Kung Fu Panda
Was will man als Regisseur beim Erstellen eines Kinder-Animationsfilmes eigentlich erreichen? Ganz klar: Die Zielgruppe der 6-14-jährigen soll befriedigt werden und mit einem verträumten Grinsen auf dem Gesicht das Kino verlassen. Doch müssen Erwachsene deshalb solchen Filmen grundsätzlich fern bleiben? Auf keinen Fall! Animationsfilme von den Pixar Animation Studios beweisen seit Jahren, dass auch Kinderfilme durch eine zweite Verständnisebene dazu fähig sein können, die älteren im Kinosaal zu begeistern. Auch bei Dream Works Animation ist man mittlerweile darauf gekommen, dass viele Eltern und Großeltern die Sprösslinge ins Kino begleiten. Um diese nicht zu langweilen, während die Kinder ihren Spaß haben, ist der 2008er Film "Kung Fu Panda" der Regisseure Mark Osborne und John Stevenson voller Anspielungen an das Eastern-Genre der 70er Jahre. Der richtige Ansatz?
Gar nicht so einfach zu beantworten auf den ersten Blick. "Kung Fu Panda" hat eindeutig seine Vorzüge. Die Optik, also die Animationen, die Bewegungsabläufe, die Details, die Eigenarten der Charaktere (besonders Po, Tai Lung, Oogway etc.), dass alles ist wunderschön gemacht und richtig farbenfroh aufgezogen, sodass sich nicht nur die Kinderaugen am tollen Setting satt sehen können. Dass die Animationen diese Qualität haben müssen, fordert aber schließlich auch die Handlung, denn dem Titel entsprechend hagelt es nur so vor lauter Actionszenen und schnellen Kämpfen. Diese sind erstaunlich hart und heftig, aber immer grade noch so kinderfreundlich genug gestaltet. Beispielsweise der Kampf auf einer Hängebrücke zwischen den furiosen Fünf und dem richtig schön diabolischen Gegenspieler ist atemberaubend und mitreißend choreographiert, ein wahres Kunstwerk an animierter Martial-Arts-Kunst. Toppen kann das nur wenig. Der Showdown ist natürlich eine ähnlich visuelle Bombe, aber das sollte man von einem Finale schließlich auch erwarten. Als Actionhöhepunkt stellt sich eine relativ frühe Szene heraus. Wenn Fiesling Tai Lung, gesprochen von dem männlich-klingenden Ian McShane, aus seinem Gefängnis ausbricht und sich durch 1000 (!) Nashorn-Wächter prügelt, ist das atmosphärisch nicht zu überbieten. Zwar fehlt einem ein wenig die Komik in diesen Momenten, wahrscheinlich war es aber genau richtig, diese anders zu platzieren.
Die Hauptgeschichte handelt schließlich von einem dicken Panda, der Kung Fu erlernen muss. Das bietet doch allein haufenweise Möglichkeiten für ein Feuerwerk an Ideen und spritzigen Witzen. Oder? Nicht ganz. Wirklich als innovativ stellt sich eigentlich keiner der Gags heraus, viel mehr garniert die Regie ihre Handlung mit viel Slapstick. Der zündet nicht immer, aber immer noch oft genug und bei den Kleinen sowieso. Wenn der tollpatschige und kautzig von Jack Black gesprochene Panda Po von allerlei Trainingsmaterialien (oder einer winzigen Gottesanbeterin) verdroschen wird oder immer wieder eine riesige Anzahl an Treppenstufen überwinden muss, ist dass wirklich lustig und niedlich inszeniert. Als wirkliches Problem muss man aber festhalten, dass bis auf Po, Tai Lung und den Kung-Fu-Meister Shifu (amüsant: Dustin Hoffman) die Charaktere allesamt nicht wirklich überzeugen mögen. Die furiosen Fünf sind austauschbar und bis auf ihre tierischen Eigenarten kalkulierte eindimensionale Störfeuer für Po, die ob ihrer geringen Screentime (besonders enttäuschend der kurze Auftritt von Jackie Chans Monkey) selbst die Kinderherzen nicht wirklich werden erspielen können.
Die erwähnten Anspielungen auf das Eastern-Genre für das erwachsene Publikum offenbaren das andere Problem von "Kung Fu Panda": die Geschichte. Dass die x-te 08/15 Story über den Tollpatsch, der über sich selbst hinauswächst, heute niemanden mehr vom Hocker haut, ist klar. Dass das alles unsagbar vorhersehbar abläuft und im Ablauf nichts neues bietet, ebenfalls. Aber davon abgesehen bieten Osborne und Stevenson erschreckend wenig. Keinen doppelten Boden, keine Metaebene, keine symbolische tiefere Bedeutung des Filmes, von der oberflächlichen Moral mal ganz abgesehen. Und bei diesen nicht vorhandenen Eigenschaften helfen dann eben leider auch die Eastern-Anspielungen nicht mehr. Diese fallen außerdem ohnehin gar nicht so komisch aus. Klar sind alle Klischees und Stereotypen irgendwo vertreten, aber wirklich mehr holen die Macher aus den großen Vorlagen nicht heraus. Ganz anders verhält es sich mit dem Soundtrack. Die Musik der Komponisten John Powell und Hans Zimmer bietet einen wahrhaftigen fernost-orientalischen Klangteppich mit einem einprägsamen Main-Theme, dass immer wieder bei großen Vorbildern zitiert, aber auch genug eigenes bietet. Das Einspielen der Melodien durch klassische asiatische Instrumente (z.B. Erhu) untermauert von Gitarren, die Tempobessesenheit und das epische Momentum in jedem Stück sorgen dafür, dass die Kompositionen derart stark sind, dass sie auch losgelöst vom Film funktionieren würden. Traumhaft!
Fazit: Kann man einem Kinderfilm vorwerfen, für Kinder gemacht zu sein? Vermutlich sollte man das nicht tun. Es wird immerhin niemandem so wirklich gerecht. Was kann man "Kung Fu Panda" allerdings ganz gezielt ankreiden? Eine schwache Story, die sich viel zu sehr auf Oberflächlichkeiten ausruht inklusive belangloser und austauschbarer Charaktere, die weder groß noch klein so recht begeistern mögen. "Kung Fu Panda" ist daher als Heer der Vorhersehbarkeiten sicher nicht unbedingt dafür geeignet, der baldige Lieblingsfilm von Papa oder Mama zu werden. Allerdings gibt es eben auch die Habenseite. Und da findet man eine grandiose und detailreiche Animation, die besonders in der Action ihre Stärken ausspielt, einen fetzender Sound, der oft an eine Disco-Variation der traditionellen chinesischen Melodien erinnert, einen lustig verpeilten Hauptcharakter, mit dem man gerne lacht und mitfiebert, eine unglaublich hohe und oft treffsichere Gagdichte und einen coolen Bösewicht, der sogar etwas Profil bekommt. Unterm Strich also brave Unterhaltung für die Jüngeren. Mehr erwarten sollte man allerdings nicht.
6/10
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Let the sheep out, kid.
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