Die Filme von Paul Verhoeven

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Nachdem noch kein entsprechender thread vorhanden ist, gebe ich mal den Initiator. Schließlich ist Verhoeven einer der umstrittensten Regisseure der jüngeren Filmgeschichte. Sein besonderes Talent bestand häufig darin, vermeintlichen Mainstream-Blockbustern eine überaus subversive Note zu verpassen und dabei gehörig zu polarisieren.
Insbesondere seine Hollywood-Karriere mit den Hits Robocop, Total recall, Basic Instinct und Starship Troopers sowie dem Flop Showgirls war für eine Vielzahl kleinerer und größerer Skandale gut.

Als Diskussionsgrundlage werfe ich hier mal eine ausführliche Analyse seines bis heute umstrittensten Werks, der Sci-Fi-Schlachtplatte Starship Troopers, in den Ring:

http://www.ofdb.de/review/116,492103,Starship-Troopers
http://www.vodkasreviews.de

https://ssl.ofdb.de/view.php?page=poste ... Kat=Review

Re: Die Filme von Paul Verhoeven

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Danke für den Thread, vodkamartini! Mir hat es auch schon seit geraumer Zeit in den Fingern gejuckt einen solchen zu eröffnen.

Deine Starship Troopers-Kritik trifft Aussage und Kern des Films auf den Punkt. Dass ausgerechnet feuilletonistische Kritiker den Film als „gehaltlos“ oder „anspruchlos“ abgekanzelt haben zeigt eindeutig den beschränkten Horizont eines Großteils dieser Kritikerszene. Was nicht sperrig ist und weh tut kann bzw. darf keine Kunst sein. Dabei ist es gerade die große Stärke von Starship Troopers, dass der Film auf mehreren Ebenen gleichgut funktioniert und damit völlig unterschiedliche Zuschauergruppen gleichermaßen anspricht. Ein Merkmal, das typisch für viele Verhoeven-Filme ist.

Die diversen Stilelemente von Verhoeven, die teilweise ja bewusst drastischer Natur sind, sind sicherlich nicht jedermanns Sache, aber sie bewusst zu ignorieren bzw als anspruchslosen Trash abzutun zeugt nicht gerade von einer offenen Geisteshaltung. Und genau in diese Kerbe hauen ja die meisten von Verhoevens Filmen, sie prangern Spiessigkeit und Extremismus jeglicher Ausprägung an – Ironie des Schicksals, dass viele seiner Filme von Seiten der Kritik dann genau das zurück bekamen.

Ob Starship Troopers tatsächlich Verhoevens kontroversester Film ist bin ich mir noch nicht mal sicher. Bedenkt man mit welchen handfesten Widerständen er in Holland bei seinen Filmen Türkische Früchte, Spetters oder Der vierte Mann zu kämpfen hatte, so relativiert dies die ablehnende und vernichtende Kritik bei Starship Troopers etwas. Beim Dreh von Basic Instinct gingen die Proteste von Homosexuellen-Aktivisten sogar soweit, dass die Dreharbeiten massiv gestört wurden – Proteste, die nur auf Basis von Gerüchten über den vermeintlichen Inhalt des Films initiiert wurden. Auch hier warf man Verhoeven – mal wieder zu Unrecht – bereits vor Fertigstellung des Films vor ein homophober Filmemacher zu sein. Schaut man sich sein Werk an und gerade auch Basic Instinct, so könnte der Vorwurf kaum verlogener und falscher sein.

Ich liebe Verhoevens Werk jedenfalls, für mich ist er einer der bedeutendsten Filmemacher der letzten 40 Jahre, dem es gelang trotz zumeist kontroverser Themen fast immer gleichermaßen kommerziell erfolgreiche wie künstlerisch ambitionierte Filme zu drehen. Das Funktionieren seiner Filme auf verschiedenen Ebenen in Kombination mit seinem völlig eigenständigen, durchaus extremen Stil machen für mich die Klasse dieses Ausnahmeregisseurs aus. Dass viele Zuschauer und Kritiker dabei über die erste Interpretationsebene nicht hinauskommen kann man Verhoeven nun wirklich nicht zum Vorwurf machen.

Sein Werk in Zahlen sieht bei mir so aus:

Was sehe ich! Was sehe ich! - / 10
Türkische Früchte 9 / 10
Das Mädchen Keetje Tippel 7,5 / 10
Der Soldat von Oranien 9 / 10
Spetters 8,5 / 10
Der vierte Mann 8,5 / 10
Flesh and Blood 8,5 / 10
Robocop 9,5 / 10
Total Recall 9 / 10
Basic Instinct 9 / 10
Showgirls 6 / 10
Starship Troopers 9 / 10
Hollow Man 6,5 / 10
Black Book 9 / 10

Warum bekommt eine Gurke wie Showgirls immerhin noch 6 Punkte? Allein schon aufgrund des hohen Trashgehalts und des daraus resultierenden beachtlichen Unterhaltunsgwertes ist der Film für mich eine einzige Gaudi. Zugegeben, man muss schon Spass an schlechtem Kino haben, aber trotz allem ziehe ich persönlich einen unterhaltsamen schlechten Film einem bedeutungsschwangeren langweiligen Film vor.

Würde mich freuen wenn wir hier über den ein oder anderen Film von Verhoeven diskutieren würden.
"Ihr bescheisst ja!?" - "Wir? Äh-Äh!" - "Na Na!"

Re: Die Filme von Paul Verhoeven

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Hallo AnatolGogol!

Ich sehe das genauso wie du, mit dem Unterhaltungswert meine ich. Und da ich Filme eigentlich nur nach dem aktuellen Unterhaltungswert beurteile, kann ich dir eigentlich gar nicht sagen, was Showgirls von mir bekommen würde. Ich fand ihn bei der letzten Sichtung eigentlich ganz okay, aufgrund seiner vielen Nacktheit sind die wirklichen Erotikhöhepunkte natürlich rar, aber der Film hat streckenweise nette Ideen und Intrigen.
Und ich sehe gerade, dass ich nur die Hälfte der Filme knapp mal gerade kenne! :mrgreen:
Würde aber auf jeden Fall diese hier zu den besseren zählen und darum bekämen die vermutlich auch eine Bewertung ab 7 bis aufwärts:

Robocop
Total Recall
Basic Instinct
Showgirls 6 / 10 (da würde ich vermutlich in etwa mit dir Konform gehen, außer der Film unterhält mich einfach nicht mehr bei der nächsten Sichtung)
Starship Troopers
Hollow Man

Hollow Man hat z. B. nicht die allerbeste STory u. ist etwas actionarm, versöhnt mich aber irgendwie immer mit dem feurigen Showdown. Basic instinct ist ein ziemlich gut verschachtelter Erotikthriller mit einem wirklich guten Drehbuch, TOTAL RECALL ist eh über jeden Zweifel erhaben und ROBOCOP ein fies-dreckiger Klassiker der Actionfilmgeschichte.

Mehr von mir, wenn ich mir mal wieder einen der Filme anschaue.

gruß
michael
http://michael.huenecke.hat-gar-keine-homepage.de/

Re: Die Filme von Paul Verhoeven

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Hi Cinefreak,

Showgirls sticht aus Verhoevens Werk natürlich in erster Linie dadurch heraus, dass er in vielen Dingen qualitativ einfach erschütternd schwach geraten ist, wie man es in dieser Heftigkeit angesichts des Oevres von Verhoeven und seiner immer wieder bewiesenen Fähigkeiten eigentlich kaum glauben mag. Was genau er sich von diesem Film erhofft hat bzw in welche Richtung er den Film ursprünglich eigentlich haben wollte ist mir bis heute nicht so ganz klar. Seine direkte Vorgängerproduktion Basic Instinct war ja so etwas wie eine aufwändigere Hollywood-Version seines in Holland gedrehten Erotik-Thrillers „Der vierte Mann“. Ich könnte mir vorstellen, dass ihm ursprünglich bei Showgirls eine aktualisierte, aufwändigere Version eines seiner anderen Frühwerke, „Das Mädchen Keetje Tippel“, vorgeschwebt hat. Keetje Tippel war zum einen ein historisches Sittengemälde der Niederlande des 19. Jahrhunderts und zum anderen schilderte er darin in gewohnt drastischer Manier die Ausbeutung junger Frauen. Die Titelheldin schlägt sich als Arbeiterin, Hure, Geliebte mehr schlecht als recht durchs Leben, immer mit dem Traum irgendwann mal aus dem Elend rauszukommen. Die Grundthematik ist also eigentlich fast die gleiche wie in Showgirls, in welchem eine zweitklassige kleine Tanzmaus sich ja auch auf unterschiedlichste Art und Weise ausbeuten und erniedrigen lässt in der Hoffnung eine große Nummer in Las Vegas zu werden. Nur überzeichnete Verhoeven Figuren und Story dermassen, dass von ernsthafter Sozialkritik in Showgirls keine Spur mehr ist. Erschwerend kommt hinzu, dass die Figuren- und Handlungsentwicklung furchtbar plump daherkommen und die „Erotikszenen“ entweder plakativ dämlich oder ungewollt komisch geraten sind. Das ist letztlich aber auch genau das, was den recht hohen Unterhaltungswert für mich ausmacht. Ist man mal über den Punkt hinaus das Ganze ernstnehmen zu wollen, dann entfaltet dieses kunterbunte Trashspektakel seine ganz eigene Magie – oder zumindest so etwas ähnliches. Ein doofer Film bleibt es trotzdem – aber immerhin ein gut unterhaltender! Große Klasse fand ich übrigens schon immer, dass Verhoeven damals der erste war, der seine Goldene Himbeere, die er für Showgirls verdientermaßen erhalten hatte, persönlich in Empfang nahm. Humor hatte er ja schon immer, dass er auch über sein eigenes Scheitern Lachen konnte machte ihn nur noch sympathischer.

Hollow Man ist für mich persönlich eigentlich die viel größere Enttäuschung als Showgirls. Denn hier waren eigentlich alle Ausgangspunkte vorhanden für einen großartigen Film im Stile seiner vorangegangenen Sci-Fi-Actioner wie Robocop oder Total Recall. Dass trotz der tollen Besetzung letztlich nur ein knapp überdurchschnittlicher und gerade auch in den Actionszenen sehr gewöhnlicher Reißbrett-Blockbuster herausgekommen ist finde ich sehr schade. Gerade die Vielschichtigkeit, die viele seiner Filme auszeichnet, ist bei Hollow Man nur in sehr begrenztem Maße vorhanden. Vielleicht war es ja der eine SciFi-Actionfilm zuviel und er hätte bereits nach Starship Troopers Hollywood den Rücken kehren sollen. Es ist ohnehin erstaunlich, dass ein zwischen den verschiedensten Genres erfolgreich hin- und herwechselnder Regisseur wie es Verhoeven während seiner Zeit in Holland war dann in Hollywood weitgehend auf ein Genre festgelegt wurde (gut, eigentlich zwei wenn man die Erotikfilme dazu nimmt). Da sind "Abnutzungserscheinungen" oftmals vorprogrammiert.

Gruß
Anatol
"Ihr bescheisst ja!?" - "Wir? Äh-Äh!" - "Na Na!"

Re: Die Filme von Paul Verhoeven

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Starship Troopers und Hollow Man bekommen von mir eine 10/10
total unterhaltsam und gut gemacht.

Robocop: 9/10
ein interessantes Thema

Basic Instinct 10/10
alleine schon wegen Sharon Stone

Total Recall
9/10
eine bisher neue und interessante Thematik und Arnie natürlich
"Sie verstehen etwas von Waffen, Mr. Bond?" - "Nein, aber von Frauen"

Re: Die Filme von Paul Verhoeven

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Ich bin kein großer Freund von Verhoeven insbesondere deshalb, weil ich mich weigere etwas als Kunst zu erkennen, was einfach nur im Austesten oder Überschreiten von moralischen Grenzen oder Tabus besteht.

- Basic Instinct finde ich OK. Als ich den letzten erst das erste Mal geshen habe, war ich überrascht, dass das doch eine recht normale Krimihandlung ist aufgepeppt nur durch eine für diese Stars hemmungslose Offenheit
- Ähnliches gilt für Starship Troopers. Eigentliuch ein unterhaltsamer Sci-Fi Splatter Film, wenn nicht diese unsäglich platte, aufgesetzte Propaganda Schelte drin wäre
- Hollow Man ist dagegen ein ziemlich harmloses Filmchen - allerdings für mich dadurch schon fast wieder unterhaltsamer. Ein einfacher, spannender Horrorfilm, der aber hinter den Möglichkeiten der Idee zurückbleibt
- Showgirls: Tja, kein Kommentar - außer: das bleibt von Verhoeven übrig, wenn es eigentlich kaum noch ein Tabu zu brechen gilt
- Robocop habe ich nie ganz gesehen, verstehe aber da auch nicht die große Begeisterung
- Total Recall: Toller Sci-Fi Actionfilm, der auch deswegen gut ist, weil er auf eine intelligente Handlung und solide Action setzt, anstatt auf zwanghaftes Brechen von Tabus
"It's been a long time - and finally, here we are"

Re: Die Filme von Paul Verhoeven

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danielcc hat geschrieben:Ich bin kein großer Freund von Verhoeven insbesondere deshalb, weil ich mich weigere etwas als Kunst zu erkennen, was einfach nur im Austesten oder Überschreiten von moralischen Grenzen oder Tabus besteht.

- Basic Instinct finde ich OK. Als ich den letzten erst das erste Mal geshen habe, war ich überrascht, dass das doch eine recht normale Krimihandlung ist aufgepeppt nur durch eine für diese Stars hemmungslose Offenheit
- Ähnliches gilt für Starship Troopers. Eigentliuch ein unterhaltsamer Sci-Fi Splatter Film, wenn nicht diese unsäglich platte, aufgesetzte Propaganda Schelte drin wäre
- Hollow Man ist dagegen ein ziemlich harmloses Filmchen - allerdings für mich dadurch schon fast wieder unterhaltsamer. Ein einfacher, spannender Horrorfilm, der aber hinter den Möglichkeiten der Idee zurückbleibt
- Showgirls: Tja, kein Kommentar - außer: das bleibt von Verhoeven übrig, wenn es eigentlich kaum noch ein Tabu zu brechen gilt
- Robocop habe ich nie ganz gesehen, verstehe aber da auch nicht die große Begeisterung
- Total Recall: Toller Sci-Fi Actionfilm, der auch deswegen gut ist, weil er auf eine intelligente Handlung und solide Action setzt, anstatt auf zwanghaftes Brechen von Tabus
Nimms mir nicht übel Daniel, aber das ist genau die Engstirnigkeit die ich angesprochen habe. Niemand muss Verhoevens Filme oder von ihm benutzte Stilmittel mögen, aber sein Schaffen einzig und allein auf das kalkulierte Brechen von Tabus zu reduzieren zeigt hauptsächlich, dass du dich mit seinem Werk so gut wie gar nicht beschäftigt hast. Dein Vorwurf ist genauso eindimensional wie die der Peckinpah-Kritiker, die ihn ausschliesslich auf seine Gewaltdarstellung reduzierten. Auch deine Kritik an der „Propaganda-Schelte“ von Starship Troopers bekräftigt diesen Eindurck bei mir. Verhoeven betriebt ja eben gerade keine offensichtliche Propaganda-Anprangerung sondern benutzt deren Methoden vielmehr um ihre Wirkung gerade auf etwas unbedarftere Gemüter zu demonstrieren. Ich hab den Film damals im Kino gesehen und glaube mir, die von Verhoeven eingesetzte Propaganda verfehlte ihre Wirkung nicht, gegen Ende des Films war praktisch das ganze Kino mit Begeisterung auf Seiten der Mobile Infantry – Erkennbar am Jubel und Gejohle. Und genau das ist ja auch das Clevere daran: Verhoeven entlarvt die Wirkung von Propaganda in dem er deren Mittel selbst einsetzt, dadurch erzielt er einen weit größeren Effekt als zB Bücher oder Filme die diese Wirkung nur erklären wollen wie zB die Welle. Dass dies von vielen Teilen des Publikums nicht wahrgenommen wird zeigt die erschreckende Wirksamkeit – gerade auch heute – um so deutlicher.

Mal abgesehen davon frage ich mich ehrlich gesagt auch, wo die großen Tabubrüche in Verhoevens Werk sein sollen und vor allem auch, warum du darauf kommst das diese bewusst kalkuliert sind? Schau dir mal Verhoevens Werk an: eines zieht sich wie ein roter Faden durch all seine Filme, nämlich die völlig unverkrampfte Darstellung von Sexualität und Gewalt. Dadurch hält Verhoeven der verklemmten und verlogenen Spiessigkeit den Spiegel vor. Wenn du das mit kalkuliertem Tabubruch meinst, meinetwegen. Aber ansonsten? Wo zeigt Verhoeven bitteschön etwas, was es im wahren Leben so nicht viel drastischer gibt? Sachen, die man tagtäglich noch viel heftiger in den Nachrichten vorgesetzt bekommt? Wenn das Tabubrüche sind dann doch nur, weil die „Tabus“ eh nur Bollwerke verkrusteter Spiessigkeit sind.
"Ihr bescheisst ja!?" - "Wir? Äh-Äh!" - "Na Na!"

Re: Die Filme von Paul Verhoeven

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jip, dem kann ich nichts hinzufügen...

Aber jedem das seine..finde ich ganz witzig, dass du das geschrieben hast, was mir beim Lesen von danielcc`s Beitrag sofort durch den Kopf ging.
Ich sehe das Hochheben bestimmter Filmemacher auf den Olymp sowieso eher kritisch, denn
a) sind Filme geschmackssache
b) gibt es kaum einen Regisseur, der immer beständig gut ist, was sicher auch oft mit den Studiovorgaben, örtlichen Gegebenheiten, weiteren Filmeleuten am Set und nicht zuletzt an den Budgets liegen dürfte
c) kann ein Filmemacher noch so tolle Visionen haben - wenn der Film aber schnarchend langweilig ist dennoch für mich, dann gehen mir auch diese Visionen sonstwo vorbei ;)

Sehr geil finde ich ja das Bay-Bashing oder das Nolan zum Gott-Gemache, nicht nur hier im Forum. Fast so als würde der eine puren Trash fabrizieren, während der andere geradezu Kunst macht.
Sowas mag amüsant sein, entbehrt sich für mich aber trotzdem jeglicher sinnesmäßigen Grundlage. ;)
http://michael.huenecke.hat-gar-keine-homepage.de/

Re: Die Filme von Paul Verhoeven

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Hoppla, hier ist ja Einiges los. Freut mich! :D Verhoeven polarisiert also auch hier im Forum, wirklich überraschend ist das nicht.

Was Starship Troopers betrifft, den ich ja hier nicht grundlos als Ausgangspunkt gewählt habe, so kann ich AnotolGogol nur voll und ganz zustimmen. Ich mache nach wie vor die Erfahrung - vor allem auch im Freundeskreis -, dass hier kollektiv der Propaganda erlegen wird in dem Sinn "Mann ist das ein geiles Gemetzel". Da muss ich auch regelmäßig schmunzeln, denn wie Du shon gesagt hast, entlarvt Verhoeven damit die Wirkungsmächtigkeit von Propaganda und Verführung weitaus effektiver als es der hierzulande übliche erhobene Zeigefünger gepaart mit allerlei Betroffenheitspathos jemals vermöchte.

Der Fim gilt bei nicht wenigen Splatterfreaks nach wie vor als Referenzwerk wobei man hier entweder nur obeflächlich "geniest", oder den Wald vor lauter Bäumen nicht sieht.
Genauso gern wird er übrigens von den Political Correctness-Vertretern (von denen es ja heute ganze Heerscharen gibt) regelmäßig ob seiner "perversen Drastik" abgewatscht, was beweist, dass man hier ebenfalls nicht genau hingesehen hat bzw. ebenfalls den Wald vor lauter Bäumen nicht sieht. Ist schon witzig, gleichzeitig aber auch etwas erschreckend.
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Re: Die Filme von Paul Verhoeven

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Also, so schlimm habe ich das ja alles nicht gemeint. Aber zumindest Showgirls und Basic Instict brechen schon in gewisser Weise mit Tabus. Damit meine ich nicht, dass sie etwas zeigen, was es im realen Leben nicht gibt aber es ist doch wohl klar, dass Basic Instinct nur oder vor allem ein so bekannter Film ist, weil eine Prominente Schauspielerin ihre Beine spreizt und ein sehr prominennter Schauspieler in einem eigentlich maintreamigen Film wilden Sex hat.

Ich halte viele seiner Filme (die ich kenne) ja auch für unterhaltsam und Total Recall zum beispiel für richtig gut. Aber mit Starship Troopers im Speziellen konnte ich gar nichts anfangen. Ich weiß jetzt auch nicht, ob der Film besonders clever in seiner Kritik ist, oder eigentlich nur billig und platt. Irgendwie hat mich das nicht so begeistert. Aber nun ja...
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Re: Die Filme von Paul Verhoeven

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Kurz zu Basic Instinct:

1. Sharon Stone war vor dem Film ziemlich unbekannt und wurde bis dato nur als hübsches Beiwerk in teilweise recht mediokren Action- bzw. Abenteurstreifen besetzt (ganz übel waren die Quatermain-Filme mit Richard Chamberlain). Berühmt und zum Star wurde sie erst mit "Basic Instinct".

2. Tabubrüche sehe ich in Basic Instinct übrigens keine. Nicht umsonst war er in Europa auch fast überall ab 16 Jahren freigegeben. Dazu muss man wissen, dass in den USA nackte Brüste in einem Mainstreamfilm bereits ein Skandal sind, in Europa regt das niemanden wirklich auf.
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Re: Die Filme von Paul Verhoeven

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Der krasseste Tabubruch ist für meinen Geschmack, dass Douglas`s Figur seine Filmfreundin vergewaltigt. Zumindest würde ich die Szene so sehen, da sie ja ihren Unwillen darüber während der Szene zum Ausdruck bringt.
Und die Eispickel-Szene ist schon relativ brutal und so in der Form auch nicht dagewesen vorher.
Die Verhörszene hat mich ehrlich gesagt nie so angetörnt, wie das bei vielen anderen Männern der Fall zu sein schien.

Ich bestätige BASIC INSTINCT vor allem eine für einen Erotikthriller wirklich packende, angenehm verschachtelte Story.
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Re: Die Filme von Paul Verhoeven

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vodkamartini hat geschrieben:Kurz zu Basic Instinct:

1. Sharon Stone war vor dem Film ziemlich unbekannt und wurde bis dato nur als hübsches Beiwerk in teilweise recht mediokren Action- bzw. Abenteurstreifen besetzt (ganz übel waren die Quatermain-Filme mit Richard Chamberlain). Berühmt und zum Star wurde sie erst mit "Basic Instinct".
In der Tat. Ihre größte Rolle vor Basic Instinct war entsprechend auch bei Verhoevens Total Recall, was ihr zusammen mit den diversen Absagen prominenterer Schauspielerinnen dann die Rolle einbrachte. Ich denke man kann mit gutem Gewissen sagen, dass die Stone wäre sie prominenter gewesen die Rolle aufgrund ihrer Explizität wohl auch nicht angenommen hätte. Sie hat zwar später mit Sliver und der unsäglichen Basic Instinct Fortsetzung auch noch ähnlich gewagte Filme gedreht, das nicht zuletzt aber auch deswegen weil sie sonst nichts wirklich verlockendes angeboten bekam. Die größeren und anspruchvolleren Rollen wie in Scorseses Casino oder Estevez Bobby bekam sie erst „im reiferen Alter“ (was sie aber auch nicht daran hinderte für gutes Geld quasi "auf den letzten Drücker" noch BI 2 zu drehen).
vodkamartini hat geschrieben: 2. Tabubrüche sehe ich in Basic Instinct übrigens keine. Nicht umsonst war er in Europa auch fast überall ab 16 Jahren freigegeben. Dazu muss man wissen, dass in den USA nackte Brüste in einem Mainstreamfilm bereits ein Skandal sind, in Europa regt das niemanden wirklich auf.
Zumal der Film ursprünglich von Verhoeven wohl noch viel drastischer in den Sexszenen geplant war. Ich kann mich u.a. auch noch gut an die Berichterstattung zum Dreh erinnern, als der gute Paul mal wieder den „alten Perversen“ für die Presse spielte und damit prahlte, er wolle Michael Douglas bestes Stück voll einsatzfähig auf die Leinwand bringen. Dazu kam es bekanntlich ja nicht, wobei das ein gutes Stück weit natürlich auch das berühmte Klappern vor der Presse gewesen sein kann, etwas von dem Verhoeven bekanntlich einige versteht.
Cinefreak hat geschrieben:Der krasseste Tabubruch ist für meinen Geschmack, dass Douglas`s Figur seine Filmfreundin vergewaltigt. Zumindest würde ich die Szene so sehen, da sie ja ihren Unwillen darüber während der Szene zum Ausdruck bringt.
Exakt. Verhoeven hat die Szene bewusst so inszeniert, dass auch hier wieder beide Interpretationsmöglichkeiten drin sind. Aber er lässt vieles auf eine Quasi-Vergewaltigung hindeuten. Wenn man aber seine Vergewaltigungsszene in Spetters bedenkt, ist auch das kalter Kaffee. Und letztlich hat Hitch seinen Hauptdarsteller sogar schon 30 Jahre zuvor in Marnie als Vergewaltiger gezeigt.

danielcc hat geschrieben: aber es ist doch wohl klar, dass Basic Instinct nur oder vor allem ein so bekannter Film ist, weil eine Prominente Schauspielerin ihre Beine spreizt und ein sehr prominennter Schauspieler in einem eigentlich maintreamigen Film wilden Sex hat.

Das hat sicherlich an der Kinokasse nicht geschadet, aber verglichen mit den vielen anderen Stärken des Films hat letztlich diese Szene geradezu lächerlich geringen Anteil an seiner Klasse.
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Re: Die Filme von Paul Verhoeven

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Eigentlich waren die 70ger das letzte Jahrzehnt in dem man mit Tabubrüchen evtl. noch Erfolg haben konnte.
In den 90gern waren sensationelle Sexszenen kaum noch mit kommerziellem Erfolg verbunden, und Basic Instinct war vielleicht schon der letzte Film mit spektakulärem Sex der auch Kasse machte. Oder war da noch was seitdem?