Re: Box Office und Zuschauerzahl

1069
Wegen des Hypes um SW7 möchte ich Euch nur in Erinnerung rufen, was sich in den 1950igern sogar noch VOR den Filmen in GB und in den 1960igern in der Welt an Hysterie um Bond sich ereignet hat. Heutzutage wirkt das sehr befremdlich, aber es war mit dem heutigen um SW vergleichbar.
Warum ist das heutzutage mit Bond komplett verschwunden?
Ich kann Euch wärmstens das Buch von Umberto Eco e.a. aus 1966 "Der Fall James Bond . 007 Ein Phänomen unserer Zeit" empfehlen.
Hiezu paar Kostproben aus dem 1.Kapitel von Lietta Tornabuoni
Verdienst, zur englischen Exportkampagne einen ge-
waltigen Beitrag geleistet zu haben. Bond hatte ihm
den großen Reichtum gebracht, auf den Anspruch zu
haben er überzeugt war. Er hatte ihm erlaubt, ein Haus
genau vor dem Buckingham Palace, eine große Wohnung
am Strand von Sandwich, die berühmte Villa Goldeneye
auf der Insel Ocarabessa in Jamaika, sowie ein luxuriöses
Büro auf der Fleet Street zu halten; er hatte ihm eine
breite Popularität eingebracht. Die Chronik des Erfolgs
von Fleming und ]ames Bond in den verschiedenen Län-
dern der Welt ist umfangreich, siegreich und hysterisch.
Der erste Band Abenteuer des James Bond, >Casino
Royale<, kommt 195 5 in England heraus. Es werden
sofort eine halbe Million Exemplare verkauft, eine
Auflage, die der Standard für jede Erstauflage der
Bücher Flemings bleibt. Der Erfolg setzt tatsächlich so-
fort ein. Von nun an werden Flemings Romane zuerst in
Fortsetzungen in der auflagenstärksten englischen Tages-
zeitung, dem >Daily Express <, publiziert und regelmäßig
im >Tirnes Literary <rezensiert. In ganz Eng-
land und dem Commonwealth entstehen Clubs, die sich
dem Kult des James Bond widmen. Die Mitglieder tra-
gen Abzeichen aus vergoldetem Metall mit der Nummer
oo7; sie weihen sich der Imitation und Kenntnis, wie
auch der Verteidigung des Heldens der Londoner Club
mit 10oo eingeschriebenen Mitgliedern zögert nicht, mit
einer Gruppe Bond verachtender Edwardians hart an-
einanderzugeraten; der Kampf ist erbittert, dreißig jun-
gen werden ins Krankenhaus eingeliefert. Die Leser ver-
folgen die Geschichten des Geheimagenten mit Leiden-
schaft und manischer Pedanterie; sie nehmen aktiven
Anteil. Als 1957 eine Tageszeitung eine abweichende
Lesart des Schlusses von >From Russia with Love< bringt
und versichert, ]ames Bond sei tot (die letzten Zeilen des
Romans klärten die Sache nicht auf, es hieß darin nur:
8
»Bond drehte sich um sich selbst und fiel rücklings auf
den weinroten Teppich<<, hagelt es auf der Redaktion
Hunderte zorniger Telefonate, und Fleming wird mit
Protestschreiben enttäuschter Leser bombardiert, so daß
er gezwungen ist, die Zeitung auf Schadenersatz zu ver-
klagen. Einen Brief ergriffener, stolzer Dankbarkeit er-
hielt er dagegen von der Frau des Ornithologen Dr. James
Bond. Fleming hatte den Namen des Gelehrten auf dem
Umschlag einer Abhandlung über Ornithologie, >Birds
of the West Indies <, gelesen und sich entschlossen, ihn
für seine Figur zu übernehmen. Die Bond-Fans greifen
sofort jeden kleinen Widerspruch, jeden Irrtum auf.
Wenn Fleming schreibt, daß der Orient-Express hydrau-
lische anstatt Preßluftbremsen habe, wenn er behauptet,
daß Vent vert ein Parfüm von Dior anstatt von Balmain
sei, wenn er Bond erlaubt, im Restaurant Spargel mit
Sauce berardrnaise zu bestellen anstatt mit Sauce mousse-
line, kommen Hunderte und aber Hunderte von Briefen
mit Korrekturen und genauen Angaben. Den Schrift-
steller brachte das nicht aus der Fassung: »Ich bemühe
mich immer, in meine Bücher ein paar dicke Irrtümer
einzubauen, sagte er, »dann schreiben die Leute und
protestieren, und mein Verleger überzeugt sich immer
mehr davon, wie wichtig ich bin.<< 1965 ist er so wichtig
geworden, daß er beschließt, sein eigener Verleger zu
werden. Er unterzeichnet einen Vertrag, der ihm und
seinen Erben 51 Prozent des Aktienpakets der Gildrose
Productions Ltd. auf das Kapital seiner Bücher hin si-
chert. Bond beginnt einen gewissen Einïfluß auf soziale
und gewerkschaftliche Probleme zu gewinnen. Die
Monatszeitschrift des Verbandes englischer Staatsbeam-
ter, >Civil Service Whip <, beruft sich zum Beispiel auf
ihn, um Gehaltserhöhungen fur die verkannte Branche
der Security men zu fordern: »Man muß bedenken<<,
schreibt sie, »daß diese Männer tatsächlich das Leben
eines James Bond leben und daß sie auch in ihrer Freizeit
9
im Dienst sind
.....
Wenn es Pausen im Kinosaal gibt, dann um die Schichten an popcorn die den Boden bis
zu 10 cm hoch bedecken, zu beseitigen. Wenn Allen Dulles Bond ernst-
nimmt, so greift >Harpers Bazaar< den frivolen Einfluß
auf. Die Frau des Jahres 1965, heißt es in der Oktober-
nummer, hat dank der neuesten Strumpfe aus goldfarb-
ner Spitze goldene Beine wie das Madchen aus >Gold-
finger<. Die preziösen Modefotos spielen vor beunruhi-
genden Hintergründen mit typischer Spionageatmo-
phäre elgante Mannequins sind von ihren als Spione
verkleideten rnännlichen Kollegen umstellt. Selbst die
Reklame fur eine Handschuhmarke verwendet das Foto
eines Mädchens rmt einem über die Augen gezogenen
schwarzen Filzhut und einem Trenchcoat mit uniform-
artigen Achselklappen, aus dem Dutzende sehr gut be-
handschuhter Hande ragen, die alle eine Beretta 25, die
Lieblingspistole von 007, drohend im Anschlag halten.
Die »Bonditis_<<-Epidemic, die Frankreich stärker er-
griffen hat als die »Bardolatrie<< der fünfziger Jahre, ist
jüngeren Datums und hat eine merkwürdige Geschichte:
Bis 196: ist Fleming in Frankreich unbekannt- einige
seiner Bücher finnden einen_so enttäuschend geringen Ab-
satz, daß der Verleger keine weiteren herauszubringen
beschließt. Der Erfolg kommt im nachhinein irn Kiel-
wasser der Filme, mehr über Amerika als über,England-
dafür ist er aber auch exzeptionell. Von Juni bis August
verkauft Plon, der neue französische Verleger Fle-
mings, 4.80000 Exemplare der ersten vier James-Bond_
Romane in französischer Übersetzung ; den Film >Liebes-
gruße aus Moskau< sehen in einem Monat eine halbe
Million Zuschauer; >France-soir< veröffentli¢ht ,[)r_
No in Fortsetzungen und empfiehlt ihn als den Roman
für die Ferien; der Rundfunksender Europe No 1 bringt
eine Quizsendung über das Thema Bond und erhält
2oo Briefe pro Tag. Die auflagenstärkste französische
Frauenzeitschrift, >E1le<, macht aus James Band ihen
männlichen Helden, regt aber auch die Leserinnen an
16
Bonds Frauen zu imitieren. Sie schlägt für den Sommer
einen Bikini mit Lederkoppel vor, wie den von Ursula
Andress in >James Bond jagt Dr. No<, einen Abend-
smoking mit Weste aus Silberlame´ und sadistische Leder-
anzüge wie die von Pussy Galore in >Go1dfinger<, weiche
und unheimliche schwarze Filzhüte, dunkle Mantel. Im
Februar 1965 haben die Franzosen schon 2 Millionen
Exemplare der Fleming-Romane gekauft, der Verleger
ist sicher, bald auf die dritte Million zu kommen; das
Fernsehen widmet 007 eine anderthalbstündige Sendung,
und keiner der Fernsehzuschauer legt viel Gewicht auf
die Meinung von Georges Lengelaan, eines zu dem An-
1aß interviewten pensionierten Geheimagenten, der-
zufolge Bond ein nicht ernstzunehmender Spion ist, der,
sei es auch nur seiner körperlichen Merkmale wegen, zu
sehr auffällt.
Der Bond-Stil setzt sich, auch dank des Wirkens der
Werbeagentur »Services et Methodes<<, in der Herren-
mode durch. Boussac, der bedeutendste französische
Textilfabrikant, überschwernmt den Markt mit ]ames-
Bond-Trenchcoats, James-Bond-Hemden, ]ames-Bond-
Schlafanzügen und James-Bond-Frotteetuniken. Die Maïße
fur Erwachsene sind mit dem rnagischen Sigel 007 ver-
sehen, die für Kinder tragen das halbierte Sigel 003,5.
Der Couturier Bayard bietet vier James-Bond-Anzüge
mit Weste an; Bally bringt den Bond-Mokassin und den
schwarzen Bond-Nachmittagsschuh heraus; Colgate-
Palmolive lanciert das Eau de Cologne oo7 (eine Duft-
mischung aus Whisky und Tabak), Lehman and Weil
die schwarze Bond-Strickkrawatte; Clodrey produziert
eine 2o cm große Gummipuppe, die das genaue Konterfei
von Sean Connery ist. Andere Firmen fabrizieren trag-
bare Roulettes, Strohhüte mit dreifarbenem Band, Man-
schettenknopfe, Handschuhe und Aktentaschen 5. laßond.
Auch die Frauen werden nicht vernachlissigt. Die
Damenwaschefirma Margarett bietet Büstenhalter, Unter-
1 7
..
Geheimagent zu werden scheint vielen als die beste Lösung ihrer Zukunft, als eine
brillante Karriere, aufregend und gleichzeitig einträglich,
für die es bestimmt die Mühe lohnt, einige Risiken ein-
zugehen. Als >Sorrisi e canzoni<, eine Volkstümliche
Wochenzeitschrift mit mehr als 7oo ooo Auflage, beginnt,
eine große Umfrage über Spionage zu veröffentlichen, be-
kommt die Redaktion Tausende von Briefen. Hausfrauen,
junge Burschen aus der Provinz, Rentner, nach Auf-
regungen fiebernde Mädchen, Geschäftsleute, Body-
builder, Kinder, Verkäuferinnen, Angestellte und Kell-
nerinnen wollen die Karriere des internationalen Spions
einschlagen, wollen wissen, wohin und an wen man sich
wenden müsse, um Geheimagent zu werden, erbitten auf
jeden Fall alle Informationen, die nötig sind: wieviel man
verdiene, ob man ein Auto gestellt bekomme, wie alt man
zu sein habe, ob man unbedingt Judo können, ob man
Junggeselle sein müsse, wieviel die Spionskurse kosten,
ob man sie per Korrespondenz mitmachen könne oder ob
man Geheimagent werden könne, wenn man Angst vor
Flugreisen habe. Unter Tausenden von Anfragen dieser
Art ist der einzig geäußerte moralische Vorbehalt quan-
titativer Natur: »Wenn man zum Geheimdienst gehö-
ren will, wieviel Personen genau muß man jedes Jahr
töen ?«

Die Songs aus den Filmen <Liebesgrüße aus Moskau<
und <Goldfinnger< rücken sofort an die Spitze der Schall-
platten-Bestsellerlisten. Am Abend der <Goldïfnger<-Pre-
miere in Mailand muß die Polizei Gewalt anwenden, um
den Tumult der Zuschauer zu unterdrücken, die um je-
den Preis Einlaß finden wollen und wild um sich schla-
gen, um einen Platz zu erobern; in Rom wird der Film
drei Monate lang in den überfüllten Sälen von vier Erst-
aufführungskinos gespielt. Die sonntäglichen Einspieler-
gebnisse jedes Kinos erklimmen die Höhe von 9 Millio-
nen Lire. Der Aston Martin, den Bond in >Goldfinger<
fährt, wird im Verlauf einer triumphalen Tournee in ganz
20
Italien ausgestellt, in Lokalen, die von Neugierigen ge-
stürmt werden. In Mailand ist der Wagen zu einer un-
rühmlichen Flucht gezwungen: das enthusiastische Pu-
blikum war dabei, Zubehörteile und Griffe mit bloßen
Händen abzureissen. Ein auf der Durchreise befindlicher
arabischer Scheich Will das Auto unbedingt kaufen; er ist
bereit, 60 Millionen Lire dafü auszugeben, obwohl der
Aston Martin doch nur 28 Millionen kostet. Die Tages-
presse widmet James Bond immer zahlreichere und kolo-
rierte Seiten, sie zeigt seinen Geschmack und seine Ge-
wohnheiten und rühmt seinen Charme. Eine Wochenzei-
tung engagiert ein Modell, bestreicht es mit Goldfarbe
und schickt es nur wenig bekleidet durch die Straßen von
Mailand: die Ãrmste wird von der Menge fast in Stücke
gerissen. Sich golden anzumalen, ist auch im Karneval
1965 äußerst empfehlenswert. Schnell entstehen die Paro-
dien: Franchi und Ingrassia drehen die Fiilme >oo7 agenti
segretissimi< und >ºMissione Goldginger<; ein Film mit
Toto, der ursprünglich als Parodie auf <Lawrence von
Arabie> geplant war, macht nach der Hälfte der Dreh-
arbeiten, nach dem Erfolg Bonds, eine plötzliche Kehrt-
wendung, und der Komiker wird statt dessen zum Agen-
ten oo8. Ebenso schnell erwacht das Interesse für alle
Filme, die das Thema Spionage behandeln, und die Imi-
tationen häufen sich. Einen Spionagefilm, der ohne jeden
Erfolg herausgekommen war, synchronisiert man völlig
neu und tauft den Protagonisten auf die Nummer o 1 7 um:
wieder in Umlauf gesetzt, macht diese neue Version beste
Kasse. Gewitzte Filmverleiher erfinden die Agenten o77,
o7o, 107, taufen die Figuren Jean Bond, ändern die Film-
titel; irgendein Kriminalfilm wird zum Beispiel >Da oo7
criminali a Hong Kong < betitelt. Endlich sind die Rechts-
berater der United Artists gezwungen, eine entschiedene
Warnung auszusprechen: Nur James Bond, der Prota-
gonist der Romane von Ian Fleming, kann der Agent oo7
sein. Diese Bezeichnung steht ausschließlich den Darstel-
ler.
21
"There is sauerkraut in my lederhosen."
Bild

Re: Box Office und Zuschauerzahl

1072
vodkamartini hat geschrieben:Das dürfte hier inzwischen einigermaßen bekannt sein. :wink: Kurz: Ja.
Also schreibe ich privat mit einem Lehrer. WOW, tolle Erfahrung.

Ich in ja noch nicht lange hier, weshalb ich einiges selbst nach einem halben Jahr noch nicht alles über alle weiß. Eine Person hier bleibt aber immer ein Rätsel: 001!

Re: Box Office und Zuschauerzahl

1073
danielcc hat geschrieben:Spricht für Spectre ...

Aber der Unterschied der Maßstäbe ist frappierend
Hab ich nie anders erwartet. SW ist in den USA ein nationales Kulturgut (wie Bond in GB). Bond kann da nicht mal annähernd mithalten. Das sind nicht Welten, sondern Galaxien. Aber wie gesagt, das war klar.
http://www.vodkasreviews.de


https://www.ofdb.de/autor/reviews/45039/