Der weisse Hai IV - Die Abrechnung (1987) - Joseph Sargent
Gurke mit Fisch, mmmh sehr lecker! Wo Alves langweilige Nullnummer bei Teil 3 enttäuschte, brennt Sargents 4. Fischaufguss ein grandioses Trashspektakel ab. Kaum zu glauben, dass dieses Potpourri an schlechten Dialogen, lachhaften Figuren und einem der hanebüchensten Drehbücher aller Zeiten von den Machern ernst gemeint war. Um so unglaublicher, da Regisseur Sargent in den 70ern ein Garant für solide, überzeugende Filme war. Die Story ist absolut grandios: Amity wird wieder mal von einem Hai besucht, der dieses mal den jüngsten Spross Sean zum Abendessen verputzt. Mama Ellen ist überzeugt: der kam nur unseretwegen! Klar, dass auch ein Trip zu Söhnchen Michael auf die Bahamas da keine Lösung darstellt, der Hai schwimmt einfach mal binnen ein paar Tagen rüber in die Karibik - er ist ja schliesslich hinter den Brodys her! Hahaha, als ob das nicht schon lachhaft genug wäre brilliert Teil 4 mit den lächerlichsten Hai-Effekten aller Serienbeiträge: der Hai ist dieses mal nicht angsteinflössend, sondern ist ob seines behäbigen Phlegmas und seiner unbeholfenen Unbeweglichkeit fast schon mitleiderregend. Großartig auch die schön erkennbaren Nähte an der Rückenflosse oder die Risse in der Gummiummantelung. Den Vogel schiesst der Film aber mit Dialogperlen ab, die man in dieser Geballtheit so im Filmkosmos nur schwer finden wird. Ein paar Beispiele:
"Das Meer ist ganz schön groß hier draussen"
"Haie kommen und gehen, Menschen haben nichts damit zu tun"
"Er wird sie finden!" - "Wie meinst du das er wird sie finden?" - "Sie hat gesagt, dass ER kommen würde" - "was heisst das sie hat gesagt dass er kommen würde?" - "Sie hatte die fixe Idee, dass der Hai der Martin und Sean getötet hat die Familie verfolgt." - "Hey, er meint doch nicht unseren Hai, oder?"
Wunderbar natürlich auch die völlig missratene Besetzungspolitik des Films, so wurde Brody-Gattin Lorraine Gary (hauptberuflich Ehefrau von Universal-Bighat Sid Sheinberg) mal schnell zur Hauptdarstellerin befördert, unglücklicherweise sieht die Dame in Jaws 4 aus wie fast 70 und spielt ihren Mischmasch aus Gram und Pseudo-Ripley als begnadete Lachnummer. Kaum besser besetzt ist ein schmerbäuchiger Michael Caine, der als cooler (!), sprücheklopfender (!!) Abenteurertyp (!!!) und Loveinterest der Gary (!!!!) eine Autopilot-Vorstellung par excellence abliefert (und sich heute noch daran erfreut, dass die Gage für den Film ihm sein Haus finanziert hat). Abgerundet wird das Trashspektakel durch die ungeschickte und kontraproduktive Inszenierung. Ein Höhepunkt diesbezüglich ist sicher die legendäre Bananenboot-Szene:
Brody-Enkelin Thea fährt mit dem Bananenboot in Strandnähe als der Hai auftaucht (damdam damdam) - Oma Lorraine Gary wohnt derweil am Strand einer festlichen Gesellschaft bei und - da sie ja bekanntlich über telepathischen Kontakt zum Hai verfügt - sieht den Hai natürlich als erste und rennt wie von der Tarantel gestochen schreiend zum Wasser - Schnitt - die Festgesellschaft beugt sich interessiert in einer La Ola-Bewegung nach vorne - Schnitt - Oma Lorraine rennt immer noch zum Wasser, was aber aussieht als ob sie gehbehindert wäre und entsprechend langsam ist - Schnitt - Theas Mami hat mittlerweile die Lage auch erkannt und rennt ebenfalls schreiend zum Wasser, überholt Oma Lorraine, die unbeholfen mit den Armen rudert und gerade mal zwei Schritte ins Wasser kommt - Schnitt - der Hai greift das Bananenboot an (alles in langweiligster Zeitlupe) und frisst unbeholfen eines der Mädchen. Die anderen Mädels inkl. der Brodyenkelin werden gerettet, jetzt kommt aber die beste Szene: Oma Lorraine schnauft entsetzt am Strand (immer noch nur zwei Schritte im Wasser) in einer frontal Aufnahme. Dann Umschnitt auf Perspektive von hinten, Lorraine dreht sich nach links ins Profil und mimt jetzt den toughen Rachengel nach dem Motto: dieses mal bist du zu weit gegangen! Man sieht die Haiflosse und wie die Oma entschlossen den Strand verlässt mit der festen Absicht dem Hai saures zu geben.
Was folgt ist ein weiterer herrlicher Plotfehler: Sohn Mike war während des Bananenbootangriffes mit seinem Forschungsschiff auf See. Oma Lorraine geht nach dem Angriff aber schnurstraks auf das Forschungsschiff und segelt dem Hai hinterher. In der nächsten Szene kommt Mike zurück und entschuldigt sich dafür, dass er nicht beim Angriff dabei war - denn er war ja mit der Segeljacht auf dem Wasser. Wo ist Mama frägte er: ach so, die ist gerade mit der Segeljacht dem Hai hinterher.
Anschliessend darf man dann das grandiose Finale erleben,
in welchem Leute ne Hafenrundfahrt im Maul des Hais machen, ohne groß verletzt zu werden, der Hai selber auf seiner Schwanzflosse balancierend übers Wasser stolziert und Oma Lorraine endgültig die Faxen dicke hat und in einem Chickenrace mit ihrer Segeljolle "mano-a-mano" gegen einen wild brüllenden Hai (!!!) antritt - welcher dann von der Bugstange des Schiffs aufgespiesst wird und aus unerfindlichen Gründen plötzlich explodiert.
Ein groteskeres Ende hat kaum ein anderer Film!
Jaws IV ist allerfeinstes Trashkino, das mit normalen Bewertungskriterien nicht zu erfassen ist - daher muss hier auf eine Punktevergabe ausnahmsweise verzichtet werden. Hier trifft der alte Spruch "so schlecht, dass es schon wieder gut ist" mehr als zu. Eine dilettantische Karnevalsveranstaltung voll unfreiwilliger Komik und skurrilem Charme mit höchstem Unterhaltungswert!