AnatolGogol hat geschrieben: 28. Januar 2021 10:01
Freut mich, das er dir gefallen hat! Den Jazz-Score fand ich auch sehr passend und enorm Atmosphäre-unterstützend. Ebenso mochte ich das von dir treffend positiv gemächlich genannte Tempo, welches Erinnerungen an Polanskis Chinatown bei mich weckte, welcher sich ähnlich gemächlich bewegt, was angesichts der Fülle an inhaltlichem und figürlichen Content aber auch in beiden Fällen genau richtig ist. Willis setzt in Motherless Brooklyn gemessen an den diversen herausragenden Darstellern schauspielerisch sicherlich kein Ausrufezeichen (was er aber eigentlich seine ganze Karriere über nie tat, ähnlich wie z.B. Schwarzenegger ist er für mich ein Darsteller, der in erster Linie über sein Charisma und als Typ funktioniert), aber angesichts des ganzen DTV-Schrotts, für welchen er sich seit einem Jahrzehnt hergibt ist es geradezu eine Wohltat, einen so legendären und verdienten Darsteller endlich auch mal wieder in einem seinem (zumindest früheren) Status entsprechenden Film zu sehen.
Hier will ich lieber spät als nie nochmal einhaken - nicht zuletzt da mir Motherless Brooklyn nach einer Woche immer noch im Kopf feststeckt, toller Film! Erstens, der Vergleich mit Chinatown ist mir auch schon in den Sinn gekommen, und als jemand der Chinatown grandios findet aber nicht unbedingt überragend (aktuell 9 Punkte nach zwei Sichtungen) wage ich zu behaupten dass Brooklyn neu für mich auch qualitativ ein würdiges Gegenstück zum Polanski-Klassiker darstellt. Zweitens, was du zu Willis sagst stimmt natürlich, aber ich würde fast sagen obwohl der Film ein anderes Kaliber ist, so ist Willis' Auftritt per se witzigerweise gar nicht so untypisch für seine Rollenwahl der letzten Jahre.
Ein Auftritt als Mentor der in den ersten zehn Minuten ermordet wird und damit als motivierender Handlungsauslöser dient klingt doch eigentlich so richtig nach Willis-DTV-Müll

- natürlich unabhängig davon dass Motherless Brooklyn viel besser ist und ich mich keine Spur an Willis störe. Aber so ein kleines bisschen hat er sich eben schon eine Art Beigeschmack angeeignet, den er für mich mit diesem Film auch nicht losgeworden ist.
Je länger ich darüber nachdenke desto herausragender finde ich die beiden Konfrontationen Norton vs. Baldwin im Büro und im Badehaus. Vor allem die erste, wie da mit den riesenhaften Dimensionen des Saals, dem Stadtmodell und dem Dialog die archetypische Gigantomanie eines Bond-Superschurken beschworen wird ohne dass es den realistischen Ton des Films unterbricht ist klasse.
Irgendwie will ich den Film gleich noch mal sehen...