Re: Zuletzt gesehener Film

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NickRivers hat geschrieben:
Casino Hille hat geschrieben:
NickRivers hat geschrieben:Ich muss sagen, selten so die 8€, die ich für einen Kinobesuch rauswarf, bereut.
Mein Mitleid hält sich - ganz ehrlich - in Grenzen. :D
das wird trotzdem der erfolgreichste schlechte Film des Jahres. Der einzige Trost ist, dass die #metoo Inquisitorinnen vor Wut in den Teppich beissen werden.
Jamie Dornan könnte ich mir gut als neuen Bond vorstellen. Seine Farblosigkeit passt besser zur Rolle als wie die von Dannyboy. Sie passt gut ins Bild des eiskalten Killers mit der Lizezn zum Töten
Naja, Jamie Dornan hat aber in der Serie "The Fall" durchaus bewiesen, dass er schauspielern kann. Ist halt blöd, dass er erst in so einem Schund wie "Fifty Shades of Grey" mitmachen musste um richtig bekannt zu werden.
"Verstehen Sie mich nicht falsch es ist nichts persönliches, es ist was rein geschäftliches."

Re: Zuletzt gesehener Film

8522
vodkamartini hat geschrieben:Die da wären?
Naja, im Film gibt es ja so ziemlich alles. Typische Trump-Wähler wie z. B. Dixons Mutter, aber auch typische Wähler der Demokratischen Partei wie z. B. Abercrombie. Und natürlich jede Menge Typen, bei denen man nicht weiss wie man sie einordnen kann.

Aber auch generell zeigt uns der Film ein sehr gutes Bild des derzeitigen Amerika in all seiner Zerissenheit.
#London2025

"Wo man lacht, da lass dich ruhig nieder. Böse Menschen lachen immer wieder."

Re: Zuletzt gesehener Film

8524
vodkamartini hat geschrieben:Die Frage ist, was sind typische Trump-Wähler? Was typische Demokraten-Wähler? Gibts die überhaupt?
Es gilt natürlich das Wahlgeheimnis, deshalb wird es schwierig, diese Frage zu beantworten. Zudem ist dieser Thread auch der falsche, um sich vollumfänglich mit diesem Thema befassen zu können. Aber in diesem Film werden die beiden Lager eben von bestimmten Personen repräsentiert. Trotzdem sind die meisten Figuren weder gut noch böse.
#London2025

"Wo man lacht, da lass dich ruhig nieder. Böse Menschen lachen immer wieder."

What a story, Greg!

8525
Die dramaturgische Struktur schwächelt, Charaktere, ihre Motivation und Beziehungen sowie diverse Handlungsstränge sind unterentwickelt. James Franco zollt Tommy Wiseau Tribut.
Dies könnte auf den ersten Blick angesichts der vielen Dialoge, in denen die Figuren sich gegenseitig motivieren, überraschen; die Quantität beeindruckt. Beeindruckend ist auch James Francos Darbietung als Tommy Wiseau, der vielleicht einzige Grund, sich den Film anzusehen.

Von meinen diesjährigen Kinobesuchen der schwächste Film. Und kein zweiter Ed Wood. Im Gegensatz zu Franco und Rogen hat Burton sein Thema damals ernstgenommen.

4/10
It's the BIGGEST... It's the BEST
It's BOND

AND BEYOND

Re: Zuletzt gesehener Film

8526
Ich hab es halt nicht so mit "new content", seit 2015 war ich gerade mal 3 Filme im Kino schauen, Kinderfilme nicht eingerechnet.

Ich befasse mich momentan mit 90er Filme. Habe etliche Klassiker und Kultfilme erworben. Es kommen ja genügend gut gemachte Blu-ray Mediabooks heraus, was eine schöne Sache ist.

Johnny Mnemonic
Auf lange Sicht könnte Keanu durchaus mein Lieblingsschauspieler sein. Immerhin gehören viele seiner Filme zu meinen ewigen Favoriten. Das fängt auch schon sehr früh an in 1992 mit Dracula und geht bis John Wick (2), vorläufig.

Johnny Mnemonic ist ein wunderbarer Cyberpunk Film. Die dystopische Welt ist sehr atmosphärisch und Keanu glänzt hier. Seine Rolle als menschlicher Datenträger wirkt wie ein Vorbote zu Neo in Matrix.

Insgesamt ist dieser Film nun eine gute Zeitkapsel der Mitte Neunziger und wie man sich damals das Internet vorgestellt hat. Ausserdem funktioniert er auch als reiner Unterhaltungs- und Actionfilm. Da wird einiges zusammengeballert und die asiatischen Einflüsse auf den Film sind unverkennbar.

Der Cast ist ebenfalls recht kultig ausgefallen mit Genre-Darstellern wie Dina Meyer (immer gut), Ice-T, Dolph Lundgren in einer Paraderolle und der wohl heute vergessene Henry Rollins in einer megacoolen Nebenrolle.

Da ich das "Glück" hatte in den Neunziger erwachsen zu werden, ist der Film natürlich aus vom nostalgischen Gesichtspunkt aus sehenswert für mich, obwohl ich den Film damals ja nicht wirklich verstanden habe. Das ist heute natürlich ganz anders und ich geniesse Johnny Mnemonic für alles was er bietet.

Ein Wort noch zur Blu-ray, keine Ahnung ob ich hier Bilder reinstellen kann, z.B. vom Mediabook. Der Film wurde gut restauriert und es hat insgesamt drei Fassungen davon auf zwei Blu-ray. Es wurde eine OpenMatte 4:3 "Nostalgiefassung" in SD in die Special Features verpackt. Das ist echt der Brüller.
Ausserdem ist die Japanische Langfassung, die zum Teil erheblich von der Kinofassung abweicht, ebenfalls in SD drauf.

Re: Alles auf eine Karte

8527
Gestern gesehen:

Molly's Game: Alles auf eine Karte

Das Regie-Debut von Aaron Sorkin.

Mit Jessica Chastain, Idris Elba, Michael Cera, Chris O'Dowd und Kevin Costner.

Musik: Daniel Pemberton

Bewertung:

Regie: 7/10
Darsteller: 9/10
Drehbuch: 6/10

Fazit: 7/10
#London2025

"Wo man lacht, da lass dich ruhig nieder. Böse Menschen lachen immer wieder."

Re: Zuletzt gesehener Film

8528
Mute (Duncan Jones)

David Bowies Sohn wird mit "Moon" wohl doch als One-Hit-Wonder in einer Fußnote der Filmgeschichte enden. Jedenfalls wird sein Mittelteil der von ihm angestrebten "Moon"-Trilogie in keiner Weise seinem phänomenalen Erstling gerecht. Die Geschichte ist einfach erschreckend beliebig. Das Sci-Fi-Setting ist außerdem vollkommen nutzlos für die Hamdlung. Als Kriminalfilm funktioniert der Film nur leidlich, als Drama ist er unterwältigend.

4 von 10 Punkten

P.S.: Bei Alex Garlands "Annihilation" habe ich noch Hoffnung.
"Nelly, I'm about to get neck-ed back here. So: No peekin'! ... I said: No peekin'!"
(Joe Bang)

Re: Zuletzt gesehener Film

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iHaveCNit: Berlin Falling (2017)

Unter den Filmen aus 2017, die ich unbedingt nachholen wollte, befand sich auch „Berlin Falling“. Der deutsche Thriller ist das Regiedebüt von Ken Duken, der in seinem ersten Film auch gleich selbst die Hauptrolle übernimmt. An seiner Seite, der aus Game of Thrones bekannte Tom Wlaschiha. „Berlin Falling“ ist einer der Beweise, warum Deutschland so viel mehr als nur Geschichtsfilme und massentaugliche Komödien hinbekommen kann – und er ist auch ein Geheimtipp von mir.

Der versoffene Frank bekommt an Weihnachten die letzte Chance auf ein längeres Wochenende mit seiner Tochter – nur dafür muss er mehrere Kilometer nach Berlin fahren. An einer Tankstelle wird er vom unbekannten Andreas angesprochen, der ebenfalls nach Berlin möchte und eine Mitfahrgelegenheit sucht. Frank willigt ein. Doch nach kurzer Zeit stellt sich heraus, dass Andreas Frank nicht zur zufällig angesprochen hat – dieser hat eine Bombe und eine geladene Handfeuerwaffe im Gepäck und nebenbei einen unbekannten, bewaffneten Partner im selben Zug wie Franks Tochter sitzen. Was hat Andreas mit Frank in Berlin vor ?

Mehr sollte man auch erstmal über den Film nicht wissen, denn all das wird in den ersten 30 Minuten klar, die sich ihre Zeit nehmen, das ganze Setting aufzubauen. Das Drehbuch von Christoph Mille und auch Dukens Inszenierung lassen klar erkennen, dass man sich mitunter auch von Quentin Tarantino hat inspirieren lassen. Die Kameraarbeit und die Musik geben eine in sich stimmige Atmosphäre für Dukens Film, der hier mit seinem Frank und Wlaschihas Andreas zwei toll geschriebene und vielschichtige Charaktere abliefert und im Laufe der Geschichte mehrfach die Erwartungshaltung bricht und das was man klar zu wissen glaubte auf den Kopf stellt – bis zum konsequenten und spannenden Finale. Ein Roadtrip entwickelt sich zum klaustrophobischen Psychoduell. Ein cooler und runder Thriller aus Deutschland. Respekt für Ken Duken.

„Berlin Falling“ - My First Look – 8/10 Punkte.
"Weiter rechts, weiter rechts ! ..... "

Re: Zuletzt gesehener Film

8530
iHaveCNit: Der Seidene Faden (2018)

Vor der diesjährigen Oscarverleihung habe ich vorgehabt, so viele der wichtigen Filme wie möglich zu sehen. Am 1.2.18 kam der neue Paul Thomas Anderson „Phantom Thread“ bzw. „Der Seidene Faden“ in die Kinos, den ich eigentlich vor hatte, im Heimkino nachzuholen. Doch dann habe ich mich umentschieden, um mir den vorgeblich letzten Film von Daniel Day-Lewis im Kino anzusehen. Ich hoffe, dass Daniel Day-Lewis nun diese Entscheidung durchzieht und nicht den Weg geht wie viele andere Musikbands, die oftmals gerne eine letzte Platte ankündigen und eine Abschiedstournee machen, und dann doch wieder aufgrund des Geldes und entsprechendem Fan-Service zurückkehren um die nächste Abschiedsrunde zu machen. Denn Day-Lewis hat in seinem letzten Film gezeigt, warum er einer der stärksten Method-Actors dieser Generation ist, auch wenn die Rolle selbst für eine Abschiedsrunde eine gute, aber nicht die beste Wahl gewesen ist.

Der Modedesigner Reynolds Woodcock ist in den 50ern in London genau die Adresse für perfekte Schnitte und die erste Anlaufstelle der Elite. Sein Leben ist ein perfektes Schnittmuster, wo jeder auch sonst so feine Riss im Stoff seinen Tagesablauf komplett ruiniert. Im Liebesleben scheint er verflucht zu sein, bis er zufällig auf die junge und selbstbewusste Kellnerin Alma trifft und sich zwischen den beiden eine spezielle Beziehung entwickelt, die das Schnittmuster in Woodcocks Leben einschneiden wird.

Day-Lewis hat 3 Oscars bereits und mit diesem Film die Chance auf den Vierten, auch wenn ich ihm wenige Chancen einräume. Dennoch ist der Film fokussiert auf ihn und seinen Charakter und baut sich komplett auf die Charakterisierung eines durchgestylten, kontrollsüchtigen, kühlen, distanzierten Modedesigners auf. Zur Grundlage des Method-Actings von Daniel Day-Lewis ist dieser hier in eine Schneiderausbildung gegangen und hat sich hier scheinbar als überaus talentiert erwiesen. In diese Charakterstudie wird noch ein herausforderndes Psychogramm einer Beziehung eingebettet, in der Vicky Krieps und Lesley Manville als die Frauen im Leben von Woodcock eine gute Ergänzung sind. Genauso durchgestylt wie der Charakter eines Woodcock ist auch der Film auf audiovisueller Ebene. Die 50er Jahre in London werden von den Sets, dem oscarwürdigen Kostümdesign und den Bildern extrem authentisch eingefangen. Die Bilder hier werden nicht nur von Paul Thomas Anderson inszeniert, er hat auch die Rolle des Chef-Kameramanns übernommen, so dass der Film durchgehend das Werk von Anderson und Day-Lewis ist. Trotz dem großartigen Stil, bleibt durch die kontrollierte, kühle und kalkulierte Distanz wenig Raum zum emotionalen Tiefgang. Der Film braucht dazu auch noch viel Zeit, die Geschichte gemächlich zum Ende zu bringen, auch wenn es durchaus intensive, spannende und faszinierende Momente gegeben hat.

"Der Seidene Faden“ - My First Look – 8/10 Punkte.
"Weiter rechts, weiter rechts ! ..... "

Ihr Name ist Sparrow... Captain Red Sparrow!

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Red Sparrow

Kaum einen Beruf hat die Filmgeschichte so romantisiert wie den des Geheimagenten. Als Sean Connery in den 60er Jahren als britischer Superspion James Bond die Kinoleinwände eroberte und damit den Cowboy als Prototypen des idealistischen maskulinen Archehelden ablöste, brach eine Welle von gigantomanischen Fantasy-Filmen über das Actionkino ein, in denen Geheimagenten die Spionage als hedonistisches Spiel zur Weltenrettung verstanden, bei dem im Vorbeigehen Gegner getötet und Frauen verführt wurden. Erst seit einigen Jahren beginnt das Bild des Agentenkinos sich zu wandeln – zu Gunsten der Frauen. 2018 stellt „Red Sparrow“ einen weiteren Ableger der auf Agentinnen fokussierten Thriller dar, die nicht nur die Weiblichkeit ihrer Protagonistinnen, sondern auch das Business des Spions ernst nehmen. Die Romanadaption von Regisseur Francis Lawrence bietet eine unerwartet aktuelle Sichtweise, traut sich aber leider in entscheidenden Momenten nicht aus ihrer Haut.

Gemäß der literarischen Vorlage erzählt Lawrence eine Geschichte über den Zusammenhang von Sex und Spionage: Die Ex-Primaballerina Dominika lässt sich aus Liebe zu ihrer Familie von Mütterchen Russland in einer speziellen Einrichtung zur Profikillerin umschulen. Diese lange Ausbildung, die die erste Hälfte des Films dominiert, bleibt erstaunlich non-physisch. Keine Kampfszenen, kein Ausdauerparcour. Stattdessen zeigt die Regie einen psychologischen Kampf: Den Versuch der Ausbilder, aus den jungen Frauen und Männern gleichgeschaltete Maschinen zu machen, die keinerlei persönliche Bedürfnisse haben, denen sie nachgehen könnten. Immer wieder werden die angehenden Spioninnen sexuell erniedrigt, müssen Blowjobs „absolvieren“ und lernen, die Bedürfnisse von Männern zu erkennen und zu manipulieren. Sex ist in ihrem Gewerbe ein Werkzeug, welches – richtig eingesetzt – berufliche Vorteile bringt. Erstaunlich ist, wie konsequent Lawrence dieses Thema umzusetzen weiß. Obwohl „Red Sparrow“ eine große Studioproduktion ist, gibt es explizite Nacktszenen und derbe Gewaltdarstellungen. Selbst vor angedeuteten Vergewaltigungen, inzestuösen Beziehungen oder minutenlangen Foltersequenzen (in denen etwa ein Gefangener lebendig gehäutet wird) macht der Film keinen Halt. Bei diesen extremen Gewalteskalationen bleibt unterschwellig immer klar, dass der meist männliche Folterer in der Unterdrückung seiner meist weiblichen Opfer sexuelle Befriedigung findet. In der Welt, die „Red Sparrow“ zeigt, ist jede einzelne Handlung durch Sex motiviert, außer Sex selbst. Der Sex ist in „Red Sparrow“ durch Macht motiviert.

Diese drastische Destruktion etablierter Kinomythen sorgt für die raren Momente, in denen Lawrence und sein Film packen können, in denen das Zuschauen wahrlich unangenehm wird. Leider jedoch zeigt die Regie bei allem Mut zur Explizitheit deutlich weniger Eigenständigkeit bei der Plotentwicklung. Einerseits beweist das Drehbuch, mühelos mit Pulp-Elementen und Sexploitation-Bausteinen jonglieren zu können, andererseits baut sich der Plot aus den Versatzstücken des Genrekinos zusammen, welches „Red Sparrow“ eigentlich demaskieren will. Die Charaktere erweisen sich schnell als eindimensionale Schachfiguren, die nur auf ihren Effekt statt auf Empathie hin konstruiert wurden, weshalb der mit 140 Minuten deutlich zu lang geratene Agententrip im Mittelteil kaum Handlungsentwicklungen erkennen lässt. Peinlich wird diese Rückständigkeit vor allem dann, wenn sämtliche russische Figuren von amerikanischen oder britischen Darstellern gespielt werden, und sich so gestandene Schauspieler wie Jennifer Lawrence, Ciaran Hinds oder Matthias Schoenaerts mit furchtbar falschen Fake-Akzenten behaupten müssen. Jeremy Irons, der als eiserner General in einer Nebenrolle arg verschenkt wird, scheint gleich ganz auf den Akzent zu verzichten. So fällt auf, dass sämtliche interessante Ergänzungen, um die Lawrence mit seinem Film das Genre bereichern möchte, an ihrer Formelhaftigkeit kranken. Die lange Ausbildung und Abstumpfung im „Whore House“, wie Dominika die Einrichtung nennt, müsste der spannendste Teil des Films sein, leidet aber trotz des Settings stets daran, dass Charlotte Rampling als Ausbilderin mit ihrem stereotypen Charakter wie eine Reinkarnation von Lotte Lenya aus dem James-Bond-Klassiker „Liebesgrüße aus Moskau“ anmutet.

Überhaupt fehlt dem Film im Kontext seines Erscheinungsjahres ein moderner Anstrich. Durchgehend atmet er die Atmosphäre eines John le Carré Romans und weckt vielfach Reflexionen an den Kalten Krieg. Das ist deshalb ein Problem, weil die so angedeuteten postmodernen metafilmischen Gedankengänge an ihrer eigenen Rückständigkeit ersticken. Im letzten Drittel, wenn kurze Actionsegmente und klassische Suspense-Szenen Einzug in die narrative Struktur nehmen, zieht Lawrence gar aus den Elementen seinen Reiz, welche er vorher noch kritisch neu zu denken gedachte. Die Konklusion, die auf eine kathartische Wirkung abzielt, verfehlt somit völlig ihr Ziel und führt angesichts der vorherigen bewusst voyeuristisch angelegten violenten Grafik und Fetischisierung der Gewalt den Clou der Story unmotiviert ad absurdum. Das ist ob der handwerklichen Qualität des Films bedauerlich, der dank des ausgefeilten Produktionsdesigns von Maria Djurkovic und den hypnotisch-suggestiven Melodien aus dem Soundtrack von James Newton Howard mehr Atmosphäre atmet, als er sich verdient. Die feministische Position der Frau in einer Männerdomäne gefällt, wenngleich Dominika zu sehr in der Opferrolle verhaften bleibt und ihre erlernten Fähigkeiten meist genauso sehr eine Behauptung bleiben wie ihre angebliche Liebesaffäre mit dem von Joel Edgerton statisch verkörperten CIA-Agenten, der (typisch für 60er-Agentenfilme) als Amerikaner das moralische Zentrum im Figurenkosmos ist, während die Darstellung der russischen Regierung eher an schlimmste UdSSR-Dämonisierungen des westlichen Kinos denken lässt.

Fazit: „Your body belongs to the state“ wird ihr beim Einzug in die „Whore School“ beigebracht. Wenn Dominika bei ihren Einsätzen im Auftrag der Putin-Administrative die Beine breit macht, ist der Spionagethriller „Red Sparrow“ aktueller, als seine Macher es je hätten beabsichtigen können. Wie die junge Frau, gespielt vom wohl größten weiblichen Hollywood-Star ihrer Zeit, Jennifer Lawrence, sich für ihre Karriere in einer Männerwelt wortwörtlich prostituieren muss, ruft angesichts jüngster Enthüllungen um Filmproduzent Harvey Weinstein und der in Folge geführten #metoo-Debatte grausige Assoziationen hervor. Von dieser fast zufälligen Qualität abgesehen verpasst Regisseur Francis Lawrence es, abseits von Grenzüberschreitungen überzeugende Akzente zu setzen. Stattdessen bleiben fade (Fake-)Akzente und platte Kalter-Kriegs-Klischees.

4/10

http://derkinoblog.de/red-sparrow-kritik/
https://filmduelle.de/
https://letterboxd.com/casinohille/

Let the sheep out, kid.

Re: Zuletzt gesehener Film

8533
iHaveCNit: Call Me By Your Name (2018)

Vor der Oscarverleihung habe ich nun 8 der 9 nominierten Best-Picture-Kandidaten gesehen. Schade, dass Greta Gerwigs „Lady Bird“ erst im April bei uns zu sehen ist. Aber ich habe hier Geduld, auch wenn ich ihn am liebsten direkt sehen würde. Geduld ist auch ein Stichwort für „Call Me By Your Name“ vom Regisseur Luca Guadagnino, der auf einem Roman von Andre Aciman basiert. Für 4 Oscars nominiert, war der Film unter den Kinostarts vom 1.3.18 definitiv meine erste Wahl für diese Woche. Und ich hatte Recht, denn ich muss sagen, dass bis dahin mein Filmjahr 2018 nur wenige Ausreißer nach unten hat und weiterhin sehr stark bleibt.

Wir befinden uns in den 80ern in der norditalienischen Lombardei. Der 17-jährige, altkluge Elio musiziert, liest Bücher und flirtet mit der jungen Marzia. Sein Vater ist Archäologieprofessor und hat über die Sommermonate immer einen Studenten im Haus, der ihn bei seiner Arbeit unterstützt. Dieses Mal ist es der Amerikaner Oliver, der mit seinem gefühlvollen und einnehmenden Wesen sehr schnell seinen Zugang findet. Der noch in seiner Selbstfindung befindliche Elio und Oliver nähern sich schrittweise immer mehr an, bis sich eine intensive und sehnsüchtige Beziehung der Beiden entwickelt.

Irgendwie habe ich mich bei der Sichtung des Films an 2 im letzten Jahr für den Oscar nominierte Filme erinnert. „Moonlight“ und „Manchester By The Sea“. „Moonlight“ aufgrund des Themas der Homosexualität und „Manchester By The Sea“ für die Kunst, fast lebensnahe und authentisch reale Situationen zu zeichnen. Hier ist „Call Me By Your Name“ die perfekte Mischung aus beidem. Hier hat mir die intelligente und komplexe Herangehensweise an das Thema gefallen, wie auch seine natürliche, selbstverständliche Zurückhaltung. Eingefangen wird das in tollen Bildern, die einem richtig Lust machen, einmal in der Lombardei Urlaub zu machen. Aber die geschaffte Atmosphäre funktioniert nur so gut, weil das Zusammenspiel von den drei wichtigsten Schauspielern in diesem Film einfach super funktioniert. Timothee Chalamet ist großartig und auch Armie Hammer habe ich bisher nie besser gesehen als hier. Die Chemie von beiden ist traumhaft und Michael Stuhlbarg liefert als Vater von Timothee Chalamet eine gefühlvolle und berührende Performance, die zu einem der tollsten Vater-Sohn-Gespräch der Filmgeschichte führt. Der Film nutzt seine Zeit von 130 Minuten spürbar, um die Geschichte auszudehnen und die Momente des Films so lange wie möglich auszukosten. Das macht für den Film auf jeden Fall Sinn, denn hier geht es um das Auskosten des Moments und die Erinnerungen sowie den Verlust dieser Momente. Ich erinnere mich auf jeden Fall gerne an den Film.

„Call Me By Your Name“ - My First Look – 9/10 Punkte.
"Weiter rechts, weiter rechts ! ..... "

Re: Zuletzt gesehener Film

8534
iHaveCNit: Red Sparrow (2018)

Als jemand, der gerne Spionagefilme sieht, war klar, dass „Red Sparrow“ auf meiner Liste für 2018 landet. Vor allem durch seine relativ gute Besetzung und nach den Trailern sah das alles ja noch ganz gut aus. Aber dieser Film ist leider einer, der mich eiskalt erwischt hat und den Lauf der guten Filme beenden durfte. Es gibt einen Grund, warum Spionagefilmreihen wie „Mission Impossible“, „Bourne“ ; „James Bond“ und selbst John Le-Carre-Stoffe sich fürs Kino eignen – und ein Spionageroman wie „Red Sparrow“ nicht.

Dominika Egorova arbeitet als Ballettänzerin im Bolshoi-Theater um die Versorgungssicherheit ihrer kranken Mutter aufrecht zu erhalten. Eine Verletzung beendet ihre Karriere und ihr Onkel beim Geheimdienst bringt sie beim Geheimdienst als Lockvogel unter, bis sie nach der Ermordung eines Oligarchen getötet werden soll. Man entscheidet sich gegen diesen Weg und lässt sie in einem Internat für angehende Verführungskiller ausbilden. Kurze Zeit später erhält sie den Auftrag, einen CIA-Agenten zu verführen und einen Maulwurf innerhalb des Geheimdienstes aufzudecken. Das dahinter eine große Verschwörung stecken wird, muss sie dann auch feststellen.

James Bond hat exotische Schauplätze und ein über die Jahrzehnte immer wieder erfrischende Ausrichtung durch Darsteller und Crew-Wechsel. Mission Impossible das Arbeitstier Cruise mit immer wieder atemberaubenden Stunts. Bourne die Ästhetik der hektischen ruhelosen Action und John-Le-Carre-Stoffe immer wieder durch interessante Inszenierung. Doch was hat „Red Sparrow“ ? Der Film hat einen extrem langatmigen 08/15-Spionageplot mit klassischer Verschwörung zu erzählen, der einigermaßen durch die Besetzung und tolle Bilder aufgewertet wird. Doch der Mangel an Szenen, die eine gewisse Spannung aufbauen und sehr spärlich gesäte Action machen den Film zur langatmigen Qual, die noch unerträglicher ist, wenn der Kinosaal sehr schlecht beheizt ist und einen die Kälte des Films am Körper spüren lässt. Ganz interessant ist die hier gezeigte Nacktheit und Brutalität, obwohl die Zurschaustellung als Gimmick des Films nur dann etwas getaugt hätte, wenn man es konsequent und nicht wie hier nur stellenweise durchgezogen hätte. Schade auch, dass Joel Edgerton, den ich sehr gerne sehe, hier die Kohlen mit seinem menschlichen aber auch zwielichtigen CIA-Agenten nicht wirklich aus dem Feuer holen kann. Mit Jennifer Lawrence bin ich in diesem eiskalten Film auch nicht wirklich warm geworden – und ob der von ihr porträtierte Charakter Dominika Egorova und die hier eingebundene Aussage „Benutze deinen Körper und manipuliere deinen Gegenüber“ und die explizite Nacktheit einer Jennifer Lawrence nicht das krasse Gegenteil davon ist, wofür die derzeit immer noch in Hollywood präsente Debatte um #metoo und #timesup kämpft. Alles sehr diskutabel und ambivalent, wo jeder vermutlich eine andere Meinung dazu hat. All das macht „Red Sparrow“ zu einem Film, der vermutlich dieses Jahr weit vorne sein wird – nämlich hinten.

„Red Sparrow“ - My First Look – 5/10 Punkte.
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Re: Zuletzt gesehener Film

8535
Samedi hat geschrieben:Hab jetzt auch endlich THREE BILLBOARDS OUTSIDE EBBING, MISSOURI gesehen.
ich jetzt auch endlich. leider hat er mich nicht voll überzeugen können. er ist gut gespielt und es gibt natürlich ein paar witzige, skurrile einfälle und interessante wendungen, aber irgendwie fehlte mir etwas. teilweise zu viel und zu überzeichnet, manche aspekte wurden dann wieder nur kurz angerissen und gleich wieder verworfen. schade. aber vielleicht war auch meine erwartungshaltung zu hoch. also als besten film würde ich den jedenfalls nicht sehen.
Bond... JamesBond.de