Sherlock Holmes: Spiel im Schatten(2011)
„Clarky, case reopened!“ Mit diesen Worten entließ Robert Downey Jr. als Sherlock Holmes die Zuschauer aus Guy Ritchies „Sherlock Holmes“ und machte eine Fortsetzung klar. Nicht lange nach der Veröffentlichung dieses Films wurde der zweite Teil gedreht und erneut setzte sich Guy Ritchie in den Regiestuhl: Zum Glück! Auch wenn der Film das offene Ende von Teil 1 nicht ganz aufnimmt, ist er doch um keine Spur weniger genial.
Schon im Vorgänger war vor allem Guy Ritchies Stil für den Film wichtig, da er den Zuschauern immer wieder einen holmesartigen Blick auf die Szenen gestattete und das schnelle Denken von Holmes so sehr stark zur Geltung kam. Und an diesem Stil hält er auch im Nachfolger unweigerlich fest und macht es sogar noch besser. Egal ob bei ruhigen Überlegungen oder rasanten Actionszenen, Guy Ritchie tobt sich richtig aus und baut seine Zeitlupen, Beschleunigungen und Rückblenden fantastisch ein. Auch kommt neue Stimmung durch den Ortswechsel von England über Frankreich und Deutschland zur Schweiz auf. So geht vielleicht der Charme des alten Londons verloren, aber es kommt frischer Wind auf. Und selbstverständlich tut auch Hans Zimmer das nötige, um den tollen Eindruck zu vervollständigen, der mit seinem grandiosen Soundtrack komplett überzeugen kann.
Auch darstellerisch ist alles auf hohem Niveau. Robert Downey Jr. und Jude Law sind als Holmes und Watson wieder wunderbar anzusehen, gerade im Zusammenspiel und bei den herrlichen Schlagabtäuschen, die sie sich immer wieder liefern. Noch herrlicher ist aber die Darstellung von Holmes´ größtem Gegenspieler, Professor James Moriarty. Jared Harris spielt ihn wirklich absolut klasse und gerade durch seine ruhige Art wirkt er wirklich bedrohlich. Auf jeden Fall ist er ein perfekter Gegner von Holmes, der es auf alle Arten mit ihm aufnehmen kann. Und die Dialoge zwischen Holmes und Moriarty sind einfach genial und durch so gut wie nichts zu überbieten. Diese Dialoge sind wahrscheinlich die besten, die es jemals bei den beiden Gegnern gab.
Die weibliche Hauptrolle wird diesmal von Noomi Rapace verkörpert. Sie spielt die Zigeunerin Madame Simzi gut und überzeugt, wenn sie neben den beiden Hauptdarstellern doch etwas blass wirkt. Aber es hat sich neben Moriarty noch eine zweite Figur aus dem Holmes-Universum in den Film geschlichen: Mycroft Holmes, dargestellt von Stephen Fry. Seine Darstellung und Erscheinung entspricht ziemlich genau der Darstellung in den Geschichten von Arthur Conan Doyle. Auch seine Schlagabtäusche mit seinem Bruder und anderen unterhalten und überzeugen. Man sollte dann aber nicht Paul Anderson als Sebastian Moran oder Kelly Reilly als Mary Watson vergessen, die ihre Rollen beide schön darstellen. Und auch Rachel McAdams hat als Irene Adler einen kleinen, aber feinen Auftritt.
Im Jahr 1891 erschüttert eine Reihe von Bombenanschlägen die Welt. Sherlock Holmes geht der Sache auf den Grund und so beginnt der Film gleich mit Holmes in Aktion. Nachdem er Irene Adler abgefangen hat, die ein Päckchen transportiert, wird er von mehreren Schlägern getroffen. Schon hier zeigt sich wieder das schnelle Denken von Holmes, als er in bewährter Zeitlupenmanier die Schläger erledigt.
Auch ist es sehr unterhaltsam, wie Holmes anschließend im Auktionsraum das Päckchen mit der Bombe sicherstellt und sich des Briefes von Adler bemächtigt.
Die Vorstellung von Moriarty beim Gespräch mit Adler ist ebenfalls sehr gelungen, wenn der kurze Auftritt von ihr doch schade ist.
Watson und Holmes fahren zu Watsons Junggesellenabschied, wobei auch hier die Beziehung zwischen den beiden wie schon im ersten Teil schön weiter auf die Probe gestellt wird. Auch Mycroft ist da und wird schön vorgestellt.
Holmes besucht Madame Simza, an die der Brief adressiert war und bekommt es dann mit einem Kosaken zu tun, der die Frau töten möchte. Hieraus folgt eine schöne und unterhaltsame Actionszene, an deren Ende Madame Simza verschwindet und Holmes einen betrunkenen Watson zu seiner Hochzeit fahren muss.
Kurz nach der Hochzeit trifft Holmes Moriarty an der Universität und es entspannt sich ein Dialog, herrlich wie sonst kaum einer. Ein toll geschriebener Dialog, bei dem man sich natürlich auch ein wenig bei Doyle bedient hat, und zwei grandiose Schauspieler ergeben eine fantastische Szene.
Moriarty hat es nun auf Watson abgesehen und will diesen samt Frau in einem Zug in Richtung Flitterwochen ermorden. Da kommt Holmes natürlich auch ins Spiel und die Actionszene im Zug ist absolut klasse, einerseits durch Guy Ritchies toller Inszenierung ganz im Holmes-Stil und andererseits durch das tolle Zusammenspiel von Robert Downey Jr. und Jude Law.
Es geht nach Paris, wo man Madame Simza in einem Zigeunerlager findet. Die Zigeuner werden ein wenig sehr klischeehaft dargestellt, aber das ist kein großartiger Kritikpunkt.
Man sucht Simzas Bruder Rene und findet heraus, dass ein weiterer Bombenanschlag geplant ist und Holmes vermutet sie in einer Oper. Aber er irrt sich, wodurch schön Moriartys Stärke gezeigt wird, da Holmes hier auch Fehler macht.
Sie reiten nach Deutschland, wobei amüsante Szenen durch Holmes´ etwas anderes Reittier entstehen.
In Deutschland bricht Holmes in eine Waffenfabrik ein, wird aber von Moriarty gestellt. Moriarty foltert Holmes, was auch schön dargestellt ist, während Watson sich mit Colonel Sebastian Moran eine wilde Schießerei liefert, an deren Ende ein ganzer Turm einstürzt.
Die Zigeuner fliehen mit den beiden Engländern von der Fabrik in einen Wald. Und in dieser Verfolgungsjagd durch den Wald zeigt Ritchie sein ganzes Geschick. Mit dem permanenten Wechsel der Geschwindigkeiten nimmt der Zuschauer jede Einzelheit des Geschehens auf und hat so im Grunde einen „Holmes-Blick“ auf das Geschehen.
Es gelingt ihnen, in einen Zug zu fliehen und dort droht Holmes aufgrund seiner Verletzungen zu sterben. Die Szene ist sehr emotional, als Watson Holmes wiederbeleben will und es schließlich schafft und gleichzeitig ist es auch sehr unterhaltsam, wie die beiden sich mal wieder gegenseitig kabbeln.
Nun geht es in die Schweiz zum Friedensgipfel, auf dem ein Attentat auf die führenden Männer Europas ausgeführt werden soll. Die Auflösung ist auch hier wieder raffiniert und auch insgesamt ist die Story um Moriartys Versuch, einen Krieg auszulösen, gut durchdacht, auch wenn das eigentlich gar nicht im Vordergrund steht, sondern vielmehr das intellektuelle Spiel zwischen Holmes und Moriarty.
So gelingt es zwar, das Attentat spannend zu verhindern und das überzeugt sehr, aber viel spannender noch ist das Schachspiel zwischen Holmes und Moriarty auf dem Balkon draußen, bei dem es eine Lust ist, zuzusehen, wie die beiden Kontrahenten sich gegenseitig zu übertrumpfen versuchen und Holmes auch die letzten unklaren Details des Falls eröffnet. Und dann kommt der finale Kampf zwischen den beiden, der zwar nur gedanklich stattfindet, aber dennoch toll inszeniert ist. Und die Endlösung des Problems, des letzten Problems, konnte man natürlich nur aus der gleichnamigen Geschichte von Arthur Conan Doyle nehmen. Auch das ist schön gezeigt.
Und die letzte Szene, in der Holmes Watsons Bericht ein Fragezeichen hinzufügt, ist ein genialer Einfall, um den Film zu beenden, und man fragt sich wirklich: „The End?“
Der zweite Teil von Guy Ritchies Holmes-Filmen steht dem ersten Teil in nichts nach. Auch er hat eine gute Story, die aber sogar komplett verblasst im Vergleich zu dem sehr viel wichtigeren Thema des Films: Dem Kampf von Sherlock Holmes mit seinem ihm intellektuell ebenbürtigen Gegenspieler. Das ist im ganzen Film hervorragend thematisiert und wird durch den genialen und unverkennbaren Holmes-Stil zusätzlich gewürzt, mit dem sich Guy Ritchie in den famosen Actionszenen so richtig austoben darf. Dazu noch fantastische Darsteller und ein toller Soundtrack und man hat einen weiteren sehr unterhaltsamen Film, der den Meisterdetektiv erfrischend neu belebt: „Case reopened – successfully!“
Punkte: (9,5/10)
Re: Sherlock Holmes
76"East, West, just points of the compass, each as stupid as the other."
(Joseph Wiseman in Dr. No)
(Joseph Wiseman in Dr. No)