Casino Hille hat geschrieben: 23. Juli 2018 11:31
Die wahre Niederlage des deutschen Fußballs dieses Jahr ist nicht das Ausscheiden bei der WM in der Vorrunde 2018, sondern der Rücktritt von Mesut Özil aus der Nationalmannschaft aufgrund rassistischer Beleidigungen ihm gegenüber. Für all diese Menschen kann man sich als Deutscher nur schämen. Wir sind eine Nation, eine Mannschaft. Wir kämpfen zusammen, wir verlieren zusammen. Wir sind alle Mesut Özil.
Ganz so einfach ist das dann doch nicht wie ich finde. Es ist in meinen Augen deutlich zu kurz gedacht Özil jetzt nur als das Opfer und den Vorkämpfer für die Akzeptanz Anders-denkender und lebender zu stilisieren. Vor allem die Art und Weise seiner Abrechnung hinterlässt mehr als nur einen schalen Nachgeschmack wie ich finde. Recht auf eigene Meinung - und sei sie noch so kontrovers – in allen Ehren…
AnatolGogol hat geschrieben: 16. Mai 2018 10:17
- doof, weil man in einem demokratischen Land mit vermeintlich freier Meinungsäusserung und politischer Freiheit meint Andersdenkende (und wenn dieses Andersdenken vermeintlich noch so antidemokratisch ist) an den Pranger stellen und stigmatisieren ("raus aus der Nationalelf!") zu müssen - was natürlich auch ein äusserst interessantes Verständnis von Demokratie ist
…aber sich selbst vollständig von jeglicher Verantwortung und „Schuld“ freizusprechen und das Versagen kollektiv bei allen anderen inklusive Presse und Gesellschaft zu suchen kann nicht der Weg sein mit einem solchen Thema umzugehen. Der inflationäre Gebrauch von Totschlagargumenten wie Rassismus, Intoleranz und Anti-Islamismus ist eigentlich generell ein Armutszeugnis – und da sind Özils gestrige Ausführungen keine Ausnahme. Was mir hier vor allem fehlt ist das Hinterfragen der eigenen Beteiligung an der aufgeheizten Stimmung rund um das Foto mit Erdogan. Dass er immer noch vollständig hinter der damaligen Aktion steht finde ich dabei prinzipiell sogar gut, da immerhin konsequent. Nicht besonders toll finde ich hingegen, dass er scheinbar keinerlei Anstalten macht das Verhalten Grindels, der Presse und eines nicht kleinen Teils der Bevölkerung nachzuvollziehen bzw. es lediglich auf das Thema Rassismus reduziert. Der direkte diesbezügliche Angriff auf Grindel ohne auch nur einen haltbaren Beleg zu liefern ist dann endgültig ganz schlechter Stil und macht ihn wie ich finde sowohl als Opfer als auch als Gallionsfigur einer Anti-Rassismus bzw. Pro-Toleranz-Forderung unglaubwürdig.
Von daher: Nein, wir sind nicht alle Mesut Özil und wir sollten es auch nicht alle sein. Mesut Özil taugt in vielerlei Hinsicht nicht als Vorbild oder Gallionsfigur, ungeachtet wieviel Unrecht auf ihn eingeprasselt ist und wie falsch das Verhalten ihm gegenüber oftmals war. Denn das entbindet ihn selbst dennoch nicht von einem verantwortungsbewussten Umgang mit der Thematik und die hat er meiner Ansicht nach gestern endgültig vermissen lassen. Deeskalation und Gräben überwinden wäre der bessere Ansatz gewesen als die gestrige Auge-um-Auge-Abrechnung, mit der er die Gräben innerhalb der Gesellschaft nur weiter vertieft hat.