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von nobdoy
Agent
Dann bin ich wohl der erste aus dem Forum, der es schon durchgelesen hat. Insgesamt muss ich sagen, dass ich ziemlich enttäuscht bin.
Kleiner Hinweis: Dieser Bericht enthält natürlich einige Spoiler. Diejenigen, die das Buch noch nicht fertig gelesen haben, können sich ja überlegen, ob sie den Bericht schon lesen wollen.
Sebastian Faulks wurde 2006 von den Erben Ian Flemings beauftragt, einen neuen Bond-Roman zu schreiben. Zwei Jahre später, genau zum 100. Geburtstag Ian Flemings wurde der Roman "Devil May Care" oder "Der Tod ist nur der Anfang" veröffentlicht.
In einer seltsamen Konstruktion aus historischer Platzierung irgendwann Ende der 1960er Jahre und der Vermischung mit Ereignissen aus Flemings Romanen taucht ein James Bond auf, der von M auf eine dreimonatige Auszeit geschickt wurde. Gelangweilt und unsicher, ob das Agentenleben noch das Richtige für ihn ist, wird er dann doch zu einem neuen Auftrag gerufen.
Die Figur James Bond selbst ist für mich etwas fremdartig gezeichnet. Bond ist nicht weltgewandt und stilsicher, eher schon der noch etwas unbeholfene Bond, wie Daniel Craig ihn heutzutage spielt. Aber bei Daniel Craig ist dies eindeutig Bonds Neuheit in diesem Geschäft geschuldet, bei Faulks dagegen wirkt es einfach plump und unbeholfen. Ihn verletzlich und gleichzeit hart darzustellen ist dagegen kein schlechter Gedanke, der aber nicht wirklich gut umgesetzt ist.
Der Antagonist, Dr. Julius Gorner, ist ein charismaloser Haufen, der einzig über seine "Affenhand" genannte Krankheit irgendeinen Charakter bekommt. Das gesamte Buch über bleibt er äußerst schwach portraitert und im Hintergrund. Seine einzige Schwäche, die Furcht vor seiner Verstümmelung, ist schon sehr kindisch. Von einem komplexen Charakter zeugt dies nicht.
Die Leading Lady ist eine interessant gemachte Figur, die über den ganzen Roman hinweg überraschen und unterhalten kann. Wirklich, gut umgesetzt. Auch wenn die Auflösung, sie als neue Doppelnull-Agentin vorzustellen mir nicht wirklich gefällt. Für einen Bondfilm würde ich mir das verbitten wollen, Bond ist viel zu sehr Einzelgänger, um einer Kollegin so viel Achtung entgegen bringen zu können. Außerdem gefällt es mir nicht, dass Bond sich schon wieder so ernsthaft verliebt, ich finde es hätte bei der einen Liebesbeziehung mit Tracy Bond bleiben sollen. Sicherlich, als Vorgriff und Wegweiser auf Bonds Entwicklung mag man auch mit Vesper Lynd in Casino Royale noch leben können - aber dies ist kein Grund, auch in diesem Buch wieder eine solch ernsthafte Beziehung einzuflechten.
Größte Schwäche des Romans ist ganz eindeutig sein Erzähltempo. Die ohnehin nicht besonders einfallsreiche Story wird dadurch noch geschwächt. Der anfangs gut ausgeführte Gedanke einer Atacke auf Großbritannien durch Drogeneinfuhr wird schnell und unbegründet zugunsten eines "Ausspiel-Szenarios" Russland/Großbritannien verworfen, wie man es schon aus diversen Bond-Storys kennt. Die Rolle der amerikanischen CIA bleibt dubios. Der Gedanke, dass die Amerikaner wirklich einen Atomschlag der Russen auf Großbritannien in Kauf nehmen würde, damit diese sich in Vietnam engagieren, ist stark konstruiert.
Aber darüber hätte man noch hinwegsehen können, wenn die Storyline ein gutes Geschwindigkeitsgefälle aufweisen würde. Stattdessen sind unwichtige Passagen vollkommen überrepräsentiert, wichtige dagegen werden viel zu kurz übergangen.
Faulks hat eindeutig nicht die Klasse Flemnigs, der Bondromane in 6 Wochen am Stück geschrieben hat. Dies hat sich Faulks wohl als Vorbild genommen, ist aber grandios daran gescheitert. Bleibt nur zu hoffen, dass dieser Roman niemals unbearbeitet verfilmt wird.
Ich bin gespannt, wie die anderen Leser auf diesen Roman reagieren, besonders vielleicht von unserem Fleming-Kenner ernst stavro b.