Re: Zuletzt gesehener Film

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vodkamartini hat geschrieben: 20. September 2018 13:51 Identitätsklau.
Ich vermute doch mal, dass die Identität von HCN007 aus mehr besteht als nur einer bestimmten Art der Formatierung. Und für diesen Thread hier finde ich diese spezielle Art eben ganz passend.
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Re: Zuletzt gesehener Film

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Samedi hat geschrieben: 20. September 2018 14:41Und für diesen Thread hier finde ich diese spezielle Art eben ganz passend.
Ich fasse zusammen: Du hältst eine Einleitung "iHaveCNit", die ganz eindeutig in ihrer Schreibweise auf HCN verweist, für eine passende Formatierung in diesem Thread, losgelöst vom User? Samedi, was auch immer du nimmst, du solltest entweder damit aufhören oder deutlich mehr davon nehmen.
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Re: Zuletzt gesehener Film

8886
Sowohl HCN007 als auch „iHaveCNit“ sind Nutzernamen von mir, die persönlich sind und für mich etwas eigenes darstellen. In beiden Namen sind meine eigenen Initialen HCN verarbeitet.

Als "HCN007" findet man mich hier im Bondforum.

Als "iHaveCNit" findet man mich auf twitter, instagram, ofdb.de, einem gerade etwas inaktiven Blog auf facebook und auch dem leider gerade inaktiven highlander-forum.de. Das können Einige aus dem Forum hier auch bestätigen.

Warum ich dass damals gemacht habe ? Zum einen kann ich ja nicht in Filmforen, in denen es nicht ausschließlich um Bond geht mit dem Nutzernamen „HCN007“ auftreten und da habe ich mir etwas flottes überlegt das mit der deutschen Übersetzung „ich habe es gesehen“ umgewandelt ins Englische mit meinen verarbeiteten Initialen dann „iHaveCNit“ ergeben hat und auch als kleines Wortspiel das dröge „Review zu ...“ zum Einstieg einer Kritik von mir abgelöst hat.

Ich habe das schon wenige Male gesehen, dass das früher schon einmal übernommen wurde, habe mir aber da nichts weiter dabei gedacht, weil ich eher der lockere und geduldige Typ bin. Aber da aktuell eine kleine Diskussion entstanden ist und ich das auch gerade nicht witzig finde, musste ich einfach mal dazu Stellung nehmen.

Auch wenn ich das gerade nicht witzig finde, das nimmt mir auf jeden Fall nicht den Spaß an Filmen und dem Diskutieren hier im Forum sowie dem Vorstellen einiger Filmtipps, die mir bei meinen Streifzügen durch die Filmlandschaft ins Auge fallen.

Ich bin beruflich gerade weniger der Jurist. Aber es wäre interessant, ob ich gemäß Markenrecht und Urheberrecht mir bereits durch den Login mit einem Nutzernamen auf Internetportalen und sozialen Netzwerken ein Copyright auf den Nutzernamen gesichert habe oder ob ich mir noch das Copyright durch einen Anwalt sichern lassen müsste. Und es wäre interessant zu wissen, gemäß diesem Fall, wie viel es mir bringen würde, bei Verstößen dieser Art rechtliche Schritte einzuleiten.
Aber soweit treibe ich es hier nicht.

Ich bitte nur darum dies zur Erhaltung des Forenfriedens zu unterlassen.

Und da es so schön ist will ich um einen Doppelpost zu vermeiden noch mit einer Filmkritik abschließen.

iHaveCNit: Searching (2018)

Innovative Kinoerfahrungen sind bei mir auch gerne gesehen. Wie auch „Searching“ vom 27-jährigen Regisseur Aneesh Chaganty. Der Mix aus Vater-Tochter-Drama und Thriller ist ein Desktop-Film, der sich komplett auf der Bedieneroberfläche eines Laptops und partiell auch auf Smartphones abspielt. Als Hauptdarsteller sehen wir John Cho, in weiteren Rollen Debra Messing, Michelle La und Joseph Lee.

David Kim ist ein liebender Vater für seine Tochter Margot. Nach dem Tod der Mutter Pamela kümmert er sich alleine um seine Tochter. Als diese sich eines Tages nicht mehr bei ihm meldet, macht sich David auf die Suche nach seiner Tochter und er muss feststellen, dass bei ihr nicht alles so ist, wie er all die Jahre geglaubt hat.

Die Zahl richtiger Desktop-Filme lässt sich noch nicht einmal an einer kompletten Hand abzählen. Und dies ist auch mein erster Film dieser Sorte. Wohingegen scheinbar die Vertreter der Horrorgattung nicht ganz auf billige Jumpscares verzichten konnten und vermutlich klar innovativ aber qualitativ nicht gut waren ist „Searching“ in einer anderen Liga. Ich habe in diesem Jahr schon das Intro zu Dan Gilroys „Roman J. Israel Esq“ abgefeiert, indem sich eine Klageschrift auf einem Computerbildschirm entfaltet und nun war ich gespannt, wie so etwas über 102 Minuten funktionieren würde. Klar wäre die hier gebotene Story um ein Vater-Tochter-Drama und einen Thriller ohne dieses Gimmick sicherlich nur einer von vielen Filmen, aber gerade hier hilft das gewählte Medium ungemein. Wie man eine Geschichte durch die Sicht auf einen Computer mit Recherchen, Videos, Fotos, Sozialen Netzwerken, Chatverläufen und vielem mehr erzählen kann ist atemberaubend und zieht einen in einen unglaublich mitreißenden Sog. John Cho macht seine Sache hier auch extrem gut. Klar kann man sagen, dass der Plot etwas konstruiert ist, aber das auf jeden Fall sehr clever. Und trotz all der Oberflächlichkeit einer Benutzeroberfläche geht der Film schon sehr tief- und abgründig mit den Möglichkeiten im Internet um, setzt kritische Akzente und regt zum Nachdenken an. Mit „Searching“ hat man auf jeden Fall einen guten Film gefunden.

„Searching“ - My First Look – 9/10 Punkte
"Weiter rechts, weiter rechts ! ..... "

Re: Zuletzt gesehener Film

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HCN007 hat geschrieben: 20. September 2018 21:20Als "iHaveCNit" findet man mich auf twitter
Hast du den Twitter-Account schon lange? Lohnt sich eine Anschaffung da noch? Man will ja mit der Zeit gehen, aber persönlich verbinde ich mit Twitter nur Trump, Kardashian und diesen grässlichen Emoji Movie, den ich der Nichte wegen ernsthaft fast komplett ertragen habe. Hat den hier im Forum jemand gesehen? Schrecklich, man hörte ja viel von wegen "schlechtester Film seit Jahren" und das ist bzgl. des Unterhaltungswerts fast noch untertrieben.
HCN007 hat geschrieben: 20. September 2018 21:20 Die Zahl richtiger Desktop-Filme lässt sich noch nicht einmal an einer kompletten Hand abzählen
Kenne bislang nur den Trailer und der war grandios! Ich kann wirklich nur betonen, wie geil ich den fand. Muss mir den Film dazu unbedingt ansehen, und hoffe nur, nach der Vorschau nicht enttäuscht zu werden. Kenne noch den Unknown User oder wie der heißt, so eine Art "Paranormal Facebook Activity", der eher dröge daherkam. Hast du den gesehen? Kann man den mit Searching überhaupt vergleichen, von der Machart abgesehen?
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Re: Zuletzt gesehener Film

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Wann startet der eigentlich bei uns? Ich habe dazu was dazu widersprüchliche Informationen gefunden... Bzw, wenn du ihn schon gesehen hast, dann müsste er ja eigentlich schon laufen.

Bezüglich IHaveCNit: Fand ich immer ein sehr schönes Wortspiel, was dich super gekennzeichnet hat. Sollte man nicht drüber diskutieren müssen, wie dreist das ist...
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Re: Zuletzt gesehener Film

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iHaveCNit: Der Sex-Pakt (2018)

Der April 2018 war gesegnet mit interessanten Filmen, die meinen Filmkalender bereichert haben, doch zu manch einem Film kam ich dann doch nicht mehr. Einer dieser Film ist die Komödie „Der Sex-Pakt“ bzw. „Blockers“ im Original. Und mich hat die Komödie überaus positiv überrascht und mir auch einen unterhaltsamen Abend beschert.

Kayla, Julie und Sam sind schon seit ihrer Kindheit beste Freundinnen. Zum Abschlussball haben sich alle drei zum Ziel gesetzt, das „erste Mal“ zu haben. Problem nur dass Ihre Eltern davon Wind bekommen und spontan beschließen alles daran zu setzen, ihre Töchter davon abzubringen.

Oberflächlich gesehen ist „Der Sex-Pakt“ eine eigentlich klassische High-School-Party-Komödie, die auch mit ihrem Humor und der Darstellung schon in eine kleine derbe Kerbe schlägt. Doch was dieser Komödie das gewisse Etwas gibt ist das „Coming-Of-Age“-Element und die Beziehung der drei Töchter zu ihren Eltern. Dabei berührt vor allem das fast schwesterliche und BFF-mäßige Verhältnis zwischen Julie und ihrer Mutter Lisa, die sehr cool von Leslie Mann gespielt wird. Auch cool ist hier John Cena, der voll gegen den Strich gebürstet als naiver, fürsorglicher und ehrgeiziger Vater spielt, der alles für seine Tochter Kayla machen würde. Das Trio wird dann noch ergänzt um Sam, die nicht nur als Scheidungskind zu kämpfen hat, sondern auch damit, ob Sie sich tatsächlich zum gleichen Geschlecht hinzugezogen fühlt. Die Chemie der Eltern als Trio funktioniert wie auch die Töchter und auch die Beziehungen der Eltern und ihrer Töchter untereinander. Das macht für mich „Blockers“ zu einer unterhaltsamen Party-Komödie mit „Coming-Of-Age“-Einschlag.

„Der Sex-Pakt“ - My First Look – 8/10 Punkte.
"Weiter rechts, weiter rechts ! ..... "

Re: Zuletzt gesehener Film

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iHaveCNit: A Star Is Born (2018)

Wenn mir ein Film dieses Jahr noch gefehlt hat ist es ein Nachfolger für den im Jahre 2017 von mir so hoch gelobten „La La Land“ und mit „A Star Is Born“ habe ich ihn gefunden. Ganz ehrlich – dass die Story bereits dreimal vorher verfilmt worden ist, war mir nicht bewusst oder schlichtweg egal. Irgendwie verbindet „A Star Is Born“ das Beste aus „Crazy Heart“ und „The Artist“. Die beiden Stars des Films sind Bradley Cooper, der den Film inszeniert und die Hauptrolle spielt und singt – und Lady Gaga. Für Beide die Rollen ihres Lebens und mich hat der Film so mitgenommen, dass hier ein weiterer Topfilm meines Jahres geboren ist.

Jackson Maine ist ein gefeierter, aber auch durch diverse Eskapaden vom Leben gezeichneter Rockstar. Durch Zufall lernt er die junge Ally und ihr unfassbares Gesangstalent kennen. Sie lernen sich lieben und er verhilft ihr zu einer großen Karriere, während er mit seinen eigenen Damönen zu kämpfen hat.

Der Film ist ganz großes Kino der großen Gefühle. Was Bradley Cooper hier in seinem Regiedebüt auf die Leinwand bringt ist unfassbar toll. Wenn er in Zukunft noch mehr Filme dieser Art inszenieren würde, würde mich das freuen. Aber auch sein Einsatz hier soviel wie möglich selbst zu singen und Gitarre zu spielen gefällt mir sehr, weil das sehr authentisch ist. Dass er ein großartiger Charakterdarsteller ist stellt er hier auch wieder unter Beweis – Wenn ich an Anfang der 2000er zurückdenke als ich ihn als Nebencharakter in „Alias“ gesehen habe, hätte ich nicht gedacht, dass er sich irgendwann so weiterentwickeln würde. Und an seiner Seite spielt Stefani Joanne Angelina Germanotta bzw. Lady Gaga in ihrer ersten Hauptrolle. Die Chemie zwischen Ihr und Bradley Cooper ist unfassbar gut. Auch wenn die große musikalische Bühne für sie nichts neues ist und sie bereits ein preisgekrönter Star ist bringt sie in den entsprechend dramatischen Momenten so eine gute und befreiende Leistung und mir würde die Vorstellung gefallen, wenn sie und Bradley Cooper hier mit Award-Nominierungen in der nächsten Award-Saison überschüttet werden würden. Die allgemeine Inszenierung lebt von einer tollen Dynamik, toll gefilmten und toll beleuchteten Aufnahmen. Aber der Kern des Films ist auch sein großartiger Soundtrack mit gesungenen Liedern von Bradley Cooper und Lady Gaga sogar in seinen Texten den Film perfekt ergänzt und unterstützt. Klar kann man dem Film vorwerfen, dass er im letzten Akt etwas zu ruhig wird und nicht mehr ganz die Dynamik der ersten beiden Drittel halten kann, aber das Finale hat mich emotional gepackt. Und der Film schafft es sogar in seinem Kern als Liebesdrama einen kritischen Unterton auf die Musikindustrie zu liefern. Ja, ich kann mir hier nicht verkneifen, den Film so gut zu finden, dass ich ihm gerne meine Höchstpunktzahl gebe. Und dafür habe ich dann auch mal gerne ein paar Tage mehr gewartet um ihn in einer Atmos-Vorstellung zu sehen, die sich auch technisch perfekt für den Film geeignet und gelohnt hat. Ich kann es kaum erwarten, ihn nochmal zu sehen.

„A Star Is Born“ - My First Look – 10/10 Punkte.
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Kleider machen Monster

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Der Hauptmann (Robert Schwentke, 2017)

An filmischer Aufarbeitung des Nationalsozialismus mangelt es dem deutschen Kino nicht, doch in diese Sparte will „Der Hauptmann“ nicht so recht passen. Mit jenem filmischen Kleinod nimmt sich Regisseur Robert Schwentke eines in den Lichtspielhäusern bislang kaum besprochenen Sujets an und wählt als Protagonisten den Deserteur Willi Herold, der 1945 durch Zufall in Besitz einer Hauptmann-Uniform gelangte. Was folgt ist eine Köpenickiade der besonderen Art, die sich mehr als cineastischer Essay und ästhetische Grenzerfahrung denn als filmischer Geschichtsunterricht verstanden wissen will. In Schwarz-Weiß erzählt Schwentke, wie Herold die Autorität, die ihm die Hauptmann-Uniform verlieh, ausnutzte, um versprengte deutsche Soldaten an sich zu binden und ein unerbittliches Killerkommando zu formen, welches in den zwei Wochen vor Kriegsende entsetzliche Gräueltaten beging.

Obwohl das Narrativ von „Der Hauptmann“ zeitlich chronologisch verläuft, verweigert sich Schwentke von Anfang an einer klassischen Erzähldramaturgie. Wer Herold ist, was ihn zum Deserteur machte und was im Folgenden seine Motivation sein wird, bleibt im Dunkeln. Schwenkte ist nicht an spezifischen Menschen interessiert, sondern an der menschlichen Natur selbst, für die seine Figuren als Platzhalter dienen. Gleich zu Beginn, wenn Herold in seiner frischen Uniform zum ersten Mal einem anderen Soldaten begegnet und dieser sich ihm schlagartig blind unterordnet, gelingt ihm eine brillant einfache Analogie zum Faschismus, in dessen Herzen sein psychologisch präzises Werk mit jeder Minute tiefer vordringt. Die Odyssee in die Untiefen faschistischer Mechanismen gerät ihm gerade deshalb so eindrucksvoll, weil sie seitens der Regie nahezu völlig unkommentiert bleiben. „Der Hauptmann“ lässt als künstlerisches Werk keine eigene Betrachtung seiner filminternen Geschehnisse erkennen, im Gegenteil: Eine zynische, kritische oder überhaupt subjektive Perspektive bleibt außenvor. Die technisch famose Kameraarbeit von Florian Ballhaus verliert sich dabei in totaler Nüchternheit. Nicht selten verwendet er die Gott-Perspektive, bei der die Kamera von weit oben auf das Geschehen blickt. Auch die Entscheidung, in Schwarz-Weiß zu filmen sorgt für zusätzliche Abstrahierung des Geschehens. Jede Handlung im Film wirkt stilisiert, überhöht, bringt aber dadurch die Hässlichkeit der Aktionen vermeintlich deutlicher zum Vorschein.

Dieser Kontrast zwischen betonter Objektivität und extrem künstlerischer Umsetzung sorgt für einen bemerkenswert verstörenden Sog, der seine Eskalationsstufen in klare Bilder verpackt. Spätestens als die „Leibgarde Herold“ im Strafgefangenenlager Aschendorfermoor einfallen, wird die Sichtung des Films zur unaushaltbaren Tortur. Mit Stilmitteln der Groteske nähert sich Schwentke den Brutalitäten seines 21-jährigen Protagonisten, der auch vor Massenerschießungen nicht zurückschreckt, um seine Gnadenlosigkeit zu untermauern. Dabei verwirklicht er einen Tötungsrausch, der morbide und explizit visualisiert wird. Gefangene werden von Sturmgewehren durchsiebt und in Stücke gerissen. In eindrucksvollen Totalen, die sich blitzschnell mit sensiblen Nahaufnahmen abwechseln, brilliert Max Hubacher in der enorm schwierigen Titelrolle, die ihn eine Palette an Zwischentönen zugesteht. Zunächst porträtiert er Herold als einen notgedrungenen Schauspieler, der in Folge immer mehr mit seiner Rolle verschmilzt. Seine furchtbare Entwicklung offenbart einen tiefen Blick in das pervertierte Gesellschaftssystem kurz vor Kriegsende. Seine verabscheuungswürdigen Taten rechtfertigt er vollkommen absurd mit einem fiktiven Sonderbefehl des Führers, der allerdings nie wirklich hinterfragt wird. An Hubachers Seite gefallen besonders Frederick Lau als ungestümer Soldat sowie Milan Peschel in der Rolle des zerrissenen Gefolgsmanns Freytag, der sich im Gefangenenlager dennoch irgendwann die Hände schmutzig machen wird. Identifikationspersonen bietet Schwentke keine und verzichtet so auf Klischees, sondern stellt seine inszenatorische Intensität über die Zuschauerbefriedigung.

Die Tatsache, dass der Film auf historischen Tatsachen beruht, macht „Der Hauptmann“ nur umso unbequemer und lässt ihn später beinahe zur Qual reifen. Filmisch gesehen ist das sicher hochgradig exquisit, weil es nie dem Irrtum erliegt, eine (vergangene) Geschichte (altmodisch) erzählen zu müssen. „Der Hauptmann“ ist ein moderner Film aus dem Jahre 2017 und nutzt moderne Mittel ohne Berührungsängste, um zu veranschaulichen, welche Irrwege der menschliche Überlebensinstinkt zu gehen bereit ist. Einem klaren Genre ist dieser beinahe filmtheoretische Ansatz nicht zuzuordnen, es mischen sich plakativ geschmacklose Exploitationsszenerien mit künstlerisch surrealen Metaphern. Sadismus und Menschenverachtung ließen sich anders auch nicht verpacken, zumal Schwentke wissentlich auf dem schmalen Grad zwischen Abstoßung und Faszination wandelt und die Grenze des Erträglichen bereits malträtiert. Auf durchaus intelligente Weise referiert er so auch sozial-philosophisch über die Gegenwart: Die psychopathische Indoktrinierung eines Menschen durch Macht darf als zeitlose Parabel verstanden werden, das Wirken der Männer im Vernichtungskrieg verdeutlicht, wozu die menschliche Natur im Stande ist, wenn sie durch keine äußeren Zwänge mehr gebunden ist. Herold und seine Bande töten, weil sie es können, weil keiner sie aufzuhalten gedenkt. Dazu passt auch die betont anachronistische Musikuntermalung von Martin Todsharow, der mechanische Industrial-Klänge nutzt, um die fortwährende Abstumpfung des humanistischen Selbst ästhetisch nach außen zu kehren.

Fazit: Kleider machen Monster! „Der Hauptmann“ ist eine anstrengende, teils unerträgliche Erfahrung nach historischen Fakten, welche als Melange aus stilisiertem Historienfilm, künstlerischer Reflexion und bissigem Gegenwartskommentar funktioniert und meisterhaft den Zuschauer aufzurütteln weiß. So wird der Blick auf ein vielen unbekanntes Kapitel der deutschen Kriegsvergangenheit gerichtet, welche heute wissenschaftlich angenehm entlastend oft als „Endphaseverbrechen“ tituliert werden. Willi Herold, auch „Der Henker vom Emsland“ genannt, dient dabei selbst nur als Aufmacher für einen erweiterten Themenkatalog über ein Land in Agonie, der allein durch cineastische Mittel seine Ausschraffierung erhält. Selten ist Kino so schmerzlich – und gerade deshalb so unbedingt sehenswert... ?

10/10



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Re: Zuletzt gesehener Film

8895
Da ist gar nichts unbekannt. Jeder, der in der Schule ein wenig aufpasst, kriegt dort mit, dass die "Endphase" des 2. Weltkriegs die vergleichsweise höchsten Opferzahlen brachte. Das gilt vor allem für den Holocaust, aber nicht nur für den.
Und der hier gezeigte "Hauptmann" ist mitnichten repräsentativ für das Verhalten der Wehrmachtsoldaten in den letzten Kriegswochen, die hatten da ganz andere Sorgen, als zum monströsen Killer zu werden.

Es ist ein alter Hut, dass manche Menschen denen man Macht über andere gibt, sich an dieser weiden und zum Monster mutieren. Dazu braucht es nicht mal eine Ideologie oder anderweitige Gehirnwäsche, auch wenn es damit womöglich noch schlimmer kommt.

In Kriegssituationen - wo häufig jegliche Hemmungen fallen - wird das dann noch extremer. Kann man für so gut wie jeden Krieg feststellen, man denke nur an Vietnam, oder noch nicht so lange her den Kosovokrieg. Die Liste liese sich endlos fortsetzen. Auch in der Antike wurden schon unvorstellbare Gräueltaten verübt (u.a. auch von den Römern oder der ARmee Alexanders des Großen).
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https://www.ofdb.de/autor/reviews/45039/