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von ProfessorDent
Agent
Filmkritik: James Bond 007: Moonraker - Streng Geheim
Auf TSWLM folgte gerade eben der Film Moonraker, Lewis Gilberts letzter Bond aus dem Jahre 1979. Viel Spaß mit meiner Kritik!
Der britischen Regierung soll ein Raumschiff namens Moonraker übergeben werden, aber es wird während des Transports entführt und das Transportflugzeug stürzt ab. 007 wird auf das Verschwinden des Moonrakers angesetzt und fliegt nach Kalifornien, wo die Raumschiffe hergestellt werden. Hugo Drax, der Besitzer und Erfinder der Moonraker-Raumschiffe, versucht sofort alles, um Bond aus dem Weg zu räumen. Nachdem sich 007 mit einer amerikanischen Agentin zusammengetan hat, findet er Hinweise auf Draxs Plan. Er will im Weltraum eine neue Superrasse züchten und die Menschen auf der Erde mit Hilfe eines seltenen Gifts ausrotten. Bond und die amerikanische Agentin töten Drax, jagen die Raumstation in die Luft, flüchten und vernichten auf dem Rückweg zur Erde die Giftkapseln die das Gift zur Erde transportieren sollten.
Roger Moore, bereits 52 Jahre alt, schlüpft zum mittlerweile 4ten Mal in die Rolle des britischen Superagenten. In den Vorgängerfilmen war ihm stets eine angemessene Mischung aus Humor und Ernsthaftigkeit gelungen, in Moonraker scheint er dieses Talent verloren zu haben. Hier überwiegt deutlich der Humor, der zuweilen immer noch sehr witzig ist: „Wo ist Drax?“ „Er musste mal raus!“, oder „Ein 70 jähriger verträgt 3g.“ „Leider ist ein 70 jähriger nie zur Stelle, wenn man ihn braucht.“. Sein oben erwähntes Alter wirkt sich immer negativer aus, in diesem Film ist es grenzwertig, aber noch aushaltbar. Trotzdem wird es immer seltsamer, dass junge Frauen komplett aus der Fassung kommen wenn sie ihn sehen.
Der Bösewicht wird vom französischen Schauspieler Michael Lonsdale gespielt, der seinen Part auch recht überzeugend rüberbringt. Leider ist sofort ersichtlich, dass er der Bösewicht ist, anders als im Buch, dort ist sich selbst Bond über lange Zeit nicht sicher ob Drax gut oder böse ist. Apropos Roman, Freddie Gray sagt in Venedig, dass er mit Drax einmal Bridge gespielt habe, eine nette kleine Anspielung auf den Roman. Draxs erster Auftritt ist super, alle Klischees eines Bondbösewichts werden erfüllt, die Hunde, die schönen Frauen und der Satz: „Sieh zu, dass Bond irgendetwas passiert!“. In Sachen Darstellung des Bösewichts kann er es sogar mit Fröbe aufnehmen, der eine ähnliche Präsenz an den Tag legte. Dieser Charakter wurde richtig besetzt!
Nach Bond und Bösewicht, wer fehlt da noch? Richtig, das Hauptbondgirl. In diesem Film heißt die Rolle Holly Goodhead und wird von Lois Chiles dargestellt. Sie ist das erste Bondgirl, welches Bond ebenbürtig, wenn nicht sogar überlegen ist, nicht gleich von Anfang an, aber sobald es in Richtung Weltall geht allemal. Eine tolle Entwicklung und nicht zu vergleichen mit Anya Amasova. Goodhead ist Agnetin des CIA und hat, wie Bond, das ein oder andere wundersame Gadget dabei, zum Beispiel ein Parfum, das in Wirklichkeit ein Flammenwerfer ist, usw. Für die Rolle sprach unter anderem auch Carole Bouquet vor, die Darstellerin der Melina Havelock im Nachfolger „In tödlicher Mission“.
Beißer ist wieder dabei, genauso wie Q, Moneypenny und M, diesmal sogar im Außeneinsatz. Dieser Film stellt Bernard Lees letzten Auftritt in der Rolle des M dar, der kurz nach den Dreharbeiten schwer erkrankte und 1981 starb.
Lewis Gilbert sitzt zum dritten und letzten Mal auf dem Regiestuhl und produziert zum dritten und letzten Mal ein übertriebenes, unrealistisches Over-the-Top-Abenteuer. Der Film wirkt über lange Zeit wie eine verar…e seiner selbst, alles ist sehr klamaukig, zuweilen sogar grotesk. Wie schon bei oben bei Roger Moore angesprochen, scheint Ernsthaftigkeit kein Thema mehr zu sein. Immer wenn es geht sitzen junge, hübsche Frauen irgendwo herum, die Bond mit großen Augen anschauen und dann in die Kamera säuseln: „Kann ich was für sie tuuuun?“. Abgesehen hiervon sind die ersten anderthalb Stunden einigermaßen unterhaltsam und hätten locker 5-6/10 Punkten verdient, leider sackt das alles ab, als Bond zu Draxs Stützpunkt im Urwald kommt. Allein das Darxs Motiv ist lächerlich, er will im All eine neue Superrasse züchten und dann in vielen Jahren auf die Erde zurückkehren und den Planeten neu besiedeln? Na Prost-Mahlzeit. Auch frage ich mich warum Drax Bond schon zu Beginn umbringen will, damit hetzt er sich doch nur noch mehr Geheimdienste auf den Hals und begeht das Risiko, dass seine Unternehmungen auffliegen. In diesem Film gibt es ohnehin so viele offene Fragen, dass es Tage dauern würde sie aufzuzählen. Warum ducken sich die Entführer des Moonrakers? Wie kann ein Labor innerhalb von knapp 12 Stunden total entfernt werden und sogar ein anderer Fußboden verlegt werden, ohne dass jemand etwas merkt? Alles in allem wäre ja sogar witzig, wenn man nicht bedenkt, dass das anno 1979 ernst gemeint war.
Sonst lobe ich in der Regel den fantastischen Soundtrack, würde ich dieses Mal auch gerne, aber dummerweise finde ich den Soundtrack nicht fantastisch. Überall sind Geigen, Geigen und nochmals Geigen, alle Stücke klingen so als ob sie schon einmal dagewesen wären. Die Musik als sich Beißer und seine Freundin in der Raumstation wieder finden klingt ehrlich gesagt genauso wie die Liebesmusik aus Octopussy. Außer ein paar Anspielungen auf andere Weltraumfilmchen scheint Barry nichts eingefallen zu sein, sogar das Bondthema klingt genauso wie in TMWTGG und genauso wie es in OP, AVTAK und TLD klingen wird.
Trotz aller Kritik ist der Film nicht komplett schlecht, er hat auch positive Eigenschaften, zum Beispiel steigt Bond sofort in die Ermittlungen ein und es wird gleich Spannung aufgebaut, so ist man nach 10 Minuten richtig in 007s neuesten Abenteuer drin. Auch Ken Adam ist wieder ganz in seinem Element, leider zum letzten Mal. Anscheinend gab es damals schon so etwas wie Werbung im Film gegen Bezahlung, in diesem Film tauchen erschreckend oft die Marke Marlboro, bzw. ihre Erzeugnisse auf, für einen Film in den sicher auch viele Jugendliche gegangen sind nicht gerade optimal.
Fazit:
Lewis Gilberts Abgang ist mit Abstand das schlechteste Erzeugnis der Bondreihe. Anderthalb Stunden sind ok und dann wird alles nur noch lächerlich. 2,5 von 10 Punkten.