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von HCN007
Agent
Serienreview:
iHaveCNit: Cobra Kai (seit 2018)
aktueller eigener Stand: alle 3 verfügbaren Staffeln gesehen, über den Zeitraum des Wochenendes KW01 auf KW02 2021.
Irgendwann im eigenen Altersbereich, während ich die Klassen 8 bis 10 besucht habe, war ich selbst einmal im Karate-Verein und habe dort Shotokan-Karate trainiert. Völlig losgelöst davon habe ich auch irgendwann als die Karate Kid-Filme im TV liefen auch mal rein geschaltet. Klar ist die Reihe irgendwo im Bereich Kult einzuordnen, aber qualitativ gibt es hier und da sicherlich auch Abstriche und ein spürbares Gefälle zu beobachten – so dass wir uns sicherlich fragen müssen, ob es überhaupt eine Kung Fu-Variante mit dem guten Jackie Chan und Will Smiths Sohn Jaden gebraucht hat – und auch die Webserie „Cobra Kai“, die erst auf Youtube Originals lief, bis dann Anfang des Jahres alle 3 bisher verfügbaren Staffeln auf Netflix zu sehen sind. Und zu „Cobra Kai“ fällt mir ein guter Vergleich zu einer weiteren Filmreihe ein, bei der der gute Regisseur John G. Avildsen auch beteiligt gewesen ist. Wenn „Creed“ der „Rocky“-Reihe einen Bärendienst erweist, trifft das auch bei „Cobra Kai“ zur „Karate-Kid“-Reihe zu.
Einige Jahrzehnte nach seinem Verlust beim All-Valley-Karateturnier ist Johnny Lawrence ganz unten angekommen. Er säuft sich in die Tage rein, pöbelt bei seinen gelegentlichen Jobs als Hausmeister auch gerne mal rum, die Beziehung zu seinem Sohn liegt in Scherben und sonst befindet er sich in einer Mid-Life-Crisis wieder. Angestachelt durch eine Kette von Ereignissen jedoch nimmt er sein Leben wieder in die Hand und eröffnet ein erneutes „Cobra Kai“-Dojo, bei dem er nicht nur den vom Mobbing gebeutelten Miguel Diaz trainiert, sondern auch die Rivalität mit Daniel LaRusso wieder entbrennt, der mittlerweile im gut betuchten Viertel lebt und erfolgreicher Automobilverkäufer sowie Familienvater geworden ist.
„Cobra Kai“ ist als Serie großartig. Jede Staffel hat 10 Episoden mit jeweils ca. 30 Minuten Laufzeit und ist damit kompakt und kurzweilig für einen regelrechten Binge-Marathon geeignet. Sie schaut sich supergut und superschnell weg und bleibt darüber hinaus auch gut im Gedächtnis. Der Serie gelingen unglaublich viele Dinge in einer tollen Kombination. In so vielen unendlichen Details und Elementen wird Bezug auf die Filme genommen, ohne dass es sich wie purer Fan-Service, sondern absolut homogen anfühlt. Die Charaktere haben durch die ausgedehntere Laufzeit der Serie eine unglaublich tolle charakterliche Tiefe und Ambivalenz spendiert bekommen. Nahezu jeder Charakter, egal ob es sich um Johnny, Daniel und John Kreese oder auch die ganze Bandbreite an Jugendlichen handelt – hier allen voran Miguel Diaz, Johnnys Sohn Robby und Daniels Tochter Samantha sowie auch Daniels Frau Amanda und Miguels Mutter Carmen – ist großartig geschrieben und bekommt auch seine Zeit sich zu entfalten. Allgemein ist der Cast sehr divers und bietet sowohl großartige Rollen für Frauen, Lateinamerikaner, Afroamerikaner und Asiaten – ohne dass sich diese Diversität unhomogen und gar toxisch, sondern auch hier absolut homogen anfühlt.
Der Kontrast zwischen Tradition, Nostalgie und Moderne und daraus entstehende Konflikte werden hier sehr witzig und großartig eingeflochten, sowohl in Musik als auch vielen kleinen Details bekommen wir popkulturelle Referenzen geliefert. Dieser angesprochene Kontrast sorgt dann aber auch dafür, dass die Serie stellenweise moderne Trends bezüglich Gender Equality, Wokeness, Diversity und Political Correctness sowohl aufgreift als sich auch über sie lustig macht und kritisiert. Gerade weil die Serie und seine Charaktere bereits so divers besetzt und gut geschrieben sind, bin ich der Meinung, dass die Serie sich auch teilweise politisch inkorrekt verhalten darf.
Als jemand, der selbst einmal Karate trainiert hat komme ich aber nicht drum herum zu sagen, dass diese amerikanische Vollkontakt-Variante, die hier trainiert wird, durchaus auch stellenweise nicht so ganz sauber ausgeführt wird, ähnlich wie in den Filmen. Aber Hauptsache es sieht einigermaßen cool aus. Ich bin auf jeden Fall gespannt, in welche Richtung es in Staffel 4 gehen und wie die Serie noch bis zum Ende in Staffel 6 geführt wird. Welche Gastauftritte wir noch sehen werden ….
Aber bis dahin bleibt ja noch genug Zeit zum spekulieren und Luft ist noch nach oben.
„Cobra Kai“ - Staffel 1 bis 3 – My First Look – 9/10 Punkte.
"Weiter rechts, weiter rechts ! ..... "