Welcher Film ist euer Favorit?

1996: Bound – Gefesselt (Drehbuch & Regie)
Insgesamt abgegebene Stimmen: 2 (13%)
1999: Matrix (Drehbuch & Regie)
Insgesamt abgegebene Stimmen: 12 (75%)
2003: Matrix Reloaded (Drehbuch & Regie)
Insgesamt abgegebene Stimmen: 1 (6%)
2003: Matrix Revolutions (Drehbuch & Regie) (Keine Stimmen)
2008: Speed Racer (Drehbuch & Regie) (Keine Stimmen)
2012: Cloud Atlas (Drehbuch zusammen mit Tom Tykwer), Co-Regie & Produktion
Insgesamt abgegebene Stimmen: 1 (6%)
2015: Jupiter Ascending (Drehbuch, Produktion & Regie) (Keine Stimmen)
Insgesamt abgegebene Stimmen: 16

Re: Der Wachowski Thread

31
Matrix Reloaded

Bereits bevor 2003 - und damit vier Jahre nach dem Vorgänger - die erste Fortsetzung zum Science-Fiction-Meisterwerk "Matrix" in die Kinos kam, wurde von Filmfans auf aller Welt kein gutes Haar an den beiden bevorstehenden Sequels gelassen. Die Erwartungen waren, spätestens als sich der erste Teil als Revolution des Mediums herausstellte, astronomisch hoch und so wunderte es niemanden, als die Regisseure Laurence und Andy Wachowski sowie Produzent Joel Silver von der versammelten Kritikerelite in Grund und Boden vernichtet wurden. "Matrix Reloaded" sei zu lang, zu kompliziert, zu selbstverliebt... tatsächlich aber ist Matrix 2 wohl eher perfekt dosiert, komplex aufgebaut und ästhetisch. Und damit der würdigste Nachfolger, den man sich hätte wünschen können.

In jeder Hinsicht baut "Matrix Reloaded" auf dem Erfolgsrezept des Vorgängers auf, nur immer mit einer zusätzlichen Ergänzung. Wie bereits in "Matrix" nehmen sich die Wachoswki-Brüder fast eine Stunde Zeit, alle Charaktere neu in Stellung zu bringen, die neuen Ausgangssituationen zu etablieren (den unbesiegbaren gottgleichen Neo, die Zerstörung Zions etc.) und gleichzeitig die Entwicklung der Charaktere aufzuzeigen. Bereits in dieser langen Zeitspanne aber ist es ihr Gespür für Szenenlängen, der epische und brachiale Look in Kombination mit dem mutigen und ungewöhnlichen Soundtrack und die ersten kurzen Actionmomente, die "Matrix Reloaded" auf ein höheres Niveau als die Konkurrenz heben. Doch was auf die Exposition folgt, lässt sich kaum in Worte fassen: mit dem erneut grandios geschriebenen Auftritt des Orakels und der Wiedergeburt von Hugo Weavings Agent Smith beginnt ein Actionfeuerwerk, dass es in sich hat, einen Höhepunkt auf den anderen kommen lässt und dazwischen philosophisch-bedeutsame Themen so geschickt mit dem Plot verpackt, dass die Erläuterungen niemals oberlehrerhaft wirken, sondern sogar verständlich (aber nicht zu vereinfacht) ankommen und gleichzeitig zur Spannung und Intensität einer Szene beitragen. Grandios!

Die Handlung selbst ist eigentlich furchtbar simpel. Neo muss eine Geisel retten, mit dieser eine verborgene Tür öffnen und dann den Computer der Maschinenwelt abschalten. Doch bereits in Teil 1 war der Aufhänger für das monumentale Finale einfachster Natur. Wirklich beeindruckend ist viel eher, welche Themenvielfalt die Wachowskis in diesem Film verpackt haben. Bereits in der Exposition geht es um die Abhängigkeit des Menschen von den Maschinen, aber auch im umgekehrten Verhältnis, was später aber vergessen wird, wenn das Script noch tiefgründiger wird. Das Orakel spricht davon, dass der Auserwählte eine Entscheidung wird treffen müssen, die er aber bereits getroffen hätte. Doch nur kurz darauf begeistert "Matrix Reloaded" mit einer seltenen Dialogperle des Blockbusters: dem Auftreten von Lambert Wilson als Merowinger. Seine philosophischen Exkurse über die Kausalität und das Verhältnis von Aktion - Reaktion sind nicht nur ungemein nährreich und auf den Punkt gebracht geschrieben, sondern auch noch für den Film ein spannender Wendepunkt, der das vorher aufgebaute direkt in Frage stellt. Und wenn dann im Showdown der wunderbare Helmut Bakaitis in einem facettenreichen und vielschichtigen Monolog die wahre Bestimmung des Auserwählten offenbart, dann ist zwar nicht alles was er sagt beim ersten Mal verständlich und nur das in dem Moment wirklich bedeutsame klar formuliert, doch lohnt sich speziell diese Szene zum mehrfachen Anschauen, so viele verschiedene Deutungsmöglichkeiten stecken in ihr, von Anfang an aufgelockert durch die Aussage, Neo (und damit der Zuschauer) würde ohnehin das Folgende nicht vollständig verstehen. "Matrix Reloaded" hat wie eine Zwiebel Schichten, die man nach Lust und Laune interpretieren kann. Ansätze dafür gibt es en masse.

Nun hat sicher nicht jeder Zuschauer aber Lust auf eine komplexe Auseinandersetzung mit all diesen Themen. Doch "Matrix Reloaded" überfordert sein Publikum niemals. Denn auch in den tiefgründigsten Metaphern bleibt das auf Handlungsebene geschehende immer klar verständlich und zielgerichtet. Außerdem gibt es da ja noch einen anderen Aspekt: die Action. Praktisch immer auf einen langen komplizierten Dialog folgt eine große Actionsequenz. Und auch hier folgt das Sequel sklavisch dem Vorgänger, denn Action ist bei den Wachowskis nicht einfach nur abgefilmtes Handeln. Jede Aktion kommt einem Tanz gleich. Die Kung-Fu-Kampfszenen sind organisch, lebendig und elegant, die Effekte ergänzen perfekt die echten Aufnahmen, die visuellen Spielereien reichen von großzügig eingesetzten Zeitlupen bis hin zu Bullet-Time-Einsätzen. Aber sogar in der Action, besonders in den drei größten, jeweils 15-minütigen Szenen, hört die Symbolik nicht auf. Smith wird als gefallener Engel inszeniert, Neos Wandel vom Auserwählten zum Märtyrer in den Bildern deutlich gemacht, Autokennzeichen in der famosen Autoverfolgungsjagd verweisen auf Bibelverse, die die Handlung betreffen. Es ist Detailverliebtheit im Zusammenspiel mit dem Mut, bei diesem Film noch einen Schritt weiterzugehen, in der Philosophie über den Tellerrand hinaus zu schauen und sogar am Ende den christlichen Gott in seinem Umgang mit den Menschen des alten Testamentes zu kritisieren. Die Wachowskis setzen auf ästhetisches Kino und übertreffen sich und ihr vorheriges Schaffen dabei sogar selbst.

Fazit: Wo dem Rezensenten die Worte ausgehen, fängt "Matrix Reloaded" erst an. Für die einen bietet das erste Sequel der Matrix-Reihe einfach nur optischen Bombast und ästethisch zelebriertes Actionkino der modernsten Art und Weise, das intellektuellere Publikum findet in all den Themen zusätzlich jedoch so viel mehr, dass man ganze Abhandlungen über die verschiedenen Verständnisebenen schreiben könnte. Was man "Matrix Reloaded" in der Tat vorwerfen könnte und weshalb er bei vielen wohl auch so scheiterte, ist natürlich, nicht denselben Überraschungseffekt erzielt zu haben, wie der Vorgänger. Doch entweder will man etwas völlig anderes, dann ist eine Fortsetzung überflüssig oder eine konsequente Weiterentwicklung. Und wenn "Matrix" die Revolution des Blockbusters war, ist "Matrix Reloaded" der Prototyp einer neuen Ära.

10/10
https://filmduelle.de/
https://letterboxd.com/casinohille/

Let the sheep out, kid.

Re: Der Wachowski Thread

34
Freut mich, dass es noch jemanden gibt, der Matrix Relodes mag. Auch ich halte "Matrix Reloded" für ähnlich gelungen, wie "The Matrix". Alleridngs kann ich aufgrund von zwei Aspekten keine 10 Punkte vergeben:

1. Die erste Stunde ist deutlich zu langsam (kann man auch wörtlich nehmen, die vielen Zeitlupen stören mich extrem bei den Actionszenen, insbesonder, bei der einleitenden. Das nimmt der an sich guten Szene die Dynamik. "The Matrix" war da deutlich temporeicher, obwohl auch man da auch die Personen einführen musste, was damals aber bedeutend besser gelang.
2. Der Kampf mit den vielen Smiths. Die ersten Minuten ist der Kampf wunderbar anzuseheen und wunderbar inszeniert. Doch als es immer mehr Smiths werden setzt irgendwann die Computeranimation ein und das sieht man einfach überdeutlich, insbesondere bei den Zeitlupenaufnahmen. Und ab dem Moment in dem ich klar erkennbare Computeranimierte Figuren sehe, kann mich die Szene nicht mehr fesseln. Da wurde das riesige Potential dieser Szene verschenkt, sie hätte eine der besten Kampfszenen des Actionkinos überhaupt werden können. Am anfang ist sie auch einfach nur einzigartig.

Deine letzten Punkte verstehe ich nicht so ganz, bzw. einen der beiden: Wann wird gegen Ende des Films der Gott des Alten Testaments kritisiert? Ist mir noch nie aufgefallen. Genausowenig die Nummernschilder, die auf Bibelverse verweisen, aber darauf hab ich auch nie geachtet, muss ich bei der nächsten Sichtung mal machen.

Ein weiterer, allerdings nur sehr kleiner Kritikpunkt ist, dass die Farbgebung nicht konsequent fortgesetzt wird. Der in der Matrix vorherrschende Grünton fehlt leider häufig. Erst in "Matrix Revolutions" findet sich das wieder deutlich erkennbar. Das stört nicht, wenn man sich die Filme einzeln anschaut, doch wenn man die Trillogie als ganzes betrachtet fällt es auf. Und da ich alle drei Filme besitze und auch immer wieder gern anschaue, fällt das doch etwas ins Gewicht.

Ich gebe "Matrix Reloded" 8/10 Punkten.
"You only need to hang mean bastards, but mean bastards you need to hang."

Re: Der Wachowski Thread

35
dernamenlose hat geschrieben:1. Die erste Stunde ist deutlich zu langsam
Ich finde das eigentlich perfekt ausbalanciert (gut, wen wunderts, bei meiner Punktevergabe?). Der Film nimmt sich für meinen Geschmack genau die Zeit, die er hier braucht, um alles einzuführen, die Atmosphäre zu etablieren, das Universum zu vertiefen etc. Ich wäre nie auf die Idee gekommen, das schneller zu gestalten. Mit der anfänglichen Actionszene habe ich auch kein Problem, die ist toll choreographiert und ein Genuss, wie alle Actionszenen in Matrix 1 und 2.
dernamenlose hat geschrieben:2. Der Kampf mit den vielen Smiths. [...] Da wurde das riesige Potential dieser Szene verschenkt, sie hätte eine der besten Kampfszenen des Actionkinos überhaupt werden können.
Ist sie auch geworden. Das ist für mich absolut fantastisch gemacht. Klar, die Effekte sehen etwas steril aus, aber das ist immerhin die Matrix. Und da dürfen die Effekte dementsprechend etwas leicht surreales, nicht ganz natürliches haben. Unter dem Gesichtspunkt hat mich das nie gestört. Wirklich gar nicht. Das einzige, was ganz lustig ist, ist, wenn man die Szene bewusst an den richtigen Stellen stoppt und mal im Hintergrund schaut, wen uns die Wachowskis so alles als Hugo Weaving bieten wollen. :lol:
dernamenlose hat geschrieben:Wann wird gegen Ende des Films der Gott des Alten Testaments kritisiert?
Spoiler
Ich meine auch hier die Szene mit dem Architekten, welchen du als Schöpfer der Matrix einfach gerne mal mit dem lieben Gott gleichsetzen darfst. Der perfekte Plan Gottes ist in diesem Film, die Welt stets zu rebooten, also alle Menschen zu töten und die Menschheit neu entstehen zu lassen. Denk mal nach, an welche biblische Geschichte uns das alle erinnern könnte. :) Natürlich gibt es auch Leute, die das ganz anders sehen, für mich war das aber schon immer eine recht eindeutige Interpretation der Szene.
dernamenlose hat geschrieben:die Nummernschilder, die auf Bibelverse verweisen
Spoiler
Der CTS der Rebellen in der Verfolgungsjagd hat das Nummernschild DA203. Nehme dir das als Kürzel für das Buch David, Kapitel 2, Vers 3 (Kapitel 20 gibt es nicht, die 0 fällt also weg): "Der König [Nebukadnezzar] sagte zu ihnen: Ich habe einen Traum gehabt; mein Geist ist voll Unruhe und ich möchte den Traum verstehen." Morpheus sagt später, als die Nebukadnezzar zerstört wird: "Ich habe einen Traum geträumt, aber nun hat mich dieser Traum verlassen." Der Escalade EXT der Zwillinge hat außerdem das Kennzeichen DE2852. Im Buch Mose (Mose deshalb, weil im englischen Deuteronomy), Kapitel 28 steht:
- Vers 15: "Wenn du nicht auf die Stimme des Herrn, deines Gottes, hörst, indem du nicht auf alle seine Gebote und Gesetze, auf die ich dich heute verpflichte, achtest und sie nicht hältst, werden alle diese Verfluchungen über dich kommen und dich erreichen"
- Vers 49: "Der Herr trägt zum Kampf gegen dich ein Volk aus der Ferne herbei, von den Enden der Erde, das wie ein Adler herabstößt, ein Volk, dessen Sprache du noch nie gehört hast"
- Vers 52: "Es belagert dich in allen deinen Städten, bis die Mauern fallen, die hohen, fest gefügten Mauern, auf die du dich in deinem ganzen Land verlässt. Es belagert dich in allen deinen Städten in dem ganzen Land, das der Herr, dein Gott, dir gegeben hat."
https://filmduelle.de/
https://letterboxd.com/casinohille/

Let the sheep out, kid.

Re: Der Wachowski Thread

36
Casino Hille hat geschrieben: dernamenlose hat geschrieben:
Wann wird gegen Ende des Films der Gott des Alten Testaments kritisiert?
Spoiler: anzeigen
Das würde ich jetzt nicht so sehen, weil ich da keine direkte Parallele ziehen kann. Man muss natürlich nicht alles gleich interpretieren, aber wie gesagt, ich seh keine Parallelen, vielleicht musst du konkreter werden.
Casino Hille hat geschrieben:dernamenlose hat geschrieben:
die Nummernschilder, die auf Bibelverse verweisen
Spoiler: anzeigen
Du meintest antürlich das Buch Daniel nicht David (denn das gibts nicht) ebenso wie das 5. Buch Mose und nicht schlicht das Buch Mose ;)
"You only need to hang mean bastards, but mean bastards you need to hang."

Re: Der Wachowski Thread

39
dernamenlose hat geschrieben:Das würde ich jetzt nicht so sehen, weil ich da keine direkte Parallele ziehen kann.
Spoiler
Schau dir an, wie die Szene inszeniert ist und vor allem, denke nach, was einiges genau zu bedeuten hat. Man kann da viel rein interpretieren. Eine mögliche Interpretation:

Gott schuf die Erde in sechs Tagen, am siebten konnte er sich ausruhen. Neo ist der sechste Auserwählte in der sechsten Version der Matrix und der Architekt sitzt seelenruhig in seinem Stuhl (eben wie Gott sich nach der Arbeit zurücklehnen konnte) und beobachtet das Treiben der Menschheit. In der Genesis-Handlung ist es die Schlange, welche Adam und Eva verführt, den Garten Eden zu verlassen und in die wirkliche Welt einzutauchen, was bei Matrix den roten Kapseln entsprechen würde, mit denen Morpheus und Neo die Sklaven der Matrix befreien. Wichtig ist, festzuhalten, dass Neo und die Schlange insofern eine Gemeinsamkeit haben, als das sie beide bewusst vom Schöpfer in diese Welt hineingesetzt wurden. Dementsprechend ist die Farbsymbolik in der Szene zwischen dem Architekten und Neo gezeichnet: der Architekt ganz in weiß (rein, göttlich) und Neo in schwarz (= symbolisiert die Schlange und damit Gottes Gegenstück). Das macht auch Sinn, da beide jeweils eine Entscheidungsmöglichkeit verkörpern: der Verbleib in der Matrix oder eben das echte bewusste Leben der kalten Realität. Siehe dazu die Entscheidung, die Neo treffen muss: rechte Tür (Reboot der Matrix) oder linke Tür (Trinity). Dabei ist ein Detail zu bemerken: Jesus sitzt zur rechten Gottes. Und das ist die Kritik, die ich meine. Das die Auslöschung der gesamten Menschheit als Plan Gottes aus der Arche Noah uns bestens bekannt sein sollte, ist klar. Aber Neos Aufgabe als Messias ist es dann ja sogar, diesen Schritt für den Schöpfer selbst durchzuführen, in dem er durch die rechte Tür geht und sich auf die rechte Seite seines Schöpfers begibt, also seine göttliche Aufgabe erfüllt. --> Kritik ist also: Gottes unendliche Weisheit reicht nur soweit aus, uns irgendwann durch einen Erlöser wieder zu vernichten und von Vorne anzufangen, wenn etwas aus den Fugen geraten ist. Ganz allgemein könnte man die Stelle auch noch anders deuten, dessen bin ich mir bewusst. Ich mag aber die Idee einer Kritik am alttestamentarischen Gott. Insgesamt sind mir die religiösen Bezüge jedoch fast schon egal verglichen mit den viel interessanteren Inhalten, die Matrix 1 und 2 auf psychologischer, philosophischer und sozialwissenschaftlicher Ebene inne haben.
https://filmduelle.de/
https://letterboxd.com/casinohille/

Let the sheep out, kid.

Re: Der Wachowski Thread

40
Spoiler
Gut, wenn man so will kann man das so interpretieren. Aber hast du irgendein Interview oder so, in denen die Wachowskis sagen, dass das so gemeint war? Denn es klingt für mich schon sehr zusammengereimt. Man kann natürlich auch sagen, dass gerade das die große Kunst ausmacht, weil man so viel hereininterpretieren kann.

An ein paar Stellen hinkt deine Theorie aber doch:
1. Gott hat zwar die Schlange in die Schöpfung gesetzt, aber das Tier ist nicht mit dem Teufel gleichzusetzen. Der Teufel trat an dieser Stelle nur in Gestalt der Schlange auf, das ist ein Unterschied. Demnach kann man auch nicht sagen, dass er dem Menschen beusst die Versuchung hingelegt hat. Und der teufel wurde ja schon lange vor den 7 Tagen geschaffen. Und das nicht als Gegenspieler, sondern als Engel, also als Diener.

2. Neo verkörpert in deiner Theorie gleichzeitig zwei verschiedene und noch dazu Gegensätzliche Parteien. Einmal ist er Teufel und einmal Messias. Anders funktioniert diese These nicht. Und das erscheint mir dann doch irgendwie zu gewagt.

3. Die Ursache der Auslöschung ist komplett verschieden. In der Matrix geschieht das ganze um die Fehler in der Gleichung zu beseitigen. Ein hauptsächlich mathematisches Problem also. Bei der biblischen Geschichte geht es nicht darum, dass etwas aus den Fugen geraten ist, sondern als Gericht Gottes, also als Strafe für die Menschen.

4. Die Ursachen des Reeboots sind daher genauso unterschiedlich. In der Matrix geschieht es, weil die Maschinen die Menschen zum Überleben brauchen, bzw. für die von ihnen bevorzugte Existenz.

5. Auch die Tatsache der Auslöschung und des Reebots an sich erhält zwei Bedeutungen: Einmal die 6 Tage der Schöpfung, das andere mal das "Neustarten" bei der Sintflut.

6. Deine Schlussfolgerung
Casino Hille hat geschrieben:Kritik ist also: Gottes unendliche Weisheit reicht nur soweit aus, uns irgendwann durch einen Erlöser wieder zu vernichten und von Vorne anzufangen, wenn etwas aus den Fugen geraten ist.
entbehrt für mich aber grundsätzlich jeder Grundlage, denn der Erlöser=Jesus soll in der Bibel nie (weder im alten noch im neuen Testament oder in irgendwelchen Prophezeiungen) etwas vernichten und dann neu starten. Für das Gericht ist immer Gott Vater verantwortlich, und das gibt es in diesem Ausmaß nur einmal, nämlich bei der Sintflut. Und dann natürlich das endgültige Gericht Gottes am Ende unserer Zeit. Aber das ist dann etwas endgültiges, wie es die Prophezeiung in der Matrix auch voraussagt. Das Neo/etwas beenden soll. Weil aber die Prphezeiung eine Lüge war, würde das ja übertragen auf deine Theorie heißen, dass Gottes Prophezeiungen eine Lüge sind. Dann wäre das aber keine Kritik am alttestamentlichen Gott, sondern, am Gott der Bibel allgemein (zumal es sowieso immer der gleiche ist). Beziehungsweise wäre es eigentlich eine Kritik am ganzen christlichen Glauben, oder sogar der Bibel.

Das wiederum macht für mich wenig Sinn, denn man bedient sich ja ständig an Motiven aus der Bibel und manche Personen stehen schon recht eindeutig für Personen aus der Bibel (Beim Architekten stimme ich dir jedenfalls zu, der soll sicherlich Gott symbolisieren. Neo wird meiner Meinung nach nur als Messias, sprich Jesus und nie als Teufel dargestellt.
Wenn aber die Bibel so stark kritisiert wird, wieso bedient man sich dann so vieler Motive aus ihr? Wieso verwendet man, die von dir genannten Bibelverse? Warum spielt man noch dazu ganze Szenen aus der Bibel nach, ohne jede Kritik? (Mir ist da beispiel der Sprung von einem Hochhaus zum anderen in dem Trainingsprogramm in "The Matrix" aufgefallen, was meiner Meinung nach die Szene in der Jesus auf dem Wasser geht und Petrus ihm folgt symbolisiert. Beide (Petrus und Neo) versinken/fallen genau in dem Moment, wo sie nach unten schauen und ihr Glaube aufhört.
Daraus könnte man jetzt sogar Dinge schlussfolgern, wei die unterschwellige Aussage, dass man durch den Glauben Berge versetzen kann. Da das anhand eines Beispiels aus der Bibel verdeutlicht wird könnte man das auch als Aufforderung zum Glauben an die Bibel verstehen. Muss man aber natürlich nicht. Ich hab da jetzt auch absichtlich viel interpretiert.
Dennoch würden sich eigentlich beide Positionen jetzt wiedersprechen.

Ich denke, dass die philosophischen und religiösen Inhalte teilweise ziemlich verzahnt sind. Das macht die Matrix-Filme ja so besonders.
Ich bin übrigens schon sehr gespannt auf dein Review zu Matrix Revolutions.
"You only need to hang mean bastards, but mean bastards you need to hang."

Re: Der Wachowski Thread

41
Aber doch, sehr vieles an den Matrix-Filmen ist religionskritisch und auch kritisch speziell dem christlichen Glauben gegenüber, dass passt insgesamt schon. Alleine dadurch, dass der Messias in der echten Welt ja kein Messias ist, sondern nur ein stinknormaler Kerl, der sich in einer Scheinwelt als Übermensch aufspielen kann, sind da zahlreiche kritische Aspekte versteckt, auch wenn die Wachowskis so clever sind, dass man genauso auch viele Glaubensbejahende Elemente in den Filmen finden kann. Sich bei der Bibel zu bedienen und sie gleichzeitig zu kritisieren, muss kein Widerspruch sein.

Ich bin mir übrigens dessen bewusst, dass meine obrige Theorie angreifbar ist und man genauso gut exakt das genaue Gegenteil aus der Szene lesen kann. Es ist auch nicht meine eigene Theorie, sondern eine recht populäre aus Fankreisen. Ich selbst habe in den letzten Jahren so einige Deutungsthesen genommen und auf die Matrix-Trilogie angewendet und für mich viele sehr unterschiedliche Interpretationen der Trilogie entwickelt, die sich alle irgendwo gegenseitig bekräftigen, aber auch widersprechen. Einige werden jetzt sagen: das hat doch mit Kunst nichts zu tun, einfach irgendwas halbgares hinzu schmeißen, dass dann jeder deuten kann, wie er lustig ist, aber eigentlich ist das alles sogar sehr brillant, denn wirklich dutzende an Theorien kann man anhand der Filme belegen und teilweise sind sie sogar darauf ausgelegt, sowohl das eine als auch das andere beweisbar aufzuzeigen. Kein einziger Satz und keine einzige Einstellung/Perspektive der Filme ist zufällig oder willkürlich, sondern alles zielt auf etwas ab oder teilweise sogar auf mehreres. Die Wachowskis lassen Spielraum, aber in einem gewissen Rahmen, der allerdings so gewaltig groß ist, dass einem erst, wenn man sich wirklich damit auseinandersetzt klar wird, wie viel die beiden da eigentlich genauestens durchdacht haben müssen. Das ist ein ganz gewaltiger Kosmos in 6 Stunden und dafür liebe ich die 3 Filme. Oder besser gesagt, die 2 Filme. Auf das Matrix 3 Review darfst du dich gerne freuen, wenn du den Film allerdings mögen solltest, wird der Text vielleicht nicht unbedingt deiner Meinung entsprechen. :wink:
https://filmduelle.de/
https://letterboxd.com/casinohille/

Let the sheep out, kid.

Re: Der Wachowski Thread

42
Ich finde es durchaus auch brilliant, dass man den Film oder einzelne Szenen so unterschiedlich deuten kann. ES gibt einfach genügend Anhaltspunkte, das macht die Sache so stark. Man kann auch viel interpretieren, wenn gar nichts da ist, aber das hat für mich dann wenig mit Kunst zu tun, auch wenn es häufig als solche angesehen wird. Und genau hier unterscheidet sich Matrix einfach von anderen Filmen.

Zu "Matrix Revolutions": Ich mag die erste halbe Stunde. Denn solange spielt ein großer Teil der Handlung in der Matrix, der grüne Farbton ist wieder da...

Die Schlacht um Zion ist sehr gut inszeniert, optisch und dramaturgisch einwandfrei, aber ohne jegliche Genialität, die eben die beiden Vorgängerfilme auszeichnet.
Das Ende, Neo mit übernatürlichen Kräften in der normalen Welt (gut, die hatte er auch am Ende von Matrix Reloded) und der Kampf mit Smith im Finale finde ich sehr schwach und schaue ich mir meistens gat nicht an.
Vielleicht werde ich auch selbst noch ein ausführliches Review zu den drei Filmen schreiben, das weiß ich noch nicht.
"You only need to hang mean bastards, but mean bastards you need to hang."

Can you feel it Mr. Anderson?

43
Matrix Revolutions

"Everything that has a beginning has an end." - Vielen Dank, liebes Orakel. Welch fundamental neue Erkenntnis! Und so ungemein passend. Nicht nur, weil mit "Matrix Revolutions" eine Filmtrilogie endet, die mit ihren beiden Erstlingen zwei absolut fantastische und tiefgründige Meisterwerke für das Action- und Sci-Fi-Genre geschaffen hat, sondern weil an diesem Punkt dann auch Schluss mit allem ist, was die Wachowskis aufgebaut haben. Das faszinierende Universum, das riesige Aufgebot an philosophischen Inhalten und die packend-innovative Actioninszenierung. All das endet in diesen zwei Stunden. Doch was eigentlich erst mit dem Abspann hätte beendet sein dürfen, ist bereits gestorben, bevor es überhaupt beginnt. Der dritte Matrix-Film erweist sich leider als eine der erschütternsten Enttäuschungen aller Zeiten. "Inevitable", wie Agent Smith so schön sagen würde.

Dabei gibt es im Fall von "Matrix Revolutions" durchaus positives zu berichten und der Film hat Passagen, die wirklich großartig sind. Die erste Viertelstunde, in der der Cliffhanger von "Matrix Reloaded" aufgelöst wird und mit dem Trainman und dem erneuten Auftritt von Lambert Wilson als Merowinger zwei tolle Charaktere auf der Leinwand auftauchen, schließt, auch mit den Gedanken über die Bedeutung von Wörtern wie Liebe oder Karma, nahtlos an den Vorgänger an. Und auch die Orakel-Szenen, bei denen hier Mary Alice die verstorbene Gloria Foster ersetzt, sind wie immer ein Vergnügen. Doch bereits diese zwanzig Minuten offenbaren erste Schwächen dieses dritten Teils. Die kurze Actionszene auf dem Weg zum Merowinger, die überdeutlich beim ersten "Matrix"-Film abgeguckt ist, hat nicht mehr den Überraschungseffekt und Esprit der Vorgänger und die Philosophie in den Dialogen zwischen Neo und den Orakel bleibt, wie am oben aufgeführten Zitat erkennbar, eher seicht und oberflächlich. Doch, hätte man das Potenzial von hier an genutzt, welches dieser Beginn zeigte, "Matrix Revolutions" wäre immer noch ein würdiger Abschluss der Reihe geworden. Leider kam es etwas anders.

Denn was die Gebrüder Wachowski sich im viel zu langen Mittelteil erlauben, ist, nett gesagt, eine Frechheit. Das grundsätzliche Problem, nämlich, dass wir uns kaum noch in der Matrix aufhalten, haben sie zwar bewusst in Kauf genommen, dafür aber stattdessen ihr eigenes Franchise mit Füßen getreten. Das fängt damit an, dass Trinity alias Carrie-Anne Moss und Laurence Fishburnes Morpheus zu Stichwortgebern degradiert werden, die entweder Neo oder Niobe aka Jada Pinkett Smith hinterher schauen dürfen. Das ist ärgerlich und schade, da so nicht mehr das Trio der Vorgänger im Vordergrund steht, sondern teilweise sogar Nebenfiguren die Sympathieträger verdrängen. Richtig ärgerlich gerät dann aber die gefühlt ewig lange Schlacht um Zion. Was einer Apokalypse hätte gleichkommen müssen, gerät unter der Regie zu einem einfallslosen Schlachtgetümmel. Und es ist absolut unverständlich, wie ausgerechnet die Wachowskis eine so konventionelle Actionszene aufziehen konnten. Mindestens eine halbe Stunde lang bekriegen sich Menschen in unschönen Kampfanzügen mit schrecklich getricksten CGI-Schwärmen von Drohnen, gesichtslose Nebenfiguren, die schon im direkten Vorgänger nur Ausstattung waren, stehen plötzlich mitten im Zentrum und sterben dramatische Heldentode, die aber den Zuschauer völlig kaltlassen. Dass dann die Konfrontation zwischen Neo und Bane, auf die man sich vorab freute, ähnlich müde verläuft und auch noch einen unangenehmen Nebengeschmack entfaltet, ist ein weiterer Tritt in die Magengrube der Matrix-Fans...

... für den das Finale leider auch nicht so recht entschädigen kann. Fest steht sicher, Hugo Weaving ist als Agent Smith immer noch ein hassenswerter Antagonist und Neo, trotz seines neuen Handicaps, dass Keanu Reeves Spiel endgültig einschränkt, eine echte Identifikationsfigur. Doch der Endkampf der beiden ist dennoch nicht so magisch, wie er hätte sein können. Statt eines langen und umwerfenden Kung-Fu-Kampfes, wollen die Wachowskis mit vielen Effekten Endzeitstimmung erzeugen, überspannen den Bogen aber etwas zu sehr. Auch die musikalische Untermalung von Don Davis schießt mit dem Frauenchor an dieser Stelle über das Ziel hinaus. Dennoch, und das soll hier nicht unerwähnt bleiben, fiebert man mit Neo mit und bangt um die Zukunft Zions. Das ist zwar mehr den Vorgängern, als dem dritten Teil selbst zu verdanken, doch soll ein Trilogie-Abschluss ja auch von dem vorher aufgebauten profitieren. Großartig ist dafür alles, was nach dem Showdown kommt. Wenn Agent Smith noch einmal einen letzten Monolog über die menschliche Natur hält, wenn Neo seine Konsequenzen zieht und wenn am Ende das Orakel und der Architekt über die Zukunft der Menschheit rätseln, dann ist man plötzlich wieder mittendrin und ärgert sich beinahe, dass die Matrix-Trilogie nun doch schon zu Ende ist. Warum, liebe Wachowskis? Dieses Gefühl 120 Minuten früher und es wäre perfekt gewesen.

Fazit: Wie groß war die Vorfreude auf das, was einer der epischsten Filme aller Zeiten hätte werden müssen und wie schockierend ist das, was man am Ende zu sehen bekam? "Matrix" hatte die Chance, eine perfekte Filmtrilogie zu werden. Als man kurz davor war, den dritten Teil zu sehen, hatte man bereits bedauert, dass es hiermit gewesen sein wird. Und hinterher gibt einem dieser dann fast das Gefühl, dass es vielleicht ganz gut ist, wenn Schluss ist. So hätte es nicht kommen dürfen. Doch bei aller Kritik: als simpler Actionfilm für die MTV-Generation ist "Matrix Revolutions" sicher zufrieden stellende Kost, die dem jugendlichen Publikum gefallen wird. Doch diese Filmreihe war eigentlich mehr und hätte daher auch mit einem höheren Anspruch an sich selbst beendet werden müssen. So gerät der Zuschauer in eine Zwickmühle: mitgefiebert hat man und man war auch nach wenigen Sekunden sofort wieder drin im Universum. Und einige Passagen waren dann eben doch auf einem so hohen Niveau, dass man beinahe schon melancholisch das sieht, was hätte sein können. Doch Fakt ist leider: was nicht ist, dass ist nicht. Und das ist fast so fundamental, wie die Aussage des Orakels. "Everything that has a beginning has an end." - Traurig, aber wahr.

5/10
https://filmduelle.de/
https://letterboxd.com/casinohille/

Let the sheep out, kid.

Re: Der Wachowski Thread

45
Was sagt ihr eigentlich dazu, dass Neo am Ende auch in der realen Welt übernatürliche Kräfte hat?

Ich weiß, dass es auch dafür durchaus logische Erklärungen gibt, die mir aber alle zu abgehoben sind, als das sie in die Matrix-Welt passen wollen.
"You only need to hang mean bastards, but mean bastards you need to hang."