Mission: Impossible – The Final Reckoning
(Habe den Film in der OV gesehen. Ein „finaleres“ Urteil kann ich mir vielleicht erst nach einer Sichtung der Synchro erlauben)
Kurz über meine Beziehung zu Mission: Impossible. Ich weiß, dass ich hier im Thread bei den letzten beiden Filmen recht kritisch war. Das bezieht sich aber eher auf die – wie ich fand – zu überschwänglichen Bewertungen, gerade in Abgrenzung zur Bond-Reihe. Ja, die Filme sind top-notch was die Produktion angeht, sie sind modern, groß, und haben teilweise großartige Action- und Stuntsszenen. Ich war aber immer der Meinung, dass das a) noch keinen großartigen Film macht, und b) die Bondfilme das meiste davon schon weit früher gezeigt haben, und sich eher bewusst von dieser Art des Action-Bombasts entfernt haben. Die Tatsache, dass Tom Cruise all seine absurden Stunts selbst macht, ist großartig, macht aber auch noch keinen guten Film und macht auch die Actionszenen an sich nicht per se besser für mich.
Dennoch, ich liebe alle M:I Filme. Habe jeden mehrfach im Kino gesehen. Vor allem Brad Birds vierter Teil hat es mir angetan. Er brachte Leichtfüßigkeit und Humor in die Serie sowie mehr vom Teamgedanken. Unter der Regie (und den Stories) von Christopher McQuarrie wurden die Filme komplexer, komplizierter, teilweise auch raffinierter – und dann mit Fallout auch noch mal deutlich länger. McQuarrie hat ein Faible für eineverschachtelte Erzählweise. Immer mal wieder zeigt er im Voraus was passieren wird und – umgekehrt – in Rückblenden was passiert ist. Mal ist das richtig raffiniert, und mal… kommt sowas dabei raus wie Final Reckoning.
Ich weiß nicht was McQuarrie beim Schreiben des Drehbuchs geraucht hat, oder was beim Schnitt in ihn gefahren ist. Doch sorry, das Ergebnis ist leider wirklich nichts. Es gibt im englischen einen schönen Ausdruck der Mission: Impossible – The Final Reckoning für mich perfekt zusammenfasst: „A convuluted mess“
Es fällt mir fast schwer in Worte zu fassen, wie sehr der Film in vielerlei Hinsicht völlig versagt. Ich glaube, es hängt vor allem damit zusammen, dass Cruise und sein Lieblingsregisseur bei aller Liebe zum Spektakel eines völlig vergessen haben: Das Publikum und die Unterhaltung.
Der wahrscheinlich/vielleicht letzte Film der Reihe vergisst leider wirklich völlig, dass das alles vor allem Spaß machen soll. Es liegt eine bedrohliche Schwere über allem, in den Bildern, in jedem Dialog, im Spiel aller Darsteller, und nicht zuletzt in einem teils unpassenden Score (der in seinen guten Momenten nur kopiert).
Fangen wir vorne an: Tom Cruise begrüßt uns direkt und kopiert damit seinen Ego-Trip von Maverick. OK, kann man mit leben. Rückbetrachtet jedoch ist es geradezu absurd, wie er dem Publikum beste Unterhaltung verspricht, und es dann für drei Stunden irgendwie links liegen lässt.
Die rund ersten 45 Minuten sind ein erzählerische Bankrotterklärung. Da wird anhand von Schnipseln ein Abriss über die ganze Serie (!) gegeben, bevor dann noch der Vorgänger irgendwie erklärt werden muss. Als sei das nicht genug, fühlen sich die gesamten ersten 45 Minuten seltsam konfus an. Rückblicke, Zeitsprünge, wechselnde Locations wo man teilweise gar nicht mehr weiß, wo wir jetzt eigentlich sind, Parallelhandlungen (bis zum Schluss). Über weite Teile des Films weiß man gar nicht: Sieht man jetzt die Ist-Zeit oder ist das wieder ein Rückblick. Alles fühlt sich wahnsinng opak an, als liege ein Nebelfilter über dem Film.
Was schon bei einigen der vorherigen Missionen ein Problem war, wird hier endgültig zum erzählerischen Endgegner: Das ständige Spiel von (komplizierter) Expositionen nur für die nächste Szene. Der ganze Film ist ein 170 Minuten langer Erklärbar. Doch nicht mehr nur VOR den großen Actionszenen wird erklärt. Nein jetzt auch währenddessen und nachher. Das liegt schlicht daran, dass die Handlung und jedes Element so völlig an den Haaren herbeigezogen ist, dass sich absolut nichts logisch ergibt. Ständig muss es uns erklärt werden, damit wir es zumindest für den Moment so glauben. Es gibt ganze Szenerien im Film, wo ich nur noch den Kopf schütteln konnte ob des absurden Wissensvorsprung den die Hauptfiguren immer dann haben, wenn sie ihn brauchen. Da weiß Benji ohne hinzusehen, wie man irgendwas entschärft oder wo genau sich was befindet in einer streng geheimen Örtlichkeit, wo er noch nie war. Der Film ist auch der am wenigsten innovative der Reihe. Fast jedes Element, fast jedes Gimmick, fast jede Erzählweise kennt man schon so aus den Vorgängern.
Doch nicht nur daran leidet der Film. Anders als erwartet (und vom großartigen letzten Trailer vermittelt), hat der Film erstaunlich wenig Action. Es gibt zwar immer wieder Faustkämpfe und kleine Schießereien, aber große Action-Setpieces gibt es eigentlich nur zwei und beide eher in der zweiten Hälfte. Wobei streng genommen die großartige Tauchsequenz keine Actionszene ist. Dennoch, oder gerade deswegen, ist sie ein spannender Höhepunkt. Man darf nur auch hier nicht über die abenteuerlichen Zufälle und Handlungskonstrukte nachdenken, die dazu führen, und die am Ende Hunts Überleben ermöglichen. Nein, wirklich nichts an diesem Film ist irgendwie glaubwürdig oder wahrscheinlich.
Dann kommt DIE große Stuntsequenz, die uns Cruise schon seit Jahren immer wieder in BTS Material gezeigt hat. Was Cruise da in der Luft treibt ist völlig absurd und lebensmüde. Sowas hat man in einem Film wohl noch nie gesehen. Ja, das ist krass, doch hat mich die Szene begeistert? Nein! All zu sehr hat man das Gefühl, dass das alles nur geschrieben und inszeniert ist, weil Cruise das so zeigen wollte. Auf mich wirkte es wie eine endlos in die Länge gezogene Zirkus Akrobatiknummer. Doch die finde ich in real schon selten gut, und abgefilmt noch viel weniger. Was aber echt gravierend ist: Der gesamte Showdown in seiner Struktur ist eine 100%ige Kopie des Fallout Showdowns. Dort Heli, hier Doppeldecker. Der Rest ist nahezu identisch vom Aufbau her.
Der Film schließt mit einem extrem schmalzigen Monolog (von „jemandem“) und lässt uns dann irgendwie sehr unbefriedigend mit seiner letzten Szene zurück. Ein enttäuschender Schluss. Sehr nüchtern und kalt.
Was ist mir noch aufgefallen:
- Cruises Form ist sehr stark. Ich behaupte, er war nie fitter, und kann auch bei 10 Minuten in Badehose nichts verstecken
- Hayley Atwell ist wieder eine Augenweide und stielt jede Szene. Leider leider jedoch.... wir kommen später dazu
- Die Einarbeitung von Elementen der früheren Filme (es gibt einige!) reicht von sehr nett (ein Charakter der wieder auftaucht und zwar in einer großen Rolle) bis hinzu extrem konstruiert (ein MacGuffin aus einem früheren Film wird einfach völlig umgedeutet. An alle die das bei Bond kritisiert haben: Bitte seid doch jetzt so ehrlich und gebt zu, dass es hier auch völlig an den Haaren herbeigezogen ist.)
- Die Widersacher: Die im Vorgänger so clever aufgebaute Entität baut hier leider stark ab. Man wusste offenbar nicht, wie man mit ihr weitermachen will. Was in Teil 1 mega schlau, durchdacht und bedrohlich wirkt, fällt irgendwie in sich zusammen. Dafür hat dann Gabriel noch mehr Auftritte. Seine Rolle wirkt hier sehr unklar.
- Überhaupt, ist mir die Motivation vieler Charaktere im Film nicht klar geworden, oder sie wechseln sie immer mal wieder
- Das Team: Ein großer Schwachpunkt ist, dass hier das Team weniger als Team arbeitet. All zu oft spielen verschiedenen Handlungen parallel, und vor allem Hunt mach lange Zeit sein eigenes Ding.
- Damit haben wir auch einen großen Schwachpunkt: Atwell und Cruise funktioniertem im Vorgänger großartig zusammen. Hier sind sie viel zu viel getrennt
- Thematisch ist die Handlung zu großen Teilen übrigens eine epische Version vom dritten Terminator
Ehrlich, dies ist der M:I Film, den ich am wenigsten gerne noch ein mal schauen werde. Es ist auch der Erste, dem ich Freunden nicht für einen Filmabend empfehlen werde. Ich finde, die Serie braucht einen Neustart. Eine Rückbesinnung auf alte Tugenden. Ich wünsche mir wieder kleinere, kürzere Filme, wo es wirklich auf Grips ankommt, und nicht so ein buchstäblich weltbedrohendes Szenario jeden Spaß mit seiner Schwere erdrückt. Ob mit Cruise oder ohne ist mir dabei egal.
Bewertung (vorläufig): 5 von10