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von Casino Hille
'Q Branch' - MODERATOR
Die Abenteuer von Tim und Struppi - Das Geheimnis der Einhorn
Über 70 Jahre ist es jetzt schon her, dass der belgische Comiczeichner Hergé seine beiden Kultfiguren Reporter Tim und Hund Struppi erfand und damit einen Mythos erschuf, der viele Künstler Jahrzehnte später noch inspirieren sollte, dies war unter anderem bei Andy Warhol der Fall. Oder halt bei Regisseur Steven Spielberg, der insgeheim immer den Wunsch hegte, eine angemessene Verfilmung im Geiste der beispiellosen Originale ins Kino zu bringen. Ist ihm und seinem Co-Produzenten Peter Jackson dieses Unterfangen geglückt? Nein! Hat er dennoch jedwede Erwartung übertroffen und einen spaßigen Krimi für Jung und Alt gedreht? Aber sowas von! Es ist eigentlich unter diesem Gesichtspunkt sogar unfassbar, wie unterhaltsam "Tintin"s großer Kinoausflug letztendlich geworden ist. Dies liegt auf der einen Seite natürlich an der grandiosen Besetzung, die mit Andy Serkins als saufenden Captain Haddock, Simon Pegg und Nick Frost als ulkiges Kriminalduo Schultze und Schulze und Daniel Craig als boshaften Sakharin mehrere starke Mimen vorweisen kann, welche hier durch das Motion-Capture-Verfahren ihren großen Vorbildern optisch angeglichen wurden. Hinzu kommen aber auch die zahlreichen visuellen Gags, die sich oftmals im Hintergrund abspielen und das rasante Tempo, dass die Handlung vorlegt. Wenn ich es mir recht überlege habe ich eigentlich nie einen Film gesehen, der vergleichsweise schnell erzählt wird, ohne jemals durch den Verlauf der erzählten Geschichte zu hetzen. Hier ist Spielberg in seinem Element, hat seinen Streifen fest im Griff und verliert nie den Überblick, ob nun in der Luft, auf dem Wasser, bei einer wahnwitzigen Verfolgungsjagd quer durch Marokko, die ähnlich wie die famose Exposition des akutellen Kinofilmes "Gravity" so wirkt, als sei sie mit nur einer einzigen Kamerafahrt gefilmt worden und den Höhepunkt des Filmes darstellt oder im spektakulärem Endfight im Hafen... Das Actionverhältniss stimmt, der Humor sowieso, aber wie sieht es mit ernsthaften Momenten aus? Auch hier hat man einiges zu bieten, natürlich sind die Dialoge relativ einfach und leicht verständlich, aber erfüllen stets ihren Zweck und dienen der Entwicklung der Geschehnisse, die immer wieder zu fesseln wissen und richtige Spannung entwickeln. Gekonnt werden hier leichter Grusel, Drama und ein gewisses Maß an Brutalität miteinander verwoben und zu einem spannenden Ganzen geschaffen, dass nicht nur die kleinen Zuschauer mitreißt, dass nebenbei auch noch in einer technischen Perfektion, die Hergés altmodischen Charakteren zu neuem Glanz verhilft. Am besten ist aber die Art und Weise, wie alle Beteiligten hier die Charaktere getroffen haben: Tim ist der neutrale Beobachter, der seine Gedanken (freundlich wie er ist) stets mit uns teilt und ansonsten wenig bis gar keine Charakterisierung benötigt, weil er den Leser (oder in diesem Fall "Seher") wiederspiegelt, Struppi ist der Held der Kleinen, was dieses Mal in einer besonders komischen Verfolgungsjagd gipfelt, Haddock der Säufer und Nörgler (das "Moment des Chaos") und Schultze und Schulze sorgen dann für ordentlich Slapstick. So kennen wir es und so wollen wir es sehen, da verzeiht man Spielberg dann gerne den Umstand, der etwas zu einfach gestrickten Handlung (die immer hin aus drei Comicbänden besteht) und auch die 2-3 Momente, welche dann doch über das Ziel hinausschießen und nicht mehr unbedingt kindgerecht sind. Hier gilt dann für die Eltern, selbst zu entscheiden, ob ihren Sprösslingen dies zuzumuten ist.
Fazit: "Das Geheimnis der Einhorn" ist Kino Pur! Er kann es noch! Regie-Maestro Steven Spielberg zaubert den alten und jungen Fans mit seiner zeitlosen (beinahe sogar altmodisch anmutenden) Interpretation von Tim und Struppi immer wieder ein Lächeln auf ihr Gesicht und verblüfft mit einer ungewohnt erwachsenen Inszenierung, die so manchen Pixar-Film hinter sich lässt. Ein mehr als gelungener Kinderfilm, dem demnächst mindestens ein weiteres Sequel folgen wird. Fraglich nur, ob Peter Jackson als Regisseur ein ähnliches Feuerwerk der Unterhaltung abliefern kann...
9/10
Prejudice always obscures the truth.