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von Nico
Agent
Erstaunlich. Ich gebe unumwunden zu, dass ich TLD nie so richtig viel abgewinnen konnte. Klar, der Film hat Dalton, eine attraktive neue Moneypenny und auch sonst vieles, was man sich für einen Bondfilm wünscht, aber vor allem die – so hab ich sie immer empfunden – komplizierte Handlung und das Gefühl, der Film wäre irgendwie etwas verkrampft, sorgte bei mit dafür, dass ich nie vollends überzeugt war. Ganz anders diesmal!
Wo fange ich an? Am besten bei dem Mann, der ursächlich dafür ist, dass mir der frische Wind, der durch diesen Film weht, so gut gefallen hat. Timothy Dalton ist die vierte Verkörperung unseres Lieblings-Geheimagenten und er legt sie völlig anders an als sein direkter Vorgänger. Ernster, selten ein Grinsen auf dem Gesicht, keine großen Oneliner, bodenständiger – Timothy Dalton unterscheidet sich in seiner Bond-Interpretation fundamental von Roger Moore, was sehr erfrischend daherkommt. Unglücklicherweise hat das Drehbuch das noch nicht zu 100% verinnerlicht und Dalton muss noch so manche Dialogzeile von sich geben, die nicht wirklich zu der etwas härteren Gangart passen will. Sei es drum. Maryam d’Abo gefällt als weibliche Hauptrolle Kara Milovy, die Schurkenrolle ist aufgeteilt zwischen Jeroen Krabbe als Georgi Koskov, der wirklich herrlich schleimig fies spielt und Joe Don Baker als Brad Whitaker, der leider etwas blass bleibt. John Rhys-Davies als Pushkin macht Spaß, sehr unnötig und merkwürdig fehl am Platz ist jedoch tatsächlich Felix Leiter, diesmal dargestellt von John Terry.
Was ich an dem Film früher nie mochte, war die doch ein wenig komplizierte Handlung. Ich habe nie so ganz verstanden, wer da eigentlich warum wen hintergeht mit welchen Zahlungen von irgendwelchen Waffen, am Ende werden dann plötzlich Diamanten geschmuggelt und es kommen Opium und die Mudschahedin ins Spiel – der Film macht es einem zugegeben auch nicht ganz einfach, dem komplett zu folgen. Doch wenn man ein wenig mehr Hirnschmalz investiert, dann passt es schon.
Der Film macht vieles richtig. Etabliert einen neuen Bond in einem etwas „dreckigeren“ Umfeld, im kalten Ostblock, in Afghanistan, Tanger… Wirklich „schöne“ Locations gibt es nicht, selbst Wien, das ja eigentlich einiges hermacht, ist nicht gerade farbenprächtig eingefangen. John Barry, der ein letztes Mal den Soundtrack beisteuert, macht seine Sache richtig gut; der ganze Score ist fantastisch. Besonders das Leitmotiv des „Milchmanns“ Necros (auch eine sehr geile Szene mit den Milch-Bomben) als bedrohliche Vorahnung gefällt.
Auch die wohl dosierte Action ist toll. Das fängt schon mit der PTS an, in der wir erst einmal „rätseln“ dürfen, wer denn nun eigentlich Bond ist, geht weiter über Verfolgungsjagden zu Land, auf dem Eis und im Cellokasten und endet in luftiger Höhe.
Der neue Bond ist anders. Härter, weniger glamourös und kompliziert. Und vor allem macht er Spaß! Ein toller, neuer Darsteller für die Hauptrolle und eine ganz andere Atmosphäre als zuletzt machen TLD zu einem furiosen Filmabend!
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