Agent 009 hat geschrieben: 21. Dezember 2021 09:29
Wenn man nur jeden Bond Film so stark bewerten und so stark kritisieren würde wie diesen hier, würde kaum einer für wegkommen. Ich habe manchmal echt das Gefühl, dass einige hier ganz andere Maßstäbe nutzen bzw. Besonders hohe Ansprüche an Craigs Filme haben, die nicht auch nur ansatzweise mit denen der anderen gleichzusetzen sind.
Inhaltlich sind sehr viele der anderen Filme auch nicht besser, intelligenter, schlüssiger.
Ich kann da ja nur für mich sprechen, aber ich versuche mal meine Gedanken dazu in Worte zu fassen: ein Drehbuch oder sagen wir besser die Dramaturgie eines Filmes muss für mich funktionieren. Das ist entscheidend, viel entscheidender als ob nun die Handlung sehr komplex ist, ob sie auf unterschiedlichen Ebenen agiert, ob Figuren sehr tief beleuchtet werden etc.. Wie gesagt ist für mich entscheidend, ob das Ganze funktioniert und im Zweifel ziehe ich eine eher einfach gehaltene, aber effektiv funktionierende Dramaturgie einer ambitioniert-komplexen, aber in sich nicht immer schlüssigen vor.
So viel zu Theorie (und wer jetzt bereits in den Angriffsmodus geht, weil er meine allgemeinen Formulierungen 1:1 auf die klassischen Bondfilme bzw. die Craig-Filme gemünzt meint irrt, da es für mich so etwas wie "die Craig-Filme" bezüglich Qualität der Dramaturgie nicht gibt, da ich diese als sehr unterschiedlich gelungen empfinde). Wenn man nun z.B. mal praktisch als Beispiel NTTD heranzieht, welchen ich stark kritisiere aufgrund seiner Dramaturgie, dann ist es in der Tat so, dass ich hier andere Ansprüche stelle, als an z.B. an MR. Diese Ungleichbehandlung resultiert aber daraus, dass beide FIlme inhaltlich ganz andere Ziele verfolgen. NTTD setzt inhaltlich stark auf Figuren und ihre Beziehungen zueinander. Die Figuren, ihre Emotionen, ihr Verhalten zueinander machen große Teile des Inhalts aus. NTTD möchte über das Innenleben seiner Figuren erzählen und darüber den Zuschauer in den Bann ziehen. Das möchte MR nicht. Hier sind die Figuren in erster Linie Teil einer Handlung, sie agieren und durch ihr Agieren wird eine Geschichte in Gang gesetzt. Ich kann also jetzt schlecht hergehen und die Figurentiefe und die Charkterentwicklung unter den gleichen Kriterien beurteilen wie die in NTTD, ganz einfach weil die Filme hier ganz andere Schwerpunkte setzen.
Wenn ich also bei NTTD kritisiere, dass für mein Empfinden die Figurenbeziehungen oft zu oberflächlich abgehandelt werden und dadurch ich als Zuschauer nicht emotional an sie gebunden werde, dann kritisiere ich damit ja auch die - in meinen Augen - nicht erfolgreiche Zielsetzung des Films. Das gleiche könnte ich nun zwar auch MR vorwerfen, aber das wäre nicht zielführend, da der Film sich daran ja gar nicht interessiert zeigt. Das wäre in etwa so, als ob ich einem
Woody Allen-Film den fehlenden Action-Anteil vorwerfen würde (ich weiss ein Extrembeispiel, aber bewusst gewählt um zu verdeutlichen, worauf ich hinaus will). Von daher: ja, ich lege unterschiedliche Maßstäbe im Detail an - aber eben nur, um dem gerecht zu werden, was der Film vermitteln will. Dennoch: generell wird bei jedem Film der gleiche Maßstab angelegt, nämlich der, dass eine Dramaturgie (wie auch Figuren und ihre Funktion) funktionieren muss - siehe Anfang dieses Posts.