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von Funksoulbrother
Agent
So, nach der Zweitsichtung von Blade Runner 2049 lege ich mich jetzt auf eine Bewertung mit 9 von 10 Punkten fest.
Der Film ist und bleibt ästhetisch ein unfassbares Brett.
Ja, der Film ist wirklich langsam, aber ich finde nicht, dass der Film überflüssige Szenen besitzt. Wenn man mag, kann man ihn inszenatorisch etwas kürzen - und vielleicht 15 bis 20 Minuten herausnehmen, was aber wahrscheinlich auf Kosten seiner Atmosphäre gegangen wäre. Der Plot ist nicht überkonstruiert und hält aus K.s Perspektive einige vor allem emotionale Twists bereit.
Es kommt sehr darauf an, ob es dem Zuschauer gelingt, emotional zu K. eine Verbindung aufzubauen, oder nicht. Mir ist das gelungen, denn sein Schicksal ist schon sehr traurig - seine Emotionen werden von Ryan Gosling im Film - bis auf ganz wenige Ausnahmen - extrem konsequent unterspielt (was ich sehr gut finde). Bei der Zweitsichtung gelang mit diese Empathie bzw. Sympathie mit K. sehr gut.
Überhaupt ist Villeneuves Sequel für mich auch ein Film, bei dem sich das wiederholte Sehen sehr lohnt - nicht nur, um viele kleine Details zu entdecken, sondern um noch einmal - im Wissen um den Plot - kritisch zu überprüfen, wie stimmig die Geschichte letztendlich erzählt wird. Ich finde die Geschichte sehr schlüssig (ja, es gibt Plotlöcher, aber die gibt es in jedem Film).
Ich fand auch die Nebenhandlung mit der "Love-Story" - oder "Anti-Love-Story"(?) - zwischen "Joe" K. und Joi nicht überflüssig, sondern sehr wichtig, um K. und seine Handlungen - insgesamt: seine stille Tragik - besser zu verstehen.
Auch ist der Film nicht flach oder gestrig, er strotzt vor Anspielungen auf Entwicklungen unserer Gegenwart. Insgesamt synthetisiert er gelungen viele Themen aus (auch meisterhaften) Science-Fiction-Filmen der letzten Jahre zum Thema Transhumanismus - z. B. aus "Her" oder "Ex Machina" -, um sie dann, ohne Verrat am Original zu üben (egal, in welcher Version man den Ur-"Blade Runner" präferiert), in dessen DNA bzw. Code einzuschreiben. (Und nein, die "ewige" Frage, ob Deckard ein Mensch oder ein Replikant (evtl. Nexus 7, zusammen mit Rachael) ist, wurde in "Blade Runner 2049" gerade nicht beantwortet!).
Das Ende ist übrigens wunderschön (wenn auch nicht so emotional wie im Original).
Was man dem Film ankreiden kann - wenn man möchte -, ist, dass er mit Niander Wallace einen unterentwickelten "villain" hat (Silvia Hoeks als "henchwoman" ist hingegen der Wahnsinn), und dass die Musik von Zimmer und Wallfisch zu platt ist.
Alles andere ist - so finde ich - über jeden Zweifel erhaben und grandios.
Und ich finde es gut, dass sich Villeneuve mit seinem Erzählstil nicht durch die Sehgewohnheiten des Durchschnitts hat korrumpieren lassen.
Die Frage ist nur, ob Warner Brothers Und Sony Pictures wussten, was sie taten. Die gemessen am Budget mageren Box-Office-Zahlen waren nämlich zu erwarten.
P.S.: Jetzt freue ich mich darauf, wie die sehr empfehlenswerte Serie "Humans" in der zweiten Staffel weitergeht und was mir die erste Staffel von "Westworld" bringen wird.
Zuletzt geändert von
Funksoulbrother am 21. Oktober 2017 15:09, insgesamt 3-mal geändert.
"Nelly, I'm about to get neck-ed back here. So: No peekin'! ... I said: No peekin'!"
(Joe Bang)