Welches ist der beste Leone-Film?

1960: Der Koloß von Rhodos (Il colosso di Rodi) (Keine Stimmen)
1964: Für eine Handvoll Dollar (Per un pugno di dollari)
Insgesamt abgegebene Stimmen: 1 (6%)
1965: Für ein paar Dollar mehr (Per qualche dollaro in piu) (Keine Stimmen)
1966: Zwei glorreiche Halunken (Il buono, il brutto, il cattivo)
Insgesamt abgegebene Stimmen: 7 (39%)
1968: Spiel mir das Lied vom Tod (C’era una volta il West)
Insgesamt abgegebene Stimmen: 5 (28%)
1971: Todesmelodie (Giù la testa) (Keine Stimmen)
1973: Mein Name ist Nobody (Il mio nome è Nessuno)*
Insgesamt abgegebene Stimmen: 1 (6%)
1984: Es war einmal in Amerika (Once Upon a Time in America)
Insgesamt abgegebene Stimmen: 4 (22%)
Insgesamt abgegebene Stimmen: 18

Re: Der Sergio Leone Thread

181
AnatolGogol hat geschrieben:Kannst du mal ein paar Beispiele pre-1966 nennen, an die du da denkst? Ich halte Tuco in seiner Konzeption schon für eine echte Neuerung, da es zuvor eine solche Mischung aus gleichzeitig sympathisch wie abstossendem, lustig wie brutalem, naiv wie hinterhältigem oder schlicht gut wie bösem Hauptdarsteller eines Filmes eigentlich nicht gab, jedenfalls fällt mir keiner ein. Antihelden als Identifikationsfiguren waren zwar 1966 keine Neuerung mehr, aber in dieser Konsequenz wie es Leone mit Tuco gemacht hat war das dann schon eine ganz andere Ausprägung wie ich finde.
Ich kann dir spontan keine Filmfigur nennen, bzw. auch generell keine, die alles in sich vereint.
Ich meinte ja nur, dass viele seiner Aktionen und Reaktionen in der Sitaution so vorauszusehen waren, weil Teile seines Charakters einfach nix neues sind.
Beispiel, was ich damit meine: Erst "foltert" er den Blonden, danach tut er so, als sei er sein Freund (nicht nur anderen gegenüber, sondern ihm Gegenüber, Sätze wie: "Ich war doch immer dein Kumpel" etc. Und das halt immer wieder. Ich mag diesen Charaktertypus nicht so wirklich, und ich bin mir sicher, dass er damals nicht neu war.
Aber um auf deine Frage zurückzukommen, wenn es vor 1966 gab, der diese Mischung verkörpert. Da gibt es schon jemanden, und jemand ganz bekannten. (Und jetzt werden sich 90% des Forums an den Kopf schlagen, selbigen schütteln und verständnislos vor sich hin starren :twisted: ):
Gemeint ist Donald Duck. Tuco gleicht Donald nahezu komplett, mit dem Unterschied, dass einige seiner Charakterzüge extremer als bei Donald sind.
photographer hat geschrieben:Vielleicht lässt sich abschließend für diese Diskussion die Aussage tätigen, dass die Interpretation von Tuco Benedicto Pacífico Juan María Ramírez, genannt Tuco "Der Hässliche" für den Western eine Neu-Einführung innerhalb dieses Genre präsentierte, die Art dieser verschlagenen Type aber schon vorher existierte.
Damit könnte ich glaube ich gut leben.
"You only need to hang mean bastards, but mean bastards you need to hang."

Re: Der Sergio Leone Thread

182
Zur selben Zeit weißt mit Quien sabe? (Damiano Damiani, 1966) zumindest ein weiterer Italowestern bereits einen ähnlichen Typus auf. Und dessen Darsteller Gian Maria Volonte hätte sicherlich auch den Tuco gespielt, wenn Leone und Volonte sich besser verstanden hätten.

Jedoch Namenloser, ich denke schon daß Tuco in seiner extremen Art damals etwas Neues war. Vorbilder gibt es immer, auch irgendwelche Vorläufer, aber mit fällt bislang keiner ein der ihm wirklich ähnelt.
Ein Vorbild ist sicherlich der hyperaktive Toshiro Mifune aus den 7 Samurai oder auch in seiner Rashomon Rolle.

Re: Der Sergio Leone Thread

184
Worin sich Tuco von den genannten Vorbildern/Inspirationen dann schon recht deutlich unterscheidet ist wie ich finde sein weitgehend unmotivierter Sadismus, der besonders in der Wüstenszene ausgiebig von Leone in Szene gesetzt wird. Tuco ist im Grunde ein sehr bösartiger Mensch, was man auch in diversen anderen Szenen erkennen kann wie zB mit dem wehrlos-dummen Revolver-Verkäufer oder als er jammernd nach Wasser ruft und statt dankbar zu trinken lieber dem Sheriff lachend ins Gesicht spuckt. Ist schon eine ganze Weile her, als ich Töte Amigo gesehen habe, aber ich glaube Volonte entspricht im Gegensatz zu Tuco noch so halbwegs dem verschlagenen, aber irgendwo dann doch moralisch richtig handelnden "Halunken". Tuco bekommt zwar auch kleinere "moralische Verankerungen", wie zB in der Szene mit seinem Bruder und vor allem auch dadurch, dass Sentenza und Wallace noch viel schlimmer in Szene gesetzt werden, aber über weite Strecken des Films würde er auch ohne Probleme als echter Schurke des Films durchgehen. Es ist dann vor allem der derbe Humor und seine Zwangs-Allianz mit dem Blonden, die ihn auf die Seite der "Guten" zieht - ohne dass dies sein Handeln und Auftreten aber wirklich jemals rechtfertigen.
"Ihr bescheisst ja!?" - "Wir? Äh-Äh!" - "Na Na!"

Re: Der Sergio Leone Thread

185
AnatolGogol hat geschrieben:Worin sich Tuco von den genannten Vorbildern/Inspirationen dann schon recht deutlich unterscheidet ist wie ich finde sein weitgehend unmotivierter Sadismus, der besonders in der Wüstenszene ausgiebig von Leone in Szene gesetzt wird. Tuco ist im Grunde ein sehr bösartiger Mensch, was man auch in diversen anderen Szenen erkennen kann wie zB mit dem wehrlos-dummen Revolver-Verkäufer oder als er jammernd nach Wasser ruft und statt dankbar zu trinken lieber dem Sheriff lachend ins Gesicht spuckt. Ist schon eine ganze Weile her, als ich Töte Amigo gesehen habe, aber ich glaube Volonte entspricht im Gegensatz zu Tuco noch so halbwegs dem verschlagenen, aber irgendwo dann doch moralisch richtig handelnden "Halunken". Tuco bekommt zwar auch kleinere "moralische Verankerungen", wie zB in der Szene mit seinem Bruder und vor allem auch dadurch, dass Sentenza und Wallace noch viel schlimmer in Szene gesetzt werden, aber über weite Strecken des Films würde er auch ohne Probleme als echter Schurke des Films durchgehen. Es ist dann vor allem der derbe Humor und seine Zwangs-Allianz mit dem Blonden, die ihn auf die Seite der "Guten" zieht - ohne dass dies sein Handeln und Auftreten aber wirklich jemals rechtfertigen.
Gut geschrieben, Antatol. Dem würde ich so zustimmen! :D
#London2025

"Wo man lacht, da lass dich ruhig nieder. Böse Menschen lachen immer wieder."

Re: Der Sergio Leone Thread

186
AnatolGogol hat geschrieben:Worin sich Tuco von den genannten Vorbildern/Inspirationen dann schon recht deutlich unterscheidet ist wie ich finde sein weitgehend unmotivierter Sadismus, der besonders in der Wüstenszene ausgiebig von Leone in Szene gesetzt wird. Tuco ist im Grunde ein sehr bösartiger Mensch, was man auch in diversen anderen Szenen erkennen kann wie zB mit dem wehrlos-dummen Revolver-Verkäufer oder als er jammernd nach Wasser ruft und statt dankbar zu trinken lieber dem Sheriff lachend ins Gesicht spuckt. Ist schon eine ganze Weile her, als ich Töte Amigo gesehen habe, aber ich glaube Volonte entspricht im Gegensatz zu Tuco noch so halbwegs dem verschlagenen, aber irgendwo dann doch moralisch richtig handelnden "Halunken".
Schön daß du den ebenfalls grausigen deutschen Titel erwähnst (den ich grundsätzlich vermeide), aber auch Volontes El Chuncho ist mit "Halunke" schlecht beschrieben. Und moralisch handeln tut er überhaupt nicht, sondern er macht vor allem was ihm zum Vorteil gereicht, und ist sehr launisch in seinem Verhalten.
Er ist kein direkter Verwandter von Tuco, steht ihm aber in vielem nahe.

Natürlich enthält Tuco (wie auch der ganze Film) viele Elemente die nur wenige Jahre früher kaum durch die Zensur gekommen wären.

Re: Der Sergio Leone Thread

187
Maibaum hat geschrieben:Und moralisch handeln tut er überhaupt nicht, sondern er macht vor allem was ihm zum Vorteil gereicht, und ist sehr launisch in seinem Verhalten.
Vermutlich ist moralisch hier der falsche Begriff, aber ich meine mich zu erinnern, dass die Volonte-Figur im Verlauf des Films dann doch ernsthaft mit der Revolution sympathisiert, was ich dann schon als eine Art echten Wert ansehen würde. Ist aber schon ewig her und da will ich daher meine Hand nicht ins Feuer für legen.
Maibaum hat geschrieben: Schön daß du den ebenfalls grausigen deutschen Titel erwähnst
War extra für dich, mein Freund. Und als Zugabe hab ich dann gleich auch noch den "Halunken" spendiert. :D
"Ihr bescheisst ja!?" - "Wir? Äh-Äh!" - "Na Na!"

Re: Der Sergio Leone Thread

188
AnatolGogol hat geschrieben:
Maibaum hat geschrieben:Und moralisch handeln tut er überhaupt nicht, sondern er macht vor allem was ihm zum Vorteil gereicht, und ist sehr launisch in seinem Verhalten.
Vermutlich ist moralisch hier der falsche Begriff, aber ich meine mich zu erinnern, dass die Volonte-Figur im Verlauf des Films dann doch ernsthaft mit der Revolution sympathisiert, was ich dann schon als eine Art echten Wert ansehen würde. Ist aber schon ewig her und da will ich daher meine Hand nicht ins Feuer für legen.
Nee, er tötet zwar am Ende den Söldner, aber auch das ist nur eine unbestimmte Handlung, denn auf die Warum? Frage antwortet er mit Wer weiß?, also dem Quien sabe? des Originaltitels. Und danach brüllt er zwar kauft Dynamit, aber so sprunghaft und launenhaft wie Chuncho sich grundsätzlich verhält ist das im Zusammenhang mit seinem Quien sabe? Spruch kaum das Resultat eines Sinneswandels. Denn er hat ja selber nicht wirklich verstanden warum er das jetzt gemacht hat. Ein sehr starkes Ende.

Re: Der Sergio Leone Thread

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Maibaum hat geschrieben:Nee, er tötet zwar am Ende den Söldner, aber auch das ist nur eine unbestimmte Handlung, denn auf die Warum? Frage antwortet er mit Wer weiß?, also dem Quien sabe? des Originaltitels. Und danach brüllt er zwar kauft Dynamit, aber so sprunghaft und launenhaft wie Chuncho sich grundsätzlich verhält ist das im Zusammenhang mit seinem Quien sabe? Spruch kaum das Resultat eines Sinneswandels. Denn er hat ja selber nicht wirklich verstanden warum er das jetzt gemacht hat. Ein sehr starkes Ende.
wie gesagt, ist lange her. Und außerdem: was weiss schon einer der die Airport-Filmchen gut findet. :lol:
"Ihr bescheisst ja!?" - "Wir? Äh-Äh!" - "Na Na!"

Re: Der Sergio Leone Thread

190
Also ich weiß ja nicht, was ihr alle mit Tuco habt. Ich halte ihn weder für sympathischer, noch für weniger böse als Seneza, eher im Gegenteil. Senteza kommt fast ein bisschen zu kurz, für mich die interessanetre und stärkere Figur.
"You only need to hang mean bastards, but mean bastards you need to hang."

Re: Der Sergio Leone Thread

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dernamenlose hat geschrieben:Also ich weiß ja nicht, was ihr alle mit Tuco habt. Ich halte ihn weder für sympathischer, noch für weniger böse als Seneza, eher im Gegenteil. Senteza kommt fast ein bisschen zu kurz, für mich die interessantere und stärkere Figur.
Es schreibt dir doch keiner vor welchen der 3 du am spannendsten findest sollst. LvC ist fantastisch in der Rolle, und ich persönlich will auch immer daß er am Ende das Triell gewinnt.

Tuco ist halt längst Kult, und die Meisten lieben ihn, finden gar daß er Eastwood aussticht. Was ich nicht finde, der Kontrast zwischen den Beiden ist halt toll. Natürlich ist Tuco die schauspielerisch dankbarere Rolle, wird aber auch noch aufgewertet durch den stetigen Kontrast mit Eastwoods wortkarger Coolness.

Re: Der Sergio Leone Thread

193
Casino Hille hat geschrieben:Ist das eigentlich wichtig, warum der eine jetzt der Böse ist und der andere nicht?
Nö. Ist auch keine Kritik von meiner Seite. Es wundert mich halt nur, dass die Person, die man vielleicht am meisten als "Ehrenmann" bezeichnen könnte, als "The Bad" tituliert wird.
"You only need to hang mean bastards, but mean bastards you need to hang."

Re: Der Sergio Leone Thread

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dernamenlose hat geschrieben:Nö. Ist auch keine Kritik von meiner Seite. Es wundert mich halt nur, dass die Person, die man vielleicht am meisten als "Ehrenmann" bezeichnen könnte, als "The Bad" tituliert wird.
Die Bezeichnung "Ehrenmann" (wenn auch nur in Gänsefüsschen) ist aber für Sentenza nicht wirklich angebracht angesichts der Tatsache, dass er den Film über hemmungs- und erbarmungslos mordet und foltert, u.a. auch Frauen und Kinder, und das einzig aus Gewinnsucht. Die Gewinnsucht steht zwar auch beim Blonden und Tuco im Vordergrund, aber wenn sie töten (oder es versuchen), dann eigentlich nur um ihre Haut zu retten oder aus Rache. Tuco ist wie schon erwähnt ein Grenzgänger, da er zumindest Folter ebenfalls sehr gerne einsetzt. Aber immerhin ist er moralisch im Film noch so verankert, dass er nie sowas macht wie zB Sentenza zu Beginn des Films, als er das Kind tötet (auch wenn dies zwar im weitesten Sinne als Notwehr durchgeht, allerdings war die Tötung eines Kindes im Kino immer so was wie ein Tabu, an das sich nur wenige Filmemacher wagten. Leone nutzte dies zu noch größerem Effekt dann in seinem nächsten Film). Sentenza hat nur einen kurzen Moment, in dem er so etwas wie Menschlichkeit zeigt, nämlich als er dem hungernden Soldaten die Flasche lässt. Unterm Strich ist er für mich daher schon eindeutig "Der Böse" in dem Film, wenngleich die beiden anderen Protagonisten sicherlich auch nicht gerade als Definition von "Gut" durchgehen. :)
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Re: Der Sergio Leone Thread

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Du schreibst es selbst: Bei Tuco (und in Teilen auch beim Blonden) spielt Rache eine Rolle, bei Sentenza nie. Er erledigt seine Aufträge, die nun mal Mord enthalten, und macht das in jedem Fall. Er nimmt sich das Geld von seinem ersten Opfer nicht einfach, sondern führt auch gewissenhaft dessen Auftrag aus.
Der Kindsmord war eben wirklich mehr oder weniger Notwehr, und die Folter, die er anwendet, wendet er, soweit ich weiß nur bei Beteiligten an (zumindest wird nicht mehr gezeigt, ob er auch für die anderen Folterungen im Lager verantwortlich war, wird ja nicht direkt gesagt, aufgrund seiner Äußerungen gegenüber dem Lagerkommandant würde ich das sogar eher bezweifeln). Aber er handelt eben sehr zweckorientiert, was den anderen beiden völlig abgeht. Das Motiv der Rache ist bei Senteza nicht zu finden, was ihn völlig von den beiden anderen unterscheidet.
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