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von Casino Hille
'Q Branch' - MODERATOR
Ein Mann läuft Patrouille. Die Kamera fokussiert dessen Hand. Wir sehen, dass der Zeige- und Mittelfinger böse Narben aufweisen. Es ist Kominsky, der Mann, den Bond in Skarres Büro in London noch mit einem Tacker bearbeitet hat. Er überquert einen Platz in Richtung des Spirituosengeschäfts von Miguel Gallo. Als er von rechts ein Rascheln vernimmt und zu seiner Waffe greifen will, ist es längst zu spät: Ruby steht hinter ihm. Mit einem Tritt in seine Kniekehle geht Kominsky ein Stück zu Boden. Ruby nimmt seine Hand mit den vernarbten Fingern und verdreht ihm diese auf den Rücken, wir hören das Handgelenk brechen. Blitzschnell donnert sie ihm Bonds Koffer ins Gesicht und befördert Kominsky ins Land der Träume.
Mit seiner Waffe im Anschlag schleicht sie durch das Spirituosengeschäft und erreicht das Hinterzimmer, in dem sich drei Männer befinden. Gallo sitzt in der Mitte des Raumes an einen Stuhl gefesselt, er ist voller Blut. Er wurde gefoltert. Ruby fackelt nicht lange: Sie rennt auf einen der Männer zu, der mit dem Rücken zu ihr steht. Noch im Rennen feuert sie drei Schüsse auf einen der beiden anderen Männer ab, sie trifft tödlich. Dann springt sie hoch und reißt die Füße nach vorne, sodass sie ihrem Gegenüber mit Anlauf die Beine in den Rücken rammt. Während sie auf ihren Rücken fällt, feuert sie in der Luft zwei weitere Schüsse ab und tötet den anderen Mann. Kaum liegt sie, wendet sie ihren Körper auch schon auf die Seite und platziert den letzten Schuss im Kopf des Mannes, den sie zu Boden getreten hat. Dann steht sie auf und geht zum gefolterten Gallo.
„Miguel, wo ha…?“ Sie stockt. Gallo hat schwere Verletzungen. Er wird nicht mehr lange leben. „Ru…“, stößt er hervor. „Miguel, wo ist James? Haben die gesagt, wo sie ihn hingebracht haben?“ Mit aller Kraft, die er noch hat, deutet Miguel ein Kopfschütteln an. „Die haben mich im Hotel erwartet und im Yachtclub war ich schon, da ist niemand mehr. Miguel, wo könnten die Bond hingebracht haben?“ Bei Miguel regt sich nur noch wenig. „Viejo“, murmelt er mit letzter Kraft. „Viejo…“, dann ist es vorbei. Ruby schließt ihm bedrückt die Augen. Langsam richtet sie sich auf und sieht auf dem Tisch eine Flasche Mamajuana von Gallos Eigenmarke stehen. Sie geht auf die Flasche zu, öffnet sie und will einen Schluck nehmen, als ihr Blick auf der Hinterwand des Zimmers verweilt. Dort hängt eine Karte von Santo Domingo und Umgebung. Eingezeichnet sind u.a. Sehenswürdigkeiten und besondere Stätten. Die Kamera zoomt auf einen Bereich weit außerhalb der Stadt: es ist die Goldmine, von der Miguel Bond erzählt hatte. Während die Kamera heranzoomt, lesen wir darunter den Schriftzug: „Pueblo Viejo Mine“.
Das Heranzoomen erschafft einen weichen Übergang für eine Panoramaaufnahme der Goldmine. Es ist ein gewaltiger industrieller Komplex, eingebettet zwischen grünen Hügeln und einer riesigen, abgestuften Baugrube, ein Labyrinth aus Lagerhallen, Baumaschinen, Förderanlagen und dazwischen immer wieder kreisrunde Wasserbecken. Die Anlage scheint an diesem Tag beinahe wie ausgestorben. Nur eine Kolonne von schwarzen Jeeps fährt über das Gelände auf eines der abgelegeneren Gebäude zu, einem kleineren Teil der Mine mit zwei riesigen Schornsteinen auf dem Dach. Heraus steigen mehrere muskulöse Schlägertypen, Octavia Wilde und mit einem Sack über dem Kopf und in Handschellen gelegt, James Bond. Sie betreten den Komplex, und Bond wird der Sack abgenommen. „Na, wie findest du meinen Zweitwohnsitz, James?“, fragt Octavia vergnügt. Bond schenkt ihr nur einen verächtlichen Blick. „Die Pueblo-Viejo-Mine besteht seit 1975, sie ist die ergiebigste Goldmine Lateinamerikas“, belehrt ihn Octavia und klingt dabei wie einst bei der Führung durch Skarres Komplex in London. „Wegen der schwächelnden Goldpreise Ende des letzten Jahrhunderts musste die Mine damals aufgegeben werden, 13 Jahre lang stand sie still.“
Sie führen Bond durch das Gebäude, eine Treppe hinauf und durch einen langen Gang mit mehreren Abzweigungen. Ganz geradeheraus kommen sie auf eine Brücke, die knapp unter der Decke der Halle verläuft. Bond sieht sich um. Mehrere Meter unter ihm sieht er allerlei Apparaturen, Förderbänder, verschiedene Fahrzeuge wie Gabelstapler und gepanzerte Wagen, und dann erkennt er, worauf sie zu gehen: Der Gang endet über einem mehrere Meter großen Behälter aus Edelstahl, der Reagenzglas-förmig aufgebaut und nach oben geöffnet ist. Es ist ein gewaltiger Schmelztiegel, größer als alles, was Bond bislang gesehen hat. „Das Herzstück der Anlage“, schließt Octavia ihren Vortrag und bleibt auf halber Strecke stehen. Bond wird von zwei Muskelpaketen hochgehoben. Direkt neben der Brücke verläuft eine Deckenschiene, die aussieht, als wolle man den größten Vorhang der Welt an ihr befestigen. Bonds Hände und Füße werden jeweils in eine kleine, elektronische Lasche verpackt. Mit dem Rücken nach unten, und mehrere Meter über dem Boden, hängt er nun von der Decke, als hätten ihn ein paar Höhlenmenschen übers Feuer gehängt.
Octavia stellt sich an ein Kontrollpanel. Bond sieht sich panisch um. Die Deckenschiene verläuft bis über den Schmelztiegel. „Ein goldener Geheimagent, ganz für mich“, bestätigt Octavia seine schreckliche Vermutung. „Ganz recht, James, in dem Behältnis dort ist flüssiges Gold. Und genau da wirst du auch gleich sein.“ Bond dreht den Kopf, aber es ist zwecklos. Aus den metallischen Befestigungen wird er weder seine Hände noch Füße befreien können. „Du fragst dich sicher, warum Skarre sich in diese Anlage eingekauft hat“, fängt Octavia wieder an, doch Bond denkt gar nicht daran, sie ausreden zu lassen: „Euer Lithografiesystem in London“, schlussfolgert er. „Das Gold verwendet ihr als leitfähiges Material für die Herstellung von Verbindungen und Schaltungen auf euren Mikrochips.“ Octavia grinst diabolisch: „Ich liebe es, wenn du so sexy sprichst, James“, sagt sie und schreitet an den Rand der Brücke. Bond hängt nun direkt neben ihr. Als wäre er Spider-Man und sie Mary Jane, drückt sie ihm einen umgedrehten Kuss auf.
„Ganz genau, James. Hier in dieser Mine gewinnen wir das Gold für unsere Chips, jedenfalls solange wir noch können. Diese Mine trägt vielleicht noch fünf Jahre lang Gold, dann werden wir umziehen müssen.“ Bond lacht hämisch auf: „Also ist alles hier nicht nur wahnsinnig leer, sondern auch wertloser als es aussieht. Ganz wie die Besitzerin.“ Octavias Blick verhärtet sich kurz. Mit einer Handbewegung weist sie ihre Männer an, sich in den Korridor, der zur Brücke führte, zurückzuziehen. „Sei kein schlechter Verlierer, James. Du bist nicht der Erste, der meinem Charme erliegt.“ Bond keift zurück: „Und bin ich der Erste, der auf deine aufgemalten Blessuren reinfällt?“ Octavia findet ihr Lächeln wieder: „Oh, die sind echt. Und sie sind wirklich von Malin.“ Sie nähert sich Bond. „Was soll ich sagen? Ich mag es eben etwas rauer.“ „Kleiner Vorschlag“, erwidert 007, „Hol mich von dieser Schiene runter und dann zeig ich dir, wie rau ich sein kann.“
Unten vor dem Gebäude nähert sich ein Leih-Roller der Mine. Ruby sieht die schwarzen Jeeps von weitem, steigt ab und nähert sich in einem kleinen Bogen der Mine. Als sie gerade an den Wagen vorbei ins Innere schleichen will, fallen ein paar Schüsse. Ein Wachposten hat sie von weitem entdeckt und das Feuer eröffnet. Sie zieht ihre Waffe, geht hinter einem der Wagen in Deckung und feuert zurück. Es sind drei Angreifer. Zwei davon erledigt sie, dann geht ihr die Munition aus. Mit Bonds Koffer als Deckung flüchtet sie in das Gebäude, hebt im Laufen eine Metallstange auf und geht hinter einem Stapel Kisten in Deckung. Der dritte Wachmann kommt ihr nach. Sie schlecht um den Stapel herum und attackiert ihn von hinten mit der Stange. Dabei löst sich noch ein Schuss, dann schlägt sie den Mann erfolgreich nieder. Sie hebt seine Waffe auf und kontrolliert: Munition leer. Dann bemerkt sie, dass weiter hinten im Raum die Tür zu einer Treppe offensteht, die offenbar in die Nebenhalle führt.
„Ohne mich werdet ihr die Beweise gegen Skarre nie finden“, sagt Bond, noch immer in derselben Position hängend. „Ach, die Festplatte ist bei der kleinen kanadischen Schlampe, deiner Freundin Ruby“, kontert Octavia kalt. „Wir finden sie. Und selbst wenn sie uns entwischt und die Aufnahmen veröffentlicht: Wir haben die Pressemitteilung längst fertig, in der explizit erklärt wird, es handle sich um KI-generiertes Material von Malins Geschäftsfeinden, die ihn diskreditieren wollen.“ Bond verengt die Augen zu Schlitzen: „Ein Restzweifel wird bleiben, vor allem bei den Kunden eurer App.“ Octavia geht rüber zu einer kleinen Schalttafel mit drei Knöpfen: „Sei dir sicher, James, dass das nicht mehr deine Sorge sein wird. Schau hier: Wenn ich auf den grünen Knopf drücke“, erklärt sie, „setze ich die Schiene in Bewegung und bringe dich über dem Schmelztiegel in Position. Mit dem roten Knopf öffne ich deine Hände und mit dem gelben Knopf deine Füße. Und dann heißt es: Bye-Bye-Bond.“ Sie lacht, als sie seinen Nachnamen ausspricht. „Da fällt mir gerade auf, nein, wie poetisch. Wusstest du, dass man die goldenen Drähte in unseren Chips auch ‚Bond-Draht‘ nennt? Es muss Schicksal…“ „Wenn du“, unterbricht Bond sie, „mit deinem Exkurs fertig bist“, nun wird er laut: „drück endlich auf den verdammten Knopf! Bringen wir es hinter uns.“ Gesagt, getan. Die Schiene setzt sich in Bewegung.
Ruby hat die Treppe erklommen und steht vor einer Tür. Sie schaut durch ein kleines Fenster und sieht dahinter den Gang, der zur Brücke führt. In ihm stehen die Wachmänner von Octavia. Da ihr die Waffen ausgehen, öffnet Ruby verzweifelt Bonds Koffer. Darin sind aber bloß ein paar Klamotten, sowie sein Föhn, ein Parfüm-Spray und ein … Rasierer? Echt jetzt? Dafür hat Bond sie ins Hotel geschickt? Dummerweise öffnet sich genau in diesem Moment die Tür und einer der Männer steht vor ihr. „Was willst du denn?“, ruft er und greift nach dem Elektrorasierer in ihrer Hand. Beide reißen eine Sekunde daran, wodurch sich der Kopfumsatz um 45 Grad dreht. Ruby kommt an den Knopf, der das Gerät einschaltet und schlagartig schießen mindestens 800.000 Volt durch den Körper ihres Gegenübers, der plump zu Boden geht.
Für drei Sekunden sind die anderen Männer im Flur und Ruby alle gleichermaßen irritiert. Dann greifen die Herren nach ihren Waffen und Ruby klappt den Koffer auf und hält ihn vor sich. Sie macht mehrere Schritte auf die Männer zu, die Kugeln prallen am Koffer ab, und Ruby rammt den vordersten Angreifer mit Wucht zu Boden. Mit dem geöffneten Koffer vor ihrer Nase fällt ihr etwas auf: der festgebundene Föhn ist ungewöhnlich lang gebogen. Es wird doch wohl nicht…? Schnell zieht sie daran, hält ihn vor sich in den Gang und schaltet ihn ein. Sofort feuert sie eine Ladung gestreuter Schrotmunition in den Raum und tötet vier Männer mit einem Schuss. Nur einer am Ende des Ganges steht noch, wurde aber ebenfalls leicht getroffen. Seine Waffe ist hinüber. Er stürmt schreiend auf Ruby zu, die entsetzt feststellt, dass der Föhn nur eine einzige Ladung innehatte. Mit einem gekonnten Tritt auf Kopfhöhe landet sie den ersten Treffer, doch ein Schlinger ihres Gegenübers versetzt auch ihr einen herben Schlag. Sie geht zu Boden und greift nach einem von Bonds Gürteln, seine Wäsche liegt mittlerweile im ganzen Flur verteilt.
Mit dem Gürtel drischt sie auf ihren Angreifer ein, der beim vierten Schlag das andere Endstück jedoch mit der Hand fängt und ihr so den Gürtel aus der Hand reißt. Dann stürzt er sich auf sie und beginnt, sie zu würgen. Sie versucht, ihn mit Schlägen ins Gesicht loszuwerden, doch er ist ihr körperlich weit überlegen. Mit ihrer Hand tastet sie am Boden entlang und bekommt das Parfüm-Spray zu fassen. Sie hält es dem Mann über ihr an den Kopf und pustet ihm ins Auge. Sofort lockert er den Griff und sie kann ihn von sich stoßen. Sie springt auf und dreht sich um, um weiterzukämpfen. Da sieht sie, dass der Mann ein paar Mal zuckt und dann regungslos liegenbleibt. Schockiert schaut sie auf das Parfüm in ihrer Hand. Just in dem Moment stürmen durch die Tür, durch die sie in den Korridor gekommen war, vier weitere Männer. Geistesgegenwärtig wirft sie denen das Parfüm zu. Es geht zu Boden, zersplittert und das Nervengas im Inneren wird freigesetzt. Sie dreht sich um, rennt durch die Tür am anderen Ende und schließt den Korridor hinter sich.
Jetzt steht sie aber auf der Brücke und Octavia direkt vor ihr. Sie verpasst ihr einen Faustschlag. Ruby kippt und droht, von der Brücke zu fallen und mehrere Meter nach unten auf den Hallenboden zu stürzen. Sie sieht Bond an der Schiene hängen, die ihn jetzt fast direkt über den Schmelztiegel gefahren hat. Dann tritt sie Octavia gegen ihr Schienbein und landet einen Fausttreffer. Bond spürt bereits die immense Hitze des flüssigen Goldes unter sich und sein Gesicht verzerrt sich vor Schmerz. Octavia und Ruby tauschen ein paar Schläge aus, nach einem davon geht Octavia kurz zu Boden. „RUBY, DIE KNÖPFE“, brüllt James, und Ruby eilt zur Schalttafel. „Erst den Grünen!“, schreit Bond. Sie drückt ihn und die Schiene stoppt. Da ist Octavia wieder auf den Beinen und stürzt auf Ruby, die im Fallen den roten Knopf erwischt und so Bonds Hände löst. Sein Oberkörper saust mit einem Mal nach unten und er hängt nur noch an seinen Füßen befestigt über dem Gold. Er schreit kurz vor Schmerz, dann beginnt er zu schwingen und stemmt in einer körperlichen Meisterleistung seinen Körper ruckartig nach. Mit den Händen ergreift er die Schiene.
Octavia liegt auf Ruby und schlägt ihr ins Gesicht, doch Ruby winkelt die Beine an und stößt Octavia von sich weg. Dann springt sie auf. „GELB!“, schreit Bond. Sofort drückt Ruby den entsprechenden Knopf und Bonds Füße sind frei. Unten in der Halle beim Schmelztiegel sind mittlerweile zwei weitere Wachleute erschienen und eröffnen von unten das Feuer. Ruby geht hinter der Schaltzentrale in Deckung. Octavia springt auf und schreit: „Ihr Idioten! Wollt ihr mich umbringen?“ Die Zeit hat Bond genutzt, um sich zwei Meter nach vorne zu hangeln und auf die Brücke zu springen. Er greift Octavia von hinten. Die rammt ihm ihren Ellbogen in den Magen, doch Bond kann ihr hinten aus der Hose ihren alten Revolver rausziehen und wirft ihn Ruby zu. Die eröffnet das Feuer auf die Wachmänner unten in der Halle. Octavia schlägt Bond erneut in die Magengrube, doch der kann sie am Arm packen, über seine Schulter werfen und verpasst ihr noch einen saftigen Tritt. Der reicht aus, damit sie von der Brücke fällt. Sie landet jedoch nicht im Schmelztiegel, sondern knallt mit der Hüfte an dessen oberen Rand. Es ertönt ein lautes Knack-Geräusch und sie wirbelt leblos an der Außenseite herunter und schlägt tot neben den Wachmännern auf, von denen Ruby grade den Zweiten erschossen hat.
„Geht es dir gut?“, fragt Bond und fasst Ruby vorsichtig ins Gesicht. „Alles okay, James. Gallo ist tot, die haben ihn erwischt“, erklärt sie. Dann guckt sie an ihm vorbei. „Wo ist Octavia?“ Bond zieht die Augenbraue hoch. „Ach, die ist mir verfallen. Jetzt komm, wir sollten hier raus.“
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Let the sheep out, kid.