Sein bester Film?

Dark Star (1974)
Insgesamt abgegebene Stimmen: 1 (8%)
Assault on Precinct 13 (1976) (Keine Stimmen)
Halloween (1978)
Insgesamt abgegebene Stimmen: 2 (15%)
Someone's Watching Me (1978) (Keine Stimmen)
Elvis (1979) (Keine Stimmen)
The Fog (1980)
Insgesamt abgegebene Stimmen: 1 (8%)
Escape from New York (1981)
Insgesamt abgegebene Stimmen: 2 (15%)
The Thing (1982)
Insgesamt abgegebene Stimmen: 4 (31%)
Christine (1983) (Keine Stimmen)
Starman (1984) (Keine Stimmen)
Big Trouble in Little China (1986) (Keine Stimmen)
Prince of Darkness (1987) (Keine Stimmen)
They Live (1988)
Insgesamt abgegebene Stimmen: 1 (8%)
Memoirs of an Invisible Man (1992) (Keine Stimmen)
In the Mouth of Madness (1995) (Keine Stimmen)
Village of the Damned (1995) (Keine Stimmen)
Escape from L.A. (1996) (Keine Stimmen)
Vampires (1998)
Insgesamt abgegebene Stimmen: 2 (15%)
Ghosts of Mars (2001) (Keine Stimmen)
The Ward (2010) (Keine Stimmen)
Insgesamt abgegebene Stimmen: 13

Re: Die Filme von John Carpenter

48
Definitiv mein liebster Carpenter und einer meiner absoluten Lieblingsfilme überhaupt. Der ist auch heute noch unheimlich (gut) und verdammt widerlich und beeindruckend.

DAS wäre für mich Carpenters Meisterwerk, gefolgt von Halloween. Bisher kommt da einfach nichts dran. Habe aber auch einige Filme nicht gesehen. ;)

Bis ihre Klapper schlapper klang

49
Die Klapperschlange

Deutsche Filmtitel sind eine Wissenschaft für sich. Oft entscheiden Verleihe, die Originaltitel eines Films zu ignorieren, um auf eingängigere Formulierungen zu setzen. Anstatt die Komödie „Stripes“ einfach „Offiziersstreifen“ zu nennen, heißt sie hierzulande: „Ich glaub‘ mich knutscht ein Elch!“. Der Italowestern „The Good, The Bad and the Ugly“ hat im Original drei Titelfiguren: den Guten, den Bösen, den Hässlichen. Doch im Deutschen werden nur „Zwei glorreiche Halunken“ erwähnt. Und für den Filmklassiker „North by Northwest“ von Alfred Hitchcock war dem Verleih die Übersetzung „Von Nord- nach Nordwesten“ vermutlich zu unspektakulär, man wählte stattdessen „Der unsichtbare Dritte“.

Über Geschmack lässt sich in diesen Fällen streiten. Aber keine Aufzählung peinlicher deutscher Titelentgleisungen ist je komplett, wenn sie nicht den dystopischen Actionreißer enthält, der 1981 unter der Regie von John Carpenter zum Kult wurde: „Die Klapperschlange“. Warum der Titel so daneben ist? Es kommt überhaupt keine Klapperschlange im Film vor. Die Hauptfigur, der kernige Ex-Elitesoldat und Outlaw S.D. Plissken, besteht zwar darauf, „Snake“, also „Schlange“, genannt zu werden. Gemeint hat der Verleih aber wohl eher sein auffälliges, tierisches Tattoo am Oberkörper. Dummerweise braucht es allerdings keinen Tierforscher, um zu erkennen: Das ist keine Klapperschlange, sondern eine Kobra.

Vielleicht wäre es doch besser gewesen, den perfekten Originaltitel zu bemühen: „Escape from New York“, zu deutsch „Flucht aus New York“. Denn Carpenter, der zuvor bereits die Horrorfilm-Meisterwerke „Halloween“ und „The Fog“ drehte, schuf hier einen Film, dessen Name zugleich sein Programm ist: Im Jahr 1997 steht die Welt kurz vor einem Atomkrieg. Die USA haben vor den Aufständen ihrer Bevölkerung kapituliert, den ganzen New Yorker Stadtteil Manhattan eingezäunt und in ein riesiges Inselgefängnis verwandelt, aus dem es kein Entkommen gibt – außer durch den Tod.

Dieses Schicksal droht auch dem US-amerikanischen Präsidenten selbst, als antiimperialistische Terroristen sein Privatflugzeug kapern und es mutwillig über Manhattan abstürzen lassen. Zwar überlebt das Staatsoberhaupt, ist aber fortan Geisel der Kriminellen. Gefängniswärter Bob Hauk will Feuer mit Feuer bekämpfen – und so kommt Snake Plissken ins Spiel. Er ist gerade frisch verhaftet worden, man bietet ihm vollen Straferlass, wenn er den Präsidenten binnen 24 Stunden aus New York und damit aus seiner Misere befreit.

„Amerikaner lieben Gesetzlose! Wir haben eine Schwäche für Bösewichte“, wird John Carpenter im Zusammenhang mit „Die Klapperschlange“ zitiert. Erklärt das die Faszination hinter Snake Plissken? Kurt Russell jedenfalls wurde durch diese Rolle über Nacht zum Actionstar. Verdientermaßen, denn er funktioniert hervorragend als mythisch überhöhte Einmannarmee: Längst gestorben soll er eigentlich sein, betont nahezu jeder Charakter, dem Snake im Verlauf des Films begegnet. Carpenter hatte das Drehbuch zur Klapperschlange schon 1973 geschrieben, seine düstere, pechschwarze Sicht auf die USA, die er hier als korrupten Polizeistaat inszeniert, war geprägt durch den Watergate-Skandal.

Einen desillusionierten Söldner auf eine patriotische Mission zu schicken, war dabei der Kerngedanke für den Plot. Carpenter sagt von sich selbst: „Ich habe ein ernsthaftes Problem mit Autoritäten. Immer wenn ich mich ihnen widersetzen kann, mache ich das mit Freude.“ So ist es nicht schwierig, Snake Plissken als Alter Ego seines Schöpfers zu sehen. Der muskulöse Waffenexperte mit der charakteristischen Augenklappe ist wortkarg, lässt jedoch keine Chance ungenutzt, seine tiefe Verachtung für Staat und System durch einen zynischen Spruch auszudrücken. Als Hauk ihn über die Lage aufklärt, schlägt er nur lakonisch vor: „Besorgen Sie sich einen neuen Präsidenten.“ In Carpenters Filmwelt, in der jeder Funke des Widerstands sofort mit harter Hand von Oben unterdrückt wird, ist Plissken der letzte Rebell.

Wer den Film im englischen Original sieht, wird bemerken, dass Kurt Russell den ganzen Film hindurch klingt, als sei er insgeheim als Imitator von Filmstar Clint Eastwood engagiert worden. Das ist kein Zufall: Plissken basierte auf dessen berühmtesten Rollen, auf dem pessimistischen Polizisten „Dirty Harry“ und auf dem Revolverhelden aus dem Western „Für eine Handvoll Dollar“. Carpenter träumte seit Anbeginn seiner Karriere davon, einen Western zu drehen, und Snake Plissken wurde sein Pistolero: Ein einsamer Wolf, ein Gesetzloser, der nur den eigenen Ehrenkodex verfolgt. Mehr als nur eine kleine Genre-Hommage ist daher die Besetzung des Gefängnisdirektors mit Lee Van Cleef, der zu den populärsten Italowestern-Stars der Geschichte zählt.

Carpenters intelligente Zukunftsvision begeistert schon im Intro. Die dort zu hörende, bedrohliche Synthesizer-Musik, die er und Alan Howarth komponierten, stimmt auf die apokalyptische Endzeit-Atmosphäre ein. Die Produktion drehte in Missouri in der Stadt St. Louis, in der 1976 ein Brand ganze Häuserblöcke entstellte, die nicht wieder aufgebaut wurden. Sie ermöglichen bedrückende, klaustrophobische Bilder einer heruntergekommenen Zivilisation. Überall liegt Müll, Autos stehen kopfüber, Tonnen brennen vielerorts, ständig huschen Schatten vorbei. Die Gefahr scheint allgegenwärtig. In langen, konzentrierten Aufnahmen schafft Carpenter eine phänomenale, nachdenkliche Daueranspannung. Gleichzeitig bleibt er in den eruptiven Actionszenen dicht bei den Figuren, zeigt heftige, barbarische, maßlose Gewalt.

Sensationell gelingt es so in nur 99 Minuten, das fragile Gebilde des gesitteten menschlichen Miteinanders vorzuführen. Inmitten der Anarchie bilden sich neue Kleinstgruppen. Eine davon, die „Crazys“, so erfahren wir, wildern so umher, dass ihnen am Monatsende meist das Essen ausgeht – ihnen bleibt dann nur der Kannibalismus. Sex-Soulprotz Isaac Hayes spielt den Ghettomonarch Duke, der das archaische Recht des Stärkeren durch absurde Gladiatorenkämpfe durchzusetzen versucht. Edelmime Ernest Borgnine wiederrum ist als Cabbie zu sehen, der weiter seiner Beteiligung als Taxifahrer nachgeht, ganz so, als hätte sich in New York nichts geändert. Naja, fast! Aufdringliche Passagiere wehrt er schon mal gutgelaunt mit einem Molotow-Cocktail ab.

Die handwerkliche Qualität dieses Genre-Meilensteins ist unbestritten. Ein Großteil des Films wurde in der Nacht gedreht, weshalb das Filmteam jeden Morgen eilig die Kulissen von den Straßen räumen musste. Für eine spektakuläre Sequenz, in der Snake mit einem Segelflugzeug auf dem World Trade Center landet, wurde das Dach des Nordturms aufwendig nachgebaut. Um das abgestürzte Flugzeug des Präsidenten zu zeigen, kaufte das Filmteam unter der Leitung von Ward Welton auf einem Schrottplatz eine Douglas DC-8, schnitt sie in drei Teile und legte sie brennend in St. Louis auf einer Kreuzung ab – ohne Genehmigung der Stadt. Angeblich behaupteten noch Wochen lang Anwohner, den nie stattgefundenen Absturz der Maschine mit eigenen Augen gesehen zu haben.

Trotz der verblüffenden Anzahl spektakulärer Spezialeffekte, für die Roy Arbogast zuständig war, der zuvor an „Der weiße Hai“ und „Unheimliche Begegnung der dritten Art“ arbeitete, verloren Carpenter und sein Co-Autor Nick Castle nie die Geschichte aus den Augen. Produzentin Debra Hill verstand „Die Klapperschlange“ gar als politischen Film, als Mahnung, stets den Schutz der Bürgerrechte zu wahren. Durchaus geschickt jonglierten die Macher mit realen Zukunftsängsten: 1981 war die weltweite Panik vor einem Atomkrieg allgegenwärtig, kurz zuvor hatten thematisch ähnliche Filme wie „Mad Max“ und „Stalker“ bereits große Erfolge gefeiert.

Dementsprechend ging „Die Klapperschlange“ nahtlos in die Popkultur ein. Der japanische Spieleentwickler Hideo Kojima war so nachhaltig vom Film beeindruckt, dass der ihn 1998 zur Videospielreihe „Metal Gear Solid“ inspirierte. Der Protagonist darin hat nicht nur eine Augenklappe, sondern heißt auch direkt Snake. Andere Figuren des Films waren ebenfalls Vorlagen für Charaktere der Spielreihe, wie Donald Pleasance als weinerlicher Präsident, Harry Dean Stanton als verbrecherischer Intellektueller und Adrienne Barbeau als waffenstarke Antiheldin. Ursprünglich wollte der französische Bezahlfernsehsender Canal+ als Mitbesitzer der „Die Klapperschlange“-Rechte deswegen gegen Kojima klagen, doch Carpenter verhinderte dies aus Sympathie zu dem Entwickler.

Noch eine unübersehbare Spur hinterließ die bleihaltige Flucht aus New York: Früh zu Beginn des Films lässt Bob Hauk dem miesgelaunten Snake zwei Sprengladungen in die Halsschlagader setzen, die ihm den Kopf sprengen sollen, falls er desertiert. Dieses Element faszinierte den Comicautoren John Ostrander so sehr, dass er es zur zentralen Prämisse für seine Comicreihe „Suicide Squad“ erklärte, in der ebenfalls Kriminelle mit Sprengstoff im Nacken im Gegenzug für Straferlass Aufträge für die Regierung ausführen. 2016 schaffte es die Selbstmordtruppe erstmals selbst auf die große Leinwand.

Kurt Russell war so in Snake Plissken und „Die Klapperschlange“ vernarrt, dass er Carpenter immer wieder zu einer Fortsetzung überreden wollte. 1996 gab der schließlich nach und drehte „Escape from L.A.“, der sich mehr als Neuverfilmung denn als echte Weiterführung entpuppte, auf das Klapperschlangen-Budget von 6 Millionen US-Dollar nochmal 43 Millionen drauflegte, aber Fans und Kritiker enttäuschte. Nur Titel-Fetischisten wurden endlich befriedigt: Im Deutschen hieß die Fortsetzung weder „Die Kreuzotter“ noch „Die Ringelnatter“, sondern schlicht „Flucht aus L.A.“.
https://filmduelle.de/
https://letterboxd.com/casinohille/

Let the sheep out, kid.

Re: Die Filme von John Carpenter

50
Schönes Review zu einem meiner Lieblingsfilme. Schön auch, dass du den Bogen über den Film hinaus spannst und den reinen Actionruf relativierst. Beim Titel muss ich allerdings widersprechen ;), ja, der passt nicht, aber der ist nicht zuletzt deshalb ebenfalls Kult. Wenn ich nur an die alten Poster mit diesem Schriftzug denke ... :)
Die nächsten Tage mehr zum Film, ist gerade etwas hektisch. Aber Diskussionen immer gerne.
http://www.vodkasreviews.de


https://www.ofdb.de/autor/reviews/45039/

Re: Bis ihre Klapper schlapper klang

51
Ja, ich mag den auch. Habe anfänglich gar nicht so besonders viel mit dem Film anfangen können, hat sich im Laufe der Zeit aber geändert. Vor allem atmosphärisch ein klasse Film und die Besetzung ist auch super. Und ja, der deutsche Titel ist natürlich grossartig - egal welche Natter da nun auf Snakes Arm rumkriecht. :D
Casino Hille hat geschrieben: 22. Dezember 2021 00:59 Nur Titel-Fetischisten wurden endlich befriedigt: Im Deutschen hieß die Fortsetzung weder „Die Kreuzotter“ noch „Die Ringelnatter“, sondern schlicht „Flucht aus L.A.“.
Der einzig wahre deutsche Titel von Teil 2 müsste "Die Blindschleiche" lauten. :mrgreen:
"Ihr bescheisst ja!?" - "Wir? Äh-Äh!" - "Na Na!"

Re: Bis ihre Klapper schlapper klang

53
AnatolGogol hat geschrieben: 22. Dezember 2021 07:54 Der einzig wahre deutsche Titel von Teil 2 müsste "Die Blindschleiche" lauten.
Brüllant, Anatol, der ist so gut, ich würde ihn dir am liebsten klauen und noch in den Text editieren. Habe gestern verzweifelt überlegt, was für Schlangennamen mir einfallen, aber auf Blindschleiche bin ich nicht gekommen. Hut ab! :mrgreen:
vodkamartini hat geschrieben: 22. Dezember 2021 07:45 Schönes Review zu einem meiner Lieblingsfilme. Schön auch, dass du den Bogen über den Film hinaus spannst und den reinen Actionruf relativierst. Beim Titel muss ich allerdings widersprechen ;), ja, der passt nicht, aber der ist nicht zuletzt deshalb ebenfalls Kult.
Na klar ist er das. :) Ich denke, man kann diesen Titel als Kuriosum und Kult abfeiern und sich trotzdem ein wenig darüber amüsieren, wer auch immer beim Verleih der Ansicht war, in diesem Film eine Klapperschlange gesehen zu haben. :wink: Wäre man vorausschauend gewesen, hätte man hier bereits Jahre im Vorfeld die "City Cobra" bemühen können, aber so weit hat natürlich wieder niemand gedacht …
Agent 009 hat geschrieben: 22. Dezember 2021 09:10 Ich glaube, dass ich mir den Film unbedingt mal wieder anschauen muss. Uff. Die letzte Sichtung ist viele Jahre her und war aus der Erinnerung heraus echt dröge und zäh und schnarchig.. Der Sache wollte ich wohl eine neue Chance geben.
Mach es. Ist vielleicht auch an deiner Erwartungshaltung gescheitert? Ich habe den Film jetzt vor wenigen Abenden auch zum ersten Mal gesehen, und hatte mir vorher einen sehr anderen Film vorgestellt. Viel mehr Action, weniger düster und grüblerisch. Der Ruf eilte dem Film da gewissermaßen voraus, aber es ist schon eher eine atmosphärische Dystopie mit ordentlicher Härte, als ein brachiales Actiondauerfeuerwerk.
https://filmduelle.de/
https://letterboxd.com/casinohille/

Let the sheep out, kid.

Re: Die Filme von John Carpenter

56
Sondervorstellung
iHaveCNit: Die Klapperschlange (1981) – John Carpenter – Studiocanal
Deutscher Kinostart/Wiederaufführung: 01.11.2022
gesehen am 01.11.2022 in SAMSUNG ONYX LED
Kinopolis Main-Taunus-Zentrum – Kino 6 – Reihe 13, Platz 22 – 20:00 Uhr

Im Rahmen der „Best of Cinema“- Reihe stand im November John Carpenters Klassiker des Science-Fiction-Actionfilms „Escape From New York“ bzw. „Die Klapperschlange mit Kurt Russell auf dem Plan, den ich mir trotz bereits Sichtungen im Heimkino dann auch diese Gelegenheit nicht habe entgehen lassen, ihn noch einmal auf der großen Leinwand zu sehen. Auch wenn der Film sicherlich in seiner visuellen Umsetzung und auch seiner zeitlichen Verortung heute vielleicht ein wenig antiquiert zu sein scheint, so schafft er es immer mich zu begeistern.
„Die Klapperschlange“ – Multiple Look – 9/10 Punkte.
"Weiter rechts, weiter rechts ! ..... "

Re: Die Filme von John Carpenter

57
John Carpenter’s The Thing (1982)

Zum Geburtstag gab’s endlich die 4K-Blu-ray eines meiner absoluten Lieblingsfilme – und was soll man sagen: The Thing ist nicht nur ein Meilenstein des Genres, sondern ein Paradebeispiel dafür, wie Horror, Suspense und handgemachte Effekte zu einem zeitlosen Klassiker verschmelzen. Auch heute noch ein packender, atmosphärischer Albtraum.

Der Film lebt von seinem ebenso simplen wie genialen Konzept: Ein außerirdisches Wesen, das jede Lebensform perfekt imitieren kann, trifft auf eine isolierte Gruppe Männer in einer Forschungsstation in der Antarktis. Was folgt, ist ein Kammerspiel voller Misstrauen, Paranoia und aufgestauter Angst. Wer ist noch Mensch? Wer ist es nicht?

Der zurückhaltende Score von Ennio Morricone – nur wenige, pulsierende Töne, wie ein kaltes Herzklopfen – verstärkt das Gefühl der Isolation und des unausweichlichen Horrors perfekt. Dass Carpenter selbst ein paar elektronische Stücke ergänzte, merkt man, doch es passt alles wunderbar zusammen. Der Soundtrack unterstreicht die bedrückende Atmosphäre ohne je zu dominant zu sein.

Rob Bottins Effekte – zum Teil mit Hilfe von Stan Winston – sind bis heute unerreicht. Was hier an praktischen Effekten auf die Leinwand gebracht wurde, ist grotesk, bizarr, abstoßend – und zugleich faszinierend anzusehen. Körper dehnen sich, Köpfe explodieren, Gliedmaßen mutieren. So sieht echter, kompromissloser Körperhorror aus. Und das alles ganz ohne CGI – handgemacht, greifbar, real.

Der Cast rund um Kurt Russell funktioniert großartig. Russell ist in der Rolle des MacReady präsent, ruhig, entschlossen – kein klassischer Held, aber einer, der weiß, wann gehandelt werden muss. Seine Präsenz trägt den Film. Auch die übrigen Figuren wirken glaubwürdig – keine Stereotypen, sondern Menschen in Extremsituationen, mit Angst, Zweifeln und Misstrauen.

Was den Film so stark macht, ist neben der Inszenierung vor allem die psychologische Ebene. Carpenter verzichtet auf plumpe Jumpscares, sondern baut den Horror aus der Situation heraus: Jeder könnte der Feind sein. Vertrauen existiert nicht mehr. Es ist das pure Überleben – gegen einen Feind, den man nicht erkennt. Der Terror liegt nicht nur im Monster, sondern in der Ungewissheit.

Das Ende bleibt ein Highlight: offen, kryptisch, diskutiert bis heute. Ist MacReady infiziert? Ist Childs es? Oder keiner? Gerade dieses vage, aber konsequente Finale macht den Film so nachhaltig und sorgt dafür, dass er im Kopf bleibt.

Dazu kommt diese ganz eigene Magie der 80er – rau, reduziert, atmosphärisch. Ein Film wie aus einer anderen Zeit. The Thing ist mehr als nur ein Science-Fiction-Horrorfilm. Es ist ein klaustrophobischer Psychotrip, ein Misstrauensspiel, ein Lehrstück in Sachen Atmosphäre und Suspense – und einfach einer der besten, wenn nicht sogar der beste Film seines Genres.

10/10

Re: Die Filme von John Carpenter

58
Glückwunsch und kann dir da nur beipflichten:

Die Konfrontation mit dem Monster gehört seit Urzeiten zu den fundamentalen Ängsten des Menschen. Mit ihnen verbindet man seit jeher eine Mischung aus Hässlichkeit, Gefährlichkeit und Brutalität. Diese Kreaturen bevölkern bereits seit der griechischen Antike zahlreiche Mythen und Märchen und kanalisieren durch ihre Greifbarkeit menschliche Angst- und Schreckensphantasien.


Auch das Kino war von Beginn an dem Faszinosum des Monsters erlegen. Die Anfänge des Horrorfilms und damit einhergehend die Visualisierung schrecklicher Kreaturen finden sich bereist in der Stummfilmzeit (u.a. Frankenstein 1910, Nosferatu 1922, Das Phantom der Oper 1925). Quasi direkt proportional zur fortschreitenden Technik vom Tonfilm über den Farbfilm bis hin zu immer ausgereifteren Special Effects eröffneten sich dem Horrorkino ganz neue Möglichkeiten für die Erschaffung diverser Monster.

Dank dieser Entwicklung setzte auch der lange Zeit vor sich hindümpelnde Science Fiction-Film zu neuen Höhenflügen an und schuf mit George Lucas erstem Star Wars-Film den Prototyp des modernen Blockbuster. Horror und Science Fiction gingen bereits in den 1950er Jahren eine gewinnbringende Fusion ein, nun - Ende der 1970er und Anfang der 1980er Jahre - war allerdings endgültig der Weg frei für eine Mischform die in beiden Genres neue Maßstäbe setzen sollte. Ridley Scotts Alien und John Carpenters Das Ding aus einer anderen Welt gelten dann auch bis heute als Trendsetter und haben längst nicht nur Klassiker- sondern auch Kultstatus erlangt.

Während Alien seinerzeit von Publikum und Filmkritik gleichermaßen gefeiert wurde, fiel John Carpenters Remake des Howard Hawks-Originals zunächst gnadenlos durch. Anders als Scott zeigte Carpenter das titelgebende Monster relativ häufig und in voll ausgeleuchteten Close-ups. Dazu ließ er es mit den menschlichen Körpern Dinge anstellen, die Scotts Wesen beinahe schon wieder human wirken ließen. Man schien damals nicht bereit, abseits des hier schon längst fröhlich wütenden Schmuddel- und Exploitationkinos derartig explizite und drastische Gewaltdarstellungen zu akzeptieren. Zumal das Gezeigte aufgrund seiner hervorragenden Make-up-Effekte gnadenlos realistisch und damit umso schrecklicher wirkte. Der normale Kinobesucher war definitiv nicht daran gewöhnt, in längeren Großaufnahmen mit regelrecht zerplatzenden Körper konfrontiert zu werden, aus denen auch noch allerlei Tentakel oder andere abstoßende Mutationen herausbrachen.

Es wäre allerdings völlig verfehlt und vor allem viel zu banal Carpenters Werk als effektheischende Blutorgie bzw. plakativen Gewaltexzess zu deuten. Trotz ihrer visuellen Drastik wirkt die Brutalität nie selbstzweckhaft, oder des größtmöglichen Schockeffekts wegen eingesetzt. Sie ist vielmehr Klimax sowie gewissermaßen immer wieder auch eine Art Erlösung von einer sich bis ins Unerträgliche steigernden Paranoia-Stimmung unter den handelnden Personen.
Das außerirdische Ding und seine grausamen Fähigkeiten können auch als Metapher für diverse lebensbedrohliche Krankheiten gesehen werden, die den dafür anfälligen menschlichen Körper unbemerkt attackieren um ihn dann von innen heraus zu zerstören.
Nicht zufällig fällt die Erkenntnis von AIDS als tödliche Immunschwächekrankheit in die Entstehungszeit des Films. Auch in Das Ding aus einer anderen Welt lauert der Tod unter der Oberfläche des „Normalen", reicht eine Zelle für die Infektion. In einer der spannendsten Szenen des Films versuchen die noch Lebenden und zumindest nicht Mutierten anhand eines Bluttests festzustellen, wer bereist infiziert ist. Ob Carpenter auf die ersten AIDS-Fälle anspielen wollte, oder andere tödliche Krankheiten im Sinne hatte ist letztlich nicht entscheidend. Die mindestens unterschwellige Angst vor Pandemien und hinterrücks zuschlagenden Krankheiten ist ein typisches Symptom und ein häufiger Begleiter westlicher Wohlstandsgesellschaften, die nur noch selten von existentiellen Nöten heimgesucht werden und schon lange keine Kriege mehr erlebt haben.

Ein weiterer deutlich hervortretender Motivkomplex ist die Angst vor Entfremdung und ein damit einhergehender Vertrauensverlust. In den frühen 1980er Jahren machte sich diesbezüglich vor allem in den USA eine unterschwellige Paranoia-Stimmung breit. Die quasi mit den Gründervätern aufgesogenen Mobilität traf nun auf ein immer perfekter ausgebautes Straßennetz und einen immer regeren Flugverkehr. Nachbarschaften entstanden völlig neu und wild zusammengewürfelt und man begann sich zu fragen, wer denn sein Nachbar in Wirklichkeit sei.
In Carpenters Film wird diese Furcht vor dem „Fremden Nachbarn" auf die Spitze getrieben, indem die Männer nicht mehr wissen, ob ihr jeweiliger Gegenüber bereits von dem Monster infiziert wurde. Damit lauert das Böse permanent unter der äußerlich vertrauten Oberfläche. Entmenschlichung, Verrohung, aber vor allem eine stetig wachsende Paranoia sind die Folge. Keiner traut mehr dem Anderen und sieht in jedem einen potentiellen Feind.
Die ausgezeichnete Kameraarbeit unterstreicht diese psychische Ausnahmesituation noch zusätzlich. In langen und langsamen Fahrten durch die leeren Korridore der Forschungsstation und die von einem Schneesturm heimgesuchten Aussenanlagen wird das Gefühl von Einsamkeit und Ausweglosigkeit auch visuell greifbar ...

https://www.ofdb.de/film/810,478277,Das ... lt/review/
http://www.vodkasreviews.de


https://www.ofdb.de/autor/reviews/45039/