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von 00T
Agent
Iron Man 2(2010)
Wie schafft man es, einen Nachfolger zu einem Film zu drehen, der qualitativ an den Erstling heranreicht? Natürlich, indem man die Stärken des Vorgängers im Nachfolger erneut einbaut, allerdings immer mehr und besser als vorher. Das ist eine Regel, die bei Sequels immer zu gelten scheint und manchmal hat man damit Erfolg und manchmal eben nicht. Als Jon Favreau sich zum zweiten Mal für den eisernen Mann hinter die Kamera setzte, war ihm klar, dass man auf jeden Fall auf die größte Stärke des ersten Films setzen musste und wer konnte das anders sein als Robert Downey Jr.?
Selbstverständlich kann ein guter Film nicht allein vom Hauptdarsteller getragen werden, weshalb Favreau sich auch filmisch wieder hervortun musste. Frei nach dem Motto „Schneller, höher, weiter“ gestaltete er seinen Film vor allem inhaltlich deutlich komplexer als vorher. So macht er während des Films immer mehr Fässer auf, deren Handlungsstränge er den Film durch bis zum Finale langsam, aber sicher zusammen führt. So etwas kann leicht schiefgehen, was man bei zahlreichen Bespielen anderer Filme sehen kann, deren Handlungsstränge sich zu schnell ineinander verheddert haben und der Film sich dann in diesen verliert. Dieser Gefahr geht Favreau jedoch geschickt aus dem Weg und meistert diese Hürde sehr gut. Was in einem „Iron Man“- Sequel natürlich fast genauso wichtig ist wie die Story, ist die Action. Von dieser gibt es zwar wie im Vorgänger schon nur drei große Actionszenen, aber erneut setzt Favreau eher auf Qualität denn auf Quantität. Und diese zeigt sich auch wieder durch eine grandiose Optik der Anzüge und anderen Gadgets, die dort so durch den Film schwirren.
Tony Stark mag sich vielleicht als Superheld geoutet haben, aber auf seinen Charakter hat sich das kein bisschen ausgewirkt, wie man erkennt, da Robert Downey Jr. die exzentrische Seite seines Charakters viel zu gut darstellt, als dass man diese missen würde. Ein Musterbeispiel eines Superhelden ist Stark wahrlich nicht, da er weder vom Trinken noch von bissigen Kommentaren die Finger lassen kann, selbst wenn er bei einer Senatssitzung dabei ist oder Partys veranstaltet, bei denen er sich nicht mal zu schade ist, seinen Anzug öffentlich als Toilette zum Mitnehmen zu präsentieren. Dabei artet es jedoch nie in totale Alberei aus und der Charakter besitzt immer noch genug von der Ernsthaftigkeit, die er braucht. Aber bei aller berechtigter Lobhudelei auf Downey Jr. darf man die anderen Darsteller nicht vergessen.
Mickey Rourke ist als Ivan Vanko ein bereits körperlich überzeugender Schurke, der auch durch seine zusätzlichen Waffen, elektrische Peitschen, als ernst zu nehmende Bedrohung erscheint. Dabei braucht Rourke gar nicht viele Worte, um seinen Charakter direkt zu Anfang des Films ebenfalls zu einer tragischen Figur zu machen, die sich nicht nur den Abscheu, sondern auch eine Weile das Mitleid des Zuschauers sichert.
Anders ist es bei dem zweiten Gegenspieler Starks, bei dem es sich um den Waffenhersteller Justin Hammer, dargestellt von Sam Rockwell, handelt. Rockwell legt seinen Charakter sehr schön schmierig fies und auch narzisstisch angehaucht an, wodurch er auch durch die Beziehung seiner Figur zu demselben eine Art Anti-Tony-Stark darstellt.
Don Cheadle gibt derweil Starks Weggefährten und Freund James Rhodes, der diesmal ebenfalls in einen Anzug schlüpfen darf, solide, während Gwyneth Paltrow als Starks jetzige Geschäftsführerin wieder mit diesem anbändeln darf und vor allem im Zusammenspiel mit Downey Jr. sehr überzeugt.
Um den Film jedoch auch als weiteren Weg zum großen Helden-Aufeinandertreffen zu zeigen, wurde hier die Organisation S.H.I.E.L.D. durch drei Charaktere vertreten: der bereits aus dem Vorgänger bekannte Agent Coulson kommt hier eher selten und ohne nennenswerten Story-Beitrag vor und hätte genauso gut weggelassen werden können. Vermutlich wollte man nur eine Verbindung zu der After-Credit-Scene schaffen, die auf den nächsten Film hinweisen sollte. Samuel L. Jacksons erster richtiger Filmauftritt als Direktor Nick Fury kann hingegen überzeugen und er wird gut in den Film integriert, genauso wie die Figur der Agentin Natasha Romanoff, die von Scarlett Johansson schön verkörpert wird und auch im Zusammenspiel mit dem von Jon Favreau selbst dargestellten Leibwächter Starks zu überzeugen weiß.
Das erste Drittel des Films knüpft langsam die ersten Handlungsfäden und stellt alle neuen und alten Figuren vor. Dabei zeigt der Film im Grunde nur die einzelnen Stränge und springt zwischen ihnen hin und her, aber mit Erfolg. Zudem ist die Handlung interessant, so hat Tony Stark, bevor seine beiden Widersacher wirklich gegen ihn vorgehen, schon zwei große Probleme: Zum einen sind seiner Anzüge in Gefahr, vom Militär konfisziert zu werden und zum anderen schwebt Tony wegen einer Palladium-Vergiftung langsam, aber sicher in Lebensgefahr. Doch gerade das bewegt ihn dann dazu, einen Rennwagen in Monaco selbst zu fahren, der dann jedoch von Ivan Vanko attackiert wird. Der Kampf zwischen Iron Man und Vanko ist überragend inszeniert und hält den Zuschauer gebannt vor dem Bildschirm. Nicht umsonst ist diese Szene auch schon die beste Actionszene im Film, was möglicherweise problematisch ist, da die Qualität der Actionszenen leider auch noch mit jeder weiteren dieser Szenen nachlässt.
Das zweite Drittel führt die Handlungsfäden weiter zusammen und entwickelt sie auch weiter. So fangen die beiden Gegenspieler Starks an, zusammenzuarbeiten und Stark findet mehr über Vanko heraus, merkt aber auch, wie sich sein Zustand merklich verschlechtert und beschließt daher, es bei einer Feier nochmal richtig krachen zu lassen. Da sein Freund Rhodes das nicht zulassen will, endet die Party in einer ordentlichen Prügelei der beiden, die zwar nicht an die Qualität der ersten Actionsequenz heranreicht, aber trotzdem auch durch Witz überzeugt, wenn Stark und Rhodes sich gegenseitig den Hintern versohlen. Am Ende fliegt Rhodes mit dem Anzug weg und lässt diesen von Hammer waffentechnisch bestücken.
Nun werden die S.H.I.E.L.D-Leute eingeführt und liefern Tony mehr oder weniger die Lösung für sein Gesundheitsproblem, womit der Iron Man wieder einsatzbereit ist und für das Finale bereit ist. Das nähert sich nämlich durch den Vertrauensbruch Hammers zu Vanko, den Rockwell in einer tollen Szene Vanko gegenüber erklärt. Als Reaktion sabotiert Vanko die von Hammer vorgestellten Drohnen und leitet so den Showdown ein.
Dieses Finale ist dann leider etwas enttäuschend, da die vorher so herrliche Abwechslung hier durch ein eintöniges CGI-Geprügele, das effekttechnisch zwar über alle Zweifel erhaben ist, jedoch kann das nicht die Eintönigkeit und Langatmigkeit dieses Finales hinwegtäuschen, was relativ schade ist.
Das Ende ist dann jedoch einigermaßen zufriedenstellend.
Was man sich nach diesem Film unweigerlich fragen musste: Kann Robert Downey Jr. im geplanten Crossover im Zusammenspiel mit den anderen Avengers ebenso genial sein wie hier? Die Hoffnung blieb auf jeden Fall, da Tony Stark auch bei seinem zweiten Filmauftritt noch genauso interessant und überzeugend ist wie beim Vorgänger. Dazu ist er hier wieder von einem tollen Cast umgeben, der fast jeden Charakter des Films interessant macht. Die Handlung schreitet zügig, aber nie zu schnell voran und der Film springt geschickt zwischen den Szenen hin und her, egal ob Actionsequenz oder eine eher ruhigere Szene gerade dran ist. So unterhält Jon Favreaus zweiter Superheldenfilm ähnlich wie der erste Teil, wenn auch gerade der letzte große Actionteil enttäuscht und in der Form absolut nicht hätte sein müssen. Die Spannung auf das Kommende ist durch „Iron Man 2“ auf jeden Fall nicht niedriger geworden, auch wenn man sich nun erst einmal von Tony Stark abwendete, um andere Superhelden zu zeigen und die After-Credits-Scene gibt hier schon den ersten Hinweis auf den nächsten (göttlichen) Helden, der vorgestellt werden sollte.
Punkte:(8/10)
"East, West, just points of the compass, each as stupid as the other."
(Joseph Wiseman in Dr. No)