der "Craig-Style"

1
Natürlich gab es von Darsteller zu Darsteller immer wieder auch verschiedene stilistische Veränderungen. Das drastischste Beispiel ist wahrscheinlich
Moore | Dalton bzw Dalton | Brosnan. Doch Craig brachte ja schon wieder etwas Neues.
Worin unterscheidet sich für euch der "Craig-Style" von den anderen Darstellern :?:

:D
Terra non est satis!
Est maximus! Est bonissimus! Est Bond!

2
Die stilistische Veränderung ist zunächst in dem jeweiligen Charakter und dessen Aussehen begründet.

Moore ist mehr der aristokratische, ironische Charakter, der Eleganz ausstrahlt, wie es bspw. Dalton so nicht könnte.

Bei einem Bonddarsteller wird das Äußere hoch gewichtet, was auch eine entsprechende Verhaltensweise verbindet. Moore würde ich den knallharten Killertyp und einem damit verbundenen Instinkt nicht wirklich abnehmen. Dalton schon eher.

Brosnan strahlt eine andere Eleganz als Moore aus, lässt aber durch seine, manchmal "weichere" und zudem schönere Ausstrahlung ein Töten konstruierter, stellenweise unglaubwürdiger erscheinen, obwohl er andererseits aus sich herauszugehen scheint und damit dem alles gelingenden Filmhelden die notwendige Glaubwürdigkeit eines Agenten mit der Lizenz zum Töten verleiht. Brosnan versteht es, die Haltung Bonds gegenüber dem Bösen umzusetzen: Ein Gegner muss dann legitim sterben, wenn Bond erkennt, dass es wirklich nicht anders geht. Leidet Bond, besonders unter körperlichen Schmerzen, wird auch der Charakter Brosnan ernsthafter, der Schönling ist zwar nach wie vor gut anzusehen, beginnt aber in der besonderen Situation aus sich herauszugehen, womit er selbst das Publikum in eine verständliche und gefühlsmäßig nachvollziehbare Situation versetzt und von sich überzeugt. Was vorher konstruierter wirkt, ist nun packender, schneller und suggeriert Spannung (Es wird für den Schönling unbequem und gefährlich. Er muss handeln. Wird er es schaffen? - Ein Restzweifel ist doppeldeutig und für den Verlauf der Handlung sinnvoll vorhanden).



Und Craig?

Craig sieht gut aus, wirkt aber nicht, als müsse er jemanden überzeugen, dass er den Abzug im entscheidenen Moment zögerlich bediente. Es hat eher den Anschein, als würde er diesen etwas schneller ziehen, als alle anderen Bonddarsteller zusammen (ungeachtet dessen, dass er in CR noch am Anfang seiner Karriere steht und teilweise weniger routiniert und mit mehr Selbstzweifel behaftet ist, als der spätere Bondcharakter).

Durch die vielen vormals unterschiedlichen Darstellungsweisen, hebt sich Craigs Bond durch eine rauhere, kühlere und manchmal durch eine Art ab, die altbekanntes in sich ironisch betrachtet. Bestes Beispiel ist die Frage nach der Zubereitung seines (altbekannten) Getränks, was er lapidar mit "Sehe ich so aus, als ob mich das interessiert", beantwortet. Spätestens jetzt merkt man die Andersartigkeit und was dem Publikum in diesem Moment zwar ein Gelächter entlockt, aber durch die Verwunderung auch etwas aufstoßen lässt, wie ein zu schnell konsumierter Martini.

Craig müsste, vergleichsweise zu Brosnan, das Publikum überzeugen, dass er auch im Stande ist, Gefühle zu zeigen. Ein Rohling, der nur durch die Wand geht, wäre auf Dauer kein sinnvoller Bond. Wie uns alle, prägt uns das Leben.

Das hervorragende an dem Charakter, wie Craig ihn verkörpert, ist die Art, wie ein Charakter durch die gegebenen Situationen geschliffen wird und ihn sogar menschlicher und sympathischer erscheinen lässt. Ebenfalls wie Brosnan wird er gezielter, überzeugender, jedoch zu Brosnan absolut konträr. Brosnan wird vom Schönling zu einem überzeugenden, handelnden Killer, Craig von einem überzeugenden Killer zu einem Mensch mit sympathischen, "schönen" Eigenschaften (Gefühle zeigen, gezielt ernsthafter, menschlicher, vernünftiger, selbstreflektierter, aber dennoch gefährlich...).

Manchmal wirkt es so, als müsse er als Mann, der seine Gefühle erkennt, erst damit zurecht kommen, auch seine Kräfte entscheidend zu kontrollieren. Rache lässt ihn fühlen, aber ihn auch kraftvoll um sich schlagen, womit er erst lernen muss, diese sinnvoll in Einklang zu bringen. Dieses traut man ihm aber zu, was ebenfalls für den nächsten Teil von "QoS" entscheidend ist.
Diese "Schwäche" die Bond (durch-) lebt, ist treffend über eine verwundbare Stelle realisiert worden - die Beziehung zu einer Frau. Das regt aber auch seine Selbstfindung an, was sich nachhaltig positiv auswirken dürfte.

Auch wirkt er zunächst egoistisch, ungehobelter, was man an dem Einbruch in Ms Wohnung sieht. Er lernt, was es heißt, in seine Schranken gewiesen zu werden, was er weder gewöhnt ist, noch für möglich hält (dennoch ein Vertrauen oder Respekt zu einer ihm vorgesetzten Person entwickelt und hierdurch lernt).

Craig ist vielseitig und trifft wohl auch den Zeitgeist. Er stahlt eine "Coolness" aus, eine Härte, sieht dazu jedoch gut aus und ist lernfähig. Er ist nicht der plumpe Schläger und Mörder, sondern der sich entwickelnde immer intelligenter werdende Agent, mit dem man mitleiden, mitfühlen kann und dennoch den heutigen notwendigen Anteil an Action erleben kann.
Gefühle bei Männern sind ohnehin im sozialwissenschaftlichen Gespräch und Craig als ein kantiger männlicher Charakter, verkörpert zudem den schwierigen Spagat zwischen männlichen Rollenklischee, Gefühle nach Außen tragen, sie vielleicht aber doch lieber nach innen zu "fressen", um seiner Härte keine Verwundbarkeit zu ermöglichen (was die nach innen gekehrte Haltung, die eigenen Gefühle mit sich selbst aus zu machen, eher kontraproduktiv erscheinen lässt und zur Verschlechterung beiträgt; bspw. Rache als scheinbar einzige Möglichkeit).


Craig bringt also schon einiges mit, das in dieser Rolle von Vorteil ist, oder auf ihn zugeschnitten werden kann. Er trifft zunächst bei dem Publikum auf ungewohnte Haltungen, manchmal sogar Abneigung, kann aber das Blatt wenden, je mehr man sich mit ihm und dem dargestellten Charakter beschäftigt.

Er lässt darüber hinaus das gesamte Bondszenario moderner erscheinen, was nicht zuletzt auch mit dem Produktionsteam verbunden zu sein scheint.


Ciao,
GE
Film: "Die Hälfte von allem ist Glück, James. Und die andere Hälfte? Schicksal." (006/Alec Travelyan und James Bond 007, aus: "GoldenEye", 1995)
Roman: "Wen die Götter vernichten wollen, den liefern sie zuerst der Langeweile aus." (007 in: "Liebesgrüße aus Moskau", 1957)

3
Zu nächst hat für mich kein Bond-Darsteller einen Style, sondern Stil. Das ist mittlerweile ein sehr großer Unterschied. :wink:

Für mich ist Craig der Neuzeit-Connery.
Das fängt bei seinem Äußeren an. Er ist nicht der Schönling wie Brosnan oder Lazenby, sondern der animalische, Gutaussehende Kerl wie eins Connery eben. Dieses animalische haben nur die beiden, was sicherlich zu einem Teil an ihren trainierten Körpern liegt
Was den Charakter angeht, so beginnt die Ähnlichkeit der beiden Darsteller für mich erst auf den Bahamas. Vorher handelt Craigs Bond, wie oben schon angedeutet, teilweise ziemlich unprofessionell und chaotisch, womit man seine Unerfahrenheit am Anfang seiner Karriere zeigen wollte, was ich nicht unbedingt nötig fand.
Des Weiteren handelt es sich ja gerade mal um seinen ersten Film und er wirft jetzt schon mit den größten Bond-Klischees nur so um sich. Längste Screentime im Dinner Jackett. Martini on mass - 3 Vespers und 2 Wodka Martinis von 12 Drinks insgesamt und fährt gleich 2 Astons.
Es fehlen nur noch die Zigaretten und wir sehen ihn schon in seinem dritten Bond in Shrublands.
:roll:

4
Ganz nüchtern und einfach: Alle Darsteller bis und mit Brosnan haben den Bond-"Style" mit Stil, Witz und Charme, manchmal von dem einen etwas mehr, vom andern weniger. Craig hat lediglich einen Agenten-Stil ohne Charme und Witz und sieht auch noch total unbondig aus, sowohl das viel zu harte Gesicht und die Haare als auch die lächerlich übertriebenen Muskeln. Kein Zweifel, Craig spielt einen sehr guten, menschlichen Agenten, doch als Bond ist er zumindest bis jetzt fehl am Platz. Mal sehen was noch kommt.

5
Ich stimme GoldenEagle in allen Punkten zu, was mir einiges an Text erspart. :wink:
Allerdings denke ich, dass Craig gerade in die Bond-Rolle passt, da er eben, wie 007James Bond unmissverständlich darlegt sehr "Connery-haft" wirkt.
Terra non est satis!
Est maximus! Est bonissimus! Est Bond!

7
...kommt drauf an wieviel er, bzw seine Aussage, wiegt!

Und dank meiner göttlichen und unfehlbaren Fleming Kenntnissen, kann ich sagen, seine Aussage ist weder Gewichtig, noch sonderlich Sinnvoll!
„Wer sagt: hier herrscht Freiheit, der lügt, denn Freiheit herrscht nicht.“
Erich Fried

8
Chris hat geschrieben:...kommt drauf an wieviel er, bzw seine Aussage, wiegt!

Und dank meiner göttlichen und unfehlbaren Fleming Kenntnissen, kann ich sagen, seine Aussage ist weder Gewichtig, noch sonderlich Sinnvoll!
Es ist nun mal meine Meinung...

Und der Film-Bond ist nun mal ein anderer als der Fleming-Bond.
Zuletzt geändert von Martin007 am 24. August 2008 22:03, insgesamt 1-mal geändert.

9
Martin007 hat geschrieben:der Film-Bond ist nun mal ein anderer als der Fleming-Bond.
Jain. Was den Film-Bond und den Fleming Bond zu Beginn der Reihe unterschied, ist der Humor, aber sonst waren sie sich gar nicht so unähnlich.
Während Flemings Bond so gut wie keinen Humor hatte, hat der Film-Bond relativ früh angefangen immer wieder Einzeiler abzulassen. Hier darf man jedoch nicht mit der deutschen Synchro, die wesentlich mehr Sprüche enthält, rechnen (vor allem bei Feuerball oder auch OHMSS).
In Flemings YOLT hingegen wird Bond in Sachen Humor seiner Leinwandversion immer ähnlicher. YOLT erschien im gleichen Jahr wie EON's Goldfinger und kurz nachdem Fleming TMWTGG schrieb.
Jedenfalls änderte sich das mit EON's DAF drastisch. Bond ist spätestens hier unfehlbar und endgültig Larger-than-Life. Roger Moore setzte das dann in unterschiedlicher Größenordnung fort und Flemings Bond war endgültig von der Bildfläche verschwunden.
Dalton mischte die Karten wieder neu und lag einen modernen Fleming-Bond, der deutlich weniger Humor hatte hin. Schade das es nur zwei wurden... .
Was Craig und Flemings Bond verbindet, sind nicht nur die stahlblauen Augen oder die Körpergröße, sondern auch (bis jetzt) das verletzbare, was bisher fast gar nicht genutzt wurde.

10
In einem Sstz: Von Dr.NO bis TB ist der Film Bond der Fleming Bond, ebenso in OHMSS, stellenweise in FYEO und ganz klar in TLD, LTK und in CR!

Ausserdem langweilt mich dieser Satz: "Es ist nun mal meine Meinung...", das ist eine schlechte Ausrede für...keine Ahnung haben!
„Wer sagt: hier herrscht Freiheit, der lügt, denn Freiheit herrscht nicht.“
Erich Fried

11
@Chris
Er mag Daniel Craig nicht. Daher hat auch kein gutes Wort für ihn übrig.

Wenn Daniel Craig so schlecht als Bond sein sollte. Warum wurde er dann für die Rolle gecastet? Die Produzenten müssen sich doch was dabei gedacht haben.

Daniel Craig hat den Vorteil, dass er sehr wandlungsfähig ist und auch kleidungstechnisch alles tragen kann. Er hat ja schon einige Mode-Shootings hinter sich gebracht. Aber hauptsächlich wurde er wegen seinem schauspielerischen Können gecastet. Babara Broccoli hatte ihn in einer Theateraufführung gesehen und wollte den Kerl für die Bondrolle haben.

12
Chris hat geschrieben: Ausserdem langweilt mich dieser Satz: "Es ist nun mal meine Meinung...", das ist eine schlechte Ausrede für...keine Ahnung haben!
Das einzige was hier langweilt, ist diese Erklärung von dir.

Ich denke nicht dass ich keine Ahnung habe. Wenn mir Craig nun mal nicht so zusagt wie die anderen Darsteller dann solltest du das auch akzeptieren so wie ich deine Meinung auch akzeptiere - und dich nicht mit Unwissenheit beschuldige.

@Daniel: Ja, Craig hat ein wirklich gutes schauspielerisches Können. Das hab ich aber bereits erwähnt.

13
Martin007 hat geschrieben: @Daniel: Ja, Craig hat ein wirklich gutes schauspielerisches Können. Das hab ich aber bereits erwähnt.
Und deswegen hat der Kerl die Rolle bekommen. ;)

14
Daniel_Craig hat geschrieben:
Martin007 hat geschrieben: @Daniel: Ja, Craig hat ein wirklich gutes schauspielerisches Können. Das hab ich aber bereits erwähnt.
Und deswegen hat der Kerl die Rolle bekommen. ;)
Trotzdem sagt mir sein "Stil" bisher weniger zu. Was gibts daran auszusetzen? Und wie schon erwähnt das Aussehen. Aber wir werden ja sehen wie er sich entwickelt. Moore brauchte auch drei Anläufe um sich richtig in die Rolle einzuleben.

15
Martin007 hat geschrieben:
Daniel_Craig hat geschrieben:
Martin007 hat geschrieben: @Daniel: Ja, Craig hat ein wirklich gutes schauspielerisches Können. Das hab ich aber bereits erwähnt.
Und deswegen hat der Kerl die Rolle bekommen. ;)
Trotzdem sagt mir sein "Stil" bisher weniger zu. Was gibts daran auszusetzen? Und wie schon erwähnt das Aussehen. Aber wir werden ja sehen wie er sich entwickelt. Moore brauchte auch drei Anläufe um sich richtig in die Rolle einzuleben.
Mir musst du es nicht erklären. Jeder hat seine Meinung zu den jeweiligen Schauspielern. Das ist auch gut so.

Warten wir doch einfach mal QoS ab. Mal sehen, was Daniel Craig und auch Marc Forster aus Bond gemacht haben. ;)