Re: Der Hannibal Lecter Thread
16Interessant und nice zu lesen. Bin sehr auf deine Meinung zu den letzten 2 Filmen gespannt.
Dem würde ich wiedersprechen wollen, da mir Roter Drache mittlerweile um einiges weniger gut gefällt als bei Erstsichtung im Kino - ganz anders als beispielsweise Hannibal. Schweigen der Lämmer hat tendenziell eher gewonnen - und das obwohl ich ihn bereits beim ersten mal herausragend empfand. Roter Drache hat mit Ausnahme der schauspielerischen Leistungen einfach nichts was wirklich hängen bleibt, Story und filmische Umsetzung sind nett aber weit entfernt von der Bedrohlichkeit und der "Echtheit" von Schweigen. Die Entführungsszenen sind in ihrer Inszenierung denen von Ratners Film haushoch überlegen, wenn ich alleine an die Entführung im Van und die Szenen im unterirdischen Verlies denke. Die Entführung von Lounce funktioniert eigentlich dagegen nur wegen dem tollen Spiel von Fiennes und Hoffman, die Inszenierung ist sehr gewöhnlich. Noch gewöhnlicher ist die Inszenierung beim Finale im Dollarhyde-Haus und vor allem bei den finalen Szenen in Florida. Dagegen stockt einem durch die direkte und klaustrophobische Inszenierung von Demme bis zu allerletzten Sekunde der Atem.GoldenProjectile hat geschrieben:Deine Ansicht ist verständlich, da du immerhin zehn Jahre Zeit hattest, um dir Schweigen der Lämmer in deiner Wahrnehmung als Klassiker bzw. starker Einzelfilm zu festigen, bevor dann das „späte Prequel“ kam.
Aber sie muss ja auch plump wirken, da sie in einer Reihe steht mit Chiltons Angraberei, den Gaffenden Countypolicemen bei der Obduktion oder Multiple Miggs "Samenspende". All diese Szenen zeigen unangenehme männliche Avancen gegenüber Starling und charakterisieren sie insofern, dass siesich gerade auch deshalb in der Männerdomäne FBI durchsetzen will. Ein entscheidender Faktor für ihre Hartnäckigkeit, die sie letztlich den Fall lösen lässt. Der Insektenfreak darf deshalb nicht charmant rüberkommen.GoldenProjectile hat geschrieben: Gut, dass du die Szene mit den beiden Wissenschaftlern ansprichst, denn sie hilft mir, meine Wahrnehmung anschaulicher darzustellen. Die Szene ist ein gutes Beispiel für ein Buchkapitel das romangetreu abgefilmt wird, dabei aber irgendwie oberflächlich bleibt und nicht wirklich den Geist und die Tiefe der entsprechenden Romanstelle verströmt. Es ist der typische Fall, in dem der Film Details aus dem Buch übernimmt (das Spiel mit den Käfern, der exakt übernommene Eingangssatz, Pilchers Annäherungsversuch) ohne dass diese im Kontext des Films wirklich Sinn machen. Pilcher und Roden werden in der kurzen Szene nicht zu interessanten Charakteren ausgebaut (anders als bei Harris, dem dies in dem ebenfalls nicht besonders umfangreichen Kapitel meisterhaft gelingt). Kein Wunder also, dass die Anmache plump wirkt.
Schade.Maibaum hat geschrieben:Ich fand Roter Drache nicht so interessant.
Sieht nett aus, ich vertraue Mikkelsen.Casino Hille hat geschrieben:Erstes Promovideo zur neuen TV-Serie, sieht nach sehr düsterem Crime aus:
http://www.serienjunkies.de/news/hannib ... 893-2.html
Puhh, gar nicht so einfach. Blutmond ist schon ewig lange her. Hatte am Ende sehr lang In a Gadda da Vida was mir damals faszinierend unpassend vorkam.GoldenProjectile hat geschrieben:Schade.Maibaum hat geschrieben:Ich fand Roter Drache nicht so interessant.
Wie sehen die Filme (und wenn du willst auch die Romane) bei dir in Bewertungszahlen aus?
GoldenProjectile hat geschrieben:Auf DVD - Hannibal (2001)
Drehbuch: Steven Zaillian & David Mamet
Regie: Ridley Scott
Darsteller: Anthony Hopkins, Julianne Moore, Ray Liotta, Giancarlo Giannini, Gary Oldman, Frankie Faison
Natürlich habe ich nach der Lektüre des teilweise befremdlichen aber durchaus interessanten Abschlusses der Thomas-Harris-Reihe (bis jetzt noch ohne Hannibal Rising) auch den Filmgenuss nicht versäumt. Und was soll ich sagen, ich bin in Summe durchaus sehr zufrieden mit Ridley Scotts Version des Stoffes. Die zwei Stunden vergehen praktisch ohne Längen, lediglich wenn wir den Charakteren bei ihren Computerrecherchen über die Schulter blicken gerät das ansonsten sehr angenehme Tempo ein wenig ins Stocken. Scotts Regie bewährt sich insbesondere bei den Szenen in Florenz; die Stadt wirkt mit ihrem kultivierten Charme sehr atmosphärisch und von den edlen Sälen, Bibliotheken und Palästen profitiert der Film, kongenial unterstützt von Zimmers für ihn unkonventionellen und irgendwie beängstigenden Klängen. In diesem Teil ist auch die Ausführlichkeit der Szenen beachtlich, dafür wird beim Übergang von Florenz zum Finale keine wirkliche Geschichte erzeugt und die Vorgänge im Buch komplett durch ein Telefonat ersetzt. Auch der eigentliche Showdown ist ein wenig zu knapp geraten, wenn auch Vergers Ende durchaus nett aber irgendwie etwas erzwungen ist.
Der bizarre Nachklapp am Ende der Story ist Scott und seinen beiden Autoren hingegen besser, glaubwürdiger und nachvollziehbarer gelungen als Thomas Harris. Das groteske Mahl ist visuell prächtig inszeniert, verzaubernd und verstörend zugleich, exzellent musiziert und zudem fantastisch gespielt von Liotta. Und das Verhalten der Charaktere wirkt schlüssiger und letztendlich spannender.
Anthony Hopkins bekommt auf dem Papier zwar eine oberflächlichere und etwas überzeichnete Version seines Hannibals, geht aber wie gewohnt in der Rolle auf und führt die Figur des Doktors zu einem wie ich finde würdigen Abschluss (Abschluss wenn man die Filme wie ich in der Chronologie der Romane schaut). Julianne Moore halte ich für die bessere Starling als Foster; ihr nimmt man ab dass sie eine autonome und starke Agentin ist. Bei Oldman - wandlungsfähig wie eh und je - ist es, wie hier im Forum erst kürzlich wieder diskutiert, die Synchronstimme, die ihn zum Kasper macht, und nicht die an sich ganz gelungene Maske. Liotta mag ich sehr gerne, obgleich er den guten Paul noch etwas ignoranter und selbstgefälliger hätte anlegen können. Und Giannini ist geradezu prädestiniert für den Part des Inspektors Pazzi, ausserdem ist seine letzte Szene mit Lecter toll aufgebaut und ansehnlich gefilmt.
8 / 10
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