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Eine reflexierende Momentaufnahme zu »The world is not enough«
Mit Pierce Brosnans dritten Bond-Film habe ich immer schon so meine Probleme gehabt:
Zum einem ist es die nicht gegebene Symbiose zwischen First und Second Unit, die wie zwei Fremdkörper aneinander vorbeigehen.
Viele loben die Bootsverfolgungsjagd im Pre-Title stark aus, jedoch bekommt diese bei mir persönlich einige Punktabzüge, da ein Teil an Bildeinstellungen und Ideen-Umsetzungen schon in
John Woos »
Face/Off« vorhanden gewesen und fast identisch übernommen worden sind. Diese Phase von 1995 -1999 innerhalb des Franchise erweist sich in meinen Augen sowieso als sehr Woo-lastig, da ein Großteil der Baller-Orgien, die bei dem chinesischen Filmemacher als persönliche Handschrift gewertet werden können, zum Dauerzitat innerhalb dieses Zeitfensters in der Brosnan-Ära verkommen. Daher fand ich vor einiger Zeit die Information interessant, dass Woo ernsthaft für die Regie von »
GoldenEye« angefragt worden war, jedoch von sich aus abgelehnt hat. So befindet sich meines Erachtens ein ganze Menge Woo-DNA in diesen Bond-Filmen, welche jedoch mit der Vermengung von »Mission: Impossible II« dann auf der Gegenseite zum desaströsen Zitate-Gemenge wurde. Heute befindet sich
Nolan'sche Gepräge in den Bond-Filmen, so dass jedes Zeitfenster seine Konkurrenz-Vorbilder in den letzten gut 25 Jahren entsprechende Ehrerbietungen erwiesen hat, die umgekehrt auch oft erwiedert wurden.
Mit dem Drehbuch für »
The world is not enough« haben die Filmemacher versucht in Teilen Neuland zu begehen, indem statt der üblichen menschenverachtenden, selbstherrlichen Verbrechergestalten dieses Mal tragische Charaktere im Geiste Shakespeares die Handlung bestimmen sollten. Leider haben die damals neuen Drehbuchautoren Purvis und Wade am Ende eine Mischung mit Althergebrachten zusammenfliessen lassen, so dass sowohl Renard als auch Elektra nicht wirklich rund erscheinen:
Renard wirkt wie eine "Mini-Me"-Ausgabe von Red Grant und Elektra fehlt eine eindeutig emotional, gefühlte Positionierung zwischen gespielter, unschuldig zu beschützender Lolita und mörderischer Femme Fatale, die alle von vorne herein nur zur Narren gehalten hat - quasi eine Solitäre, die schließlich ihre Maske fallen lässt und zur dominaten Fiona Volpe wird. Statt in der Folterszene zu Ende des Films, Elektra weibliches Gebaren vernünftig aufzeigen, in dem sie deutlich zeigen darf, dass Bond von der erste Minute ab nur von ihr benutzt worden ist, eiert die Regie – für mich – eher unglücklich rum, indem hier der berühmte Goldfinger-Monolog während der Verhörszene mit dem Laser abgewandelt zitiert wird, wird dies jedoch von Sophie Marceau in kleinster Weise gelebt (= das Öl in meinen Adern). Elektras filmischer Abgang passt für mich zu einer Disney-Verfilmung, aber nicht unbedingt zu Bond.
Interessanter Weise hat es hinsichtlich dieser dramatischen Struktur in Sachen Drehbuch dann zwei weitere Filmfolgen später, ein Update gegeben, was den Input "tragischer Charaktere" dann um ein vielfaches gerechter wurde – in der Verfilmung von »
Casino Royale«, in welchem dann die beiden Hauptfiguren Vesper und Bond einem unausweichlichem Schicksal gegenüberstehen. Dies ist dann in sich perfekt gelöst worden, wogegen das ”Drama“ bei »
The world is not enough enough« für mich persönlich nicht wirklich Fisch noch Fleisch ist.
Hinsichtlich der weiteren Action ist die Skiverfolgungsjagd etwa – obwohl sie mit innovativen Einfällen aufzuwarten weiss - für mich auch nur ein merkwürdiger Zwitter, der von Willy Bogners Arbeiten meilenweit entfernt ist. Vielleicht ist das Handeln der Verfolger zeitweilig einfach dämlich umgesetzt, so dass trotz guter musikalischer Untermalung, keine wirkliche Begeisterung aufkommt.
Die weiteren drei großen Action-Baustellen können - kapriziös betrachtet - jede für sich als Abschlusspart eines Bond-Films verstanden werden, so dass gefühlt drei mal studiolastiges Finale ausgemacht werden kann, welches der üblichen Film-Action in anderen Werksbeiträgen wenig gerecht wird.
Auch der Bomben-Plott erweist sich für mich persönlich als merkwürdig suspekt. Erst wird groß und breit spaltbares Plutonium in Kasachstan gestohlen; dann folgt ein Scheinattentat auf eine Ölpipeline, bevor dann in einem Atom-U-boot eine Sprengung ausgelöst werden soll. Dabei wird mir dann nicht wirklich klar , warum vorher das Uran gestohlen wurde, da ich am Ende zu sehen bekommen, wie Nuklearstäbe des U-Boots "bearbeitet" werden und der Temperaturraum zum Kochen gebracht werden soll. [Das finale Geschehen von »
Dr. No« lässt reichlich grüssen]. Wozu also vorher der ganze Popanz mit dem anderen Material, wenn man dem Reaktorraum mit vorhandenem Stiften mal wieder zum Kochen bringen kann.
Daher landet dieser Bond-Film bei mir seltener im Player. Während bei den Ären
Sean Connerys und
Roger Moores die Favoriten doch bei der Fan-Mehrheit deutlich positioniert sind, erweist sich die Ära
Pierce Brosnans als ambivalent. Für mich hat(te) der Darsteller das perfekte Aussehen und in seiner Zeit als aktiver BOND war die Kritik in Fankreisen gegenüber seinen Filmen auch weitaus weniger dominant. So möchte ich diesen Beitrag auch nicht als Bashing verstanden sehen, da jeder Bond-Interpret seine Schwächen und Stärken für mich hat und auch die anderen großen Erfolgsdarsteller in der Rolle ihren Manko-Beitrag haben.
Bei
Pierce Brosnan ist es nun mal dieser Bond-Film geworden, der mir »nicht genug« gibt

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