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von HCN007
Agent
iHaveCNit: Dunkirk (2017)
Teil 10 der Filmografie eines Christopher Nolan – Das Thema: Zeit !
Wenn es einen Film gibt, den ich dieses Jahr am meisten erwartet habe, ist es „Dunkirk“, den neuen Film von Christopher Nolan. Eine Herzensangelegenheit für den Regisseur, der mich mit seinem Schaffen bisher am stärksten beeinflusst hat. Nolan ist mein Lieblingsregisseur und nachdem auch noch klar war, dass er mit den bereits aus „Inception“ und der „Dark-Knight-Trilogie“ für ihn bekannten Darsteller Cillian Murphy und Tom Hardy zusammenarbeiten wird, wollte ich diesen Film sehen. Dazu hat er seinen Cutter Lee Smith, Hoyte van Hoytema an der Kamera und die Musik aus der Feder eines Hans Zimmer engagiert. Als zusätzliche, schauspielerische Schwergewichte hat man Kenneth Branagh und Mark Rylance ans Bord geholt. Darüberhinaus sind auch noch vollkommene Newcomer wie Fionn Whitehead und der ehemalige One-Direction-Sänger Harry Styles gecastet worden. Der Film beleuchtet Ereignisse bei Dünkirchen zum Zeitpunkt der „Operation Dynamo“, bei der weit über 338.000 Soldaten der eingekesselten 400.000 Soldaten in einer der größten Evakuierungsaktionen der Geschichte gerettet worden sind, aber auch ein Eingeständnis einer der größten Niederlagen der britischen Geschichte ist. Der Film ist eines der größten und stärksten Erlebnisse, was ich bis zum heutigen Tage im Kino erleben durfte.
Aus Sicht der Bodensoldaten am Strand erleben wir den jungen Soldaten Tommy, der im Laufe seines Weges auf ein Boot zur Rettung auf die Soldaten Alex und Gibson kennenlernt und sich mit ihnen zusammenschließt. Währenddessen versucht Commander Bolton die Evakuierung der Soldaten am Strand bei einem großen Anlegepier zu koordinieren. Der Hobbysegler Dawson folgt dem Ruf nach Dünkirchen, um die Soldaten nach Hause zu bringen und nimmt im Laufe seiner Zeit einen traumatisierten Soldaten an Bord. Der Royal-Air-Force-Pilot Farrier und seine beiden Kameraden sind für die Luftunterstützung zuständig, um die Luftangriffe abzuwehren.
Wer hier grafische Gewaltdarstellung und Lagerfeuerromantik erwartet, ist hier klar im falschen Film und sollte sich zum Beispiel mit „Hacksaw Ridge“ und „Saving Private Ryan“ vergnügen, denn dort wird mit voller Brutalität die blutige Gewalt des Krieges dargestellt und auch eine echte emotionale Bindung zu den Hauptcharakteren hergestellt. „Dunkirk“ bietet so etwas nicht, kein blutiges Abschlachten, keine Gespräche von Soldaten über ihr Leben abseits des Schlachtfelds, was sie zurücklassen mussten.Diese Elemente benötigt „Dunkirk“ nicht. Es geht Nolan nicht darum, einen Kriegs- oder Antikriegsfilm zu präsentieren, sondern einen Survivalthriller mit seinem klassischen nolanesquen Touch und den Regeln des Spannungskinos. Waren bereits in einigen anderen Filmen von Nolan die Zeit ein wichtiges Element wie z.B. „Inception“ und „Interstellar“, ist die Zeit nun das Thema des Films. In den drei Handlungsebenen zu Land, zu Wasser und in der Luft gibt es unterschiedliche zeitliche Horizonte der Ereignisse, die von Nolan kongenial und raffiniert verknüpft werden. Der Film setzt einen regelrecht unter Stress, der den ganzen Film andauert und nur wenige Momente lang Zeit zum Atmen und Ausruhen liefert. Erfrischenderweise kommt der Film mit nur dem notwendigsten an Dialog aus und lässt die Bilder für sich sprechen. Egal ob es sich um weitläufige Aufnahmen des Strandes, auf dem Wasser oder auch vom Bord einer Spitfire handelt, die eingefangenen Bilder sind perfekt und fügen sich nahtlos in den Bild ein. Getragen wird die Spannung zusätzlich durch ein ständiges Ticken im Hintergrund, das die Grundlage für den treibenden Klangteppich eines Hans Zimmer bietet, der die Komponente Zeit und Stress noch stärker untermauert. Das Sounddesign des Films ist auch ein Traum, der genau wie die Musik extrem laut geworden ist und sich so hautnah anfühlt, als wäre man selbst am Strand von Dünkirchen. Auch wenn wir hier nahezu kaum Charakterdrama erleben dürfen, erfüllen die Darsteller des Films im Rahmen des Films ihre Aufgaben perfekt. Egal ob es Kenneth Branagh als erfahrener, pflichtbewusster Commander ist, Mark Rylance als hilfsbereiter und patriotischer Bootsmann mit eigener Motivation, Tom Hardy als Spitfirepilot, der trotz Limiterung auf seine Augen perfekt seinen Farrier verkörpert, Cillian Murphy als traumatisierter Soldat und auch die Newcomer Fionn Whitehead und Harry Styles machen ihre Sache als junge Soldaten, die auch ums Überleben kämpfen müssen, perfekt. Vom Produktionsdesign ist von unterschiedlichsten Schiffen bishin zu einer Original-Spitfire alles dabei gewesen, auch wenn man hier aus logistischen Gründen und Gründen der Übersichtlichkeit dann doch stellenweise zu clean geworden ist und geschichtlich leicht abweicht.
„Dunkirk“ hat vermutlich schon im Vorfeld durch die Ambivalenz des Ereignisses für Zündstoff gesorgt. Eine Niederlage für die Briten im zweiten Weltkrieg verfilmen ? Oder die Geschichte verfilmen, in der das ganze britische Königreich zusammenarbeitet, um nicht nur einen Großteil der militärischen Streitkraft, sondern auf sozialer Ebene einen Großteil einer ganzen Generation junger Briten nach Hause zu holen. Wenn einer wie Nolan, selbst Brite, einen solchen Film aufziehen will, warum nicht, wenn es ein Herzensprojekt für ihn gewesen ist und er damit seinem Land trotz diverser anderer Filme, die sich dem Thema „Dünkirchen“ gewidmet haben, einen Film für diese Generation liefern kann. Nolan setzt in „Dunkirk“ sehr oft auf puren Realismus, aber auch auf eine sehr respektvolle und ambivalente Aufbereitung des Themas. Die voranschreitenden und gewinnenden Deutschen werden im Film fast gar nicht thematisiert, sie sind auch nicht Fokus des Films. Auch wenn es z.B. durch einen unklaren Haltebefehl und witterungsbedingter Gründe für die Deutschen schwerer war, vorzudringen, besteht immer noch die Frage, ob aus psychologischer Sicht die britischen, belgischen und französischen Truppen vor Ort darüber Bescheid wussten oder nicht. Wenn sie es nicht wussten, war von psychologischer Seite der Drang zum Überleben definitiv da und auch die Bedrohlichkeit der Situation war gegeben, auch wenn Sie dann tatsächlich nicht so bedrohlich ernst war.
Ich habe nichts an „Dunkirk“ auszusetzen, manche Entscheidungen von Nolan können jedoch dem einen oder anderen sauer aufstoßen – Ich empfehle hier Magentabletten !. Ist „Dunkirk“ ein Meisterwerk und Meilenstein ? Kommt auf die Sichtweise jedes Einzelnen drauf an ! Ist „Dunkirk“ bereits jetzt ein Kandidat auf die Krone für „Meinen Film des Jahres 2017“ und bereits jetzt ein „Lieblingsfilm“ ? Von mir ein ganz klares JA. Zumindest reiht sich „Dunkirk“ nun als 7. Film des Jahres in eine Reihe von Filmen wie „La La Land“ ; „Manchester by the Sea“ ; „Silence“ ; „Moonlight“ ; „Guardians of the Galaxy Vol. 2“ ; „Wonder Woman“ ein.
Für mich sind Filme wichtig, die mich zum einen emotional berühren, mit denen ich mich auch zum Teil persönlich identifizieren kann, die mich zum Lachen und auch zum Weinen bringen, die mich auf eine Reise nehmen und ein regelrechtes Erlebnis im Kino geliefert haben. „Dunkirk“ ist ein regelrecht, spannendes, stressiges und für mich bisher einmaliges Erlebnis im Kino gewesen.
„Dunkirk“ - My First Look – 10/10 Punkte.
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HCN007 am 29. Juli 2017 00:12, insgesamt 1-mal geändert.
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