Welches ist euer Lieblingsfilm von Edgar Wright?

Shaun of the Dead (Keine Stimmen)
Hot Fuzz (Keine Stimmen)
Scott Pilgrim vs. The World
Insgesamt abgegebene Stimmen: 2 (40%)
The World's End
Insgesamt abgegebene Stimmen: 1 (20%)
Baby Driver
Insgesamt abgegebene Stimmen: 2 (40%)
The Sparks Brothers (Keine Stimmen)
Last Night in Soho (Keine Stimmen)
Insgesamt abgegebene Stimmen: 5

A Pint and a Cornetto - Der Edgar Wright Thread

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Edgar Wright ist zweifelsohne einer meiner absoluten Lieblingsfilmemacher, dessen Werke mich ausnahmslos unterhalten und begeistern. Zwar hat er in seiner Vita nur fünf vollwertige Spielfilme vorzuweisen, dafür ist für mich aber auch kein einziger wirklicher Ausreisser nach unten vorhanden. Ausserdem dreht er sehr individuelle Filme, fast ohne jegliche Kompromisse. Jeder der fünf ist ein Herzensprojekt, und was passiert wenn man dem alten Edgar in die Arbeit hineinzufunken versucht, sieht man an dem Ant-Man-Debakel, welches er, frustriert durch die Einmischungen von Marvel Studios, aufgeben musste. Was seine Filme so gross macht ist, auf wie vielen Ebenen sie gleichzeitig funktionieren. In erster Instanz gibt es die komödiantisch angehauchte Ebene, mit einer ganz eigenen Handschrift an visueller Komik, Kameratricks und unverkennbarem Schnittstil, dahinter verbirgt sich in all seinen Filmen aber ein durchaus emotionaler Kern, in dem Themen wie Freundschaft, Beziehungen, Verantwortung und Älterwerden liebevoll, augenzwinkernd aber durchaus anspruchsvoll verpackt werden. Diese Themen und ihre erzählerische Umsetzung ziehen sich dabei wie ein roter Faden durch seine gesamte Filmografie.

In der Filmwelt hat Wright, der seine Kunst schon in sehr jungen Jahren im Fernsehen und mit Amateurfilmen geübt hat, zumindest deutliche Spuren hinterlassen. Seine Choreografie aus Bild und Ton, bzw. das Zusammenspiel von Schnitt und Bewegungen mit Musik und ausgefeiltem Sounddesign, sucht seinesgleichen, ebenso die meisterliche Kombination aus Action, Humor, visuellen Kunstgriffen und zärtlich-fantasievoller Lebensstudie. Ich hoffe zumindest, dass wir in den kommenden Jahren und Jahrzehnten noch einiges von dem verspielten Künstler mit der Lockenmähne zu sehen bekommen werden.

Edgar Wrights Kinofilme:

2004: Shaun of the Dead
2007: Hot Fuzz
2010: Scott Pilgrim vs. The World
2013: The World's End
2017: Baby Driver

Weitere Punkte in seinem Arbeitsnachweis sind unter anderem der im zarten Alter von 21 Jahren fast ohne jegliches Budget gedrehte Amateurfilm A Fistful of Fingers, die Gesamtheit der englischen TV-Serien Asylum und Spaced, der Kurzfilm Don't, der als Fake-Trailer zum Grindhouse-Projekt von Robert Rodriguez und Quentin Tarantino gehört, das Drehbuch zu Steven Spielbergs Tim & Struppi, und eben der Marvel-Film Ant-Man, der in der Drehbuchentwicklung und Vorproduktion noch komplett von Wright kontrolliert wurde und den er erst kurz vor Drehbeginn verlassen hat.

Edgar Wright in Zahlen:

Shaun of the Dead (2004) - 8,5 / 10
- Obschon keine absolute Low-Budget-Produktion hat Shaun of the Dead noch sämtliche Züge eines "selbstgemachten" Films, bei dem die Zombie-Statisten auch schon mal durch eine Ausschreibung in einem Fan-Forum zusammengetrommelt wurden. Wrights "offizielles" Kinodebüt ist eine burleske Verbeugung vor den Zombie-Klassikern eines George A. Romero, zugleich aber auch eine gute und eigenständige Freundschaftsgeschichte mit einem befriedigenden Ende. Wright übt seine visuellen und erzählerischen Mechanismen hier bereits auf hohem Niveau, sei es das Zusammenspiel zwischen der komödiantischen und der dramatischen Ebene, die Verbindung aus Bild und Musik, der ausgeprägte Humor oder der unverwechselbare Inszenierungsstil. Ein starkes Debüt eines noch stärkeren Geschichtenerzählers.

Hot Fuzz (2007) - 9 / 10
- Mit Hot Fuzz macht Wright genau dort weiter, wo er bei Shaun aufgehört hat, nicht umsonst ist der Film der zweite Teil in seiner berühmten Cornetto-Chronologie. Auch hier ist die liebenswürdige Verballhornung archetypischer Action- und Slasher-Mechanismen nur ein Aspekt eines grösseren Ganzen. Das Thema Freundschaft, erneut in authentischer Verkörperung durch Simon Pegg und Nick Frost, wird noch besser herausgearbeitet, die Geschichte ist clever und witzig mit einer Reihe an grandiosen Einfällen, wie der, eine ausgeklügelte Mordstory in Blitzesschnelle als falsche Fährte abzukanzeln. Ausserdem gibt der Film Wright zum ersten Mal die Gelegenheit, seine unterschätzte Meisterschaft als Actionregisseur im grösseren Stil zu beweisen.

Scott Pilgrim vs. The World (2010) - 10 / 10
- Scott Pilgrim ist neben Mulholland Drive mit Abstand mein meistgesehener Film der letzten Jahre, und das aus gutem Grund: Der Film ist absolut makellos und eröffnet bei jeder Sichtung neue Facetten seiner faszinierenden Unterhaltung. Wright greift tiefer denn je in seine visuelle Zauberkiste um physikalische, kausale und gesellschaftliche Gesetzmässigkeiten neu zu ordnen oder ganz aufzuheben und entwirft dabei eine Art utopische Coming-of-Age-Traumwelt, einen riesigen Jugendspielplatz. Der Kern ist eine anrührende Liebesgeschichte, die trotz oder gerade wegen ihres kindischen Willst-du-mit-mir-gehen-Charakters emotional wunderbar aufgeht und durchaus auch ernsthafte Aspekte verarbeitet. Natürlich gibt es trotzdem einiges zum Schmunzeln, mit Tricks und Absurditäten, die einem den Mund offenstehen lassen, sich aber plötzlich brillant in das Gesamtkonstrukt einfügen. Scott Pilgrim ist für mich einer der besten Filme aller Zeiten.

The World's End (2013) - 9 / 10
- The World's End ist ein Brett! Es ist, soweit sich das aus Interviews ableiten lässt, Wrights persönlichster Film, in dem er seine Erfahrungen beim Dreh von Hot Fuzz verarbeitet, nämlich das Gefühl aus Vertrautheit und Entfremdung bei der Rückkehr an den Ort seiner Jugenderinnerungen. Und da ist eigentlich müssig zu erwähnen, dass es wieder sowohl eine trickreich-komödiantische als auch eine dramatisch-anspruchsvolle Ebene gibt, die sich beide wunderbar ineinander verflechten. Die Konfrontation zwischen Pegg und Frost am "Ende der Welt" ist eine der erschütterndsten Szenen überhaupt in der Art, wie sie nach langer und sorgsamer Vorbereitung die gesamte Tragik von Peggs Charakter offenlegt und erneut und abschliessend das Freundschaftsmotiv mit einbindet, geht aber dennoch zärtlich-humoristisch über die Bühne. Wright spielt seine Stärken mit einer Leichtigkeit aus, dass es eine Freude ist.

Baby Driver (2017) - 8 / 10
- Mit Baby Driver gelang Wright zum ersten Mal auf Anhieb einen grossen Kinohit, und das mag ich ihm natürlich gönnen. Der Film ist noch meilenweit davon entfernt, ein verwässernder Kompromiss zu sein, aber ich halte ihn dennoch für Wrights oberflächlichste Arbeit, was zugegebenermassen Jammern auf sehr hohem Niveau ist. In erster Linie ist die Kreuzung aus Heist-Movie, skurrilem Rennfahrerabenteuer, exzentrischem und mal wieder stilvoll durchgetaktetem Musikfilm und Liebesgeschichte nämlich ein launiger Kinospass und absolut typisch für seinen Regisseur.

Neben einer Dokumentation über die Rockband Sparks arbeitet Wright derzeit an einem britischen Horrorfilm, der von Roman Polanskis Repulsion und Nicholas Roegs Don't Look Now inspiriert sein soll, und an einer Fortsetzung zu Baby Driver. Während ich mich auf des Meisters Ausflug ins Gruselgenre freue und gespannt bin, was uns da erwartet, begegne ich dem Sequel, von dem erst ein sehr früher Entwurf steht, aus Prinzip mit gesunder Skepsis. Wright war bisher sehr vernünftig, wenn es um Fortsetzungen oder gar Remakes ging, und hat diesem grauenhaften Ansinnen stets einen Riegel vorgeschoben. Wenn Wright den Film aber von Grund auf nach seinen Vorstellungen gestaltet, was bei seinem Vorwerk und seiner Einstellung zu seinen Filmen sicher zu erwarten ist, lasse ich mich aber gerne davon überzeugen, auch wenn ich mir die Notwendigkeit für einen Baby Driver 2 derzeit gar nicht vorstellen kann, am ehesten noch als eine Art Stand-Alone-Sequel, vielleicht sogar ohne Baby Driver im Titel.

Und hiermit übergebe ich das Wort ans Forum.
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Re: A Pint and a Cornetto - Der Edgar Wright Thread

2
Ein thread für 5 Filme? Der wir schnell durch sein. :wink:

Ich war zunächst auch ein großer Fan von Wright, vor allem nach dem fantastischen Hot Fuzz, den ich nach wie vor für seinen besten halte. Shaun ist auch eine sehr launige Zombiekomödie, da war die Vorfreude auf Teil 3 riesig. Leider, leider war dann The World´s End eher schales Bier als süffiges Weizen. So gut die Idee war, aber die Verbindung mit dem SIFi-Plot hat nur sehr bedingt funktioniert und auch der Humor traf deutlich seltener ins Schwarze als bei den beiden Vorgängern. Ein ok-Film, was für Wright definitiv eine saftige Enttäuschung ist.

Tja, und dann der Pilgrim. Ehrlich gesagt kan ich den Hype um den Film nicht nachvollziehen. Andererseits glaube ich mich zu erinnern, dass er total floppte, also doch kein Hype. Kann aber auch mit der Graphic Novel dazu nichts anfangen, bin überhaupt kein Freund dieser Art von Literatur, aber das ist Geschmackssache. So gesehen hat mich das Projekt von vornherien nicht sonderlich interessiert. Wegen Wright hab ich dan dennoch mal reingesehen, aber ehrlich gesagt - steinige mich - war mir das schlicht und ergreifend einfach ein Stück weit zu kindisch. Hätte ich mit 15 vielleicht cool gefunden, aber jetzt? Insgesamt schon ganz nett, aber halt auch nicht mehr.

Baby Driver mochte ich beim ersten Sehen recht gern, aber schon bei der zweiten Sichtung nervte mich etwas der Soundtrack (bin kein Freund dieser abgehangenen Soul-Tröten) und der äußerst blasse Hauptdarsteller. Insgesamt etwas zu gewollt auf cool gemacht, da hatte ich mit dem zeitgleich - und von der Kritik weniger wohlwollend aufgenommenen - Atomic Blonde in jeder Hinsicht mehr Spaß. Auf den habe ich auch immer wieder Lust, auf Baby Driver nicht.
Zuletzt geändert von vodkamartini am 28. Januar 2019 16:07, insgesamt 2-mal geändert.
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Re: A Pint and a Cornetto - Der Edgar Wright Thread

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vodkamartini hat geschrieben: 28. Januar 2019 16:04Andererseits glaube ich mich zu erinnern, dass er total floppte, also doch kein Hype.
Nein, aber ein Kult, und ein Kultfilm, der schwer verwunderlich eine enorme Fanbase hinter sich versammeln konnte und im Internet auf diversen Geek-Portalen fast schon verehrt wird. Und diese Resonanz von Scott Pilgrim fasst auch Edgar Wright als Filmemacher zusammen, denn keines seiner Werke ist für den Jedermann kreiert, sondern ambitionierte, sehr genau auf eine exklusive Zielgruppe zugeschnittene Arbeit, die aber dennoch auch viele Menschen abseits dieses angepeilten Spektrums zu erreichen vermag. Finde das daher sogar verständlich, dass nicht jeder mit Wright etwas anfangen kann (ich selbst war von seinem neuesten Film eher genervt), aber dennoch ist er ein durchweg interessanter Regisseur, einer der überraschen kann und dessen Arbeit mich daher grundsätzlich interessiert.

Edgar Wright in Zahlen:

Shaun of the Dead (2004) - 8/10
- Mit unzähligen Filmzitaten und Huldigungen an Horror-Legende George A. Romero versehene Zombiekomödie, die vor allem dem fabelhaften Comedy-Duo Simon Pegg & Nick Frost jede Gelegenheit gibt, zu glänzen. Das Timing ist exzellent und die Ausstattung derart detailverliebt, dass Genrefans sich allein an den referenziellen Bildern nicht satt sehen können. Und doch ist dies kein ausschließlich provokativer Genre-Mischmasch à la "Zombieland": Viel mehr weiß Wright in diesen rasanten Irrsinn eine berührende Männerfreundschaft zu beleuchten und erfasst den Kerngedanken der legendären untoten Filmmonster als Kapitalismus-kritische Metapher auf blinden Konsum weitaus besser als zahlreiche "ernste" Filme es konnten, bringt in der absurden Schlussszene seine Schäfchen dann auch emotional ins Trockene. Humor mit Herz also, und anders als seine Protagonisten gar nicht hirnlos.

Hot Fuzz (2007) - 9,5/10
- Seit der Trennung von Monty Python hat es keinen so durch und durch britischen Film mehr gegeben: "Hot Fuzz" ist die ultimative Komödie aus dem UK! Gemeinsam mit Co-Autor Simon Pegg stellt Wright den klassischen Buddy-Cop-Film so sehr auf den Kopf, dass Shane Black gelb vor Neid werden könnte und präsentiert dazu ein paar Actioneinstellungen vom feinsten. Bis zum Rand überfüllt mit klugen Dialogen, brillanten Anspielungen auf die Popkultur und liebenswerten wie urkomischen Figuren empfiehlt sich dieser anarchische Angriff auf die Lachmuskeln für mehrere Sichtungen, einfach nur, um wirklich alle ausgetüftelten Details mitzunehmen. Und neben der grandiosen Besetzung (Frost/Pegg, Tim Dalton, Bill Nighy, Martin Freeman) dürfen der fantastische Score (David Arnold) und Wrights handwerklich hervorragende Regie nicht unerwähnt bleiben. Besser und witziger als die Polizei erlaubt.

Scott Pilgrim vs. The World (2010) - 7/10
- Der schwierige Spagat zwischen anrührender, leicht peinlicher Teenie-Romanze und nerdgasmischem Actionspektakel gelang Bryan Lee O'Malley in seiner Graphic-Novel-Reihe um Vorzeige-Geek Scott Pilgrim ideal. Wer wäre für eine filmische Entsprechung da besser geeignet als Edgar Wright? Dessen Adaption hat gleichzeitig den Vorteil, die ausgefallenen Set-Pieces kinetisch umzusetzen, leidet dabei aber auch etwas an absoluter Reizüberflutung. Großes Lob gebürt der Regie dafür, die diversen Albernheiten ohne Kompromisse auf die Leinwand zu transportieren und dabei dennoch auch die Charaktere nicht zu vernachlässigen. So kann man sich trotz aller Extravaganz stets in die etwas schrägen Figuren reindenken, die größtenteils ideal besetzt sind. Größtenteils, weil leider gerade Scott-Darsteller Michael Cera in diesem Unsinn (spätestens in der zweiten Hälfte als Actionheld) etwas unterzugehen droht.

The World's End (2013) - 9/10
- Höchst originelle "Sauf-Geschichte" mit dem vielleicht krassesten Genre-Bruch seit "From Dusk Till Dawn", bei der sich Wright zum dritten Mal ganz auf sein Gespür für ausgeklügeltes visuelles Erzählen und insbesondere die Kreuzung Pegg/Frost verlässt. Der Dialogwitz ist gegenüber den beiden "Cornetto-Vorgängern" etwas zurückgenommen, dafür ist kein Wright-Film noch suggestiver in seiner Bildsprache und noch emotionaler ausgearbeitet. Dass sich der Hauptcharakter hier schlussendlich sogar als letztlich tragische Figur entpuppt, zeigt die Unkompliziertheit, mit der Wright sich zwischen Komik und Ernst auf keins von beiden festlegen lassen will. Das moralische Ende ist dementsprechend mehr als verdient und trifft voll ins Schwarze. Doch keine Sorge: Wer einfach nur einen irren Trip durch die britischen Pubs genießen will, kommt hier ebenfalls als Ziel - und das sogar ohne Kater beim Erwachen.

Ant-Man (2015) - 6/10
- Kurz vor Drehbeginn verließ Wright die Marvel-Produktion bzw. wurde gegangen (je nach Quelle). Seine DNA ist im ersten Leinwandausflug des Schrumpfhelden besonders in den sehr kreativen Actionsequenzen stets erkennbar, sowie die fabelhafte Besetzung (u.a. Paul Rudd, Corey Stoll, Michael Douglas) und der tolle Musikeinsatz seine Handschrift spüren lassen. Wie viel Regie-Nachfolger Peyton Reed und Produzent Kevin Feige letztlich angepasst haben, ist spekulativ, auffällig ist jedoch, dass eine lange, unnötige Actionszene ganz um den Gastauftritt eines anderen Marvel-Helden herumgeschrieben wurde, wie der zahme Ton allgemein nicht zur angestrebten Anarcho-Stimmung der Bilder passen will. Ein kurzweiliger, aber unterm Strich wenig erinnerungswürdiger Marvel-Film, der die Frage aufwirft, ob er gänzlich unter Wrights Einfluss eventuell deutlich mitreißender geworden wäre.

Baby Driver (2017) - 5/10
- Die reizvolle Idee, einen Heist-Thriller als "Autoverfolgungsjagden-Musical" zu erzählen, bei der sich Schnitt und Szenenrhyhtmus ganz dem Tempi der Popmusik unterordnet, ist spannend, nutzt sich in "Baby Driver" aber erschreckend schnell ab. Ansel Elgort enttäuscht in der Hauptrolle als Fluchtwagenfahrer Baby und bleibt so blass, dass ein Spin-Off um seine restliche Crew (Kevin Spacey, Jamie Foxx, Jon Hamm) deutlich vielversprechender erscheint. Leider gelingt es Wright zum ersten Mal nicht mehr, humoristische und dramatische Elemente organisch zu kreuzen, die exzentrisch gezeigten Brutalitäten des Films wollen sich nur schwer einfügen und die zentrale Liebesgeschichte hängt substanziell arg in der Luft. Was bleibt ist ein kurzweiliger Rausch, ein spannender Einstieg und die Erkenntnis, dass gute Ideen nicht immer auch gute Filme bedeuten müssen. Doch wie heißt es? Wer nicht wagt...
https://filmduelle.de/

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Re: A Pint and a Cornetto - Der Edgar Wright Thread

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vodkamartini hat geschrieben: 28. Januar 2019 16:04 Ein thread für 5 Filme? Der wir schnell durch sein.
Papperlapapp, das glaubst du wohl. :wink: Wright bietet auch mit fünf Filmen mehr Substanz und Gesprächsstoff als andere Threads hier. Meine Prognose: In zwanzig bis dreissig Jahren wird Wright wesentlich stärker in die Filmannalen eingegangen sein als die vermeintlich/oberflächlich ähnlich gelagerten Ritchie und Vaughn, das zeichnet sich schon heute ab.
vodkamartini hat geschrieben: 28. Januar 2019 16:04 Tja, und dann der Pilgrim. schlicht und ergreifend einfach ein Stück weit zu kindisch.
Raus aus meinem Thread! :wink:

Was du bei Scott Pilgrim kindisch nennst würde ich wiederum als ziemlich cleveres World-Building beschreiben. Thomas Jane und Clifton Collins jr. in ihren Cameos sind die einzigen Schauspieler im Film, die beim Dreh älter als dreissig waren, und ich halte das für ein sehr gutes Beispiel für das, was der Film ist. Im Film gibt es keine Eltern oder andere Autoritätspersonen, keine "richtigen" Erwachsenen, Ausbildung und Jobs werden zwar erwähnt, spielen aber keine Rolle. Was Wright hier Toronto nennt, ist ein wunderschöner Magic-Realism-Kosmos für Teenager und junge Erwachsene, und alles was darin zählt sind das nächste Date und die nächste Indie-Band-Probe, und um diese Ziele zu erreichen kommen gerne auch absurde Superkräfte zum Einsatz, gleichzeitig geschieht das alles mit solch einer Leichtigkeit, als wäre es das echte Leben. Also ich würde da sofort mitmachen wollen, kann aber auch nachvollziehen, wenn man das Ganze mit mehr Distanz sieht. Ich habe den Film halt auch schon sieben bis acht mal gesehen.
Casino Hille hat geschrieben: 29. Januar 2019 21:25
Shaun of the Dead (2004) - 8/10

Hot Fuzz (2007) - 9,5/10

The World's End (2013) - 9/10
An mein Herz, Hille, wir sehen die Cornetto-Trilogie praktisch genau gleich und ich kann jedes deiner schön geschriebenen Worte so unterstreichen! Cool, dass auch du The World's End in grossen Ehren hältst und das Ende genau so siehst wie ich, der Film kommt hier im Forum in der Regel nicht gut weg (siehe Vodka) aber ich möchte ihn keineswegs missen wollen. Auch schön, was du über Hot Fuzz schreibst. Das Ensemble ist wirklich grossartig, an Bond als schwierig-jovialem Supermarktverwalter kann ich mich nicht satt sehen, Freeman und Nighy haben natürlich nur sehr kleine Rollen, aber teilen sich eine der herrlichsten Szenen mit Pegg und dem nicht minder famosen Steve Coogan. Und wir haben noch nicht einmal Broadbent, Bradley, Wilson, Spall/Considine (die ihr eigenes Comedy-Duo sein könnten) und all die kleineren Rollen erwähnt. Ich kriege grade wieder Lust, den Film anzuschauen.
Casino Hille hat geschrieben: 29. Januar 2019 21:25 Kurz vor Drehbeginn verließ Wright die Marvel-Produktion bzw. wurde gegangen (je nach Quelle). Seine DNA ist im ersten Leinwandausflug des Schrumpfhelden besonders in den sehr kreativen Actionsequenzen stets erkennbar, sowie die fabelhafte Besetzung (u.a. Paul Rudd, Corey Stoll, Michael Douglas) und der tolle Musikeinsatz seine Handschrift spüren lassen. Wie viel Regie-Nachfolger Peyton Reed und Produzent Kevin Feige letztlich angepasst haben, ist spekulativ, auffällig ist jedoch, dass eine lange, unnötige Actionszene ganz um den Gastauftritt eines anderen Marvel-Helden herumgeschrieben wurde, wie der zahme Ton allgemein nicht zur angestrebten Anarcho-Stimmung der Bilder passen will. Ein kurzweiliger, aber unterm Strich wenig erinnerungswürdiger Marvel-Film, der die Frage aufwirft, ob er gänzlich unter Wrights Einfluss eventuell deutlich mitreißender geworden wäre.
Ich denke genau wie Norton wurde auch Wright nicht in dem Sinne gefeuert, aber halt mit den Tatsachen konfrontiert das man ihn nicht wird machen lassen und ihm auch nicht wird nachtrauern. Also entweder sich selber als Handlanger beugen, oder durch jemanden ersetzt werden der sich sowieso beugt. Und angesichts der vielen Zeit und Energie, die Wright in das Projekt investiert hatte, ist das sehr bitter. Du hattest ja gefragt was ich von den Wright-Einflüssen halte: Ein Grossteil der Handlung, die Heist-Idee, das Mentor-Konzept, die Verwendung von sowohl Hank Pym als auch Scott Lang, der Endkampf auf der Spielzeugeisenbahn und die Besetzung von Douglas und Rudd sind von Edgar, danach wird es wahrscheinlich knifflig. Wright soll diesen Peyton Reed gebeten haben, selber kreativ zu werden und nicht einfach nur seine (Edgars) Storyboards abzufilmen, ich wage aber zu glauben, dass genau das zumindest teilweise der Fall war. Wright hat mit wenigen Filmen eine Fangemeinde, eine Handschrift und eine Arbeit über die schon zahlreiche Videoessays gemacht werden etabliert, während ausserhalb der Marvel-Filme wohl die wenigsten je etwas von Peyton Reed gehört haben, da liegen schon Welten dazwischen. Ant-Man ist für mich ein Film der Wrights Konzepten und Ideen folgt, wo es ihm gerade recht ist, aber von einem höchstens kompetenten Handwerker ausgeführt wurde und die originäre Handschrift dabei verwässert.

Was sagst du zu den geplanten/kommenden Projekten?
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Re: A Pint and a Cornetto - Der Edgar Wright Thread

6
Ein kleiner Nachtrag zu Ant-Man:

Wright selber hat den Film nicht gesehen, was natürlich absolut legitim ist und von ihm treffend umschrieben wurde dass es wäre als "würde er seine Exfreundin im Bett beobachten". Aber wenn er ihn gesehen hätte, könnte er sicher auch klar Auskunft über seinen kreativen Anteil am fertigen Film geben, vorausgesetzt er würde das auch wollen und es wäre rechtlich in Ordnung (bei Marvel weiss man ja nie).
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Re: A Pint and a Cornetto - Der Edgar Wright Thread

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Casino Hille hat geschrieben: 29. Januar 2019 21:25 Hot Fuzz (2007) - 9,5/10
- Seit der Trennung von Monty Python hat es keinen so durch und durch britischen Film mehr gegeben: "Hot Fuzz" ist die ultimative Komödie aus dem UK! Gemeinsam mit Co-Autor Simon Pegg stellt Wright den klassischen Buddy-Cop-Film so sehr auf den Kopf, dass Shane Black gelb vor Neid werden könnte und präsentiert dazu ein paar Actioneinstellungen vom feinsten. Bis zum Rand überfüllt mit klugen Dialogen, brillanten Anspielungen auf die Popkultur und liebenswerten wie urkomischen Figuren empfiehlt sich dieser anarchische Angriff auf die Lachmuskeln für mehrere Sichtungen, einfach nur, um wirklich alle ausgetüftelten Details mitzunehmen. Und neben der grandiosen Besetzung (Frost/Pegg, Tim Dalton, Bill Nighy, Martin Freeman) dürfen der fantastische Score (David Arnold) und Wrights handwerklich hervorragende Regie nicht unerwähnt bleiben. Besser und witziger als die Polizei erlaubt.
Beseelt durch meinen neuen Thread habe ich letzten Freitag sehr spät abends spontan Hot Fuzz rotieren lassen. Und was kann man dazu noch sagen, ausser dass es mal wieder eine erstklassige Gaudi war? Die augenzwinkernden Referenzen auf klassische Polizeifilme, amerikanische Action-Eskapaden, blutige Slasher-Reisser und rurale Hinterwäldler-Gewaltfilme sind fantastisch mit eingebaut, genauso sehr ist Hot Fuzz aber auch einfach eine gute Geschichte über einen starken aber konfliktbelasteten Helden, der allen Widerständen trotzt und auf seiner Reise die Werte von Freundschaft, Entspannung und Lebensfreude entdeckt, und das funktioniert alles zusammen so gut, dass ich vom Sofa gefallen bin. Wrights verspielt-aggressive Bildsprache mit haufenweise übereinander flackernden schnellen Bildern passt ausgezeichnet, und es gibt schlicht auch nach zigfachen Sichtungen noch so vieles zu entdecken, was dem ausgefeilten Gesamtkonstrukt neue Facetten verleiht. Das Zusammenspiel aus Darstellern und Figuren ist ebenfalls optimal, Pegg und Frost sind natürlich sowohl als Komödianten wie auch als Charakterdarsteller ein Selbstläufer, ihre Chemie, Dynamik, Akzentuierung und Timing absolut brillant, aber spätestens wenn ein mit dem Schnurrbart des Todes ausgerüsteter James Bond als schmierig-verschlagen-leutseliger Kleinstadt-Tycoon und Jim Broadbent als diabolischer Gutelaune-Onkel ihnen die Bälle zuspielen ist erfreutes Jauchzen vorprogrammiert. Auch die Klein- und Kleinstrollen können da mithalten, was wäre denn der Film ohne Alice Lowe als Tims permanent genervte Assistentin oder Olivia Colman als notgeile behämmerte Polizistin? Die Krönung sind natürlich Rafe Spall und Paddy Considine, die längst ihr eigenes Comedy-Duo sein sollten und Pegg/Frost ordentlich Paroli bieten, jede Szene mit ihnen ist ein Genuss.



Kurz, ich hatte wieder sehr viel Spass. Wie in nahezu jedem Wright-Film gibt es an jeder Ecke gehörig was zu Grinsen, aber auch viel mehr Puzzleteile in der Geschichte, der Inszenierung und den Charakteren, die es zusammenzusetzen gilt. Wie humoristische, spannende, gefühlsvolle, explosive und gespenstische Szenen und Elemente ineinandergreifen sucht seinesgleichen. Und womöglich ist ausgerechnet Hot Fuzz der einzige Film, in dem eine Fülle an Sonnenbrillen, Knarren und weit schweifenden Rundum-Shots je cool war.

Gibt es hier echt keine anderen Fans des Eismannes?
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Re: A Pint and a Cornetto - Der Edgar Wright Thread

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Zumindest bei dem sind wir uns einig :).
Damals (2007) nach dem euphorisierenden Kinobesuch geschrieben:

“Mad Boys - krasse Jungs“

PC (Police Constable) Nicholas Angel ist ein Londoner Superbulle und der Star seiner Abteilung. Seine Verhaftungsrate liegt 400 Prozent höher als bei jedem anderen seiner Kollegen. Er ist Meisterschütze, Experte in Nahkampf und Terrorismusbekämpfung und nebenbei auch noch Schachgenie. Natürlich hat er die besten Noten in sämtlichen polizeilichen Theorie- und Praxistests. Kurz: Angel ist hochmotiviert, hochintelligent und gnadenlos effektiv.
Nein, hier handelt es sich nicht um den neuesten Copreißer von Bruce Willis oder Mel Gibson. Auch unser Lieblingspummelchen Steven Seagal hat seinem Oeuvre keinen weiteren Direct-to-DVD Meilenstein hinzugefügt. Hot Fuzz ist vielmehr eine gnadenlose Parodie auf testosterongeschwängerte Actionkracher Marke Stirb langsam, Bad Boys oder Terminator.
Wer jetzt meint, ihn erwarte ein Film im Stil von Hot Shots oder Scary Movie liegt (glücklicherweise) wieder falsch. Hot Fuzz ist alles andere als eine platte Teenagerklamotte, bei der sich jeder Gag bereits aus 10 Kilometer Entfernung mit Blaulicht und Sirenegeheul ankündigt, nur um dann nicht einmal ein Zucken der Mundwinkel zu verursachen. Nein, bei diesem Film kann man wirklich lachen. Versprochen! ...

https://ssl.ofdb.de/review/115846,24880 ... ste-Profis
http://www.vodkasreviews.de

https://ssl.ofdb.de/view.php?page=poste ... Kat=Review

Re: A Pint and a Cornetto - Der Edgar Wright Thread

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Wie geniale Filmemacher vom Format Edgar Wrights an ihre Arbeit rangehen zeigt dieses aufschlussreiche Video über die detaillierte Strukturierung und Planung des sehr komplex und clever aufgebauten Hot Fuzz. Bei dem Einfallsreichtum, der alleine in das Brainstorming fliesst, ist es kein Wunder, dass seine Filme später so ausgeklügelt und brillant werden.

Das als interessante Info für Zwischendurch, ausserdem wird der Thread ja noch gebraucht, sobald der Trailer zu Last Night in Soho erscheint, auf den ich mindestens so gespannt bin wie auf den Bond-Trailer.

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Re: A Pint and a Cornetto - Der Edgar Wright Thread

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photographer hat geschrieben: 26. Oktober 2019 01:04 Mal etwas mit Bond-Bezug
Sehr schön! Wright hat dasselbe Bild auch auf Instagram gepostet und unterem anderen geschrieben, dass das Screening von OHMSS viel Spass gemacht habe und ihm - nachdem er bereits mit Dalton und Brosnan gearbeitet sowie Moore und Craig getroffen hatte - jetzt nur noch Connery "fehlt". Von einem Hattrick war nicht die Rede, aber vielleicht tritt Lazenby ja insgeheim als Überraschungsgast in Last Night in Soho auf...
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Re: A Pint and a Cornetto - Der Edgar Wright Thread

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... und so habe ich wieder mal etwas dazu gelernt, GoldenProjectile.

Wer weiß, ob - nach der Umbesetzung des Regie-Postens bei NO TIME TO DIE - Produzentin Barbra Broccoli beim nächsten Mal nicht erst einmal auf einen mit einem Oscar ausgezeichneten britischen Regisseur fixiert ist, sondern komplexe Kreativität in Personalunion eines einzelnen Filmemachers wieder zum Besetzungstrend wird und somit auch jemand wie Edgar Wright von Interesse für das Franchise werden kann.

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Re: A Pint and a Cornetto - Der Edgar Wright Thread

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photographer hat geschrieben: 26. Oktober 2019 12:07 .
Wer weiß, ob - nach der Umbesetzung des Regie-Postens bei NO TIME TO DIE - Produzentin Barbra Broccoli beim nächsten Mal nicht erst einmal auf einen mit einem Oscar ausgezeichneten britischen Regisseur fixiert ist, sondern komplexe Kreativität in Personalunion eines einzelnen Filmemachers wieder zum Besetzungstrend wird und somit auch jemand wie Edgar Wright von Interesse für das Franchise werden kann.

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Von Wright als Bond-Regisseur träume ich schon lange. Er ist aktuell für mich wohl der interessanteste Filmemacher.

Leider wurde Last Night in Soho auf April 21 verschoben, womit das Filmjahr schon praktisch gelaufen ist für mich. Wright nutzt die Pause und wurde zumindest von den Medien innerhalb der letzten paar Wochen und Monate für drei (!) verschiedene Filme bestätigt. Ein Entführungsthriller, eine Geistergeschichte im Filmbusiness und irgendetwas mit einem Roboter. Ich habe gleich mal nachgezählt und komme auf acht (!!!) verschiedene Filme für die Wright angeblich als Regisseur vorgesehen ist, den bereits abgedrehten Last Night in Soho und seine Sparks-Doku nicht mitgezählt. Falls auch nur die Hälfte dieser Projekte realistisch ist wäre da sowieso kein Platz mehr im Kalender.

Zeitgleich hat sein Meisterwerk Scott Pilgrim vs. The World seinen zehnjährigen Geburtstag gefeiert und wir Normalsterblichen wurden mit dieser wundervollen Nacherzählung beschenkt. Erstaunlich, wie schnell und leicht die meisten der Darsteller auch nach dieser Zeit noch in ihre Rollen schlüpfen.
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