa", also ebenfalls ein spätes Sequel sehr gern – oder meinetwegen auch den ersten "Jurassic World" oder jetzt "Top Gun: Maverick", aber bei "Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels" klappt es nicht? Ich denke, es spielen zu viele verschiedene Faktoren mit rein, warum Indy 4 deutlich weniger funktioniert hat für einen großen Teil der Fans, als es nur auf "Hater" oder etwaige 80s-Kindheitserinnerungen zurückzuführen. Klar, die obligatorischen Schreihälse waren oft zu hören und die braucht man nicht wirklich ernstnehmen, das ist bei "Star Wars" so, das ist bei "Indiana Jones" so, das ist bei "James Bond" so. Aber viel der Kritik am vierten Indy ist letztlich einfach berechtigt – was nicht heißt, dass man ihn nicht mögen kann.
Hille, ich verstehe was du meinst und ich finde auch nicht dass Indy 4 ein perfekter Film ist, aber die Argumentation anhand der Beispiel ist etwas absurd.

- Rocky Balboa: $156m weltweites Box Office
- Indy 4: $790m weltweites Box Office

Ich weiß man kann die Filme nicht vergleichen.

Rocky Balboa war ein Fan Service Film für Fans der ersten Stunde, der wohl wieder bei den gleiche, alt gewordenen Zuschauer funktioniert hat. Zudem war es der zweite Versucht so etwas zu machen - nach dem Motto "jetzt aber wirklich" und es hat geklappt.

Doch Indy 4 war ein RIESENhit. Er war praktisch der Top Gun Maverick des Jahres 2008! Ob dann die miesepetrigen Fans der ersten Stunde den Film schlecht bewertet habe ist etwas anderes (und auch egal).

Die absolute Ausnahmestellung von Maverick verstehe ich immer noch nicht. Wie schon oft gesagt: Das ist ein netter Film, perfekt gemacht, super unterhaltsam, in jedem Detail eine Kopie des Originals - aber wie das dieses Box Office rechtfertigt, keine Ahnung. Ich kann nur vermuten, dass der Film beides geschafft hat:
- Die alten Fans anzusprechen weil er absolut treu zum Original ist und nichts falsch macht
- Neue Fans anzusprechen weil er einfach ein technisch und erzählerisch guter Film ist der zum richtigen Zeitpunkt kam
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Re: Indiana Jones

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Von den Lobhuldigungen beflügelt, habe ich Crusade gestern eine neue Chance gegeben, in der Hoffnung, der Funke würde dieses Mal etwas mehr überspringen. Nun, obgleich ich dem Film einiges abgewinnen kann, in erster Linie den Abtausch zwischen Vater und Sohn (da gibt's ein paar sehr schöne und auch sehr witzige Szenen), stören mich sehr viel mehr Aspekte als in Raiders und Temple.
So ist mir der gesamte Beginn mit River Phoenix zu seicht geraten, was nicht zuletzt an Williams klamaukigem Mickey Mousing liegt. Schön ist hier, wie erste Elemente aus dem darauffolgenden Plot um den Graal ganz organisch in die Nebenhandlung eingebettet werden. Auch den Übergang zu Indy Anno 1938 empfinde ich als äußerst gelungen.
Ein paar Venedig-Szenen sind ganz nett, vor allem die Suche nach dem Eingang des Grabs (die Stempel-Szene :D). Die Bootsjagd ist schön fotografiert und das Setting mit den großen Dampfern nicht uninteressant, ich hätte sie mir allerdings noch etwas länger gewünscht. Die Auflösung empfinde ich als unbefriedigend, wieso gibt der Kreuzritter-Orden Typ plötzlich alles preis, obwohl er ein paar Sekunden zuvor noch bereit gewesen wäre, schweigend in den Propellertod zu gehen? Das ist irgendwie schwaches Plotting, aber ok, am Serienmaßstab gemessen ist in diesem Bereich nicht sonderlich viel zu erwarten ;)
"Österreich" gefällt mir wiederum durch die Bank, der Schnitt zum völlig verlorenen Brody in Iskenderun ist wirklich sehr lustig und als Pointe schön getimed (Gruß an Hille). Die Begegnung mit Hitler ist natürlich völlig drüber, aber sehr vergnüglich, auch der Zeppelin ist ein kleines Serienhighlight. In der darauffolgenden Flugzeugaction trübt die leider noch nicht ausgereifte Digitaltechnologie, die hier erstmals Rückprojektionen ersetzen sollte, den Gesamteindruck. Leider ist mir die ganze Szene zu albern geraten, ich denke da an das Jagdflugzeug im Tunnel. Das ist ein paradigmatisches Beispiel dafür, weshalb Crusade bei mir abfällt: Der ohnehin eher lockere und humoristische Grundton der Vater/Sohn-Beziehung wird entgegen des serienüblichen Rezepts zu selten durch widerum ernsthafte Elemente kontrastiert, sondern durch die Slapstick-artige Action noch verstärkt. Das fühlt sich für mich an wie eine Torte mit zuviel Sahne, selbiges lässt sich dann verstärkt auf Teil 4 und allem Anschein nach auch auf Teil 5, dessen Trailer mich so gar nicht in Stimmung versetzt hat, übertragen.
Wirklich nervig wird's für mich in der Panzeraction - da sind so tolle Einfälle, die durch die cheesigen Dialoge und teils unwitzigen Pointen völlig untergehen. Ab da ist mir der Film zu sehr auf Klamauk gebürstet, vielleicht ist das auch der Grund, weshalb man sich entschied, Jones Senior schwer zu verwunden. Da der Graal bei allem Klamauk völlig in den Hintergrund gerät, müssen die Stakes für den Showdown nochmal gehörig erhöht werden. Als außerordentlich gelungen empfinde ich wiederum Elsas ambivalente Rolle, auch ihr optisches Auftreten macht natürlich auch einiges her, allen voran das herrlich überzeichnete Panzercommando-Outfit :D

Als wirklich lästig empfinde ich Wolfgang Pampels sehr tiefe Stimmlage in der deutschen Synchro. Nach eigenen Angaben, soll er zu dem Zeitpunkt des Einsprechens erkältet gewesen sein. Da ich sowohl Indy als auch Han Solo immer mit der ikonischen Pampel-Stimme verbinde, stören mich Abweichungen immer sehr empfindlich. So empfinde ich die neue Synchro von Raiders als Verbrechen, da Pampels fortgeschrittenes Alter wirklich unüberhörbar ist, was hier natürlich nicht zum Alter der Figur passt.

Re: Indiana Jones

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danielcc hat geschrieben: 9. Dezember 2022 12:21
vodkamartini hat geschrieben: 8. Dezember 2022 06:48 Nein, das ist mir zu simpel. Ich wollte den vierten wirklich mögen. Und dann kann ich aus de Kino und es fühlte sich schal an. Das Gefühl welches die alte Trilogie erzeugte - auch beim wiederholten Ansehen auf Bluray, denn im Kino hatte ich zur Veröffentlichung nur Crusade gesehen -, stellte sich einfach nicht ein. Alles wirkte irgendwie müde und von gestern. Gerade der erwähnte Schwung fehlte.
Ich glaube dir das alles so. Sicherlich hast du das so empfunden und teilweise ist es vielleicht sogar "objektiv"so.
Dennoch behaupte ich, dass man sowas nie objektiv beurteilen kann. Du bist halt sicher mit der Original Trilogie aufgewachsen, und diesen "Impact" wird kein neuer Film der Reihe auf dich haben können, wenn du 30-40 Jahre älter bist. Ich beobachte das immer wieder.

Ob ein spätes Sequel funktioniert, sollten nicht die alten Fans beurteilen. Lediglich der Erfolg an den Kinokassen zählt und ob das junge Publikum damit etwas anfangen kann.
Was ist beim Filme bewerten schon objektiv? Jeder Film kann völlig unterschiedliche Emotionen auslösen, je nach Hintergrund, Sozialisation, Vorlieben, Anspruch, Tageslaune, Mitschauer etc, etc.

Zum "Aufwachsen". Ich habe es schon erwähnt. Raiders ging völlig an mir vorbei, zu jung. Temple war für mich ein Highlight wegen der SW Bezüge und Ford, aber nur als Sammler (Poster, Film Foto Roman in Gong etc.), denn auch für den war ich im Kino zu jung. Gesehen habe ich zur Veröffentlichung erst den dritten Teil.

Und warum sollten nicht die alten Fans beurteilen ob ein Sequel funktioniert? Diese Sicht verstehe ich nicht. Da fühle ich mich diskriminiert. :)
Und es gibt viele Beispiele die deine These widerlegen. Ich war in den 80ern ein riesiger Rocky-Fan und finde das sehr späte Sequel Rocky Balboa toll. Schwach finde ich nur Rocky V und der ist von 1990.
Anderes Beispiel Tron. Tron Legacy gefällt mir besser als das Original. Oder ich fand auch Ghostbusters Legacy richtig gut. Auch John Rambo und Rambo: Last Blood sind starke Alterswerke.
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Re: Indiana Jones

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craigistheman hat geschrieben: 9. Dezember 2022 12:47 Als wirklich lästig empfinde ich Wolfgang Pampels sehr tiefe Stimmlage in der deutschen Synchro. Nach eigenen Angaben, soll er zu dem Zeitpunkt des Einsprechens erkältet gewesen sein.
Das mit der Erkältung stimmt, ist aber nur (höchstens) die halbe Wahrheit. Wenn man sich Crusade auf DVD anschaut, dann klingt Pampel zwar etwas belegt, aber normal. Der Grund dafür liegt in der Aufnahme selbst begründet: Wegen Pampels damaligem Theaterengagement wurde er einzeln in einem österreichischen Studio aufgenommen, allerdings nicht wie bei Kinoproduktionen üblich mit 24 Bildern pro Sekunde, sondern wie bei TV-Synchros mit 25 Bildern. Beim Mix wurde das Material dann wieder auf 24 Bilder verlangsamt und dadurch klingt Pampel nun einen Halbton zu tief (oder auf DVD/im TV wieder richtig, da dort mit 25 Bildern bzw. 50 Halbbildern pro Sekunde). Lösen lässt sich das im Nachhinein nicht mehr, da im Mix Pampels "falsche" Stimme mit allen anderen Stimmen in korrekter Tonhöhe "verheiratet" ist. Man könnte zwar Pampels Passagen einzeln tonhöhenkorrigieren und wieder in den Mix integrieren, das funktioniert aber nur bei Passagen ohne Musik, denn ansonsten würde man die Tonhöhensprunge sofort wahrnehmen. Klassischer Fall von dumm gelaufen.
"Ihr bescheisst ja!?" - "Wir? Äh-Äh!" - "Na Na!"